Patienten taxieren und Gewinn optimieren? - beim BDI
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<strong>BDI</strong> aktuell<br />
Medizin Honorar Die KBV zum Kassen-EBM<br />
Die Krankenkassen haben dem<br />
Bewertungsausschuss erstmalig<br />
einen eigenen EBM-Entwurf<br />
präsentiert.* Die Ärzteseite<br />
konnte den Kassen-EBM nicht<br />
akzeptieren, zumal er ein müder<br />
Abklatsch des Entwurfes<br />
der Ärzteseite ist.<br />
Die Mängel sind offensichtlich:<br />
Im gesamten Kassen-Entwurf<br />
fehlt jegliche Abbildung<br />
der Morbidität <strong>und</strong> Versichertenstruktur.<br />
Das dokumentiert<br />
erneut, dass nach Ansicht der<br />
Kassen ausschließlich die Vertragsärzte<br />
das Morbiditätsrisiko<br />
tragen <strong>und</strong> die demographische<br />
Entwicklung auffangen sollten.<br />
Tatsächlich gibt der Kassen-EBM<br />
nichts Neues wieder.<br />
Ausnahme: Die indikationsspezifischen<br />
Vergütungsmodelle<br />
der KBV akzeptieren die Krankenkassen<br />
nicht; außerdem findet<br />
im Entwurf der Spitzenverbände<br />
eine noch stärkere Komplexierung<br />
der ärztlichen Leistungen<br />
statt. Diese gipfelt darin,<br />
dass über 90 Prozent der<br />
ophthalmologischen Leistungen<br />
in einer einzigen Gebühr versenkt<br />
werden. Um sich dem<br />
Vorwurf der mangelnden<br />
Transparenz zu entziehen, for-<br />
Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1)<br />
8 <strong>BDI</strong> aktuell 02-2003<br />
Vertragsärzte schlechter bezahlen<br />
als Pflegekräfte?<br />
dern die Krankenkassen eine<br />
Regelung im B<strong>und</strong>esmantelvertrag.<br />
Diese soll die Ärzte dazu<br />
verpflichten, die im Rahmen der<br />
Abrechnung einer solchen<br />
Komplexgebühr erbrachten<br />
Leistungen zu dokumentieren.<br />
Ein solch gigantischer bürokratischer<br />
Aufwand, den die Kassen<br />
neben einer ICD 10-Kodierung<br />
<strong>und</strong> allen anderen Dokumentationsverpflichtungeneinfordern,<br />
zeigt, dass der Vertragsarzt<br />
zum billigen Jakob <strong>und</strong><br />
Kostenmanager der Krankenkassen<br />
mutieren soll.<br />
Insgesamt wollen die Spitzenverbände<br />
eine Abwertung<br />
der ärztlichen Leistungen von<br />
ungefähr 45 Prozent gegenüber<br />
dem Entwurf der Ärzteseite.<br />
Dabei gehen sie in den Leistungsbewertungen<br />
in Punkten<br />
noch unter die Bewertungen<br />
des derzeit gültigen EBM. Grotesk<br />
wird die Situation, wenn<br />
man berücksichtigt, dass die<br />
Entlohnung für eine Arztminute<br />
(ohne Kosten) seitens der<br />
KBV mit 0,88 Euro (1,71 DM)<br />
kalkuliert wird. Die Kassenseite<br />
kalkuliert im Durchschnitt<br />
mit 0,66 Euro (1,30<br />
DM), erlaubt sich dabei aber<br />
eine Preisspanne zwischen 0,55<br />
Euro (1,08 DM) bis 0,80 Euro<br />
(1,56 DM). Welche Leistungen<br />
hier in der ärztlichen Entlohnung<br />
besser bewertet werden<br />
als andere, entzieht sich jedoch<br />
der Kenntnis der KBV. Wir vermuten,<br />
dass hier rein willkürliche<br />
Eingriffe vorgenommen<br />
worden sind. Wenn man außerdem<br />
bedenkt, dass im Rahmen<br />
der Kalkulation der Fallpauschalen<br />
im Krankenhaus<br />
für eine Pflegekraft eine Leistungsentlohnung<br />
von 0,90<br />
Euro (1,76 DM) je Minute<br />
angesetzt ist, scheint das Kalkulationsmodell<br />
der Krankenkassen<br />
mehr als zynisch.<br />
Noch verw<strong>und</strong>erlicher wird<br />
der Kassen EBM, wenn man<br />
sich die Bewertung der totalen<br />
Koloskopie ansieht. Während<br />
am 1. Oktober 2002 die Kassen<br />
4100 Punkte akzeptiert haben,<br />
veranschlagen sie jetzt gerade<br />
einmal 2900 Punkte für dieselbe<br />
Leistung. Innerhalb von wenigen<br />
Tagen wird damit eine<br />
abstruse Bewertungssenkung<br />
vorgenommen, die die Koloskopie<br />
in Deutschland in der<br />
Höhe ihrer Bewertung un-<br />
Günstig <strong>beim</strong> Diabetes mellitus Typ II ?<br />
GLP-1 ist ein Sekretionsprodukt<br />
des Dünndarms, das<br />
nach Nahrungsaufnahme<br />
sezerniert wird <strong>und</strong> in den<br />
Pankreasinseln die Insulinsekretion<br />
stimuliert <strong>und</strong> die<br />
Glukagonsekretion supprimiert.<br />
M. Zander et al. aus Kopenhagen<br />
<strong>und</strong> Hyidovre in Dänemark<br />
führten kürzlich eine interessante<br />
Pilotstudie durch,<br />
in der je 10 <strong>Patienten</strong> mit<br />
Diabetes Mellitus II ähnlichen<br />
Schweregrads 6 Wochen lang<br />
entweder eine s.c. Kochsalzinfusion<br />
(mit tragbaren Mini-<br />
med-Pumpen) oder kontinuierlich<br />
GLP-1-Infusionen (4,8<br />
pmol/kg/min) erhielten<br />
(Lancet 2002, 359, 824).<br />
Obwohl eine Dauerinfusion<br />
von GLP-1 keine praktikable<br />
Methode der DM-Behandlung<br />
ist, sind die Ergebnisse<br />
dieser Pilotstudie pathophysiologisch<br />
sehr interessant.<br />
Die Dauerinfusion von GLP-<br />
1 verbesserte die Stoffwechselsituation<br />
von Typ-II-Diabetikern<br />
deutlich; dies wird<br />
vermittelt durch eine verbesserte<br />
Insulinsekretion <strong>und</strong><br />
eine Suppression der freien<br />
Fettsäuren im Plasma, wodurch<br />
die Insulinresistenz<br />
abnimmt.<br />
Möglicherweise lassen sich<br />
später einmal mit GLP-1-<br />
Analoga, die nach s.c. Injektion<br />
länger wirken als natives<br />
GLP-1, die Behandlungsergebnisse<br />
<strong>beim</strong> DM Typ II<br />
verbessern, zumal der GLP-<br />
1-Mangel eine Teilursache<br />
dieser Erkrankung zu sein<br />
scheint.<br />
(Aus: Der Arzneimittelbrief, Berlin<br />
09/2002 (Auszug)<br />
Tel.: 030/7452047, Fax.: 030/453066<br />
Internet:<br />
http://www.der-arzneimittelbrief.de)<br />
ter die eines Entwicklungslandes<br />
stellt. Die im Übrigen<br />
alle Leistungen zugr<strong>und</strong>e gelegten<br />
Zeitbewertungen sind erheblich<br />
verkürzt worden. Manche<br />
ärztliche Tätigkeiten kommen<br />
unter den Zeitvorgaben<br />
der Krankenkassen einer Körperverletzung<br />
nahe.<br />
Alle von den Krankenkassen<br />
bisher verfolgten Ziele –<br />
beispielsweise die Stärkung der<br />
Prävention oder die Förderung<br />
der psychotherapeutischen<br />
Versorgung – konterkarieren sie<br />
in ihrem eigenen EBM, indem<br />
sie die Bewertungen zum Großteil<br />
unter das jetzige Niveau<br />
absenken. Das einzige Ziel der<br />
Krankenkassen scheint es zu<br />
sein, die Leistungsbewertung in<br />
Punkten so herunterzusetzen,<br />
dass ein möglichst hoher Punktwert<br />
unter den gesetzlich verfügten<br />
Zwangsbudgets entsteht.<br />
Das ist aber noch nicht alles.<br />
Dieser Spar-EBM soll zudem<br />
noch erprobt <strong>und</strong> erst nach der<br />
Testphase, frühestens im Jahre<br />
2005 eingeführt werden. Er soll<br />
jedoch nicht isoliert kommen,<br />
sondern ergänzt um eine im<br />
EBM implementierte Mengensteuerung,<br />
die die Spitzenverbände<br />
noch nicht vorgelegt haben.<br />
Die Kassen wollen, dass<br />
das passiert, was wir bereits bei<br />
den Praxisbudgets erlebt haben:<br />
dass nämlich die Vertragsärzte<br />
teilweise Leistungen<br />
ohne Vergütung erbringen.<br />
(Aus: KBV KLARTEXT, Januar 2003)<br />
* Ghostwriter des Kassenentwurfes<br />
ist verrückterweise ein bekennender<br />
Allgemeinarzt <strong>und</strong> ehemaliger<br />
KV-Chef, der es Anfang der<br />
1990er Jahre gar zum KBV-Vize<br />
gebracht hatte. Nach persönlichen<br />
Querelen aus dem Amt geschieden<br />
(worden), wechselte er die Fronten<br />
<strong>und</strong> trat in die Dienste der Krankenkassen.<br />
Seitdem bläst den niedergelassenen<br />
Fachärzten von dort ein<br />
eisiger Schwarzwaldwind ins Gesicht.<br />
Für die Kassen ist der Frontwechsel<br />
ein Glücksfall, da er erstmals seit<br />
Jahren die Möglichkeit eröffnet, die<br />
Ärzte mit den eigenen Waffen zu<br />
schlagen. Kritische Beobachter<br />
sprechen vom Spion-Fuchs-Effekt.<br />
(BY)