BS 04-2019
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Schiffstechnik<br />
Barthel baut innovatives Elektro-Schubboot<br />
Es gilt als eines der innovativsten Projekte der jüngeren Vergangenheit. Ab Herbst<br />
entsteht auf der Schiffswerft Barthel mit der »Elektra« das erste Elektro-Schubboot, das mit<br />
Batterien und Wasserstoff angetrieben wird. Das Brennstoffzellen-Schiff kostet 7 Mio. €<br />
Die Brennstoffzelle gilt als Zukunftstechnologie,<br />
der mittel- und langfristig<br />
in der Binnenschifffahrt weitaus<br />
größere Chancen eingeräumt werden als<br />
zum Beispiel LNG. Doch aller Anfang ist<br />
schwer und teuer. Die »Elektra«, ein mit<br />
Brennstoffzelle und Batterien ausgestattetes<br />
Elektro-Schubboot, wird 7 Mio. €<br />
kosten. Die gesamten Projektkosten liegen<br />
mit 14 Mio. € sogar doppelt so hoch.<br />
Seit drei Jahren wird dieses innovative<br />
Schiff bereits entwickelt. Acht Projektpartner<br />
haben sich dafür zusammengetan.<br />
Federführend ist die Berliner<br />
Hafen- und Lagerhausgesellschaft (BE-<br />
HALA), für die das Schiff einmal fahren<br />
soll. Dazu kommen die Schiffswerft<br />
Hermann Barthel in Derben, diverse Zulieferer<br />
und als wichtiger Geldgeber der<br />
Bund. Er zahlt die Hälfte der Kosten, die<br />
andere Hälfte übernimmt die Behala.<br />
Die 20 m lange und 8,20 m breite<br />
»Elektra«, die bei einem Tiefgang von<br />
1,25 m auf eine Verdrängung von rund<br />
150 t kommt, soll zunächst in Berlin<br />
und ab 2022 auch auf der Langstrecke<br />
nach Hamburg eingesetzt werden. Ende<br />
2020 könnte das Schubboot den Testbetrieb<br />
aufnehmen, geplant iest eine ausgiebige<br />
Erprobung dieses Typ-Schiffes.<br />
Es ist ein mutiger Schritt, ein rein elektrisch<br />
betriebenes Schubboot sucht man<br />
auf Europas Flüssen und Kanälen bislang<br />
vergeblich. »Aber für uns ist das ganz<br />
klar die Zukunft«, sagt Klaus<br />
Lichtfuß, Leiter der<br />
Logistik bei der<br />
BEHALA.<br />
Die nötige Energie für die 2 x 200 kW<br />
leistenden Elektromotoren sollen leistungsfähige<br />
Batterien liefern, die von<br />
Land aus aufgeladen werden. »Das reicht<br />
für kurze Entfernungen«, sagt Lichtfuß.<br />
Im Streckenverkehr können an Bord<br />
aus Wasserstoff über eine Brennstoffzelle<br />
rund 300 kW an Leistung für die Grundlast<br />
erzeugt werden. Für Spitzenlast-Zeiten<br />
werden die Akkus zugeschaltet. Beim<br />
heutigen Stand der Technik reicht das für<br />
Distanzen von bis zu 130 km.<br />
Bei einer Strecke von 400 km zwischen<br />
Berlin und Hamburg und einer Fahrtdauer<br />
von vier bis sechs Tagen muss nach<br />
der Abfahrt aus dem Berliner Westhafen<br />
unterwegs »gebunkert« werden. Mindestens<br />
zwei Zwischenstopps sind erforderlich,<br />
das Aufladen der Akkus dauert immerhin<br />
sieben bis acht Stunden.<br />
Mit dem Hafen Lüneburg am Elbe-<br />
Seitenkanal (ESK) ist ein erster Partner<br />
bereits gefunden. Die Hafengesellschaft<br />
hat sich bereit erklärt, auf eigene Kosten<br />
rund 110.000 € in die benötigte Infrastruktur<br />
investieren, zur Hälfte auf eigene<br />
Kosten, zur anderen Hälfte mit Geld<br />
aus dem Europäischen Fonds für regionale<br />
Entwicklung. Im<br />
Gegenzug könnte in<br />
Lüneburg der Güterumschlag<br />
beflügelt werden. Mit Haldensleben<br />
nördlich von Magdeburg steht<br />
die BEHALA noch in Verhandlungen,<br />
»da sieht es auch gut aus«, so Lichtfuß.<br />
Die »Elektra« könnte den Gütertransport<br />
dank ihres emissionsfreien und umweltfreundlichen<br />
Antriebs revolutionieren.<br />
Für die BEHALA könnte sie zum<br />
Beispiel den Schwergut-Leichter »Ursus«<br />
mit Turbinen von Siemens nach<br />
Hamburg schieben. Den 64,5 m langen<br />
und 9,5 m breiten Leichter (maximal<br />
1.400 t Verdrängung) hatte die BEHA-<br />
LA 2012 angeschafft. Denkbar ist aber<br />
auch die Beförderung anderer Güter in<br />
zwei konventionellen Leichtern, sofern<br />
die Gesamtlänge 165 m nicht übersteigt.<br />
Lichtfuß rechnet mit einer Signalwirkung<br />
für das gesamte Gewerbe. »Wir wollen<br />
zeigen, dass die Technik funk tioniert<br />
und sich in der Praxis bewährt.« Wenn<br />
dies gelinge, könnten viele andere Projekte<br />
folgen. Nicht nur in der Güterschifffahrt,<br />
sondern vor allem auch auf Passagierschiffen.<br />
Bislang gibt es mit der im<br />
Sommer 2017 am Essener Baldeneysee<br />
in Dienst gestellten »Innogy« überhaupt<br />
erst ein Ausfluggsschiff, das<br />
mit ähnlicher Technik unterwegs<br />
ist.KF<br />
© TU Berlin<br />
Binnenschifffahrt <strong>04</strong> | <strong>2019</strong><br />
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