Verfahrenstechnik 10/2022
Verfahrenstechnik 10/2022
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VERFAHREN UND ANLAGEN<br />
Außerdem haben Versuche gezeigt, dass die erforderliche<br />
Mischzeit bei einem Dissolverplanetenrührwerk<br />
deutlich geringer ausfällt als bei einem<br />
Koaxialrührwerk. Dies liegt daran, dass bei diesem<br />
Maschinentyp die Dissolverrührwelle ebenfalls<br />
auf einer Kreisbahn im Mischbehälter umläuft<br />
und somit das Produkt eine besonders intensive<br />
Beanspruchung erfährt.<br />
Dieses Beispiel aus der Praxis soll nun noch anhand<br />
der Leistungsgleichung überprüft werden,<br />
um zu zeigen, ob sie ein hilfreiches Werkzeug darstellt.<br />
Das Außenrührwerk beim Koaxialrührwerk<br />
benötigt eine vergleichbare Leistung wie der Antriebsmotor<br />
für den Wandabstreifer und die Drehbewegung<br />
des Planetengetriebes, sodass der Vergleich<br />
der Dissolverantriebe entscheidend ist.<br />
Geht man davon aus, dass beide Rührwerke mit<br />
identischen Behälterabmessungen und dem gleichen<br />
Produkt arbeiten, spielen für den Vergleich<br />
nur die Rührorgandurchmesser d und die Drehzahlen<br />
n eine Rolle. Vereinfacht vorausgesetzt ist<br />
hierbei, dass die Newton-Zahlen Ne beider Dissolversysteme<br />
gleich sind.<br />
Beim Planetendissolver läuft die Dissolverrührwelle<br />
mit auf einer Kreisbahn um, sodass die Dissolverscheibe<br />
einen deutlich kleineren Durchmesser aufweisen<br />
kann. Damit aber die gleiche Scherwirkung erzielt wird, muss<br />
man die Drehzahl erhöhen, um eine gleich hohe Umfangsgeschwindigkeit<br />
zu haben.<br />
Der Zusammenhang zwischen Umfangsgeschwindigkeit u,<br />
Rührerdrehzahl n und Rührerdurchmesser d ist gegeben durch<br />
die Gleichung:<br />
u = π n d<br />
Geht man von einer Umfangsgeschwindigkeit von 15 m/s und einem<br />
Dissolverdurchmesser von 500 mm beim Koaxialrührwerk<br />
aus, so resultiert hieraus deine Drehzahl von ca. 573 rpm. Beim<br />
Planetenrührwerk ist ein Dissolverdurchmesser von 300 mm<br />
oder kleiner ausreichend. Dies würde bei gleicher Umfangsgeschwindigkeit<br />
eine erforderliche Dissolverdrehzahl von ca.<br />
955 rpm bedeuten.<br />
Die Berechnung ergibt einen um den Faktor 2,8 höheren Energiebedarf<br />
für den Dissolverantrieb des Koaxialrührwerks. Anstatt<br />
eines 18,5-kW-Antriebs würde das Planetendissolverrührwerk<br />
mit einem 5,5-kW-Motor auskommen. Die theoretische Berechnung<br />
bestätigt demnach die Auslegungsdaten der beiden vorgestellten<br />
Mischer. Hinzu kommt noch, dass erfahrungsgemäß die<br />
erforderliche Mischzeit beim Planetendissolver deutlich kürzer<br />
ist, sodass sich für die Durchführung desselben Mischprozesses<br />
ein hohes Einsparpotenzial an Energie besteht.<br />
Würde man den Durchmesser der Dissolverscheibe von<br />
300 mm auf 250 mm reduzieren, müsste man die Drehzahl auf ca.<br />
1.146 rpm erhöhen, um die gleiche Umfangsgeschwindigkeit zu<br />
erzielen. Durch diese Maßnahme würde die erforderliche Antriebsleistung<br />
nur circa ein Viertel der Leistung des Koaxialrührwerks<br />
betragen; hinzu kommt noch die Einsparung durch eine<br />
kürzere Mischzeit.<br />
Vergleicht man die Investitionskosten für ein Koaxialrührwerk<br />
mit einem 18,5-kW-Dissolverantrieb mit einem Planetendissolverrührwerk<br />
mit 5,5-kW-Motor, so liegen sie auf gleichem Niveau.<br />
Die höheren Kosten für das gekapselte Planetengetriebe werden<br />
durch Einsparungen in der Antriebstechnik ausgeglichen. Ein<br />
01<br />
01 Koaxialrührwerk HRZ-S 1250 KO<br />
02<br />
02 Dissolverplanetenrührwerk HR-S 1250 DP<br />
Einsatz für Vakuum- oder Druckbetrieb sowie im Atex-Bereich ist<br />
durch die gekapselte Getriebeausführung problemlos möglich.<br />
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Leistungsgleichung<br />
sicher nicht eine exakte Berechnung ermöglicht,<br />
aber sie zeigt deutlich die Tendenzen auf und ermöglicht eine<br />
gute vergleichende Leistungsabschätzung. Natürlich können Planetenmischer<br />
nicht die Lösung für alle Mischaufgaben sein, aber<br />
viele Prozesse lassen sich mit ihnen durchaus energiesparend<br />
umsetzen, vor allem im mittel- bis hochviskosen Bereich sind sie<br />
immer eine überlegenswerte Alternative.<br />
Bilder: Herbst, Djero Adlibeshe – stock.adobe.com<br />
www.herbst-mischtechnik.de<br />
AUTOR<br />
Dr.-Ing. Ralf Wicke, Herbst<br />
Maschinenfabrik GmbH, Buxtehude<br />
HANDBUCH FÜR<br />
MISCHTECHNIK<br />
Kostenloser Download unter:<br />
www.bit.ly/Herbst-HB<br />
www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK <strong>2022</strong>/<strong>10</strong> 15