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Zahnmedizin im Nationalsozialismus

Ausgabe 2-3/2022

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16_TITELTHEMA<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel <strong>im</strong> Widerstand der Roten Kapelle aktiv<br />

„EIN FREUNDLICHER SCHEIN<br />

AUF DEN TAG“<br />

Helmut Georg Ludwig H<strong>im</strong>pel studierte in<br />

Freiburg und München <strong>Zahnmedizin</strong>. Nach<br />

seiner Promotion zog der <strong>im</strong> Schwarzwald<br />

geborene Zahnarzt nach Berlin, wo er in der<br />

Gruppe „Rote Kapelle“ aktiv <strong>im</strong> Widerstand<br />

gegen die Nationalsozialisten arbeitete. Seine<br />

Resistenz vollzog sich demzufolge nicht in<br />

Baden-Württemberg, sondern in der Hauptstadt,<br />

wo er 1943 hingerichtet wurde. Seine<br />

Wurzeln hatte der Widerstandskämpfer<br />

jedoch in Baden-Württemberg und hier lernte<br />

er auch die Frau kennen, die später zu seiner<br />

Verlobten werden sollte. Heiraten konnte<br />

das Paar nicht, denn Maria Terwiel hatte eine<br />

jüdische Mutter.<br />

Foto: Privatbesitz/Reproduktion Gedenkstätte Deutscher Widerstand<br />

Helmut Georg Ludwig H<strong>im</strong>pel wurde<br />

1907 in Schönau <strong>im</strong> Schwarzwald geboren.<br />

Er wuchs in einem Elternhaus auf,<br />

dessen Menschenbild von christlichen<br />

Wertvorstellungen geprägt war und an<br />

denen der gläubige Protestant auch sein<br />

gesamtes Leben hindurch festhielt.<br />

Zunächst studierte H<strong>im</strong>pel in Karlsruhe<br />

Elektrotechnik, bevor er zum Wintersemester<br />

1930/1931 nach Freiburg zog,<br />

um sich an der Albert-Ludwigs-Universität<br />

für Zahnheilkunde einzuschreiben.<br />

Hier lernte er seine zukünftige Verlobte,<br />

die Jurastudentin Maria Terwiel kennen.<br />

Terwiels Vater war der Katholik und Sozialdemokrat<br />

Johannes Terwiel, ihre<br />

Mutter Rosa war Jüdin.<br />

Nach Dr. H<strong>im</strong>pels Promotion zog das<br />

Paar nach Berlin, wo Dr. H<strong>im</strong>pel eine<br />

Zahnarztpraxis eröffnete. Dr. H<strong>im</strong>pel<br />

muss nicht nur ein guter, sondern vor<br />

allem auch ein charismatischer Zahnarzt<br />

gewesen sein, denn er hatte zahlreiche<br />

prominente Patient*innen, darunter<br />

Schauspieler und Künstler wie Heinz<br />

Rühmann 1 .<br />

KOSTENLOSE BEHANDLUNG<br />

Immer wieder behandelte Dr. H<strong>im</strong>pel<br />

he<strong>im</strong>lich und auch kostenlos jüdische<br />

Patient*innen,<br />

mitunter sogar in<br />

deren Wohnungen,<br />

damit sie keine Repressalien zu fürchten<br />

hatten, wenn sie mit einem Judenstern<br />

an der Kleidung eine nichtjüdische Arztpraxis<br />

betreten hätten. Er besorgte ihnen<br />

außerdem Lebensmittelkarten und unterstützte<br />

sie finanziell. Zudem stellte er<br />

Wehrpflichtigen mehrfach Atteste aus,<br />

um sie vor Fronteinsätzen zu bewahren.<br />

Erinnerung. Der Stolperstein für Dr. Helmut<br />

H<strong>im</strong>pel findet sich in der Lietzenburger Straße<br />

72 in Berlin-Charlottenburg.<br />

Widerstandskämpfer. Der Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel wurde am<br />

13. Mai 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet.<br />

Fotos: Wik<strong>im</strong>edia Commons<br />

Seit dem Jahr 1939 pflegte das Paar Dr.<br />

H<strong>im</strong>pel/Terwiel engen Kontakt zu Harro<br />

Schulze-Boysen, der seit 1934 als<br />

Oberleutnant <strong>im</strong> Reichsluftfahrtministerium<br />

arbeitete und einem Berliner<br />

Widerstandskreis angehörte, der heute<br />

unter dem Namen „Rote Kapelle“ bekannt<br />

ist. „Tatsächlich war die Berliner<br />

Widerstandsgruppe etwas, das wir heute<br />

als ein Netz bezeichnen würden, also<br />

keine Gruppe, wo es Mitgliedsausweise<br />

gab oder feste hierarchische Strukturen,<br />

sondern eher informelle Gruppen,<br />

eher Kreise, Schriftsteller, religiöse Sozialisten,<br />

Kommunisten und Sozialdemokraten.<br />

Alles finden wir hier“, so Professor<br />

Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte<br />

Deutscher Widerstand in<br />

Berlin. 2<br />

ROTE KAPELLE<br />

Namensgeber der „Roten Kapelle“ waren<br />

jedoch nicht die Widerstandskämpfer<br />

selbst, sondern ein Gestapo-Sonderkommando,<br />

das die einzelnen Gruppen<br />

an Reg<strong>im</strong>egegnern jagte und sie unter<br />

diesem Titel zusammengefasst hatte.<br />

Im Frühjahr 1941 informierten der Ber-<br />

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_H<strong>im</strong>pel<br />

2 Aus: „Leben will ich, leben, leben“, Die Lange Nacht über die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek. Autor: Hermann Vinke, Deutschlandfunk, 14./15. November 2020.

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