Patienten taxieren und Gewinn optimieren? - beim BDI
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<strong>BDI</strong> aktuell<br />
Fortsetzung von Seite 11<br />
nach astrologischen Aspekten<br />
differenzierten <strong>und</strong> herausfanden,<br />
dass »Zwillinge« <strong>und</strong><br />
»Waagen« von einer Reinfarktprophylaxe<br />
mit Aspirin<br />
keinen Nutzen zu erwarten<br />
haben.<br />
Bezogen auf unser Thema differenzierten<br />
Mann et al. (2001)<br />
die HOPE-Studie nach <strong>Patienten</strong><br />
ohne (n = 8307) <strong>und</strong> mit (n<br />
= 980) Niereninsuffizienz. Das<br />
größte Problem sind die extremen<br />
Gruppenunterschiede, die<br />
jede valide Aussage erschweren<br />
– praktisch invalid machen. Bei<br />
prospektiven Studien ist die Ausgewogenheit<br />
der Gruppen das<br />
vorrangige Ziel! Dass die Niereninsuffizienz<br />
der <strong>Patienten</strong> nur<br />
nach den Serum-Kreatinin-Werten<br />
definiert wurde, ist zwar<br />
auch nicht besonders glücklich,<br />
aber fast schon nebensächlich.<br />
Der tatsächliche Nutzen von Ramipril<br />
bei <strong>Patienten</strong> mit Niereninsuffizienz<br />
sollte prospektiv bewertet<br />
werden! Ob Ramipril als<br />
Prophylaktikum zur Vermeidung<br />
eines Diabetes mellitus Typ II<br />
geeignet ist, wird z.B. prospektiv<br />
in DREAM (Diabetes REduction<br />
Assessment with ramipril<br />
12 <strong>BDI</strong> aktuell 02-2003<br />
and rosiglitazone Medication)<br />
getestet. Natürlich kann man<br />
über die Vergleichssubstanz Rosiglitazon<br />
sehr geteilter Meinung<br />
sein.<br />
3.2. Ramipril versus<br />
Placebo?<br />
Auf der Pressekonferenz von<br />
Aventis wurde Prof. Zeiher<br />
(Frankfurt/Main) von Volkert<br />
zitiert: „Ob auch... andere ACE-<br />
Hemmer das gewebeständige<br />
ACE ausreichend hemmen, wissen<br />
wir nicht....!“ Zeiher führt<br />
die Wirkung von Ramipril darauf<br />
zurück, dass durch eine<br />
Blockade des gewebeständigen<br />
ACE vulnerable Plaques stabilisiert<br />
werden <strong>und</strong> weniger Erosionen<br />
an der Gefäßwand entstehen.<br />
Alle Spekulationen hätten<br />
vermieden werden können,<br />
wenn die Studienautoren sich<br />
dazu durchgerungen hätten,<br />
Ramipril versus Captopril zu<br />
testen. Aber wir haben ja<br />
schon bei der Nephroprotektion<br />
durch Sartane erlebt, dass<br />
sinnvolle Studien nicht immer<br />
im Firmeninteresse liegen<br />
(Meyer 2002).<br />
Tabelle 3: Ungleichverteilung der Risikofaktoren<br />
vor der Randomisation<br />
Entnommen aus HOPE (Tabelle 1 Base-line characteristics)<br />
3.3. HOPE –<br />
Randomisation nicht<br />
gelungen, Aussagen<br />
unsicher!<br />
Taylor überraschte uns mit<br />
der Arbeit: „How large studies<br />
may mislead (= irreführen,<br />
täuschen): the HOPE study“<br />
(2001). Er demonstrierte,<br />
dass in HOPE die Randomisation<br />
misslungen ist. Mit<br />
Ausnahme von Hypertonie <strong>und</strong><br />
Diabetes ist die Placebogruppe<br />
im Vergleich zur Ramiprilgruppe<br />
stärker mit Risikofaktoren<br />
belastet (Tabelle 3).<br />
In jeder einzelnen Zeile ist der<br />
Unterschied statistisch sicher<br />
nicht signifikant. Der tendenzielle<br />
Exzess an Risikofaktoren in<br />
der Placebogruppe ist aber bemerkenswert,<br />
sodass alle Aussagen<br />
in HOPE zumindest unsicher<br />
sind.<br />
Allein aus dem Herausrechnen<br />
von drei Exzessen (stabile<br />
Angina pectoris, Schlaganfall<br />
<strong>und</strong> periphere Gefäßerkrankung)<br />
kommt Taylor zu dem<br />
begründeten Schluss, dass nicht<br />
826 <strong>Patienten</strong> (= 17.8%) in<br />
der Placebogruppe einen primären<br />
Endpunkt erreicht hät-<br />
Charakteristikum Placebo Ramipril Exzess in der<br />
(n = 4652) (n = 4645) Placebogruppe<br />
n n n<br />
Männer 3451 3366 85<br />
KHK-Anamnese 3786 3691 95<br />
Herzinfarkt 2482 2410 72<br />
Stabile Angina 2618 2544 74*<br />
Instabile Angina 1188 1179 9<br />
Schlaganfall, TIA 513 500 13*<br />
Periphere Gefäßerkrankung 2085 1966 119*<br />
Hypertonie 2143 2212 -69<br />
Diabetes 1769 1808 -39<br />
Cholesterol erhöht 3089 3036 53<br />
HDL niedrig 881 842 39<br />
Raucher 674 645 29<br />
LV-Hypertrophie 406 379 27<br />
Mikroalbuminurie<br />
* Summe = 206<br />
1004 952 52<br />
In Sek<strong>und</strong>ärpräventionsstudien beträgt das Hintergr<strong>und</strong>risiko für den kardiovaskulären Tod<br />
etwa 5% pro Jahr.<br />
Hintergr<strong>und</strong>risiko in HOPE: 206 : 20 X 4.5 = 46. Daraus folgt, dass sich die Zahl von 826<br />
<strong>Patienten</strong> (17.8%), die in der Placebogruppe einen primären Endpunkt erreicht, auf 780 (=<br />
16.8%) reduziert.<br />
ten, sondern nur 780 (=<br />
16.8%). Daraus würde eine<br />
geringere Ereignisreduktion<br />
von 2.8% resultieren <strong>und</strong> sich<br />
ein NNT-Wert von 36 ableiten.<br />
Der unkorrigierte NNT-<br />
Wert betrug 26 (vgl. Tabelle<br />
1).<br />
Mit anderen Worten, durch<br />
die nicht vollständig gelungene<br />
Randomisation wurde die<br />
Wirkung von Ramipril offenbar<br />
erheblich überbewertet.<br />
Es ist schon ein Unterschied,<br />
ob nur 26 oder aber 36 <strong>Patienten</strong><br />
über 4 bis 5 Jahre intensiv<br />
behandelt werden müssen,<br />
um 1 Endpunkt zu verhindern<br />
oder zu verzögern.<br />
4. Zusammenfassung<br />
Ramipril ist ein – im Vergleich<br />
zu Placebo – wirksamer<br />
ACE-Hemmer. Allerdings<br />
ist der tatsächliche Benefit viel<br />
geringer, als uns die Industrie<br />
<strong>und</strong> einige ihrer »opinion leaders«<br />
gern vorgaukeln. Der<br />
notwendige Vergleich mit<br />
Captopril, der die postulierten<br />
spezifischen Vorteile von<br />
Ramipril belegen müsste,<br />
steht noch aus. Für den therapierenden<br />
Arzt besteht also<br />
bislang kein Gr<strong>und</strong>, auf preiswerte<br />
Captopril-Generika zu<br />
verzichten.<br />
Literatur<br />
Collins R, MacMahon S. Reliable assessment of the<br />
effects of treatment on mortality and major<br />
morbidity, I: clinical trials. Lancet 2001; 357:<br />
373-380<br />
Heart Outcomes Prevention Evaluation (HOPE) Study<br />
Investigators. Effects of ramipril on cardiovascular<br />
and microvascular outcomes in people<br />
with diabetes mellitus: results of the HOPE study<br />
and MICRO-HOPE substudy. Lancet 2000; 355:<br />
253-259<br />
Mann JFE, Gerstein HC, Pogue J, Bosch J, Yusuf S, for<br />
the HOPE Investigators. Renal insufficiency as a<br />
predictor of cardiovascular outcomes and the<br />
impact of ramipril: The HOPE randomized trial.<br />
Ann Intern Med. 2001; 134: 629-636<br />
Meyer FP. Sartane in der Therapie. Wird die Euphorie<br />
vom Realismus eingeholt? <strong>BDI</strong> aktuell 2002/02:<br />
24-27<br />
Taylor R. How large studies may mislead: the HOPE<br />
study. Pract Diab Int 2001; 18: 208-211<br />
The Heart Outcomes Prevention Evaluation Study<br />
Investigators. Effects of an angiotensin-converting-enzyme<br />
inhibitor, ramipril, on cardiovascular<br />
events in high-risk patients. N Engl J Med<br />
2000; 342: 145-153<br />
Anschrift des Verfassers<br />
Prof. em. Dr. Frank P. Meyer<br />
Magdeburger Str. 29<br />
39167 Groß Rodensleben