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Zahnmedizin im Nationalsozialismus

Ausgabe 2-3/2022

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ZBW<br />

ZAHNÄRZTEBLATT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

2-3/2022<br />

Titelthema<br />

Aus der Geschichte<br />

lernen<br />

Fortbildung<br />

Ergonomie in der<br />

Zahnarztpraxis<br />

ZAHNMEDIZIN IM<br />

NATIONALSOZIALISMUS


29. JANUAR – 26. JUNI 2022<br />

WERT UND WANDEL DER KORALLEN<br />

Margaret und Christine Werthe<strong>im</strong><br />

Detail of Baden-Baden Satellite Reef, part of the worldwide Crochet Coral Reef<br />

project by Christine and Margaret Werthe<strong>im</strong> and the Institute For Figuring


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

3_EDITORIAL<br />

Foto: C. Schwarz<br />

Foto: FFZ<br />

TITELTHEMA<br />

Schon vor einem Jahr trat Dr. Hans Hugo Wilms, Vorstandsreferent<br />

der KZV BW für Öffentlichkeitsarbeit, an die ZBW-<br />

Chefredaktion heran und bat um Aufarbeitung der nationsozialistischen<br />

Vergangenheit der Zahnärzteschaft in Baden-<br />

Württemberg. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema<br />

war eine Herausforderung. Und dies nicht etwa, weil die Archive<br />

aufgrund der Pandemie nicht zugängig und Reisen erschwert<br />

waren. Es macht etwas mit einem, wenn man sich wochen-<br />

ja mitunter monatelang mit fremden Biografien auseinandersetzt,<br />

nach Bestätigungen und Quellen sucht, Belege recherchiert<br />

und dann aus Yad Vashem, der internationalen Holocaust<br />

Gedenkstätte in Jerusalem, die Bestätigung erhält,<br />

dass der Name, den man angefragt hat, tatsächlich auf einer<br />

Liste steht – einer Liste der Täter.<br />

Mehr als jede*r zehnte Zahnarzt*ärztin war ab 1933 aus rassistischen<br />

Gründen verfolgt und aus dem Beruf gedrängt worden.<br />

Gleichzeitig war ein hoher Prozentsatz der Zahnärzteschaft<br />

Mitglied der NSDAP geworden, unter den Hochschullehrern<br />

etwa 60 Prozent. Viele waren sogar der SS beigetreten.<br />

In der jüngsten Vergangenheit wurden <strong>im</strong>mer häufiger Vergleiche<br />

zwischen den nationalsozialistischen Gräueltaten und<br />

den aktuellen Coronamaßnahmen laut. Die Gleichsetzung<br />

von Coronamaßnahmen mit dem <strong>Nationalsozialismus</strong> und<br />

dem Holocaust verharmlosen diese Taten jedoch nicht nur,<br />

sondern sie verhöhnen zudem dessen Opfer.<br />

Die einen vergleichen den Davidstern mit dem Tragen eines<br />

Mund-Nasen-Schutzes. Andere stellen durch den Ausspruch<br />

„Impfen macht frei“ eine Analogie zur Nazi-Parole „Arbeit<br />

macht frei“ her. Diese Form der Relativierung und Provokation<br />

ist nicht nur absolut inakzeptabel, sondern fordert auch<br />

eine Entgegnung. Eine solche formulierten erst kürzlich Hochschulen,<br />

Forschungs- und Kultureinrichtungen um die Stadt<br />

We<strong>im</strong>ar (siehe auch www.we<strong>im</strong>arer-erklaerung.de), nachdem<br />

es zu einem Shitstorm gegenüber der KZ-Gedenkstätte Buchenwald<br />

gekommen war, weil dort die 2G-Regelung zum Zutritt<br />

eingeführt worden war.<br />

SOZIALES ENGAGEMENT<br />

Am 14. und 15. Juli 2021 wurden mehrere Regionen in Rheinland-Pfalz<br />

und Nordrhein-Westfalen von einer verheerenden<br />

Flutkatastrophe betroffen. Im Ahr- und Erfttal wurden dabei<br />

450 Gebäude mitgerissen, mehr als 3.700 Häuser wurden<br />

mehr oder weniger stark beschädigt. 134 Menschen starben,<br />

mindestens 17.000 verloren ihr Hab und Gut oder erlitten erhebliche<br />

Schäden. Zahnärztin Heike Schneider und Zahnarzt<br />

Dr. Michael Schuhbeck aus Göppingen waren seitdem mehrfach<br />

zu Hilfseinsätzen <strong>im</strong> Katastrophengebiet. Im ZBW-Interview<br />

auf S. 38 f. berichten sie von ihren Erfahrungen.<br />

EHRENTITEL VERLIEHEN<br />

Mitte Dezember 2021 wurde PD Dr. Michael Korsch, langjähriger<br />

Mitarbeiter und Leiter der Oralchirurgie der Akademie für<br />

Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, eine Einrichtung der<br />

Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, seine Ernennungsurkunde<br />

zum außerplanmäßigen Professor vom Dekan<br />

der Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Michael Menger überreicht.<br />

Dr. Korsch tritt damit in die Fußstapfen der beiden ehemaligen<br />

Direktoren der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung<br />

Karlsruhe, Prof. Dr. Michael Heners und Prof. Dr. Winfried<br />

Walther, die ebenfalls als Professoren für Homburg tätig waren.<br />

FORTBILDUNG<br />

Zeit- und Behandlungsmanagement sind wichtige Faktoren<br />

in der zahnärztlichen Praxis. Sie dienen der Qualitätssicherung<br />

und helfen, das wirtschaftliche Ergebnis zu verbessern.<br />

Die Qualität der Behandlungsmaßnahmen ist für Patient*innen<br />

wichtig, aber oft erst nach Jahren zu beurteilen.<br />

Das Team ZA Jan Strüder, Dr. Karina Schick, Dr. Annemarie<br />

Markl und Dr. Diether Reusch haben wesentliche Themenaspekte<br />

auf den Seiten 27 ff. für Sie zusammengefasst.<br />

<br />

Cornelia Schwarz<br />

» Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und<br />

sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen<br />

Menschen. Sie ist <strong>im</strong>mer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen und<br />

Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist<br />

nicht per Beschluß für bearbeitet oder für beendet zu erklären.««<br />

Noach Flug, 1925-2011, Auschwitz-Überlebender


4_INHALT<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

INHALT<br />

18_Vergessen, verschwiegen, verdrängt<br />

NS-Täter unter der Zahnärzteschaft<br />

LEITARTIKEL<br />

09_Aus der Geschichte lernen<br />

Dr. Matthis Krischel<br />

TITELTHEMA<br />

21_Die lange Unfähigkeit zu trauern<br />

Aufarbeitung der NS-Zeit <strong>im</strong> deutschen Südwesten<br />

10_„Wie wurden sie zu Täter*innen?<br />

Von der We<strong>im</strong>arer Republik zum <strong>Nationalsozialismus</strong><br />

23_Das Gedenken als<br />

Herausforderung<br />

Die Erinnerung an den<br />

Holocaust <strong>im</strong> Spiegel<br />

der Generationen<br />

13_Überlebt, emigriert, ermordet<br />

Verfolgte Zahnärzte*innen <strong>im</strong> „Dritten Reich“<br />

24_Hass bringt nichts<br />

Das ZBW-Gespräch mit Rachel Dror<br />

16_„Ein freundlicher Schein auf den Tag“<br />

Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel <strong>im</strong> Widerstand der<br />

Roten Kapelle aktiv<br />

BERUFSPOLITIK<br />

26_Der Fortbildungsausschuss<br />

Kammer INTERN


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

5_INHALT<br />

FORTBILDUNG<br />

SOZIALES ENGAGEMENT<br />

38_Göppinger Zahnärzte helfen <strong>im</strong><br />

Katastrophengebiet<br />

Interview zur Flutkatastrophe <strong>im</strong> Ahrtal<br />

27_Ergonomie und Ökonomie<br />

Darauf kommt es in der Zahnarztpraxis an<br />

KOMMUNIKATION<br />

41_„BEMA mit Biss“ geht in die nächste Runde<br />

Abrechnungspodcast der KZV BW widmet<br />

sich nun dem Thema Endo<br />

KULTUR<br />

30_Zukunftsthemen für die Zahnärzteschaft<br />

FFZ: Herbst-Meeting als Hybrid-Veranstaltung<br />

45_Gego.<br />

Die Architektur<br />

einer Künstlerin<br />

Kunstmuseum<br />

Stuttgart<br />

INFORMATION UND SERVICES<br />

32_Dr. Michael Korsch, M.A.<br />

wird außerplanmäßiger Professor<br />

Ehrentitel verliehen<br />

IM BLICK<br />

03_Editorial<br />

33_Namen und Nachrichten<br />

42_Praxis<br />

46_Buchtipp/Leserforum<br />

48_Personalia<br />

54_Amtliche Mitteilungen<br />

55_Zu guter Letzt/<br />

Impressum<br />

Besuchen Sie auch die ZBW-Website. Neben der<br />

Online-Ausgabe des ZBW gibt es zusätzliche Informationen<br />

sowie ein ZBW-Archiv.<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

34_Nachhaltige <strong>Zahnmedizin</strong> –<br />

von Prävention bis Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

Im Gespräch mit dem Beauftragten<br />

für Nachhaltigkeit der LZK<br />

InformationszentrumZahnundMundgesundheit<br />

izz_bw<br />

izzbadenwuerttemberg


6 _PERSPEKTIVEN<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

DIE HALLE DER NAMEN IN DER GEDENKSTÄTTE YAD VASHEM<br />

IN JERUSALEM<br />

Die Halle der Namen ist die Gedenkstätte des jüdischen Volkes für jeden Juden, der <strong>im</strong> Holocaust ermordet wurde –<br />

ein Ort des Gedenkens auf Generationen hin.


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

PERSPEKTIVEN_7<br />

Foto: Ilya Varlamov


Landeszahnärztekammer BaWü Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />

Akademie<br />

Fortbildungsangebot<br />

Februar 2022 | März 2022 | April 2022 | Mai 2022 | Juni 2022<br />

Team und ZFA<br />

Kurs Nr. 9313 | 9 Punkte<br />

Hybrid | Modul H3 „Aufbereitung von semi-/kritischen<br />

Medizinprodukten“<br />

Referent: Dr. Carsten Ullrich, Mannhe<strong>im</strong><br />

Datum: 12.03.2022<br />

Kursgebühr: 180 € nur noch online buchbar<br />

Kurs Nr. 9257 | 8 Punkte<br />

Einzelkurs | Alte Menschen gut versorgen – Das Wichtigste in<br />

Kürze<br />

Referent: Dr. Elmar Ludwig, Ulm<br />

Datum: 06.05.2022<br />

Kursgebühr: ZÄ/ZA 450 € | ZFA 300 €<br />

Kurs Nr. 9343<br />

Einzelkurs | Die Rezeption – das Herz der Praxis<br />

Referentin: Brigitte Kühn, ZMV, Tutzing<br />

Datum: 01.04.2022<br />

Kursgebühr: 180 €<br />

Kurs Nr. 9344<br />

Einzelkurs | Willkommen am Telefon – der erste Eindruck zählt<br />

Referentin: Brigitte Kühn, ZMV, Tutzing<br />

Datum: 02.04.2022<br />

Kursgebühr: 180 €<br />

Starttermine Curricula<br />

Kurs Nr. 9275 | 13 Punkte<br />

Hybrid | Curriculum | Einzelkurs | Die Biologie der Pulpa und<br />

die Behandlungsprinzipien der Endodontie<br />

Referent: Prof. Dr. Edgar Schäfer, Münster<br />

Datum: 18.-19.02.2022<br />

Kursgebühr: 650 €<br />

Start des Curriculums Endodontie<br />

Kurs Nr. 7145 | 16 Punkte<br />

Hybrid | Curriculum | Einzelkurs | Der sachgerechte Aufbau<br />

des Gutachtens und die Systematik der Evaluation<br />

Referenten: Prof. Dr. Winfried Walther, Waibstadt<br />

PD Dr. Martin Groten, Reutlingen, Dr. Bert Bauder, Mannhe<strong>im</strong><br />

Datum: 08-09.04.2022<br />

Kursgebühr: 750 €<br />

Start des Curriculums Gutachtertraining<br />

Kurs Nr. 9300 | 13 Punkte<br />

Curriculum | Einzelkurs | Craniomandibuläre Dysfunktion<br />

(CMD): pathophysiologische Grundlagen, Diagnostik, Therapie<br />

Referenten: Prof. Dr. Alfons Hugger, Düsseldorf<br />

Prof. Dr. Hans-Jürgen Schindler, Karlsruhe<br />

Datum: 24.-25.06.2022<br />

Kursgebühr: 650 €<br />

Start des Curriculums Funktion und Schmerz<br />

Einzelkurse<br />

Kurs 9262 | 16 Punkte<br />

Einzelkurs | Min<strong>im</strong>al-invasive Frontzahnästhetik mit Veneers &<br />

Co. – ein Arbeitskonzept für Zahnarzt und Zahntechniker<br />

Referent: PD Dr. Sven Rinke, M.Sc., M.Sc., Hanau<br />

Datum: 01.-02.04.2022<br />

Kursgebühr: ZA 750 € | ZT 500 € (nur am 1. Seminartag)<br />

Kurs Nr. 9265 | 8 Punkte<br />

Curriculum | Einzelkurs | Traumatologie der bleibenden<br />

Dentition bei Kindern und Jugendlichen: Therapie in der Praxis<br />

Referent: Prof. Dr. Gabriel Krastl, Würzburg<br />

Datum: 06.05.2022<br />

Kursgebühr: 550 €<br />

Abend-Online-Seminare<br />

Kurs Nr. 9287 | 2 Punkte<br />

Einzelkurs online | „Digitalisierung in aller Munde“ –<br />

Status quo Intraoralscan<br />

Referent: Prof. Dr. Jan-Frederik Güth, Frankfurt<br />

Daten: 15.03.2022 | 19.00 – 21.00 Uhr<br />

Kursgebühr: 90 €<br />

Kurs Nr. 9322 | 2 Punkte<br />

Einzelkurs online | Halitosis: Wie wir Mundgeruch erfolgreich<br />

behandeln können<br />

Referent: Prof. Dr. Andreas Filippi, Basel<br />

Datum: 05.04.2022 | 19.00 – 20.30 Uhr<br />

Kursgebühr: 90 €<br />

Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe | Lorenzstraße 7 | 76135 Karlsruhe | Fon +49 721 9181-200 | Fax + 49 721 9181-222 | fortbildung@za-karlsruhe.de


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

9_LEITARTIKEL<br />

AUS DER GESCHICHTE LERNEN<br />

Die Rollen von Verfolgten und Tätern unter den Zahnärzten*innen<br />

<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong> wurden später als in einigen anderen Teilen der<br />

deutschen Gesellschaft erforscht. Im November 2019 wurden Ergebnisse<br />

eines gemeinsam von der Bundeszahnärztekammer, der Kassenzahnärztlichen<br />

Bundesvereinigung und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-,<br />

Mund- und Kieferheilkunde geförderten Forschungsprojekts präsentiert.<br />

Nun liegen auch für Baden-Württemberg neue Erkenntnisse vor.<br />

Dr. Matthis Krischel<br />

Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin,<br />

Centre for Health and Society, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf<br />

Einige Vorreiter hatte es seit den 1980er<br />

Jahren gegeben, einer breiten Öffentlichkeit<br />

wurden die Fakten zur <strong>Zahnmedizin</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong> aber erst vor wenigen<br />

Jahren bekannt. Die Ergebnisse schockierten<br />

selbst die Repräsentanten der beauftragenden<br />

Organisationen: Mehr als<br />

jede*r zehnte Zahnarzt*ärztin war ab<br />

1933 aus rassistischen Gründen verfolgt<br />

und aus dem Beruf gedrängt worden.<br />

Gleichzeitig war ein hoher Prozentsatz der<br />

Zahnärzteschaft Mitglied der NSDAP geworden,<br />

unter den Hochschullehrern etwa<br />

60 Prozent. Viele waren sogar der SS beigetreten.<br />

An der Meldung zur Zwangssterilisation<br />

von Patienten*innen mit Lippen-,<br />

Kiefer- oder Gaumenspalten waren auch<br />

Zahnärzt*innen beteiligt. Durch ihre Mitarbeit<br />

hielten sie das System der Konzentrationslager<br />

aufrecht und überwachten<br />

dort den Raub des Zahngoldes ermordeter<br />

Häftlinge. Als Reaktion forderte der Präsident<br />

der BZÄK Dr. Peter Engel eine „Kultur<br />

der Erinnerung“.<br />

ERINNERN FUNKTIONIERT<br />

Erinnern funktioniert dort, wo Menschen<br />

sich mit Geschichte identifizieren können,<br />

wo sie sich von ihr abgrenzen wollen.<br />

Das Erinnern an die Zeit des <strong>Nationalsozialismus</strong><br />

und seine Verbrechen, aber<br />

auch die Sensibilisierung für Mechanismen<br />

gesellschaftlicher Radikalisierung,<br />

welche erst Ermöglichungsräume für diese<br />

Verbrechen schufen, bleiben wichtig. Es<br />

gelingt dann, wenn Menschen sich mit<br />

der Geschichte identifizieren können,<br />

wenn sie Gemeinsamkeiten mit verfolgten<br />

Personen entdecken (gleicher Wohnort,<br />

gleicher Beruf) oder wenn sie sich von<br />

Täter*innen und Mitläufer*innen abgrenzen,<br />

zu denen sie einen geographischen<br />

oder professionellen Bezug haben.<br />

In diesem Heft wird an Zahnärzt*innen<br />

aus Südwestdeutschland erinnert, die ab<br />

1933 auf Grund ihrer jüdischen Religion<br />

oder Herkunft verfolgt, aus dem Beruf gedrängt,<br />

verhaftet und – wenn sie nicht aus<br />

Deutschland fliehen konnten oder wollten<br />

– ermordet wurden.<br />

Helmut H<strong>im</strong>pel bleibt als Widerstandskämpfer<br />

<strong>im</strong> Gedächtnis. Er wurde <strong>im</strong><br />

Schwarzwald geboren und studierte in<br />

Freiburg <strong>Zahnmedizin</strong>. Ursprünglich<br />

nicht selbst zu den Verfolgten zählend,<br />

sollte er nach Beginn des Zweiten Weltkriegs<br />

gegen das NS-Reg<strong>im</strong>e in Opposition<br />

treten, seine jüdischen Mitbürger*innen<br />

durch Zahnbehandlung und das Beschaffen<br />

von Lebensmittelkarten unterstützen<br />

und als Mitglied der „Roten Kapelle“<br />

Flugblätter und Klebezettel verteilen,<br />

in denen die Verbrechen der<br />

Nationalsozialisten benannt und kritisiert<br />

wurden. Nach der Zerschlagung der<br />

Widerstandsgruppe wurde H<strong>im</strong>pel verhaftet<br />

und 1943 hingerichtet.<br />

Nicht nur <strong>im</strong> 1952 entstandenen Land<br />

Baden-Württemberg war die Nachkriegszeit<br />

durch zahlreiche Kontinuitäten gekennzeichnet.<br />

Ehemalige Mitglieder der<br />

NSDAP konnten, wenn sie nicht nachweislich<br />

persönlich in schwerste Verbrechen<br />

verstrickt waren, nach kurzen Unterbrechungen<br />

ihre Karrieren fortsetzen.<br />

Dies galt nicht nur für niedergelassene<br />

Zahnärzte, sondern in vielen Fällen auch<br />

für Professoren an den Universitäten.<br />

Hans Filbinger, Ministerpräsident in<br />

Stuttgart von 1966 bis 1978, trat von seinem<br />

Amt erst zurück, nachdem der Dramatiker<br />

Rolf Hochhuth ihn öffentlich für<br />

seine Rolle als „Hitlers Marinerichter“ kritisiert<br />

hatte, der noch zu Kriegsende Todesurteile<br />

gegen Matrosen und Deserteure<br />

durchgesetzt hatte.<br />

TEIL DER AUS- UND WEITERBILDUNG<br />

Die ersten Studierenden der <strong>Zahnmedizin</strong><br />

beginnen gerade ihre Ausbildung<br />

nach der neuen, 2019 veröffentlichten<br />

Approbationsordnung. Danach ist ein<br />

Kurs in Ethik und Geschichte der Medizin<br />

und <strong>Zahnmedizin</strong> obligat. In diesem<br />

Rahmen wird zweifellos auch die<br />

Geschichte des Faches <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong><br />

zu thematisieren sein. An<br />

den einzelnen universitären Standorten<br />

werden Geschichten der Verfolgung<br />

und Ausgrenzung von Kollegen*innen,<br />

der oftmals freiwilligen Selbstgleichschaltung,<br />

der Kollaboration mit der<br />

Gesundheitspolitik des <strong>Nationalsozialismus</strong><br />

und der Kontinuitäten über die<br />

Zäsur 1945 hinaus in lokalen Kontexten,<br />

mit regionalen Beispielen zu illustrieren<br />

sein. Aber auch in der Weiterbildung<br />

und den Aktivitäten der Zahnärztekammern<br />

sollten die (Zahn-)Medizin<br />

<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong> und ihre<br />

bioethischen Implikationen bis heute<br />

eine Rolle spielen.<br />

Das vorliegende Themenheft des<br />

Zahnärzteblatts Baden-Württemberg<br />

zeigt, dass dieser Impuls <strong>im</strong> Südwesten<br />

angekommen ist. Nun ist es an<br />

den Mitgliedern der Profession, ihn<br />

aufzunehmen: Übernehmen Sie die<br />

Patenschaft für einen Stolperstein,<br />

der an vertriebene Kollegen erinnert,<br />

hinterfragen Sie die Karrieren von<br />

Fachvertretern aus der Nachkriegszeit,<br />

nach denen vielleicht bis heute<br />

ein Preis oder eine Institution benannt<br />

ist. Aber vor allem: Setzen Sie<br />

sich auch heute für eine offene Gesellschaft<br />

ein und für ein Gesundheitssystem,<br />

in dem alle Menschen mit Respekt<br />

behandelt werden – nicht nur<br />

zahnmedizinisch.


10_TITELTHEMA<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Von der We<strong>im</strong>arer Republik zum <strong>Nationalsozialismus</strong><br />

WIE WURDEN SIE ZU<br />

TÄTER*INNEN?<br />

Kundgebung. Tagung der DGZMK <strong>im</strong> Preußischen Herrenhaus; Berlin am 15. Oktober 1934.<br />

Foto: ZM Archiv<br />

Laut der Studien von Prof. Dr. Dominik Groß, Direktor des Instituts für Geschichte,<br />

Theorie und Ethik der Medizin an der RWTH Aachen, lassen sich die Verstrickungen<br />

der deutschen <strong>Zahnmedizin</strong> zwischen 1933 und 1945 in Zahlen<br />

fassen: 1938 waren rund neun Prozent aller Zahnärzte in der „Allgemeinen SS“,<br />

etwa 300 in der „Waffen-SS“ und rund 100 in den verschiedenen Konzentrationslagern<br />

tätig. 1.300 Zahnärzte waren bereits vor 1933 Mitglieder der NSDAP,<br />

mindestens 74 von ihnen erhielten in der Folge das Goldene Parteiabzeichen<br />

und mindestens sechs waren Blutordensträger. Auch an den Hochschulen<br />

hatte sich das nationalsozialistische Gedankengut ausgebreitet:<br />

Bis 1945 zählten 60 Prozent der zahnärztlichen Hochschullehrer zu den<br />

Mitgliedern der NSDAP. Während sich der Anteil der NSDAP-Mitglieder<br />

in der gesamten Ärzteschaft vor 1933 um die 7 Prozent bewegte, lag er<br />

bei der Zahnärzteschaft bei 12 Prozent. 1<br />

Prof. Dr. Paul Julian Weindling, Forschender<br />

zur Wissenschafts- und Medizingeschichte<br />

<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>,<br />

schätzt allein die Opfer der deutschen<br />

Medizin auf eine halbe Million. Daran<br />

beteiligt waren auch <strong>Zahnmedizin</strong>er*innen.<br />

Demzufolge muss man sich der<br />

Frage nähern, wie es möglich war, unter<br />

dem Deckmantel der wissenschaftlichen<br />

Arbeit und <strong>im</strong> Angesicht der eigenen<br />

Selbstachtung als Mediziner*in <strong>im</strong><br />

nationalsozialistischen Gefüge mitzumischen.<br />

Genügt es, sich auf den Glauben<br />

an einen Führer zu berufen und auf<br />

die Befehlsgewalt einer Regierung? Ist es<br />

korrekt an die gängigen Floskeln zu<br />

glauben, das deutsche Volk sei es gewohnt<br />

gewesen, kritiklos Weisungen<br />

auszuführen, die von oben kamen? Wird<br />

man damit der Geschichte und vor allem<br />

einem ganzen Volk gerecht? Einerseits<br />

will man zum Mahner werden, weil<br />

man nicht weiß, wie erpressbar man<br />

selbst gewesen wäre, in dieser Zeit. Andererseits<br />

bleibt die Frage offen, ob es<br />

das eigene Gewissen, der Verstand und<br />

die Seele zugelassen hätten, mit dieser<br />

Bürde und Schuld weiterzuleben.<br />

HISTORISCH<br />

Die Niederlage Deutschlands <strong>im</strong> Ersten<br />

Weltkrieg war zugleich das Ende des<br />

Kaiserreichs. Zwischen Revolution, dem<br />

Wunsch nach parlamentarischer De-<br />

1 Enno Schwanke, Zahnärzte und Dentisten vor, während und nach der Zeit des <strong>Nationalsozialismus</strong>, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin,<br />

Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, 2015.


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

11_TITELTHEMA<br />

Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 8/ZE14 „Der Führer“, 10. Juni 1936<br />

mokratie und der bitteren Enttäuschung<br />

über den verlorenen Krieg hatte<br />

es die Republik schwer. Massenarbeitslosigkeit,<br />

Kriegsschäden und Reparationsforderungen<br />

demoralisierten die Bevölkerung<br />

zusätzlich. Europaweit fielen<br />

antidemokratische Bewegungen daher<br />

auf fruchtbare Böden. Besonders hier<br />

<strong>im</strong> Land, wo die Agitation gegen den<br />

„Schandfrieden von Versailles“, in dem<br />

Deutschland die alleinige Kriegsschuld<br />

auf sich nehmen musste, erhielten die<br />

Nationalsozialisten enormen Zulauf.<br />

Als Deutschland 1930 aufgrund der<br />

weltweiten Wirtschaftskrise nicht in der<br />

Lage war, die Kriegsschulden zu bezahlen,<br />

spitzte sich die Krise zu: Kabinette<br />

stürzten, es gab regelmäßig Neuwahlen,<br />

Chaos herrschte und es schien unmöglich,<br />

eine dauerhafte Mehrheitsregierung<br />

zu bilden.<br />

UNIVERSITÄR<br />

Mit der Öffnung der deutschen Universitäten<br />

für jüdische Student*innen <strong>im</strong><br />

18. Jahrhundert nahm die Anzahl jüdischer<br />

Ärzte*innen in Deutschland stetig<br />

zu. In Preußen waren es Ende der 1880er<br />

Jahre 59 Prozent. 2 „Weltliche Bildung <strong>im</strong><br />

Allgemeinen und ein Medizinstudium<br />

<strong>im</strong> Besonderen galten für Juden <strong>im</strong> Zeitalter<br />

der Emanzipation als Eintrittskarte<br />

in die bürgerliche Gesellschaft und boten<br />

somit die Möglichkeit gesellschaftlicher<br />

Anerkennung und gesellschaftlichen<br />

Aufstiegs. Jüdische Mediziner wurden<br />

<strong>im</strong> ausgehenden 19. Jahrhundert zu<br />

Pionieren auf zahlreichen Gebieten, denen<br />

bahnbrechende wissenschaftliche<br />

Entdeckungen und Behandlungserfolge<br />

zu verdanken sind“. 3 Dennoch oder gerade<br />

deswegen blieb eine gewisse Judenfeindlichkeit<br />

in Deutschland bestehen.<br />

GESELLSCHAFTLICH<br />

Vor dem Hintergrund der „Überfüllungskrise“<br />

an den Hochschulen richtete<br />

sich der Unmut bereits während der<br />

We<strong>im</strong>arer Republik gegen den überproportionalen<br />

Anteil jüdischer Student*innen<br />

<strong>im</strong> Fach Medizin. Dies belegen<br />

auch die Ergebnisse der Wahlen<br />

zu den Studentenausschüssen <strong>im</strong> Wintersemester<br />

1929/30: an manchen<br />

Hochschulen kam der Nationalsozialistische<br />

Deutsche Studentenbund auf<br />

mehr als 30 Prozent der St<strong>im</strong>men. 4 Vor<br />

allem jüngere Ärzte*innen, die aufgrund<br />

der restriktiven Zulassungspolitik<br />

mit keiner Kassenzulassung rechnen<br />

konnten, unterstützen die antisemitische<br />

Propaganda des Nationalsozialistischen<br />

Deutschen Ärztebunds. 5<br />

POLITISCH<br />

1933 ging es schließlich Schlag auf<br />

Schlag. Unmittelbar nach der Machtübernahme<br />

der Nationalsozialisten am<br />

30. Januar sahen sich jüdische Ärzte*innen<br />

massiven Einschüchterungs- und<br />

Verfolgungsmaßnahmen seitens lokaler<br />

Parteistellen und SA-Gruppen ausgesetzt.<br />

Bereits <strong>im</strong> Februar 1933 kam<br />

es, gänzlich ohne gesetzliche<br />

Grundlage, in einzelnen<br />

Städten zu Entlassungen<br />

und Beurlaubungen jüdischer<br />

Ärzte*innen 6 . Nach<br />

den Reichstagswahlen vom<br />

5. März wurden jüdische<br />

Ärzte*innen, die sich in der<br />

We<strong>im</strong>arer Republik <strong>im</strong> Verband<br />

sozialistischer Ärzte<br />

engagiert hatten, verhaftet<br />

und in SA-Gefängnisse<br />

eingeliefert, wo sie zum<br />

Teil schweren körperlichen<br />

Misshandlungen<br />

ausgesetzt waren, in einigen<br />

Fällen mit Todesfolge.<br />

6<br />

In rascher Abfolge vollzog<br />

sich in der Medizin die<br />

komplette und radikale<br />

Ausschaltung „nichtarischer“<br />

Kollegen*innen.<br />

Entlassungen, Entzug<br />

der Kassenzulassungen<br />

und schließlich das totale<br />

Berufsverbot nahmen<br />

jüdischen Ärzte*innen<br />

schrittweise<br />

die Existenzgrundlage.<br />

Von den 1938 noch<br />

praktizierenden mehr<br />

als 3.000 jüdischen<br />

Ärzten*innen in<br />

Deutschland durften<br />

fortan nur noch 709 mit widerruflicher<br />

Genehmigung als „Krankenbehandler“<br />

weiterarbeiten. Damit waren innerhalb<br />

von fünf Jahren mehr als 90 Prozent der<br />

jüdischen Ärzte*innen in Deutschland<br />

von den Nationalsozialisten aus dem<br />

Berufsleben hinausgedrängt worden. 3<br />

In den Folgejahren gab es weitere Maßnahmen<br />

zur schrittweisen und systematischen<br />

Enteignung der Mediziner*innen,<br />

die nicht vom Staat erwünscht<br />

waren. Hierzu gehörten höhere<br />

steuerliche Abzüge, die Sperrung<br />

und Beschlagnahmung von Auswanderergut<br />

und -vermögen, Sonderabgaben<br />

wie die Judenvermögensabgabe<br />

und schließlich die Beschlagnahmung<br />

und Verwertung des Eigentums der<br />

Deportationsopfer.<br />

Aufruf. Mit diesem Flugblatt wurde die Karlsruher<br />

Bevölkerung zum Boykott von jüdischen Geschäften,<br />

Ärzte*innen und Rechtsanwälte*innen<br />

und zur Teilnahme an einer „Riesen-Kundgebung“<br />

am „Boykott-Tag“des 1. April 1933 aufgefordert.<br />

Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 5/23<br />

2 Jüdische Ärztinnen und Ärzte <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>: Ausgrenzung, Entrechtung, Verfolgung Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, 2018<br />

3 Robert Jütte: Medizin und Judentum. Historische Grundzüge, in: Jüdische Ärztinnen und Ärzte <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>. Entrechtung, Vertreibung, Ermordung, 2014.<br />

4 Jüdische Ärztinnen und Ärzte <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>. Entrechtung, Vertreibung, Ermordung, hrsg. von Thomas Beddies, Susanne Doetz und Christoph Kopke, 2017.<br />

5 Judith Hahn und Rebecca Schwoch: Anpassung und Ausschaltung. Die Berliner Kassenärztliche Vereinigung <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>, 2009.<br />

6 Robert Jütte (Hrsg.): Geschichte der deutschen Ärzteschaft. Organisierte Berufs-und Gesundheitspolitik <strong>im</strong> 19. und 20. Jahrhundert, 1997.


12_TITELTHEMA<br />

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AUFSTIEG<br />

Zahlreiche Mediziner*innen versprachen<br />

sich von Hitlers „Machtergreifung“<br />

eine prominente Rolle bei der „Gesundheitserziehung“<br />

und natürlich auch<br />

neue Karrierechancen, wenn man sich<br />

das Parteiabzeichen ans Revers heftete.<br />

„Wer Professor <strong>im</strong> Dritten Reich war,<br />

der konnte nicht schuldlos bleiben,<br />

auch der beste nicht, auch diejenigen<br />

nicht, die <strong>im</strong> Kampfe gegen das Reg<strong>im</strong>e<br />

ihr Leben bewusst einsetzten und verloren<br />

[...]. Wer das Dritte Reich als beamteter<br />

Professor überlebt hat, der hat vieles<br />

geschluckt, was einst als unerträglich<br />

galt und dabei geheuchelt.“ 7<br />

Auch die sogenannten „Judenauktionen“,<br />

die hauptsächlich mit Beginn des<br />

Kriegs und den Massendeportationen<br />

ab 1941 stattfanden, ermöglichten es<br />

zahlreichen Deutschen, sich an den Besitztümern<br />

der Verfolgten zu bereichern.<br />

Die Enteignung der in die Vernichtungslager<br />

Deportierten wird als „Aktion 3“<br />

bezeichnet. Hierbei nahm der NS-Staat<br />

schätzungsweise 778 Millionen Reichsmark<br />

ein. Neben Hausrat, Kleidung und<br />

Geschirr wurden auch Praxen und deren<br />

Einrichtungen versteigert.<br />

AKTION T4<br />

Während des „Dritten Reichs“ beackerte<br />

die deutsche Medizin zahlreiche Felder.<br />

Eines davon war die Erbgesundheitsideologie,<br />

auch als „Aktion T4“ bezeichnet.<br />

Dabei wurden bis 1945 rund<br />

200.000 Menschen mit geistig, seelisch<br />

und körperlichen Beeinträchtigungen<br />

ermordet.<br />

Ab 1936 versuchten die Nationalsozialisten,<br />

das Prüfungsfach Rassenhygiene<br />

einzuführen. Ein Vorhaben, das 1939<br />

gelang und zum Pflichtfach an allen<br />

Universitäten wurde. Eine besondere<br />

Stellung kam der Zahnärzteschaft<br />

Zahnheilkunde. Zahnärztliche Behandlung<br />

an der k. u. k. Militär-Oberrealschule,<br />

(später Martinkaserne), Eisenstadt, 1912.<br />

hier <strong>im</strong> Bereich der Eugenik zu: Sie hatten<br />

alle Patienten*innen mit „Hasenscharte“<br />

oder einer Kiefer- und Gaumenspalte<br />

zu melden. Die Sterilisation<br />

der Betroffenen wurde in diesen Fällen<br />

prinzipiell genehmigt.<br />

KRIEG<br />

Nach Kriegsbeginn bedeutete ein offen<br />

ausgesprochenes Nein oftmals den Tod.<br />

Dennoch gab es <strong>im</strong>mer noch die Möglichkeit,<br />

nicht in die NSDAP einzutreten<br />

und nicht als „T4“-Gutachter zur<br />

Verfügung zu stehen. Gegen „T4“ waren<br />

sogar Proteste möglich, wie die Kanzelproteste<br />

des Bischofs von Münster, Clemens<br />

August Graf von Galen belegen.<br />

Durch seine „Predigten“ <strong>im</strong> Sommer<br />

Kennzeichnung. Kennkarte und Reisepässe von Juden wurden mit einer Verordnung<br />

vom 5. Oktober 1938 mit dem unübersehbaren „J“ gekennzeichnet.<br />

Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 1/AEST 1237/340<br />

1941 erwirkte er zumindest einen augenscheinlichen<br />

Stopp der sog. „Euthanasie“.<br />

Noch stärker als zuvor sahen<br />

viele Menschen nicht auf die Ereignisse,<br />

konnten ein Hinsehen nicht ertragen<br />

oder identifizierten sich gar damit.<br />

Denn diese Identifikation bedeutete<br />

meistens auch ein entsprechendes<br />

Amt, Ansehen, Vorzüge. Dies wiederum<br />

gewährte Macht, Vorteile und befriedigte<br />

Eitelkeiten.<br />

RESÜMEE<br />

Am Ende bleibt die Frage, ob man Zahnarzt*ärztin<br />

in einem Konzentrationslager<br />

werden und an der Rampe von<br />

Auschwitz bei Selektionen über Leben<br />

und Tod von Menschen entscheiden<br />

musste, um das Hitler-Reich zu überleben?<br />

War man gezwungen, eine Praxis<br />

zu übernehmen, die ehemals von einer*einem<br />

Kollegen*in jüdischen Glaubens<br />

geführt worden war und das Inventar<br />

zu Schleuderpreisen zu erwerben?<br />

Musste man sich an Menschenversuchen<br />

beteiligen, Mund- und Kieferanomalien<br />

anzeigen, um sich und/oder<br />

die Seinen zu schützen und wie groß<br />

war für viele der wissenschaftliche<br />

Deckmantel, unter dem sie agierten?<br />

Wer kann von sich behaupten, dass er<br />

dem NS-Reg<strong>im</strong>e Paroli geboten hätte?<br />

Umso größer ist unsere gesellschaftliche<br />

Verantwortung – als Einzelperson,<br />

als wissenschaftliche Fachgesellschaft,<br />

als Berufsgruppe.<br />

Cornelia Schwarz<br />

Foto: Fortepan Adományozó/Donor: Péchy Lászl<br />

7 Eduard Seidler: Die Medizinische Fakultät zwischen 1926 und 1948, 1991.


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13_TITELTHEMA<br />

Verfolgte Zahnärzte*innen <strong>im</strong> „Dritten Reich“<br />

ÜBERLEBT, EMIGRIERT,<br />

ERMORDET<br />

Der Machtantritt der Nationalsozialisten<br />

<strong>im</strong> Jahr 1933 war in vielerlei Hinsicht folgenschwer.<br />

Für die freiberuflich tätigen<br />

Zahnärzte*innen, die aus verschiedenen<br />

Gründen nicht der damaligen Ideologie<br />

entsprachen, begann ein Martyrium auf<br />

vielen Ebenen. Dieses begann bereits<br />

1933 mit der Verordnung vom 22. April,<br />

als jüdischen Zahnärzte*innen die Kassenzulassung<br />

entzogen und sie mit sofortiger<br />

Wirkung aus sämtlichen Fürsorgeverbänden<br />

ausgeschlossen wurden. Bedauerlicherweise<br />

stellten sich die zahnärztlichen Verbände<br />

nicht schützend vor ihre jüdischen Mitglieder,<br />

sondern forcierten teilweise sogar in<br />

vorauseilendem Gehorsam den Entzug der<br />

Kassenzulassung.<br />

Neben zahlreichen Repressalien, Ausgrenzungen<br />

und Entmenschlichungen<br />

in den Folgejahren, mussten die Betroffenen<br />

teilweise miterleben, wie ihre Reputation<br />

zerstört und sie in ihrer ärztlichen<br />

Kompetenz diffamiert wurden.<br />

Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs<br />

wurden, trotz ihres Einsatzes für<br />

Deutschland nur 15 Jahre zuvor, in Konzentrationslager<br />

deportiert, gefoltert<br />

und ermordet. Sie mussten teilweise zusehen,<br />

wie Kollegen*innen mit „arischem“<br />

Hintergrund Einzug in ihre Praxen<br />

und Wohnungen hielten. Sie verloren<br />

ihr berufliches und privates Umfeld,<br />

ihr Einkommen, ihre Absicherung.<br />

Durften die Diffamierten zunächst<br />

noch an Fortbildungsveranstaltungen<br />

der Standesorganisationen teilnehmen,<br />

so saßen sie meist dennoch isoliert an<br />

einem Extratisch. 1 Mit der 4. Verordnung<br />

zum „Reichsbürgergesetz“ wurde<br />

den Ärzten*innen am 25. Juli 1938 ihre<br />

Approbation entzogen und sie wurden<br />

zu Krankenbehandlern*innen degradiert,<br />

wenn sie überhaupt noch als solche<br />

tätig sein durften. 2<br />

DR. MORITZ GOLDMANN<br />

Das Ehepaar Klara und Moritz Goldmann<br />

hatte <strong>im</strong> Jahre 1914 seinen Wohnort<br />

nach Konstanz verlegt und dort in<br />

der Eichhornstrasse 20 ihr selbst erbautes<br />

Haus bezogen. Zuvor hatte der promovierte<br />

Zahnarzt (Jahrgang 1871),<br />

nach Beendigung seines Staatsexamens<br />

<strong>im</strong> Jahr 1893 für zwei Jahre eine Assistenzarztstelle<br />

in den USA angenommen<br />

und danach ab 1895 eine Praxis in<br />

Stuttgart unterhalten.<br />

1907 heirateten die Goldmanns und bekamen<br />

eine Tochter. Danach trat die Familie<br />

zum katholischen Glauben über.<br />

Wie sich zeigen sollte, schützte diese<br />

Konversion die Familie nicht davor,<br />

später von den Nazis als „Volljuden“<br />

1 Josef Werner: Hakenkreuz und Judenstern. Das Schicksal der Karlsruher Juden <strong>im</strong> Dritten Reich, Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 9, Herausgegeben<br />

von Heinz Schmitt, 1988.<br />

2 Rebecca Schwoch: Jüdische Ärzte als Krankenbehandler in Berlin zwischen 1938 und 1945, 2018.<br />

3 Alle biografischen Angaben über Dr. Moritz Goldmann und seine Frau Klara Goldmann sind, mit freundlicher Genehmigung, den Recherchen von Hans-Hermann Seiffert,<br />

Konstanz entnommen. Siehe auch: www.stolpersteine-konstanz.de.<br />

Deportation. Am 22. Oktober 1940 wurden auf Anweisung der Gauleiter alle<br />

jüdischen Bürger*innen von Baden und aus der Saarpfalz in das Gebiet der französischen<br />

Vichy-Regierung abgeschoben. Diese brachte mehr als 6.500 Männer,<br />

Frauen und Kinder in dem Internierungslager Gurs unter. Die Verhältnisse <strong>im</strong><br />

Lager waren miserabel. Viele Deportierte starben an Entkräftung und Epidemien.<br />

Ehepaar. Moritz und Klara Goldmann <strong>im</strong><br />

Jahr 1939 zusammen mit den Enkeln Ingeborg<br />

und Eberhard Schwarz.<br />

Foto: E. Schwarz<br />

Foto: Alice Resch-Synnestvedt, United States Holocaust Memorial Museum


14_TITELTHEMA<br />

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eingestuft zu werden – mit allen Konsequenzen<br />

hinsichtlich Entrechtung, Verfolgung<br />

und Verschleppung.<br />

Die Zahnarztpraxis in Konstanz betrieb<br />

Moritz Goldmann anfangs in der Schottenstrasse<br />

17, ab 1932 in der Bahnhofstrasse<br />

1. Im Anschluss an die Reichspogromnacht<br />

vom 9. November 1938 wurde<br />

Moritz Goldmann in das Konzentrationslager<br />

Dachau gebracht und damit<br />

in die sogenannte „Schutzhaft“ genommen.<br />

Seine Einlieferung wurde unter der<br />

Häftlingsnummer 23254 auf den<br />

12. November datiert. Er wurde dort bis<br />

zum 28. Dezember 1938 festgehalten.<br />

Noch von Dachau aus vollzog Goldmann<br />

die Schenkung seiner Immobilie<br />

an seinen nicht-jüdischen Schwiegersohn<br />

und umging damit nicht nur die<br />

Zwangsenteignung seines Besitzes, sondern<br />

zudem auch seinen erzwungenen<br />

Auszug daraus. Zumindest zunächst:<br />

Am 22. Oktober 1940 wurden die Goldmanns<br />

von der Gestapo abgeholt und<br />

zum Bahnhof Petershausen gebracht.<br />

Die Praxis wurde versiegelt, die Einrichtung<br />

von einem Transporteur abgeholt<br />

und später versteigert.<br />

Allerdings hatte das Ehepaar ein Quäntchen<br />

Glück, denn ihr Transport, zu<br />

dem insgesamt 110 Menschen aus Konstanz<br />

zusammengetrieben worden waren,<br />

ging nicht nach Auschwitz, sondern<br />

ins französische Lager Gurs.<br />

Die Situation <strong>im</strong> Barackenlager Gurs<br />

war desaströs, Zeitzeugen bezeichneten<br />

es als „Vorhölle von Auschwitz“. Allerdings<br />

war es kein Vernichtungslager<br />

und es gab auch keine Folterungen. Die<br />

Deportierten mussten auf dem Boden<br />

schlafen und wenn Regen einsetzte, soll<br />

es der schlammige Boden teilweise unmöglich<br />

gemacht haben, sich fortzubewegen.<br />

Im Schnitt starben acht Menschen<br />

am Tag. Es waren per se keine<br />

schweren Krankheiten, an denen die Inhaftierten<br />

litten. Jedoch brachten Blasenentzündungen,<br />

Bronchitis und unversorgte<br />

Schnittwunden, die ohne<br />

ärztliche Versorgung oftmals zu Blutvergiftungen<br />

führten, und die Gabe von<br />

Medikamenten, den Tod. 3<br />

Foto: Generallandesarchiv Karlsruhe/330 Nr. 796<br />

Dr. Moritz Mansbach<br />

DR. MORITZ MANSBACH<br />

Auch der Zahnarzt Dr. Moritz Mansbach<br />

(Jahrgang 1866) wurde mit seiner<br />

Frau Hermine am 22. Oktober 1940 von<br />

der Gestapo aus ihrer Wohnung in<br />

Karlsruhe abgeholt. Zwei Stunden wurden<br />

ihnen damals zugestanden, um das<br />

Wichtigste zusammenzupacken – insgesamt<br />

nicht mehr als 100 Kilogramm –<br />

bevor sie ihre Wohnung in der Ritterstraße<br />

6 verlassen mussten. Drei Tage<br />

lang war das Ehepaar unterwegs, bevor<br />

es <strong>im</strong> Internierungslager Gurs in Südfrankreich<br />

angekommen war. Wie die<br />

Goldmanns wurden auch die Mansbachs<br />

<strong>im</strong> Lager in getrennten Bereichen<br />

untergebracht. In einer Postkarte vom<br />

11. November 1940 teilte Dr. Mansbach<br />

seinem Sohn Erwin mit, dass er und<br />

Hermine „unter der erzwungenen Trennung<br />

leiden“. Beide Ehepaare wurden<br />

aufgrund ihres Alters von der Deportation<br />

nach Auschwitz verschont. Doch<br />

während die Goldmanns 1945 nach<br />

Konstanz zurückkehren konnten, verstarb<br />

Hermine Mansbach 1942 nach<br />

der Verlegung der Eheleute ins Camp de<br />

Noé. Dr. Moritz Mansbach blieb allein<br />

zurück. Er überlebte das „Dritte Reich“<br />

und konnte schließlich nach Israel ausreisen,<br />

wo er ab 1950 sein Wiedergutmachungsverfahren<br />

anstrebte.<br />

Aufgrund des <strong>im</strong> Jahre 1942 von der<br />

Reichsbank beschlagnahmten Bankkontos<br />

Mansbachs, auf welchem sich<br />

zu dem Zeitpunkt Einlagen von ungefähr<br />

13.800 Reichsmark befanden, wegen<br />

der beschlagnahmten Wohnungsbzw.<br />

Praxiseinrichtung sowie der durch<br />

die Deportation nicht mehr durchführbaren<br />

Arbeit als Zahnarzt wurde ihm<br />

eine Entschädigung von 20.500 Deutschen<br />

Mark zugesprochen. Nach einem<br />

Bescheid vom 16. Juli 1956 erhielt er zudem,<br />

als Ausgleich für die verlorenen<br />

Praxiserlöse, eine monatliche Rente von<br />

monatlich 429 DM zugesprochen. Dr.<br />

Mansbach starb 1956 in Tel Aviv <strong>im</strong> Alter<br />

von 90 Jahren. 4<br />

GERETTET DANK BÜRGSCHAFT<br />

Dank seiner Verbindungen ins neutrale<br />

Ausland gelang es Moritz Goldmann für<br />

sich und seine Frau, eine krankheitsbedingte<br />

„Beurlaubung“ aus dem Lager<br />

Gurs zu erreichen. Hierbei unterstütze<br />

ihn ein früherer Kommilitone aus Zürich,<br />

der die Bürgschaft für eine Unterbringung<br />

in einem Privatquartier für die beiden<br />

übernahm. 1941 verließen Moritz<br />

und Klara Goldmann das Lager Gurs und<br />

zogen in ein Altenhe<strong>im</strong> nach Idron.<br />

Im August 1942 wurden die Bewohner in<br />

Idron durch eine Razzia der Vichy-Polizei<br />

überrascht. Nun sollten auch sie in die<br />

Vernichtungslager <strong>im</strong> Osten deportiert<br />

werden. Doch die Goldmanns hatten erneut<br />

Glück, da sie schon über 60 Jahre alt<br />

waren, wurden sie von der Deportation<br />

ausgeschlossen. Andere Bewohner*innen<br />

Idrons hatten nicht so viel Glück und wurden<br />

nach Auschwitz gebracht und dort<br />

vergast. 1945 konnten die Goldmanns von<br />

Idron aus in ihr Haus in der Konstanzer<br />

Eichhornstrasse zurückkehren.<br />

Wie fast alle überlebenden NS-Verfolgten<br />

beantragten auch Moritz und Klara Goldmann,<br />

Anfang der 50er-Jahre, be<strong>im</strong> „Badischen<br />

Landesamt für Wiedergutmachung“<br />

in Freiburg, Entschädigung für<br />

„Verlust an Eigentum und Vermögen“ sowie<br />

auch für „Schäden <strong>im</strong> beruflichen<br />

und wirtschaftlichen Fortkommen“. Die<br />

Verfahren zogen sich sehr lange hin. Am<br />

Ende erhielten sie jedoch noch zu Lebzeiten<br />

genügend finanzielle Gutmachung,<br />

um den Erben jenes Kommilitonen, der<br />

damals die finanzielle Bürgschaft gestellt<br />

hatte, die den Goldmanns das Überleben<br />

gesichert hatte, 6 685 Schweizer Franken<br />

zurückzubezahlen.<br />

DR. ERNST REICHENBERGER<br />

Ein ebenfalls sehr tragisches Schicksal<br />

hatte Dr. Ernst Reichenberger, der als<br />

„bester Zahnarzt Stuttgarts“ galt. In<br />

Karlsruhe wurde er als Isidor Reichenberger<br />

geboren, schloss siebzehnjährig<br />

das Gymnasium ab, studierte in Freiburg<br />

und Heidelberg <strong>Zahnmedizin</strong> und<br />

erlangte bereits 1899 als 20-Jähriger seine<br />

Approbation. Assistenzarztjahre in<br />

Berlin, München und Stuttgart folgten,<br />

bevor sich Reichenberger 1903 in Bad<br />

Cannstatt niederließ.<br />

Um Ass<strong>im</strong>ilation bemüht, legte er den<br />

jüdisch klingenden Vornamen Isidor ab<br />

und nannte sich fortan Ernst. Er war<br />

zudem Träger des Ehrenkreuzes für<br />

Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs.<br />

Auch Dr. Reichenberger wurde nach der<br />

Reichspogromnacht <strong>im</strong> November<br />

1938 als „Schutzhäftling“ nach Dachau<br />

verschleppt. Sein Wohnhaus befand<br />

sich in der König-Karl-Straße 24, nur<br />

200 Meter entfernt von der damals<br />

brennenden Synagoge. Aus dem Kon-<br />

4<br />

Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Kalrsruhe, Findbuch Polizeipräsidium.


ZBW_2-3/2022<br />

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15_TITELTHEMA<br />

Dr. Ernst Reichenberger<br />

zentrationslager freigelassen, erhielt<br />

Reichenberger noch <strong>im</strong> Dezember den<br />

Bescheid über die sogenannte Judenvermögensabgabe.<br />

Mit dieser „Sühneleistung<br />

der Juden deutscher Staatsangehörigkeit“<br />

ließ sich das Deutsche Reich<br />

sein, als „Reichskristallnacht“ beschönigtes<br />

Verbrechen, bezahlen.<br />

Im Februar 1939 wurde Dr. Ernst „Israel“<br />

Reichenberger vom Reichsminister<br />

des Innern widerruflich erlaubt, als<br />

Krankenbehandler zu arbeiten. Dieser<br />

Erlaubnis folgten jedoch einschneidende<br />

Einschränkungen: Auf zwei eng beschriebenen<br />

Seiten wurde ihm von der<br />

Kassenzahnärztlichen Vereinigung vorgeschrieben,<br />

ein Schild an seinem Haus<br />

in der König-Karl-Straße 24 anzubringen,<br />

das den Zusatz‚ „Zugelassen zur<br />

Behandlung jüdischer Zahnkranker“<br />

mit aufzuführen hatte. In der linken<br />

oberen Ecke war zudem „eine zitronengelbe,<br />

kreisförmige Fläche mit einem<br />

Durchmesser von 5 cm anzubringen, in<br />

der der blaue Davidstern mit einer Dreieckshöhe<br />

von 3½ cm erscheint“.<br />

Um das Haus seiner Familie zu erhalten,<br />

übertrug er es <strong>im</strong> August 1939 auf<br />

seinen „arischen” Schwiegersohn. Er<br />

selbst durfte nur noch Wochen dort<br />

wohnen, da die „Regelung der Mietverhältnisse<br />

mit den Juden“ in Stuttgart<br />

best<strong>im</strong>mte, dass Juden in „arischem<br />

Hausbesitz” sich spätestens bis 1. Dezember<br />

1939 „in jüdischem Hausbesitz<br />

einzumieten” hatten.<br />

Wie es um seine Praxis stand, geht aus<br />

einem undatierten Lebenslauf hervor,<br />

der vermutlich seinem Einwanderungsantrag<br />

vom Sommer 1939 beigefügt<br />

Foto: Familienarchiv Dorschel<br />

war: „As I am only allowed to treat jewish<br />

patients, whose number owing to<br />

emigration is decreasing from day to<br />

day, my practice will soon cease to<br />

exist“. Im Dezember war es so weit, wie<br />

aus einer handschriftlichen Mitteilung<br />

Ernst Reichenbergers an das Finanzamt<br />

hervorgeht. Dementsprechend sank<br />

sein Einkommen rapide. Musste er 1940<br />

noch RM 5.580,— Einkommenssteuer<br />

entrichten, sah in den folgenden Jahren<br />

selbst das Finanzamt keine Handhabe<br />

mehr, ihm etwas abzupressen. Die Bescheide<br />

von 1941 und 1942 weisen kein<br />

besteuerbares Einkommen mehr aus.<br />

Um sich über Wasser zu halten, verdingte<br />

Reichenberger sich bei seinem früheren<br />

Zahntechniker für monatlich 140<br />

Reichsmark als Hilfsarbeiter. 5<br />

Am 1. März 1943 wurde der Zahnarzt<br />

als letzter Cannstatter Jude ins jüdische<br />

Gemeindehaus befohlen und von dort<br />

nach Auschwitz deportiert. Ob er die<br />

Reise überstanden hat, ob er be<strong>im</strong> Empfang<br />

an der Rampe niedergeknüppelt<br />

wurde oder in der Gaskammer endete,<br />

weiß niemand. Das Amtsgericht Bad<br />

Cannstatt hat <strong>im</strong> November 1946 sein<br />

Todesdatum auf den 9. Mai 1945 festgelegt.<br />

5<br />

DR. ADOLF UND<br />

ELSBETH HEINSHEIMER.<br />

Aufgrund seiner beruflichen Stellung<br />

und seines Könnens gehörte Dr. Adolf<br />

Heinshe<strong>im</strong>er der gehobenen jüdischen<br />

Gesellschaft Karlsruhes an. Es ist davon<br />

auszugehen , dass sich Dr. Heinshe<strong>im</strong>er<br />

und Dr. Mansbach persönlich kannten<br />

und freundschaftlich verbunden waren,<br />

da beide Mitglieder der B‘nai B‘Brith-<br />

Loge Karlsruhe waren, in der sich die<br />

besser gestellten jüdischen Männer der<br />

Stadt zum Austausch trafen. 6<br />

Im Gegensatz zu den Mansbachs gelang<br />

es der Familie Heinshe<strong>im</strong>er jedoch,<br />

Deutschland zu verlassen. Ende 1938<br />

wurde Dr. Heinshe<strong>im</strong>er gezwungen, seine<br />

Praxis in der Kaiserstrasse 189 zu<br />

schließen. (Monika Dech, Gedenkbuch<br />

für die Karlsruher Juden) Dem vorausgegangen<br />

waren zahllose Repressalien<br />

und Gängelungen.<br />

Auch Tochter Elsbeth war diesen ausgesetzt.<br />

Wie ihr Vater wollte sie Zahnärztin<br />

werden, war dafür in Heidelberg eingeschrieben<br />

und wurde dort als rassisch<br />

Unerwünschte zwangsexmatrikuliert.<br />

Sie wanderte bereits 1935 in die USA<br />

aus und machte 1937 ihren Abschluss<br />

an der School of Dental Medicine der<br />

University of Pennsylvania. Damit war<br />

sie eine von insgesamt nur zwei Frauen<br />

in einer Abschlussklasse von mehr als<br />

hundert Absolventen.<br />

Mehr als 50 Jahre lang arbeitete sie als<br />

Zahnärztin in New York und wurde für<br />

ihre hervorragende Arbeit auf diesem<br />

Gebiet anerkannt. Dank der frühen<br />

Entscheidung Elsbeth Heinshe<strong>im</strong>ers,<br />

Deutschland zu verlassen, gelang es ihr,<br />

auch ihre Eltern nach Amerika zu<br />

Dr. Adolf Heinshe<strong>im</strong>er<br />

holen und die entsprechende Bürgschaft<br />

für sie zu vorzuhalten. 7<br />

Cornelia Schwarz<br />

INFO<br />

Diese Biografien stehen stellvertretend<br />

für insgesamt 92 Zahnärzte*innen,<br />

die während des „Dritten<br />

Reichs“ in Baden und Württemberg<br />

aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum<br />

jüdischen Glauben, einer anderen<br />

Partei oder ihrer sexuellen Neigung<br />

aus der Gesellschaft und dem Berufsleben<br />

ausgeschlossen, verfolgt<br />

und ermordet wurden. Die Liste mit<br />

allen Namen und persönlichen Daten<br />

wurde uns von Dr. Matthis Krischel,<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter,<br />

Institut für Geschichte, Theorie<br />

und Ethik der Medizin, Medizinische<br />

Fakultät, Heinrich-Heine-Universität<br />

Düsseldorf zur Verfügung gestellt.<br />

Foto: Stadtarchiv Karlsruhe 1/AEST 1237/496<br />

5 Alle biografischen Angaben über Dr. Ernst Reichenberger sind, mit freundlicher Genehmigung, den Recherchen von Rainer Redies, Stuttgart Bad-Cannstatt entnommen.<br />

Siehe auch: www.stolpersteine-cannstatt.de.<br />

6 Alemannia Judaica, Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden <strong>im</strong> süddeutschen und angrenzenden Raum. Siehe auch: www.alemannia-judaica.de.<br />

7 The New York T<strong>im</strong>es, Ausgabe 7. August 2009.


16_TITELTHEMA<br />

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Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel <strong>im</strong> Widerstand der Roten Kapelle aktiv<br />

„EIN FREUNDLICHER SCHEIN<br />

AUF DEN TAG“<br />

Helmut Georg Ludwig H<strong>im</strong>pel studierte in<br />

Freiburg und München <strong>Zahnmedizin</strong>. Nach<br />

seiner Promotion zog der <strong>im</strong> Schwarzwald<br />

geborene Zahnarzt nach Berlin, wo er in der<br />

Gruppe „Rote Kapelle“ aktiv <strong>im</strong> Widerstand<br />

gegen die Nationalsozialisten arbeitete. Seine<br />

Resistenz vollzog sich demzufolge nicht in<br />

Baden-Württemberg, sondern in der Hauptstadt,<br />

wo er 1943 hingerichtet wurde. Seine<br />

Wurzeln hatte der Widerstandskämpfer<br />

jedoch in Baden-Württemberg und hier lernte<br />

er auch die Frau kennen, die später zu seiner<br />

Verlobten werden sollte. Heiraten konnte<br />

das Paar nicht, denn Maria Terwiel hatte eine<br />

jüdische Mutter.<br />

Foto: Privatbesitz/Reproduktion Gedenkstätte Deutscher Widerstand<br />

Helmut Georg Ludwig H<strong>im</strong>pel wurde<br />

1907 in Schönau <strong>im</strong> Schwarzwald geboren.<br />

Er wuchs in einem Elternhaus auf,<br />

dessen Menschenbild von christlichen<br />

Wertvorstellungen geprägt war und an<br />

denen der gläubige Protestant auch sein<br />

gesamtes Leben hindurch festhielt.<br />

Zunächst studierte H<strong>im</strong>pel in Karlsruhe<br />

Elektrotechnik, bevor er zum Wintersemester<br />

1930/1931 nach Freiburg zog,<br />

um sich an der Albert-Ludwigs-Universität<br />

für Zahnheilkunde einzuschreiben.<br />

Hier lernte er seine zukünftige Verlobte,<br />

die Jurastudentin Maria Terwiel kennen.<br />

Terwiels Vater war der Katholik und Sozialdemokrat<br />

Johannes Terwiel, ihre<br />

Mutter Rosa war Jüdin.<br />

Nach Dr. H<strong>im</strong>pels Promotion zog das<br />

Paar nach Berlin, wo Dr. H<strong>im</strong>pel eine<br />

Zahnarztpraxis eröffnete. Dr. H<strong>im</strong>pel<br />

muss nicht nur ein guter, sondern vor<br />

allem auch ein charismatischer Zahnarzt<br />

gewesen sein, denn er hatte zahlreiche<br />

prominente Patient*innen, darunter<br />

Schauspieler und Künstler wie Heinz<br />

Rühmann 1 .<br />

KOSTENLOSE BEHANDLUNG<br />

Immer wieder behandelte Dr. H<strong>im</strong>pel<br />

he<strong>im</strong>lich und auch kostenlos jüdische<br />

Patient*innen,<br />

mitunter sogar in<br />

deren Wohnungen,<br />

damit sie keine Repressalien zu fürchten<br />

hatten, wenn sie mit einem Judenstern<br />

an der Kleidung eine nichtjüdische Arztpraxis<br />

betreten hätten. Er besorgte ihnen<br />

außerdem Lebensmittelkarten und unterstützte<br />

sie finanziell. Zudem stellte er<br />

Wehrpflichtigen mehrfach Atteste aus,<br />

um sie vor Fronteinsätzen zu bewahren.<br />

Erinnerung. Der Stolperstein für Dr. Helmut<br />

H<strong>im</strong>pel findet sich in der Lietzenburger Straße<br />

72 in Berlin-Charlottenburg.<br />

Widerstandskämpfer. Der Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel wurde am<br />

13. Mai 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet.<br />

Fotos: Wik<strong>im</strong>edia Commons<br />

Seit dem Jahr 1939 pflegte das Paar Dr.<br />

H<strong>im</strong>pel/Terwiel engen Kontakt zu Harro<br />

Schulze-Boysen, der seit 1934 als<br />

Oberleutnant <strong>im</strong> Reichsluftfahrtministerium<br />

arbeitete und einem Berliner<br />

Widerstandskreis angehörte, der heute<br />

unter dem Namen „Rote Kapelle“ bekannt<br />

ist. „Tatsächlich war die Berliner<br />

Widerstandsgruppe etwas, das wir heute<br />

als ein Netz bezeichnen würden, also<br />

keine Gruppe, wo es Mitgliedsausweise<br />

gab oder feste hierarchische Strukturen,<br />

sondern eher informelle Gruppen,<br />

eher Kreise, Schriftsteller, religiöse Sozialisten,<br />

Kommunisten und Sozialdemokraten.<br />

Alles finden wir hier“, so Professor<br />

Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte<br />

Deutscher Widerstand in<br />

Berlin. 2<br />

ROTE KAPELLE<br />

Namensgeber der „Roten Kapelle“ waren<br />

jedoch nicht die Widerstandskämpfer<br />

selbst, sondern ein Gestapo-Sonderkommando,<br />

das die einzelnen Gruppen<br />

an Reg<strong>im</strong>egegnern jagte und sie unter<br />

diesem Titel zusammengefasst hatte.<br />

Im Frühjahr 1941 informierten der Ber-<br />

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_H<strong>im</strong>pel<br />

2 Aus: „Leben will ich, leben, leben“, Die Lange Nacht über die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek. Autor: Hermann Vinke, Deutschlandfunk, 14./15. November 2020.


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17_TITELTHEMA<br />

liner Oberregierungsrat <strong>im</strong> Reichswirtschaftsministerium<br />

Arvid Harnack und<br />

Harro Schulze-Boysen die sowjetische<br />

Botschaft über die Vorbereitungen der<br />

Wehrmacht zum Überfall auf die Sowjetunion.<br />

Allerdings ignorierte Josef<br />

Stalin diese Warnung. In einer Randnotiz<br />

wies er noch unmittelbar vor dem<br />

Angriff am 22. Juni 1941 seinen eigenen<br />

Gehe<strong>im</strong>dienst an: „Schicken Sie Ihren<br />

‚Informanten‘ aus dem Stab der deutschen<br />

Luftwaffe zu seiner Hurenmutter<br />

zurück. Das ist kein ‚Informant‘, sondern<br />

ein Desinformator. J. St.“ 3<br />

Reg<strong>im</strong>egegner. Maria Terwiel und Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel<br />

waren ein Paar und Widerstandskämpfer gegen die nationalsozialistische<br />

Tyrannei.<br />

Foto: Wik<strong>im</strong>edia Commons<br />

AKTIONEN<br />

Ab Herbst 1941 begannen<br />

die Reg<strong>im</strong>egegner der<br />

„Roten Kapelle“ damit,<br />

Flugblätter und Klebezettel<br />

zu verteilen, die über<br />

die NS-Gewaltverbrechen<br />

aufklärten. Auf diese Weise<br />

wurde auch die Predigt<br />

Kardinal von Galens gegen<br />

das Euthanasieprogramm<br />

der Nationalsozialisten<br />

in Umlauf gebracht.<br />

Diese Predigt führte dazu, dass<br />

Hitler die sogenannte Aktion T4, die<br />

Morde an psychisch Kranken, stoppte.<br />

Im Januar 1942 verbreiteten die Widerstandskämpfer<br />

auf gleiche Weise die<br />

Flugschrift „Die Sorge um Deutschlands<br />

Zukunft geht durch das Volk“, die<br />

eine Vielzahl von Persönlichkeiten und<br />

sämtliche Auslandskorrespondenten erreichte.<br />

Maßgeblich für diese Aktion<br />

verantwortlich und aktiv daran beteiligt<br />

waren Dr. H<strong>im</strong>pel und seine Verlobte.<br />

Dr. H<strong>im</strong>pels Praxis in der Lietzenburger<br />

Straße 72 war außerdem regelmäßig<br />

Treffpunkt für die Widerständler.<br />

VERHAFTUNG<br />

Am 17. September 1942 wurde das Paar<br />

in seiner Wohnung von der Gestapo verhaftet,<br />

am 26. Januar 1943 vom Reichs-<br />

Quelle: Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand/Rote Kapelle<br />

kriegsgericht wegen „Landesverrats“<br />

zum Tod verurteilt.<br />

Der <strong>im</strong> Prozess gegen<br />

die „Rote Kapelle“ für<br />

die Anklage und Todesurteile<br />

– insgesamt waren<br />

es 56 – mitverantwortliche<br />

Staatsanwalt Manfred<br />

Roeder (1900-1971)<br />

wurde nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg wegen<br />

Rechtsbeugung und<br />

Aussageerpressung angezeigt.<br />

Das Ermittlungsverfahren<br />

gegen ihn wurde allerdings<br />

niedergeschlagen. Stattdessen<br />

durfte der Nazi-Militärrichter noch 1951<br />

für die damalige neonazistische Sozialistische<br />

Reichspartei (SRP) unbehelligt<br />

Wahlkampf führen, war später aktives<br />

Mitglied der CDU und sogar mehrere<br />

Jahre stellvertretender Bürgermeister der<br />

Gemeinde Glashütten <strong>im</strong> Taunus 4 .<br />

Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel wurde nach seinem<br />

Prozess vor dem Reichskriegsgericht als<br />

„Landesverräter“ am 13. Mai 1943 in<br />

Plötzensee hingerichtet. Die Ablehnung<br />

des Gnadengesuchs für seine Verlobte<br />

Maria Terwiel trägt Hitlers eigenhändige<br />

Unterschrift. Ihr Todesurteil<br />

wurde am 5. August vollstreckt.<br />

Noch in der Haft befasste Dr. H<strong>im</strong>pel<br />

sich mit theologischen Fragen und erhoffte<br />

sich für die Zeit nach dem <strong>Nationalsozialismus</strong><br />

eine größere Gemeinsamkeit<br />

der evangelischen und<br />

katholischen Kirche. Auszüge eines<br />

Briefes an seine Eltern, zwei Tage vor<br />

seiner Hinrichtung, lassen zudem den<br />

Schluss zu, dass Dr. H<strong>im</strong>pel ein Mann<br />

mit Gottvertrauen und Mut war: „Gestern<br />

war ein glücklicher Tag. Die ganze<br />

Zeit, aus undefinierbaren Gründen,<br />

war ich fabelhaft aufgelegt. Zudem waren<br />

gestern auch einige Herren Pastoren<br />

bei uns zu Besuch, und so gehen<br />

die Stunden schneller. Auch fühlt man<br />

sich durch guten Willen, der allein<br />

schon aus den Besuchern spricht, so<br />

gehoben, dass allein dadurch ein<br />

freundlicher Schein auf den Tag fällt“. 5<br />

Cornelia Schwarz<br />

³ Aus: Anne Nelson, Die Rote Kapelle – Geschichte der legendären Widerstands-gruppe München, 2010<br />

4 Siehe: www.stolpersteine-berlin.de/en/biografie/4023<br />

5 Köhn, Michael, Zahnärzte 1933-1945, Berufsverbot, Emigration, Verfolgung, Berlin 1994, S. 126.


18_TITELTHEMA<br />

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NS-Täter unter der Zahnärzteschaft<br />

VERGESSEN,<br />

VERSCHWIEGEN,<br />

VERDRÄNGT<br />

Stolpersteine, die seit 1992 in Deutschland<br />

und in 25 Ländern Europas an NS-Opfer<br />

erinnern, haben das Schicksal von Verfolgten,<br />

Deportierten, Ermordeten in unsere Nähe<br />

gerückt. Die Täter allerdings blieben viele<br />

Jahrzehnte <strong>im</strong> Dunkeln. – Ein Blick auf ein<br />

schmerzhaftes Kapitel Berufsgeschichte<br />

der Zahnärzteschaft mit Bezug zum heutigen<br />

Baden-Württemberg.<br />

Foto: Bundesarchiv, B 285 Bild-04413/Stanislaw Mucha/CC-BY-SA 3.0<br />

Das Torhaus des KZ Auschwitz-Birkenau.<br />

Erst in jüngerer Zeit gibt es verstärkt<br />

Anstrengungen, diejenigen Mediziner<br />

be<strong>im</strong> Namen zu nennen, die während<br />

des <strong>Nationalsozialismus</strong> an Verbrechen<br />

beteiligt waren. Zu den ersten<br />

Veröffentlichungen gehören die Bücher<br />

von Ernst Klee. „Nie hatten Mediziner<br />

mehr Macht über Menschen als<br />

in der Nazizeit“, schrieb Klee, ein vielfach<br />

ausgezeichneter Autor und Filmemacher.<br />

Bereits in den 1980er-Jahren veröffentlichte<br />

er über „Euthanasie“ <strong>im</strong> NS-<br />

Staat. Akribisch hat er auch in seinem<br />

„Personenlexikon zum Dritten Reich“<br />

die Verbrechen erforscht und die Täter<br />

be<strong>im</strong> Namen genannt. Keine Selbstverständlichkeit,<br />

denn allzu lange wurde<br />

das Verhalten von NS-Ärzten verdrängt<br />

und vertuscht. Kaum einer musste<br />

nach 1945 harte Strafen fürchten, viele<br />

waren schnell in Amt und Würden zurück.<br />

Auch in der Zahnärzteschaft gab<br />

es Täter, die nach 1945 mitten in der<br />

Gesellschaft lebten und auch ihrem<br />

Beruf nachgingen.<br />

Allein 1.300 Zahnärzte waren bereits<br />

vor 1933 Mitglieder der NSDAP, das<br />

waren 12 Prozent der Zahnärzteschaft,<br />

bei der gesamten Ärzteschaft waren es<br />

rund 7 Prozent.<br />

Explizit mit der Zahnärzteschaft beschäftigte<br />

sich Dr. med. dent. Wolfgang<br />

Kirchhoff und die Vereinigung<br />

demokratische <strong>Zahnmedizin</strong> (VDZM).<br />

In dem 2016 erschienenen Werk „... total<br />

fertig mit dem <strong>Nationalsozialismus</strong>“,<br />

blätterte Kirchhoff mit seiner<br />

Mitautorin eine „unendliche Geschichte<br />

der <strong>Zahnmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>“<br />

auf und untermauert<br />

damit seine Pionierleistungen bei der<br />

Aufarbeitung der NS-Vergangenheit<br />

der Zahnärzteschaft. Kirchhoff zeigt<br />

auf, dass die zahnmedizinische Wissenschaft<br />

Beiträge zur Durchführung<br />

von Sterilisationen und „Euthanasie“<br />

lieferte, Zahnärzte sich am Massenmord<br />

in Konzentrationslagern beteiligten<br />

und das Entfernen von Goldzähnen<br />

aus den Leichen der Geschändeten<br />

organisierten und überwachten.<br />

„Ein großer Teil des Goldes und Silbers,<br />

das den europäischen Juden geraubt<br />

oder von ihren Leichen abgerissen<br />

wurde, ging durch die Schmelzöfen<br />

der Degussa“ schrieb der US-Historiker<br />

Peter Hayes 2004 in der Degussa-Firmengeschichte.<br />

TÄTERFORSCHUNG<br />

Zur jüngsten Täterforschung trug das<br />

Projekt „<strong>Zahnmedizin</strong> und Zahnärzte<br />

<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>“ bei, das von<br />

den Spitzenorganisationen der Zahnärzteschaft<br />

in Deutschland <strong>im</strong> November<br />

2019 vorgestellt wurde. Unabhängige<br />

Wissenschaftler der Universitäten<br />

Düsseldorf und Aachen haben die Rolle<br />

der Zahnheilkunde <strong>im</strong> NS-Reg<strong>im</strong>e<br />

systematisch aufgearbeitet.<br />

Hier war Prof. Dr. Dr. Dominik Groß,<br />

Direktor des Instituts für Geschichte,<br />

Theorie und Ethik der Medizin, Aachen<br />

federführend: „Die Zahnärzteschaft<br />

diente sich dem NS-Reg<strong>im</strong>e in<br />

vielerlei Hinsicht an. Im Jahr 1938 waren<br />

bereits 9 Prozent aller Zahnärzte<br />

Mitglieder der Allgemeinen SS, gut 60<br />

Prozent der zahnärztlichen Hochschullehrer<br />

traten bis 1945 in die<br />

NSDAP ein. Mindestens 300 Zahnärzte<br />

engagierten sich in der Waffen-SS,<br />

etwa 100 Zahnärzte waren als Zahnärzte<br />

in Konzentrationslagern tätig.“ Ziel<br />

des Projekts ist eine historisch-kritische<br />

Darstellung der Geschichte der<br />

Zahnärzteschaft und ihrer Organisati-


ZBW_2-3/2022<br />

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19_TITELTHEMA<br />

» Gedenken ist gelebter Widerstand<br />

gegen Menschenfeindlichkeit <strong>im</strong> Hier<br />

und Heute.«<br />

Muhterem Aras MdL,<br />

Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg<br />

onen in den Jahren<br />

1933 bis 1945 sowie in<br />

der Nachkriegszeit.<br />

Dr. Otto Hellmuth<br />

Foto: J. Stumpf, E. Kienast (Hg.): Der Großdeutsche Reichstag 1938<br />

SCHREIBTISCHTÄTER<br />

Gut erforscht ist die<br />

Biografie von Dr. Otto<br />

Hellmuth (1896–1968),<br />

den Quellen als „gnadenlosen<br />

Schreibtischtäter“<br />

bezeichnen und<br />

der seinem Leben als<br />

Kassenzahnarzt in<br />

Reutlingen ein Ende<br />

setzte. Er nahm hoch dekoriert als<br />

Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg<br />

teil und studierte von 1919 bis 1922<br />

<strong>Zahnmedizin</strong> in Freiburg und Würzburg.<br />

Nach der Promotion war er zunächst<br />

als Zahnarzt tätig, hatte aber<br />

schon früh politische Ambitionen. Bereits<br />

1922 trat er der die NSDAP bei<br />

und avancierte nach 1933 zum Gauleiter<br />

und Regierungspräsident in Unterfranken.<br />

Mit seinem Namen verbunden<br />

ist u. a. eine rücksichtslose Rassenpolitik<br />

in der Rhön und auch sein Befehl,<br />

1940 die Heil- und Pflegeanstalt<br />

Werneck eilig zu räumen, um Umsiedler<br />

aus Bessarabien dort unterzubringen.<br />

Viele der 777 Patienten wurden in<br />

Folge dieser Massnahme in Tötungsanstalten<br />

gebracht und vergast. Nach<br />

Kriegsende war Hellmuth zunächst<br />

untergetaucht, die amerikanischen Besatzungsbehörden<br />

verurteilten ihn<br />

1947 zum Tode, weil er an der Erschießung<br />

von notgelandeten alliierten<br />

Fliegern <strong>im</strong> September 1944 beteiligt<br />

war. In einem Revisionsverfahren wurde<br />

das Todesurteil in eine lebenslange<br />

Freiheitsstrafe umgewandelt; die Haftzeit<br />

wurde schließlich auf 20 Jahre herabgesetzt.<br />

AMNESTIEPOLITIK<br />

Hellmuth blieb jedoch nur bis 1955 in<br />

Landsberg. Die <strong>im</strong> Zuge des Kalten<br />

Krieges auch von den Westalliierten<br />

befürwortete Wiederbewaffnung der<br />

Bundesrepublik ging einher mit der<br />

„Einstellung jeder Diffamierung des<br />

deutschen Soldaten (einschließlich<br />

der <strong>im</strong> Rahmen der Wehrmacht seinerzeit<br />

eingesetzten Waffen-SS)“. Der<br />

Druck von ehemaligen Wehrmachtsangehörigen,<br />

Regierung, Parteien und<br />

Kirchen auf die Westmächte führte zu<br />

Teilamnestien und zur Entlassung<br />

vieler Kriegsverbrecher. Hellmuth beantragte<br />

nach seiner Entlassung eine<br />

He<strong>im</strong>kehrerentschädigung, die ihm<br />

nach Klagen durch alle Instanzen<br />

auch zugesprochen wurde. Bei der<br />

Zulassung für alle Krankenkassen<br />

durch die AOK Reutlingen, wo er<br />

sich 1958 als Zahnarzt niederließ, erhielt<br />

Hellmuth, da er „die älteste Approbation“<br />

vorweisen konnte, den<br />

Vorzug vor 21 Mitbewerbern, trotz<br />

des Protestes wichtiger Organisationen.<br />

Bis zu seinem Selbstmord 1968<br />

konnte er so als Kassenzahnarzt in<br />

Reutlingen tätig sein.<br />

KZ-ZAHNARZT<br />

Nach 1945 wieder als niedergelassener<br />

Zahnarzt tätig war auch Dr. Willy<br />

Frank (1903–1989 ). Nach dem Abitur<br />

studierte er an der TH München Ingenieurwesen<br />

und arbeitete vier Jahre<br />

lang als Diplomingenieur. Von 1931<br />

Dr. Willy Frank (r.)<br />

bis 1933 studierte er dann <strong>Zahnmedizin</strong>.<br />

Nach Assistentenzeit und Promotion<br />

eröffnete er 1935 in Stuttgart-<br />

Bad Cannstatt eine Zahnarztpraxis.<br />

Schon früh betätigte sich Frank politisch,<br />

trat 1936 der SS bei. In der<br />

Funktion eines SS-Oberabschnittsarztes<br />

in Stuttgart leistete er zahnärztliche<br />

Dienste für die SS. 1942<br />

wurde er aufgrund seiner Frontuntauglichkeit<br />

als Zahnarzt nach Dachau,<br />

später nach Minsk abkommandiert.<br />

Mit Übernahme in das SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt<br />

arbeitete<br />

er schließlich in mehreren Konzentrationslagern<br />

als <strong>Zahnmedizin</strong>er und<br />

war für die „Verwertung“ des Zahngolds<br />

zuständig sowie für die zahnärztliche<br />

Versorgung von SS-Angehörigen<br />

. Ab 1943 <strong>im</strong> KZ Auschwitz stieg<br />

er zum leitenden Zahnarzt auf und<br />

war nachweislich auch an der Selektion<br />

von über 6000 Häftlingen beteiligt.<br />

Im Rahmen der Entnazifizierung<br />

wurde er als „Mitläufer“ eingestuft,<br />

sodass er danach wieder als Zahnarzt<br />

in seiner Stuttgarter Praxis tätig sein<br />

konnte. 1961 war von der Landes-<br />

Foto: www.auschwitz-prozess-frankfurt.de


20_TITELTHEMA<br />

ZBW_2-3/2022<br />

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zahnärztekammer Baden-Württemberg<br />

ein berufsgerichtliches Verfahren<br />

angedacht, aber nicht durchgeführt<br />

worden. Erst 1965, <strong>im</strong> ersten<br />

Frankfurter Auschwitzprozess wurde<br />

er durch das Schwurgericht wegen gemeinschaftlicher<br />

Beihilfe zum gemeinschaftlichen<br />

Mord zu sieben Jahren<br />

Zuchthaus verurteilt. Frank verzichtete<br />

1969 auf seine zahnärztliche<br />

Approbation.<br />

Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft<br />

<strong>im</strong> Jahr 1970 arbeitete Frank als<br />

Pharmavertreter.<br />

ERMORDUNG DER GOEBBELS-<br />

KINDER<br />

Dr. Helmut Kunz (1910–1976) war einer<br />

von 48 Zahnärzten, die nach 1945<br />

als Kriegsverbrecher vor Gericht standen.<br />

Der in Ettlingen Geborene wurde<br />

1937 Mitglied der NSDAP, promovierte<br />

1939 zum Dr. med. dent. und schloss<br />

sich dem NS-Ärztebund an. Im Januar<br />

Dr. Helmut Kunz<br />

1940 als Sanitätsoffizier zur Wehrmacht<br />

einberufen, trat er <strong>im</strong> August<br />

1940 der Waffen-SS bei und wurde der<br />

SS-Totenkopf-Division zugeordnet,<br />

die <strong>im</strong> Konzentrationslager Dachau<br />

Dienst tat. Nach Verwundung an der<br />

Ostfront und Lazarettaufenthalt wurde<br />

Kunz in das SS-Sanitätsamt in Berlin<br />

versetzt. Hier war er ab Oktober<br />

1943 Hugo Blaschke unterstellt, dem<br />

obersten Zahnarzt der SS. Unter anderen<br />

behandelte er auch Magda Goebbels,<br />

die ihn Ende April 1945 aufgefordert<br />

hatte, bei der Tötung ihrer sechs<br />

Kinder zu helfen. Kunz hat sie mit<br />

Morphiumspritzen sediert, ehe die<br />

Mutter ihnen dann Cyanidkapseln verabreichte.<br />

Foto: Gemeinfrei<br />

1945 wurde Kunz von Soldaten der<br />

Roten Armee verhaftet und war sieben<br />

Jahre in sowjetischer Haft. 1952 wurde<br />

er von einem Moskauer Militärgericht<br />

zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt, unter<br />

anderem wegen seiner Beteiligung<br />

an der Ermordung der Goebbels-Kinder.<br />

Er kam 1955 <strong>im</strong> Zuge der von Bundeskanzler<br />

Adenauer ausgehandelten<br />

Rückführung deutscher Kriegsgefangener<br />

aus der Sowjetunion frei. Zunächst<br />

wurde er nicht weiter verfolgt<br />

und zog zu seiner Familie nach Karlsruhe.<br />

1956 nahm er eine Stelle an der<br />

Universitätszahnklinik Münster an,<br />

Anfang 1957 ließ sich Kunz als Zahnarzt<br />

in Freudenstadt nieder. Ein <strong>im</strong><br />

gleichen Jahr eingeleitetes Ermittlungsverfahren<br />

führte 1959 zu einer<br />

Anklage wegen Beihilfe zum Totschlag;<br />

das Verfahren wurde jedoch eingestellt,<br />

auch <strong>im</strong> Hinblick auf seine in der<br />

Sowjetunion verbüßte Haft. Bis 1975<br />

war er als Zahnarzt tätig.<br />

NUR EIN ZEUGE<br />

El<strong>im</strong>ar Lüder Precht (1912-1969)<br />

besuchte in Freiburg die Volksschule<br />

in Littenweiler und die Rotteck-<br />

Oberrealschule. Dann studierte er<br />

<strong>Zahnmedizin</strong> in seiner He<strong>im</strong>atstadt,<br />

legte 1936 das Staatsexamen ab<br />

und arbeitete anschließend als Assistent.<br />

Seit 1933 SS-Mitglied wurde er<br />

1939 zur Waffen-SS eingezogen. Er<br />

gehörte verschiedenen Einheiten an,<br />

bevor er ab Juli 1942 in den KZs Natzweiler,<br />

Dachau, Oranienburg und<br />

von Juli 1944 bis Januar 1945 auch<br />

als leitender Zahnarzt in Auschwitz<br />

eingesetzt wurde. Nach Kriegsende<br />

war Precht ab 1950 als Assistenzarzt<br />

bei Willy Frank, seinem Vorgänger <strong>im</strong><br />

KZ Auschwitz, in dessen Stuttgarter<br />

Zahnarztpraxis angestellt. Später<br />

wurde er Schulzahnarzt in Offenburg.<br />

Im ersten Frankfurter Auschwitzprozess<br />

wurde Precht 1962 vernommen,<br />

jedoch nicht angeklagt. Er gab an,<br />

von den Versuchen gewusst zu haben,<br />

die Straßburger Professoren an Häftlingen<br />

in Natzweiler verübten. Sie<br />

hätten ihm davon be<strong>im</strong> gemeinsamen<br />

Mittagessen berichtet. Des Weiteren<br />

gab er an, keinen Rampendienst und<br />

keine Selektionen vorgenommen zu<br />

haben, obwohl dies für Lagerärzte obligatorisch<br />

war. Auch habe er kein<br />

zahnärztliches Gerät von deportierten<br />

Zahnärzten beschlagnahmt.<br />

Precht räumte jedoch ein, Zahngold<br />

von Ermordeten an das SS-Wirtschafts-<br />

und Verwaltungshauptamt<br />

weitergeleitet zu haben.<br />

HENKER VON BELGRAD<br />

Dr. Ernst Weinmann (1907–1947),<br />

gebürtig in Frommenhausen bei Tübingen,<br />

war ein deutscher Zahnarzt,<br />

SS-Obersturmbannführer und Oberbürgermeister<br />

von Tübingen. Seine<br />

nach dem Ende des <strong>Zahnmedizin</strong>studiums<br />

und der Promotion aufgenommene<br />

politische Karriere hatte<br />

er schon mit seinem Eintritt in die<br />

Dr. Ernst Weinmann<br />

NSDAP 1927 begründet. Er wurde<br />

zuerst Ortsgruppenleiter in Tübingen<br />

und gehörte dem Führerrat der<br />

Universität an. 1939 wurde er Oberbürgermeister<br />

von Tübingen, ein<br />

Amt, das er formal bis 1945 bekleidete.<br />

Da er ab 1940 <strong>im</strong> Reichssicherheitshauptamt<br />

in Berlin tätig war,<br />

der zentralen Behörde des Repressionsapparates<br />

der Nazis, nahmen<br />

Stellvertreter kommissarisch seinen<br />

Platz in Tübingen ein. Nach dem<br />

Balkanfeldzug wurde Weinmann<br />

„Beauftragter für das Umsiedlungswesen<br />

be<strong>im</strong> Militärbefehlshaber in<br />

Serbien“ in Belgrad. In dieser Funktion<br />

war er in Jugoslawien an Judendeportationen<br />

sowie Zwangsumsiedlungen<br />

von Slowenen beteiligt.<br />

Kurz vor Kriegsende war er wieder in<br />

Tübingen, tauchte dann unter, begab<br />

sich aber Ende 1945 in französische<br />

Internierung. Von Frankreich<br />

an Jugoslawien ausgeliefert, wurde<br />

er wegen seiner Beteiligung an den<br />

Deportationen angeklagt, zum Tode<br />

verurteilt und 1947 in Belgrad hingerichtet.<br />

Foto: Stadtmuseum Tübingen<br />

Dorothea Kallenberg


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

21_TITELTHEMA<br />

Aufarbeitung der NS-Zeit <strong>im</strong> deutschen Südwesten<br />

DIE LANGE UNFÄHIGKEIT<br />

ZU TRAUERN<br />

Niemals wieder! Die Inschrift am Fuß der vier Granitblöcke in Stuttgart stammt<br />

von Ernst Bloch: „Verfemt, verstoßen, gemartert, erschlagen, erhängt, vergast –<br />

Millionen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft beschwören Dich:<br />

niemals wieder!"<br />

Foto: Wik<strong>im</strong>edia Commons Kamahele<br />

Die Aufarbeitung der NS-Zeit begann in der<br />

westdeutschen Gesellschaft erst in den 60er-<br />

Jahren mit den Frankfurter Auschwitz-Prozessen.<br />

Nach der Aburteilung der Hauptkriegsverbrecher<br />

durch die Alliierten unternahm man in der<br />

jungen Bundesrepublik weder öffentlich noch<br />

privat große Anstrengungen, sich mit Verbrechen<br />

gegen die Menschlichkeit und Völkermord<br />

auseinanderzusetzen. Zahlreiche „Schlussstrich“–<br />

und „Verjährungsdebatten“ machten deutlich,<br />

wie groß die Abwehrhaltung gegenüber Schuld<br />

und Mitschuld an den Verbrechen <strong>im</strong> nationalsozialistischen<br />

Deutschland war. Ein Blick auf<br />

den Südwesten kann uns das dunkelste Kapitel<br />

der deutschen Geschichte nicht nur geografisch<br />

näherbringen.<br />

An gutgemeinten Appellen fehlte es <strong>im</strong><br />

Musterländle nicht. 25 Jahre nach<br />

Kriegsende redete der Stuttgarter Oberbürgermeister<br />

Arnulf Klett seinen Landsleuten<br />

ins Gewissen. Bei der Einweihung<br />

des Mahnmals für die Opfer des <strong>Nationalsozialismus</strong><br />

sagte er: „Vieles, Allzuvieles<br />

ist vergessen – von vielen, die es nicht<br />

vergessen sollten. Vieles ist nicht bekannt<br />

und bewusst, was bekannt und bewusst<br />

sein sollte. Vieles wird verdrängt,<br />

was als unbequeme und lästige Erinnerung<br />

wach werden könnte.“<br />

Damals, 1970, war Hans Filbinger<br />

schon vier Jahre Ministerpräsident des<br />

Landes und es dauerte weitere acht Jahre,<br />

ehe seine Beteiligung an mindestens<br />

234 Marinestrafverfahren, darunter vier<br />

Todesurteile, bekannt wurden. Sein<br />

Vorgänger Kurt Georg Kiesinger,<br />

NSDAP-Mitglied von 1933 bis 1945,<br />

wechselte 1966 aus der Villa Reitzenstein<br />

ins Bonner Palais Schaumburg als<br />

Bundeskanzler einer großen Koalition.<br />

Die Diskussion um seine NS-Vergangenheit<br />

entbrannte erst, als Beate Klarsfeld<br />

ihm 1968 auf dem CDU-Parteitag<br />

in Berlin öffentlich eine Ohrfeige gab.<br />

TRAUER NICHT ZUGELASSEN<br />

Ein Blick auf die unmittelbaren Nachkriegsjahre<br />

zeigt, dass man <strong>im</strong> Südwesten<br />

wie überall in der späteren Bundesrepublik<br />

mit der Sicherung der menschlichen<br />

Grundbedürfnisse und dem Wiederaufbau<br />

beschäftigt war, „Werktätigkeit<br />

und ihr Erfolg verdeckten bald die<br />

offenen Wunden, die aus der Vergangenheit<br />

geblieben waren“, schrieben<br />

Alexander und Margarete Mitscherlich<br />

in ihrem 1967 erschienenen Buch „Die<br />

Unfähigkeit zu trauern“.<br />

Wenn man bei all den Bestrebungen,<br />

Mitläufer und das riesige Heer der 8,5<br />

Millionen ehemaligen NSDAP-Mitglieder<br />

rasch in die neue Gesellschaftsordnungen<br />

zu integrieren, Trauer überhaupt<br />

zuließ, dann betraf sie vor allem die eigenen<br />

Verluste. Der Arzt und Psychoanalytiker<br />

Mitscherlich nennt die Abwehrhaltung<br />

unmittelbar nach dem Krieg „Notfallreaktionen“,<br />

die dem „biologischen<br />

Schutz des Überlebens“ sehr nahe sind.<br />

Als problematisch bezeichnete er, „dass<br />

auch später keine adäquate Trauerarbeit<br />

um die Mitmenschen erfolgte, die durch<br />

unsere Taten in Massen getötet wurden“.<br />

Mitscherlich war 1946 Beobachter der<br />

„NS-Ärzteprozesse“ in Nürnberg, den<br />

ersten der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse,<br />

in dem kein Zahnarzt auf der<br />

Anklagebank saß. Der damals noch<br />

ziemlich unbekannte Privatdozent Mitscherlich<br />

bekam als Leiter einer Kommission<br />

von den Ärztekammern der<br />

drei Westzonen den Auftrag, „alles zu<br />

tun, um den Begriff der Kollektivschuld<br />

von der Ärzteschaft in der Presse und in<br />

der Öffentlichkeit abzuwenden“.<br />

GENAUE DOKUMENTATION<br />

Doch die Rechnung der Ärztekammern<br />

ging mit Mitscherlich nicht auf: In der<br />

1947 erschienenen Prozess-Dokumentation,<br />

die einer breiteren Öffentlichkeit<br />

in Deutschland erst 1960 zur Verfügung<br />

stand, berichtete er detailgetreu. Da ist<br />

über die Verbrechen deutscher Mediziner<br />

in den Konzentrationslagern, die<br />

Menschenversuche, die Tötung von<br />

Häftlingen für die Anlage einer Skelettsammlung<br />

und die Krankenmorde <strong>im</strong><br />

Rahmen der sogenannten „Euthanasie“<br />

zu lesen. Nicht alle als verbrecherisch<br />

eingestuften medizinischen Versuche


22_TITELTHEMA<br />

und Praktiken während der NS-Zeit fanden<br />

bei diesem Prozess Berücksichtigung.<br />

Das zeigt sich darin, dass von den<br />

23 Angeklagten sieben zum Tode verurteilt<br />

wurden, fünf zu lebenslangen Haftstrafen<br />

und vier zu Haftstrafen zwischen<br />

10 und 20 Jahren. Sieben Angeklagte<br />

wurden freigesprochen.<br />

RASCHE AMNESTIE<br />

Zahlreiche Urteile der Nürnberger Prozesse<br />

wurden ab 1950 <strong>im</strong> Strafmaß erheblich<br />

abgemildert, dies betraf auch<br />

die Urteile des Ärzteprozesses. Verhandelt<br />

wurden in Nürnberg vor dem Internationalen<br />

Militärgerichtshof Verbrechen<br />

gegen die Menschlichkeit, zu denen<br />

die Verfolgung und Vernichtung<br />

der Juden zählen, ebenso die „Vernichtung<br />

lebensunwerten Lebens“. Unter<br />

der Rubrik Kriegsverbrechen wurden<br />

Tötung und Misshandlung von Kriegsgefangenen,<br />

Hinrichtungen von Geiseln,<br />

Verschleppung zur Zwangsarbeit<br />

geahndet. Bei der Schwere dieser Taten<br />

kann man heute kaum mehr verstehen,<br />

warum es oft zu keiner angemessenen<br />

Bestrafung oder zu baldigen Strafminderungen<br />

kam. Zumal der Straferlass<br />

nicht auf einer Neueinschätzung der<br />

Schuld der Verurteilten basierte, sondern<br />

auf einer Änderung der politischen<br />

Rahmenbedingungen.<br />

SPRUCHKAMMERN<br />

Veränderungen in der Beurteilung der<br />

Naziverbrechen zeichneten sich schon<br />

ab, als die Amerikaner ab 1946 in ihrer<br />

Besatzungszone (Bayern, Groß-Hessen<br />

und Württemberg-Baden) die Entnazifizierung<br />

teilweise in deutsche Hände<br />

gaben. Zu diesem Zweck wurden die<br />

Spruchkammern eingerichtet, die als<br />

Laiengerichte fungierten. Sie führten<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zu Gerichten keine Ermittlungen<br />

durch; ihre Aufgabe war es,<br />

die Person und ihr Handeln während<br />

des <strong>Nationalsozialismus</strong> zu beurteilen.<br />

Lag eine Schuldvermutung vor, konnte<br />

der Beklagte diese entkräften und Zeugen<br />

benennen. Das führte dazu, dass<br />

viele Belastete sich gegenseitig entlasteten,<br />

sogenannte Mitläuferfabriken etablierten<br />

sich.<br />

Die Epuration in der französischen Besatzungszone,<br />

wo <strong>im</strong> Gegensatz zur<br />

amerikanischen Zone nicht alle Erwachsenen<br />

einen Fragebogen ausfüllen musste,<br />

war von dem Bemühen getragen,<br />

dem deutschen Nachbarn „Demokratie<br />

und Friedenssehnsucht“ beizubringen.<br />

Doch die französische Besatzungsmacht<br />

hatte von Anfang an einen schweren<br />

Stand: Man betrachtete sie nicht als<br />

wirkliche Sieger, Übergriffe in der ersten<br />

» Ich habe geschworen, niemals zu<br />

schweigen, wann <strong>im</strong>mer und wo <strong>im</strong>mer<br />

Menschen leiden und gedemütigt<br />

werden. Wir müssen <strong>im</strong>mer Partei<br />

ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker,<br />

nie dem Opfer.«<br />

Elie Wiesel, (1928–2016)<br />

Überlebender von Auschwitz und Träger des Friedensnobelpreises<br />

Phase der Besetzung, die Reparationsleistungen<br />

sowie eine schlechte Ernährungslage<br />

der Bevölkerung standen der<br />

Demokratisierungspolitik <strong>im</strong> Wege.<br />

DIE JUNGE BUNDESREPUBLIK<br />

Eine strafrechtliche Aufarbeitung in<br />

der 1949 gegründeten Bundesrepublik<br />

war zunächst auch durch den Streit darüber<br />

blockiert, welches Recht angewandt<br />

werden konnte. Es wurde<br />

schließlich auf Grundlage jener Teile<br />

des zivilen Strafgesetzbuchs und der<br />

Strafprozessordnung verhandelt, die<br />

sowohl in der Zeit, in der die Verbrechen<br />

geschahen als auch nun in der<br />

Bundesrepublik gültig waren. So konnten<br />

lediglich Täter verurteilt werden,<br />

denen eine unmittelbare Mordbeteiligung<br />

nachzuweisen war.<br />

STABILES STAATSWESEN<br />

Die Notwendigkeit, aus Trümmern ein<br />

Staatswesen aufzubauen und zu stabilisieren<br />

– und das angesichts eines sich verschärfenden<br />

Kalten Krieges – erforderte<br />

einen leistungsfähigen Verwaltungsapparat.<br />

Entgegen der erklärten Absicht der<br />

Siegermächte wurde das deutsche Berufsbeamtentum<br />

wieder eingeführt, der<br />

Grundgesetz-Artikel 131 ebnete den Weg.<br />

Öffentlich Bedienstete, die be<strong>im</strong> Entnazifizierungsverfahren<br />

nicht als Hauptschuldige<br />

oder Belastete (Aktivisten,<br />

Militaristen und Nutznießer) eingestuft<br />

worden waren, konnten wieder eingestellt<br />

werden. So kamen einstmals überzeugte<br />

Nationalsozialisten wieder in<br />

Amt und Würden und konnten ihre<br />

Karriere fortsetzen, außerdem waren<br />

ihre Versorgungsansprüche <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

verankert. Nicht nur als Staatsdiener,<br />

auch in der Wirtschaft, der Politik,<br />

der Standespolitik, an Hochschulen,<br />

<strong>im</strong> diplomatischen Dienst waren<br />

Mitläufer und auch Täter zu finden. Ein<br />

dynamischer wirtschaftlicher Aufschwung<br />

half dabei, den Handlungsspielraum<br />

gegenüber den Siegermächten<br />

langsam zu vergrößern.<br />

ZBW_2-3/2022<br />

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SÜDWESTSTAAT<br />

Im späteren Baden-Württemberg dauerte<br />

der Weg zur Autonomie etwas länger,<br />

denn die französischen und amerikanischen<br />

Besatzungsmächte hatten den<br />

Südwesten in drei Teile geteilt. Erst 1952,<br />

drei Jahre nach Gründung der Bundesrepublik,<br />

wurde nach kontroversen Diskussionen<br />

und einer Volksabst<strong>im</strong>mung<br />

aus den Ländern Württemberg-Baden,<br />

Baden und Württemberg-Hohenzollern<br />

ein einziger Südweststaat. Die Weichen<br />

für die Zukunft waren gestellt.<br />

ALLTAG UND VERDRÄNGEN<br />

Je mehr Normalität einkehrte, desto blasser<br />

wurden die Erinnerungen, das Mantra<br />

„Wir haben das alles nicht gewusst“<br />

war eine Schutzbehauptung, deren<br />

Wahrheitsgehalt inzwischen widerlegt<br />

ist. Selbst wenn Einzelheiten wie die konkreten<br />

Funktionsweisen der Vernichtungslager<br />

den meisten Erwachsenen<br />

nicht bekannt waren, kann von einer<br />

strikten Gehe<strong>im</strong>haltung der Massenverbrechen<br />

keine Rede sein. Aber so genau<br />

wollten es auch die Töchter und Söhne<br />

der Nachkriegsgeneration oft nicht wissen<br />

und so vergingen weitere Jahrzehnte,<br />

bis man durch Gedenkstätten und seit<br />

1992 mit den Stolpersteinen des Künstlers<br />

Gunter Demnig den Opfern der Willkürherrschaft<br />

durch biografische Recherchen<br />

Namen und Würde zurückgab.<br />

Doch die Vergangenheit ist noch lange<br />

nicht „bewältigt“, auch was die Verstrickung<br />

der Zahnärzteschaft in Holocaust,<br />

„Euthanasie“ und Zwangssterilisierungen<br />

angeht. Sieht man Fotos mit<br />

Kisten voller Goldzähne von <strong>im</strong> KZ Ermordeten<br />

und liest, dass den Lagerzahnärzten<br />

z. B. in Buchenwald „die<br />

Überwachung be<strong>im</strong> Herausbrechen<br />

und der Sicherung des Zahngoldes getöteter<br />

Häftlinge“ oblag, wird klar, dass<br />

es auch in den Reihen der Zahnärzteschaft<br />

Täter geben muss – mehr als bisher<br />

angenommen.<br />

Dorothea Kallenberg


ZBW_2-3/2022<br />

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23_TITELTHEMA<br />

Erinnerung an den Holocaust <strong>im</strong> Spiegel der Generationen<br />

DAS GEDENKEN<br />

ALS HERAUSFORDERUNG<br />

Die Anerkennung der eigenen Schuld und Verantwortung hat unter den Deutschen<br />

keineswegs nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begonnen. Das eigene Leid<br />

stand zunächst <strong>im</strong> Vordergrund und das Schweigen über die Verbrechen hat in der<br />

Gesellschaft vier Jahrzehnte lang angehalten.<br />

» Ihr seid nicht schuldig, für das, was<br />

in der Geschichte geschehen ist, aber<br />

ihr tragt eine Verantwortung dafür,<br />

dass es sich nicht wiederholt!«<br />

Max Mannhe<strong>im</strong>er, Überlebender der Schoah<br />

Erinnerungskultur. Einer der Forschungsschwerpunkte<br />

von Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann ist die Kulturanthropologie<br />

und dabei insbesondere die Themen kulturelles<br />

Gedächtnis, Erinnerung und Vergessen.<br />

Wann und wie ist in Deutschland die Erinnerung<br />

an den Holocaust entstanden?<br />

Da die Alliierten die Westdeutschen als<br />

Bündnispartner <strong>im</strong> Kalten Krieg brauchten,<br />

haben sie keinen großen Druck ausgeübt,<br />

so konnte sich das „Vergessen“<br />

durchsetzen. Die Kriegsgeneration kannte<br />

angesichts der historischen Schuld nur<br />

drei Reaktionen: das Leugnen, das Rechtfertigen<br />

und das Schweigen. Das Schweigen<br />

wurde gebrochen, als die nachwachsende<br />

68er-Generation ihre Eltern herausforderte<br />

und vehement anklagte. Doch<br />

auch das war noch nicht der Beginn einer<br />

deutschen Holocaust-Erinnerung. Die begann<br />

erst 20 bis 30 Jahre später, als sich<br />

die jungen Erwachsenen in den Städten,<br />

Universitäten und Kliniken, wo <strong>im</strong>mer sie<br />

arbeiteten, auf Spurensuche machten. Sie<br />

gingen in die Archive, recherchierten die<br />

Biographien der ermordeten jüdischen<br />

Familien und sicherten ihre Namen. Es<br />

Foto: Valerie Assmann<br />

begann das Verlegen von Stolpersteinen,<br />

zu denen die überlebenden<br />

Angehörigen eingeladen<br />

wurden. Und jetzt erst<br />

kamen in großer Zahl die Zeugen<br />

des Holocaust zu Wort und<br />

es wurde ihnen endlich zugehört.<br />

GENERATION ENKEL<br />

Welche Rolle spielt die Generation<br />

der Enkel in dieser Erinnerung?<br />

Eine Studie mit dem Titel<br />

„Opa war kein Nazi“ zeigte,<br />

dass auf das Beschweigen der Täter das<br />

Beschönigen der Enkel folgte. Sie waren<br />

bestrebt, „die Eltern und Großeltern <strong>im</strong><br />

nationalsozialistischen Universum des<br />

Grauens so zu platzieren, dass von diesem<br />

Grauen kein Schatten auf sie fällt“.<br />

Sie waren beeinflusst durch den normativen<br />

Geschichtsrahmen, der in Filmen,<br />

Büchern, Schule und Ausstellungen<br />

den Holocaust aus der Opfer-Perspektive<br />

präsentierte. Deshalb passten einige<br />

Jugendliche ihre Familiengeschichte an<br />

das nationale Narrativ an, indem sie Geschichten<br />

hinzuerfanden, die die Großeltern<br />

als widerständige Helfer der Juden<br />

zeigten.<br />

Das war aber nur eine Momentaufnahme.<br />

Allgemein hat das Interesse an der<br />

eigenen Familiengeschichte zugenommen.<br />

Diese neue Entwicklung lässt sich<br />

mit dem Stichwort „Opa war ein Nazi“<br />

zusammenfassen. Die älter gewordenen<br />

Enkel*innen nehmen sich der Hinterlassenschaften<br />

des Familienarchivs an,<br />

machen Erinnerungsreisen an historische<br />

Orte und führen Interviews. Sie betreiben<br />

eine ernsthafte historische<br />

Selbstaufklärung und suchen weiterhin<br />

den Dialog mit der Vergangenheit.<br />

MIGRATIONSGESELLSCHAFT<br />

Wie wird sich die Erinnerung an den Holocaust<br />

und seine Täter in der Migrationsgesellschaft<br />

weiterentwickeln? Durch<br />

anhaltende Migrationswellen ist die Gesellschaft<br />

deutlich diverser geworden<br />

und es gibt <strong>im</strong>mer mehr Deutsche, die<br />

eine andere Herkunft und Geschichte<br />

haben. Was für ein Verhältnis haben<br />

diese Jugendlichen jenseits der Tätergesellschaft<br />

zur deutschen Geschichte<br />

und Erinnerung?<br />

Der KZ-Überlebende Max Mannhe<strong>im</strong>er<br />

machte viele Schulbesuche. Ein Satz,<br />

mit dem er die Schüler*innen ansprach,<br />

gilt heute gerade auch für die heterogen<br />

zusammengesetzten Klassen: „Ihr seid<br />

nicht schuldig, für das, was in der Geschichte<br />

geschehen ist, aber ihr tragt<br />

eine Verantwortung dafür, dass es sich<br />

nicht wiederholt!“ Die Geschichte der<br />

NS-Zeit ist in Deutschland weiterhin in<br />

Spuren, Denkmälern und Gedenkstätten<br />

präsent. Es bleibt ein Kernthema der<br />

gemeinsamen politischen Bildung, zu<br />

dem Zugänge aus ganz unterschiedlichen<br />

Perspektiven möglich sind.<br />

Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann


24_TITELTHEMA<br />

ZBW_2-3/2022<br />

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Das ZBW-Gespräch mit Rachel Dror<br />

HASS BRINGT NICHTS<br />

Ihre Botschaft ist die der<br />

Toleranz. Am Ende ihrer<br />

Führungen in der Stuttgarter<br />

Synagoge entlässt sie ihre<br />

Zuhörer*innen mit der Aufforderung<br />

nicht wegzusehen,<br />

wenn sie Unrecht bemerken.<br />

Sie wehrt sich gegen die<br />

Einteilung in Täter und Opfer.<br />

Der Blick ins Herz eines Menschen<br />

ist ihr Gradmesser, nicht<br />

dessen Nationalität oder<br />

Religion. Rachel Dror hat kein<br />

einfaches Leben gewählt, aber<br />

ihre Wahrheiten sind es:<br />

Einfach, klar und unmissverständlich.<br />

Liebe Frau Dror, was nennen Sie Glück?<br />

Im Laufe meines Lebens hat sich das<br />

Verständnis für Glück verändert. Ich<br />

habe das Glück <strong>im</strong>mer gesucht und<br />

auch gefunden, auch wenn die Umstände<br />

widrig waren. Es kommt darauf<br />

an, was man aus dem Leben macht.<br />

Und ich hatte <strong>im</strong>mer ein glückliches<br />

Leben.<br />

Ihre Familie starb durch die Hände der<br />

Nationalsozialisten. Welche Gefühle begleiten<br />

Sie, wenn Sie an den letzten Moment<br />

<strong>im</strong> Leben Ihrer Eltern denken, der<br />

Ihnen von einer Bekannten geschildert<br />

wurde, die ihnen auf einer Straße in Palästina<br />

begegnete?<br />

Eltern. Rachel Dror wuchs in einer traditionell-jüdischen Familie auf. Rachels Vater war Offizier <strong>im</strong><br />

Ersten Weltkrieg, der für das Deutsche Reich gekämpft hat. Im Versteck in Italien wurden die Eltern<br />

vom deutschen Militär aufgespürt, nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht. Besonders bewegend:<br />

Der Vater war offenbar freiwillig mit seiner großen Liebe in den Tod gegangen, nachdem der<br />

KZ-Arzt Josef Mengele nur sie direkt nach der Ankunft als unbrauchbar fürs Arbeiten eingestuft hatte.<br />

Damals wollte ich einfach nur weg aus<br />

dieser Straße, von dieser Frau. Ich hatte<br />

zunächst das Gefühl, gar nichts zu<br />

empfinden. Die Frau erzählte, dass<br />

meine Eltern nach der Ankunft in<br />

Auschwitz, nachdem sie monatelang<br />

durch Europa geflüchtet waren, um<br />

dann doch gefangen genommen zu<br />

werden, an der Rampe voneinander getrennt<br />

werden sollten. Mein Vater soll<br />

sich dann dagegen entschieden haben<br />

und ging mit meiner Mutter in die<br />

Gaskammer. Ich bin froh, dass die beiden<br />

in diesem Moment zusammen waren.<br />

Ich glaube, das ist das einzige Gefühl,<br />

das ich dazu habe.<br />

Woher nehmen Sie die Kraft offen zu<br />

sein für junge Deutsche, denen sie erklären,<br />

dass es eine jüdische Mutter<br />

braucht, um selbst jüdisch zu sein?<br />

Weil es so ist. Es braucht eine jüdische<br />

Mutter und ich hatte sie. Es ist wichtig<br />

über die verschiedenen Religionen Bescheid<br />

zu wissen und das Judentum ist<br />

die älteste Religion. Es ist wichtig für<br />

alle Menschen, gewisse Dinge zu wissen.<br />

Es spielt keine Rolle, ob sie deutsch sind<br />

oder eine andere Nationalität haben.<br />

Ihre Botschaft ist die der Toleranz – warum<br />

rufen Sie nicht dazu auf, die Faust<br />

zu ballen und begangenes Unrecht zu<br />

rächen?<br />

Weil es mich vergiften würde. Ich spüre<br />

keinen Hass, habe kein Interesse,<br />

dass etwas vergolten wird. Mir wird<br />

<strong>im</strong>mer wieder gesagt, ich würde die<br />

Vergangenheit verdrängen. Vielleicht<br />

ist das so. Aber mir geht es besser damit<br />

und niemand hat etwas davon,<br />

Vergangenes zu rächen. Das bringt nur<br />

weiteres Leid, weiteren Hass. Wofür<br />

frage ich Sie?<br />

Können Sie uns beschreiben, mit welchen<br />

Gefühlen Sie Deutschland <strong>im</strong> Jahr<br />

1939 verlassen haben?<br />

Ich war froh, gehen zu können. Und ich<br />

schaute nicht zurück. Mein Bruder war<br />

in England, meine Eltern konnten nicht<br />

gehen. Ich freute mich auf das Neue.<br />

Das war aufregend. In Deutschland waren<br />

wir nur noch Dreck. Ich wollte an<br />

einen Ort, der mir wieder Würde geben<br />

würde, mich als Menschen anerkennt.<br />

Die Trennung von meinem Vater tat<br />

mir weh. Er stand mir sehr nahe und Sie<br />

sehen (Rahel Dror zeigt mir die oben<br />

abgebildeten Fotos), ich sehe ihm sehr<br />

ähnlich. Er war ein großartiger Mann.<br />

Aber ich zeigte meine Gefühle nicht.<br />

Wenn ich Ihre Zeitzeugnisse studiere,<br />

begegne ich einer äußerst beherrschten<br />

und sehr tiefgehenden Frau. Wie betrachten<br />

Sie sich selbst?


ZBW_2-3/2022<br />

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Mir war <strong>im</strong>mer egal, was andere Menschen<br />

von mir halten. Ich lebte und<br />

lebe mein Leben so, wie ich es für<br />

richtig hielt und halte. Ich sage auch<br />

<strong>im</strong>mer, was ich denke, auch wenn ich<br />

damit vielleicht mal angeeckt bin.<br />

Aber ist es nicht wichtig, gerade<br />

durchs Leben zu laufen?<br />

Eva Mozes Kor war in Auschwitz, Sie<br />

verlor dort ihre Familie und wurde für<br />

Zwillingsversuche missbraucht. 2015<br />

hat sie einem ehemaligen SS-Mann<br />

die Hand gereicht, ihn sogar umarmt.<br />

Er stand wegen Beihilfe zum Mord in<br />

mindestens 300.000 Fällen vor Gericht.<br />

Eine Reaktion, die Sie nachvollziehen<br />

können?<br />

25_TITELTHEMA<br />

» Dinge sind vorbei und wir können sie<br />

nicht ändern. Mein ganzes Leben habe<br />

ich nur in die Herzen der Menschen<br />

geschaut, nicht auf ihre Nationalität<br />

oder Religion.«<br />

Rachel Dror<br />

Hass bringt nichts. Dinge sind vorbei<br />

und wir können sie nicht ändern.<br />

Mein ganzes Leben habe ich nur in<br />

die Herzen der Menschen geschaut,<br />

nicht auf ihre Nationalität oder Religion.<br />

Viele Menschen haben sich <strong>im</strong><br />

<strong>Nationalsozialismus</strong> schuldig gemacht,<br />

auf ganz unterschiedliche<br />

Weise. Aber wer bin ich, das ich richte?<br />

Muss nicht jeder auch mit seiner<br />

eigenen Geschichte leben?<br />

Ich glaube es war 2009 als Sie auf einem<br />

Friedhof in Berlin erstmalig das<br />

Grab eines Angehörigen, Ihres Großonkels,<br />

besuchen konnten. Was machte<br />

diesen Moment besonders? Was<br />

hat er in Ihnen bewirkt?<br />

Wissen Sie, ich hatte nie einen Ort,<br />

zu dem ich gehen konnte, um Familienbande<br />

zu spüren. Einen Ort, an<br />

dem ich Verbundenheit zu Vorfahren<br />

erleben hätte können. Es gibt kein<br />

Grab meiner Eltern. Das macht etwas<br />

aus einem. Einen Stein berühren<br />

zu können, der zum Grab eines Verwandten<br />

gehört, war für mich besonders.<br />

Nur wenige Menschen können ihren<br />

100. Geburtstag feiern. Nun ist es sogar<br />

der 101. Gibt es einen besonderen<br />

Wunsch?<br />

Nein, ich habe alles erlebt, was ich<br />

wollte. Und ich freue mich jeden Tag<br />

auf das, was kommt. Ich erwarte<br />

nichts und erlebe, dass dennoch etwas<br />

geschieht. Wer kommt, der<br />

kommt. Und wenn niemand kommt,<br />

dann schaue ich, was <strong>im</strong> Fernsehen<br />

läuft.<br />

Cornelia Schwarz<br />

INFO<br />

Fotos: C. Schwarz<br />

Aussöhnung. Rachel Dror hat sich <strong>im</strong>mer für Dialog und Verständigung eingesetzt.<br />

Noch <strong>im</strong>mer blitzen ihre Augen und ihr Wille ist stark. „Ich sage, was ich denke, auch<br />

wenn das nicht <strong>im</strong>mer gefällt“, sagte sie, „so war ich und so werde ich bleiben“.<br />

Rachel Dror wurde als Rahel Zipora Lewin<br />

1921 in Königsberg geboren. Sie<br />

wuchs in einer traditionell-jüdischen Familie<br />

auf. Ihr Vater war Offizier <strong>im</strong> Ersten<br />

Weltkrieg und Träger des Eisernen Kreuzes<br />

I. und II. Klasse. Bis 1934 besuchte<br />

sie das Lyzeum, aus dem sie schließlich<br />

als Jüdin ausgeschlossen wurde. 1936<br />

schloss sie sich einer zionistischen Jugendgruppe<br />

an, verließ Königsberg und<br />

gingnach Hamburg, wo sie in der Hachschara<br />

auf ihre Auswanderung nach Palästina<br />

vorbereitet wurde. Im April 1939<br />

wanderte sie nach Palästina aus. Ihre Eltern<br />

konnten nicht fliehen und wurden<br />

in Auschwitz ermordet. 1957 kehrte sie<br />

aus gesundheitlichen Gründen nach<br />

Deutschland zurück. Rachel Dror war<br />

zwei Mal verheiratet und hat Kinder, Enkel<br />

und Urenkel.<br />

Rachel Dror lebt seit Ihrer Rückkehr<br />

nach Deutschland in Baden-Württemberg<br />

und arbeitete jahrelang für die<br />

Stärkung des gegenseitigen Verständnisses<br />

und eine Gesellschaft, die von<br />

Offenheit und Dialogfähigkeit gekennzeichnet<br />

ist. Für dieses Engagement<br />

wurde sie mit dem Verdienstordens des<br />

Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.


26_BERUFSPOLITIK<br />

ZBW_2-3/2022<br />

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Kammer INTERN<br />

DER FORTBILDUNGSAUSSCHUSS<br />

Als letzter Ausschuss in der 17. Kammerperiode konstituierte sich am 24. Juli<br />

2021 der Fortbildungsausschuss der Landeszahnärztekammer. Er gehört zu den<br />

neun ständigen Ausschüssen, die nach der Satzung der LZK von der Vertreterversammlung<br />

gebildet werden. Bei der konstituierten Vertreterversammlung am<br />

5. Dezember 2020 haben die Delegierten Dr. Robert Heiden, Prof. Dr. Elmar<br />

Hellwig, Dr. Eberhard Montigel, Dr. Peter Riedel und Dr. Dr. Heinrich Schneider<br />

als ordentliche Mitglieder in den Fortbildungsausschuss gewählt.<br />

Bei der konstituierten Sitzung des<br />

Fortbildungsausschusses am 20. Juli<br />

2021 wählten die Mitglieder aus ihrer<br />

Mitte Dr. Robert Heiden zum Vorsitzenden<br />

und Dr. Dr. Heinrich Schneider<br />

zum stellvertretenden Vorsitzenden.<br />

In seiner Sitzung am 13. Januar 2021<br />

berief der LZK-Vorstand als kooptierte<br />

Mitglieder den Direktor der Akademie<br />

für Zahnärztliche Fortbildung<br />

Karlsruhe, PD Dr. Daniel Hellmann,<br />

und die Direktorin des <strong>Zahnmedizin</strong>ischen<br />

Fortbildungszentrums Stuttgart,<br />

PD Dr. Yvonne Wagner, in den<br />

Fortbildungsausschuss.<br />

ZUKUNFT DER FORTBILDUNG<br />

Der Fortbildungsausschuss hat die<br />

Aufgabe, die Landeszahnärztekammer<br />

bei der Umsetzung ihrer Aufgaben<br />

zur Unterstützung der beruflichen<br />

Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />

der Kammermitglieder zu unterstützen.<br />

Er wertet die durchgeführten<br />

Veranstaltungen aus, erarbeitet Ideen<br />

und Konzepte und schlägt sie dann<br />

dem LZK-Vorstand vor.<br />

Während der Coronapandemie mussten<br />

sich sowohl die Landeszahnärztekammer<br />

als auch die Bezirkszahnärztekammern<br />

und in besonderem Maße<br />

die Fortbildungsinstitute Gedanken<br />

über neue Fortbildungskonzepte machen.<br />

Über die umgesetzten Konzepte<br />

innerhalb der letzten zwei Jahre, die<br />

kommenden Herausforderungen und<br />

die perspektivische Entwicklung des<br />

Fortbildungsangebots in Baden-<br />

Württemberg tauschte sich der Fortbildungsausschuss<br />

in seiner ersten ordentlichen<br />

Sitzung am 29. Oktober<br />

2021 aus. Im Blickpunkt stand vor allem<br />

das Thema Online-Learning. Zukünftig<br />

werden Fortbildungen und<br />

andere Veranstaltungen als Online-<br />

Version angeboten, daher muss bei<br />

der Auswahl des verwendenden Videokonferenz-Systems<br />

eine Interoperabilität<br />

über verschiedene Schnittstellen<br />

und die unterschiedlichen<br />

Hardwarekonfigurationen der Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer möglich<br />

sein, um so einen reibungslosen<br />

Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten.<br />

UNABHÄNGIGE FORTBILDUNG<br />

Als weiteres Thema der ersten Sitzung<br />

beschäftigte den Fortbildungsausschuss<br />

die Thematik „Information<br />

für Fremdprodukte“. Die Finanzierung<br />

von Fortbildungsveranstaltungen<br />

erfolgt <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

durch Teilnahmegebühren. Teilweise<br />

werden Großveranstaltungen aber<br />

auch durch zusätzliche Verbraucherinformationen<br />

finanziert. Einige<br />

Veranstaltungen könnten ohne diese<br />

Finanzierungsmöglichkeit überhaupt<br />

nicht realisiert werden. Eine<br />

Trennung zwischen der Fortbildungsveranstaltung<br />

und der Verbraucherinformation<br />

für verschiedene<br />

Produkte muss allerdings klar erkennbar<br />

sein, so der Ausschuss, damit<br />

eine unabhängige und neutrale<br />

Fortbildungsveranstaltung gewahrt<br />

bleibt.<br />

PRAKTIKUM IN DER PRAXIS<br />

Das Kooperationsprojekt der Bezirkszahnärztekammer<br />

Freiburg und des<br />

Departments für Zahn-, Mund- und<br />

Kieferheilkunde der Universitätsklinik<br />

Freiburg ermöglicht Studierenden<br />

Einblicke in die Arbeitsrealität<br />

zahnärztlicher und fachzahnärztlicher<br />

Praxen und praktisch-zahnärztlich<br />

tätig zu sein. Das einwöchige<br />

Praktikum in der vorlesungsfreien<br />

Zeit steht Studierenden der Zahnheilkunde<br />

<strong>im</strong> neunten Semester offen<br />

und findet aktuell in über 30 Kooperationspraxen<br />

aller Fachrichtungen<br />

<strong>im</strong> Freiburger Raum statt. Die Beschäftigung<br />

einer Praktikantin bzw.<br />

eines Praktikanten ist in der Regel in<br />

der Berufshaftpflichtversicherung der<br />

Praxisinhaberin bzw. des Praxisinhabers<br />

mitversichert, darüber verständigte<br />

sich der Fortbildungsausschuss<br />

in seiner ersten Sitzung. Die Praxisinhaberin<br />

bzw. der Praxisinhaber müsse<br />

diesen Sachverhalt jedoch vorab mit<br />

seiner Berufshaftpflichtversicherung<br />

klären, betonte der Fortbildungsausschuss.<br />

INFO<br />

Andrea Mader<br />

Besetzung des Ausschusses<br />

Vorsitzender:<br />

Dr. Robert Heiden, Karlsruhe<br />

stv. Vorsitzender:<br />

Dr. Dr. Heinrich Schneider, Metzingen<br />

Mitglieder:<br />

Prof. Dr. Elmar Hellwig, Freiburg,<br />

Dr. Eberhard Montigel, Heilbronn,<br />

Dr. Peter Riedel, Waldkirch<br />

Kooptierte Mitglieder:<br />

PD Dr. Daniel Hellmann, Karlsruhe,<br />

PD Dr. Yvonne Wagner, Stuttgart<br />

Zuständigkeit in der LZK-<br />

Geschäftsstelle<br />

Kathrin Möller<br />

0711 22845-22<br />

moeller(@)lzk-bw.de


ZBW_2-3/2022<br />

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27_FORTBILDUNG<br />

Darauf kommt es in der Zahnarztpraxis an<br />

ERGONOMIE UND ÖKONOMIE<br />

Zeit- und Behandlungsmanagement sind<br />

wichtige Faktoren in der zahnärztlichen<br />

Praxis. Sie dienen der Qualitätssicherung<br />

und helfen, das wirtschaftliche Ergebnis<br />

zu verbessern. Die Qualität der Behandlungsmaßnahmen<br />

ist für unsere<br />

Patienten wichtig, aber oft erst<br />

nach Jahren zu beurteilen.<br />

Patient*innen nehmen demgegenüber<br />

jedoch folgende Aspekte unmittelbar<br />

wahr:<br />

•<br />

Ist der erste telefonische Kontakt mit der<br />

•<br />

Praxis freundlich und professionell?<br />

Ist die Lagerung bei der Behandlung bequem, wird die Absaugtechnik<br />

so durchgeführt, dass man sie als Patient*in<br />

•<br />

kaum wahrn<strong>im</strong>mt?<br />

Läuft<br />

die Behandlung ruhig, routiniert und ohne Unterbrechungen<br />

ab?<br />

Diese positiven Wahrnehmungen sind wichtig für die Patientenbindung.<br />

TRENDS<br />

Zahnärztliche Praxen werden durch Rahmenbedingungen<br />

belastet, die die Kosten enorm ansteigen lassen, ohne<br />

dass eine entsprechende Honorarerhöhung einen Ausgleich<br />

bietet. Faktoren sind u. a. die wachsenden bürokratischen<br />

Anforderungen wie detaillierte Protokollierung<br />

von Patientenaufklärung, der durchgeführten Behandlung,<br />

der benutzten Materialien und Instrumente, eine<br />

zeit- und kostenintensive Etablierung eines Qualitätsmanagements<br />

sowie wachsenden Hygieneanforderungen<br />

in der Praxis.<br />

ERGONOMIE<br />

Ergonomie bedeutet: Bestmögliches Arbeitsergebnis, während<br />

der arbeitende Mensch möglichst wenig belastet und ge-<br />

schädigt wird. Dies ist für Zahnärzt*innen besonders wichtig,<br />

da bei ihnen bei der Berufsausübung besonders die Wirbelsäule,<br />

Schulter-, Kopf- und Nackenmuskulatur sowie die Augen<br />

stark beansprucht werden. Grund dafür sind vor allem<br />

berufsspezifisch verkrampfte sowie verdrehte Sitz- und Stehpositionen<br />

über einen längeren Zeitraum. Dies lässt sich verbessern<br />

mit Hilfe spezieller Ausbildungsprogramme zum besseren<br />

Sitzen, Sehen und Arbeiten.<br />

ÖKONOMIE<br />

Ökonomisch gesehen ist die Behandlung ohne Assistenz<br />

(Solo behandlung/Zwei-Hand-Technik) wirtschaftlicher <strong>im</strong><br />

Vergleich zur Behandlung mit Assistenz (Duobehandlung/<br />

Vier-Hand-Technik). Wichtig ist, dass sich die Unit sowohl für<br />

Rechts- als auch Linkshänder ein- und umstellen lässt.<br />

Die Dentalbranche durchläuft <strong>im</strong> Augenblick einen Wandel:<br />

Die Praxen werden größer – es gibt <strong>im</strong>mer mehr angestellte<br />

1 2 3<br />

Fotos: Dr. Schick<br />

Duobehandlung. 4-Hand-Technik. 2-Hand-Technik. Solobehandlung. Flexibel. Einstellungsmöglichkeiten für<br />

Rechts- und Linkshänder


28_FORTBILDUNG<br />

ZBW_2-3/2022<br />

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4 5<br />

Dashboard. In<br />

Instrumentenbrücke<br />

integriertes<br />

Dashboard.<br />

Touch-Display.<br />

Instrumenteneinstellungen<br />

direkt auf<br />

dem berührungsempfindlichen<br />

Touch-Display.<br />

Zahnärzt*innen, die oftmals als Teilzeitkräfte beschäftigt<br />

werden. Dies bedingt verbesserte und effizientere Organisationsstrukturen.<br />

Arbeitsprozeduren und Behandlungsprotokolle<br />

müssen speziell bei mehreren Behandler*innen strukturiert<br />

und vereinheitlicht werden. Der Einsatz von Materialien<br />

und Instrumenten muss überdacht und vereinheitlicht werden.<br />

Um Kosten einzusparen, sollte von der Vier-Hand-Technik<br />

– Behandlung mit Assistenz – wo <strong>im</strong>mer möglich zur<br />

Zwei-Hand-Technik – Behandlung ohne Assistenz – gewechselt<br />

werden. Speziell bei der Behandlung ohne Assistenz muss<br />

ein Material-Management und Instrumenten-Organisations-<br />

System (MaMIOS) etabliert werden. Trays und Wannen ermöglichen,<br />

dass sich alle Instrumente und Materialien <strong>im</strong> unmittelbaren<br />

Greifraum des Behandlers befinden. Die entsprechende<br />

Konfiguration der Unit und der Anordnung sowie<br />

Ausstattung des Schrankmoduls <strong>im</strong> Behandlungsz<strong>im</strong>mer<br />

hilft dabei. Ökonomie bedeutet hier, Personal und Material so<br />

zu organisieren, dass ein max<strong>im</strong>aler Nutzen für unsere Patienten<br />

bei stabiler Ertragslage für unsere Praxen besteht.<br />

NÄCHSTER SCHRITT<br />

XO Flow ist eine computergesteuerte Dentaleinheit. Dies ermöglicht<br />

digitale Funktionen, die es in der <strong>Zahnmedizin</strong> so<br />

bisher nicht gab, zum Beispiel parametergeführte Arbeitsabläufe<br />

(Workflows) und die Integration von Dental Apps. Ein<br />

Netzwerkanschluss ermöglicht, die Einheit in ein dentales<br />

Praxisnetzwerk zu integrieren. Wichtige Komponenten sind<br />

das Dashboard und der Navigator. Das Dashboard ist eine in<br />

die Instrumentenbrücke der Einheit integrierte berührungssensitive<br />

grafische Benutzeroberfläche. Der Navigator ist ein<br />

berührungssensitiver Bildschirm, der eine smarte Benutzeroberfläche<br />

mit Dental-Apps bietet. Die Instrumentenbrücke<br />

ist in der Arbeitsposition zentral über der Brust des Patienten<br />

platziert. Der Patient selbst sieht die Instrumente nicht, da sie<br />

durch die Brücke abgeschirmt sind. Zahnarzt/-ärztin und Assistenz<br />

können die Instrumente der Einheit erreichen, ohne<br />

den Blick von der Mundhöhle abzuwenden. Das in die Instrumentenbrücke<br />

integrierte Dashboard liegt <strong>im</strong> peripheren<br />

Sichtfeld des Zahnarztes oder der Zahnärztin und der Assistenz.<br />

Sie können das Dashboard zur Steuerung und Überwachung<br />

aller Geräte- und Instrumentenfunktionen bedienen,<br />

ohne den Fokus auf die Patient*innen zu verlieren.<br />

WORKFLOWS UND PRESETS<br />

Zu einer Vielzahl zahnärztlicher Tätigkeiten wurden in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>Zahnmedizin</strong>ern vorgegebene Workflows<br />

entwickelt. Individuelle Presets ermöglichen es Anwender*innen,<br />

mit nur einem Klick die perfekte Instrumenteneinstellung<br />

für einen best<strong>im</strong>mten zahnärztlichen Eingriff (z. B. Herstellung<br />

einer Krone) auszuwählen. Dies beinhaltet die Auswahl<br />

von Hand- und Winkelstücken, die entsprechende Bestückung<br />

mit Schleifern oder Bohrern sowie die Voreinstellung<br />

von Luft, Wasser, Drehzahl und Drehmoment.<br />

VORTEILHAFTE FUNKTIONEN<br />

Bei der Arbeitsprozedur „Kompositfüllung“ kann be<strong>im</strong> Arbeitsschritt<br />

„Exkavation“ durch Aufrufen der „taktilen<br />

Funktion“ der Mikromotor so eingestellt werden, dass der<br />

Bohrer be<strong>im</strong> Berühren von gesundem Dentin aufhört zu rotieren.<br />

Die automatische Arbeitsfeldtrocknung, welche eine<br />

konstante freie Sicht ohne Wechsel zur Multifunktionsspritze<br />

ermöglicht, wird per Tastenfeld deaktiviert oder akti-<br />

6<br />

ARBEITS-<br />

PROZEDUREN<br />

ARBEITS-<br />

SCHRITTE<br />

ARBEITS-<br />

ANWEISUNGEN<br />

PARAMETER<br />

• Füllung<br />

• Beratung/Aufklärung<br />

• Inzisalkanten<br />

• Tiefenmarkierer 0,5<br />

• Inlay<br />

• Ästhetik<br />

• Tiefenmarkierung<br />

• Rotes Winkelstück<br />

• Veneer<br />

• Krone<br />

• Teilkrone<br />

• Onlay<br />

• Teilprothetik<br />

• Totalprothetik<br />

• Anästhesie<br />

• Gingivamanagement<br />

• Aufbaufüllung<br />

• Zahnpräparation<br />

• Abformung<br />

• Funktion<br />

• Temporäre Versorgung<br />

• Zervikale Grenzen<br />

• Facialfläche<br />

Faden 000, Paraffin-Öl<br />

• Präparationsgrenze<br />

• Finish der Präparation<br />

• Kontrollabformung<br />

• Desensibilisierung<br />

• 200.000 U/min.<br />

• 50 % Luft<br />

• 50 % Wasser<br />

Workflow. „Herstellung einer Krone“.<br />

Anwender können mit den Standardvoreinstellungen<br />

arbeiten oder sich eigene<br />

erarbeiten und eingeben. Der erste Schritt<br />

wird mit dem Fußschalter aktiviert. Nach<br />

Ausführung wird der nächste ausgewählt<br />

und durchgeführt, bis alle Schritte<br />

abgeschlossen sind.


ZBW_2-3/2022<br />

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29_FORTBILDUNG<br />

7<br />

Navigator. Schaltzentrale für wichtige Anwendungen.<br />

viert. Bei Bedarf kann der Benutzer mittels digitaler Regler<br />

und Schaltflächen Geschwindigkeit sowie Spray-Nebel anpassen<br />

und/oder auf andere Geräteparameter zugreifen.<br />

Be<strong>im</strong> Arbeitsschritt „Polymerisation“ wird die opt<strong>im</strong>ale Belichtungszeit<br />

und Strahlungsenergie eingestellt. Bei der Arbeitsprozedur<br />

„Wurzelkanalbehandlung“ können bei jedem<br />

Schritt die Auswahl der Feilen, die opt<strong>im</strong>ale Geschwindigkeit<br />

und das Drehmoment festgelegt werden. Selbstverständlich<br />

können die Einstellungen der Behandlungsleuchte<br />

und der Patientenliege über das Dashboard vorgenommen<br />

werden.<br />

Im Navigator sind bereits mehrere Apps vorinstalliert: Die<br />

Administrations-App wird zum Einrichten und Konfigurieren<br />

des Gerätes benutzt. Die Dental-App dient dazu, Instrumente,<br />

Gerät, Stuhl automatisch gemäß den Präferenzen des<br />

jeweiligen Benutzers einzurichten. Die Kamera- und Bilder-<br />

App ermöglicht die Steuerung einer integrierten intraoralen<br />

Videokamera sowie die Verwaltung der Bilder. Die Ergonomie-Guide-App<br />

ist ein Lehr- und Lernprogramm, welches<br />

behandler- und assistenzbezogen auf den zu behandelnden<br />

Zahn und die zu behandelnde Zahnoberfläche eine opt<strong>im</strong>ale<br />

gesunderhaltende Arbeitsposition und opt<strong>im</strong>ale Patientenposition<br />

vorgibt. Sie gibt Anleitungen zur Positionierung<br />

des Patientenkopfes, zur Absaugung, zur Lichteinstellung<br />

und Einstellungen der Patientenliege. Die Fernbedienungs-<br />

App dient zur Anzeige und Interaktion mit Software, die auf<br />

<strong>im</strong> Netzwerk erreichbaren Computern läuft.<br />

Weitere Apps können integriert werden wie z. B. ein Programm<br />

zur Röntgendiagnostik, ein Programm zum Diagnostizieren<br />

von Mundschle<strong>im</strong>hauterkrankungen und vieles<br />

mehr.<br />

Lehrprogramme zu unterschiedlichen Tätigkeiten wie z. B.<br />

Röntgen, Abformung, Kofferdam anlegen, manuelle Funktions-<br />

und Strukturanalyse, Aufzeichnung von Unterkieferbewegungen<br />

und vieles mehr können integriert werden. Basierend<br />

auf all diesen Eingaben kann nach Ende der Patientenbehandlung<br />

zur Dokumentation ein detailliertes Behandlungsprotokoll<br />

ausgedruckt werden. Dies enthält Befunde,<br />

Diagnosen, Behandlungsmaßnahmen, Materialien, Instrumente,<br />

etc.<br />

FAZIT<br />

Die Digitalisierung wird Behandlungsmöglichkeiten, Durchführung<br />

der Behandlung, Qualitätssicherung und Dokumentation<br />

spürbar und nachhaltig verbessern. Speziell in Großpraxen<br />

können einheitliche Strukturen umgesetzt werden<br />

und dadurch auch bei unterschiedlichen Behandlern/-innen<br />

ein durchgängiges Qualitätsmanagement gewährleisten.<br />

Das Literaturverzeichnis kann be<strong>im</strong> IZZ bestellt werden unter<br />

Tel: 0711/222966-14 oder E-Mail: infozahnarzteblatt.de.<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

0711/222966-14<br />

info@zahnaertzeblatt.de<br />

ZA Jan Strüder<br />

Privatpraxis für<br />

<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />

Westerburg<br />

Dr. Annemarie Markl<br />

Privatpraxis für<br />

<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />

Westerburg<br />

Dr. Karina Schick<br />

Privatpraxis für<br />

<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />

Westerburg<br />

Dr. Diether Reusch<br />

Privatpraxis für<br />

<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />

Westerburg<br />

8 9<br />

Blick in die<br />

Zukunft. Lehrprogramm<br />

zur<br />

instrumentellen<br />

Funktionsanalyse<br />

am Behandlungsstuhl.<br />

Apps. Endlose<br />

Möglichkeiten zur<br />

Entwicklung<br />

weiterer Apps.


30_FORTBILDUNG<br />

ZBW_2-3/2022<br />

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Gruppenbild. Das Herbst-Meeting des FFZ bot interessante und wichtige Themen. Dipl.-Volkswirt Christoph Besters, Dr. Susanne Fath,<br />

PD Dr. Wiebke Semper-Hogg, Dr. Elmar Ludwig, Prof. Dr. Elmar Hellwig und Dr. Hans Hugo Wilms (v. l.).<br />

Foto: FFZ<br />

FFZ: Herbst-Meeting als Hybrid-Veranstaltung<br />

ZUKUNFTSTHEMEN FÜR DIE<br />

ZAHNÄRZTESCHAFT<br />

Das traditionelle Herbst-Meeting <strong>im</strong> Fortbildungsforum Zahnärzte (FFZ) der Kassenzahnärztlichen<br />

Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW) fand Ende November 2021<br />

unter der Leitung von Prof. Dr. Elmar Hellwig als Hybridveranstaltung statt. Aufgrund<br />

der durch Corona bedingten Hygieneauflagen bei notwendigem Abstand konnte eine<br />

kleinere Anzahl von Kolleginnen und Kollegen die Vorträge in Präsenz hören, alle<br />

anderen waren online zugeschaltet. Die technische Umsetzung erfolgte reibungslos und<br />

professionell.<br />

Im ersten Vortrag ging Dr. Susanne<br />

Fath aus Berlin auf das Thema „Gender<br />

Dentistry – Was wir über Gender-<br />

<strong>Zahnmedizin</strong> wissen sollten“ ein. Dabei<br />

stellte sie klar, dass sowohl in der<br />

Diagnostik als auch in der Therapie<br />

die Unterschiede zwischen Mann und<br />

Frau Berücksichtigung finden sollten.<br />

Hierbei muss das biologische Geschlecht<br />

und das soziologische Geschlecht<br />

(gender) beachtet werden.<br />

Während das biologische Geschlecht<br />

durch physiologische, zum Teil hormonmodulierende<br />

Faktoren gekennzeichnet<br />

ist, ist das soziologische Geschlecht<br />

durch Gesellschaft, Erziehung<br />

usw. geprägt.<br />

GENDER-ZAHNMEDIZIN<br />

In dem einleitenden Kapitel ihres<br />

Vortrags verdeutlichte sie an Beispielen,<br />

dass in vielen Bereichen der Medizin<br />

und der Grundlagenforschung<br />

der Unterschied zwischen Männern<br />

und Frauen nicht berücksichtigt<br />

wird. Dabei ist dies gerade <strong>im</strong> allgemeinmedizinischen<br />

Bereich für das<br />

Erkennen und die Therapie von Erkrankungen<br />

wichtig. Als Beispiel<br />

zeigte sie hier, dass die Symptome für


ZBW_2-3/2022<br />

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31_FORTBILDUNG<br />

einen Herzinfarkt bei Männern und<br />

Frauen durchaus sehr unterschiedlich<br />

sein können und auch die Dosierung<br />

von Medikamenten verschieden<br />

sein muss. Dr. Fath zeigte, dass die<br />

Mortalität einer Coviderkrankung<br />

bei Männern höher ist als bei Frauen<br />

und sie ging in ihrem Vortrag auf die<br />

Unterschiede in der genetischen Prädisposition<br />

für die Modulation von<br />

Stoffwechsel und Morbidität ein.<br />

Speziell Auto<strong>im</strong>munerkrankungen<br />

sind bei Frauen häufiger als bei Männern.<br />

Aber auch Genderursachen wie<br />

Ernährungsgewohnheiten, individuelles<br />

Stresserleben, Sport, Rauchen<br />

und Alkoholkonsum sind bei Männern<br />

und Frauen verschieden und<br />

wirken sich auf die Entstehung und<br />

das Ansprechen auf Therapie unterschiedlich<br />

aus. Auch das Präventionsverhalten,<br />

die Hilfe-Inanspruchnahme,<br />

die Nutzung von Vorsorgeuntersuchungen<br />

ist bei Frauen wesentlich<br />

besser als bei Männern. In der <strong>Zahnmedizin</strong><br />

zeigt sich der Unterscheid<br />

insbesondere in der Karieserfahrung.<br />

Hier konnte die Deutsche Mundgesundheitsstudie<br />

V zeigen, dass Frauen<br />

eine etwas höhere Karieserfahrung<br />

aufweisen, Männer allerdings mehr<br />

unversorgte Zähne. Die Speichelfließrate<br />

ist bei Männern und Frauen<br />

hormonbedingt unterschiedlich und<br />

Parodontalerkrankungen finden sich<br />

häufiger bei Männern. Zusammenfassend<br />

stellte Dr. Fath fest, dass man<br />

zwar viel über die Unterschiede zwischen<br />

Männern und Frauen bei der<br />

Krankheitsentstehung und dem Gesundheitsverhalten<br />

weiß, dass allerdings<br />

noch sehr viel Forschung <strong>im</strong><br />

Bereich Therapieerfolge notwendig<br />

ist. Man weiß auch wenig über die<br />

unterschiedliche zahnärztliche Vorgehensweise<br />

von Zahnärztinnen und<br />

Zahnärzten bei gleicher Diagnose.<br />

HYBRIDPROTHETIK<br />

Im zweiten Vortrag ging Prof. Dr. Nicola<br />

Zitzmann, Vorsteherin der Klinik<br />

für Rekonstruktive <strong>Zahnmedizin</strong><br />

am Universitären Zentrum für <strong>Zahnmedizin</strong><br />

Basel, auf die Vor- und Nachteile<br />

der Hybridprothetik ein. Sie<br />

stellte anhand von Patientenfällen<br />

eindrucksvoll dar, wie es möglich ist,<br />

sowohl <strong>im</strong>plantatunterstützt, aber<br />

auch unter Einbeziehung der eigenen<br />

Zähne Hybridprothetik sowohl ästhetisch,<br />

als auch funktionell langfristig<br />

einzugliedern. Als Halteelemente<br />

kommen für Hybridzahnersatz<br />

üblicherweise die Gussklammer,<br />

das Adhäsivattachment mit extrakoronalem<br />

Geschiebe, die Teleskopkrone<br />

und die Wurzelstiftkappe in Betracht.<br />

Dabei soll die prothetische<br />

Versorgung so offen wie möglich gestaltet<br />

werden und natürlich über<br />

eine ausreichende Retention verfügen.<br />

Bei einer Modellgussprothese<br />

sind spezielle Anforderungen an das<br />

Retentionselement zu stellen und dabei<br />

sollte ein Jiggling vermieden werden.<br />

Prof. Zitzmann ging speziell auf<br />

die Wurzelstiftkappe ein, die sie als<br />

sehr gute Möglichkeit der Verankerung<br />

einer Hybridprothese charakterisierte.<br />

Sie stellte die zahnärztlichen<br />

und zahntechnischen Arbeiten für<br />

die Herstellung einer derartigen Hybridprothese<br />

vor und gab Tipps zum<br />

erfolgreichen Prozedere.<br />

ALTERSZAHNMEDIZIN<br />

Im dritten Vortrag ging Dr. Elmar<br />

Ludwig aus Ulm auf die „Alterszahnmedizin<br />

in der Praxis“ mit speziellem<br />

Hinblick auf Patientinnen und Patienten<br />

mit Handicap ein. In diesem<br />

Zusammenhang verwies er auf die<br />

Internetseite der Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg, auf<br />

der <strong>im</strong> Bereich Alters- und Behindertenzahnheilkunde<br />

unter unterschiedlichen<br />

Überschriften die wichtigsten<br />

Charakteristika dieses Bereichs zusammengestellt<br />

sind. So ist hier für<br />

den Arbeitskreis Alterszahnheilkunde<br />

und Behindertenbehandlung ein<br />

Betreuungskonzept zu finden. Es<br />

gibt Hinweise zu rechtlichen Grundlagen<br />

und zur Abrechnung von zahnmedizinischen<br />

Leistungen und zudem<br />

Flyer und Formulare, Schulungsmaterialien<br />

und die Namen der<br />

Senioren- und Behindertenbeauftragten<br />

in den Bezirkszahnärztekammern<br />

sind aufgeführt. Dr. Ludwig<br />

ging in seinem lebhaften und praxisnahen<br />

Vortrag auf einzelne wichtige<br />

Punkte in diesem Gesamtkonzept ein<br />

und stellte klar, dass mehr als vier<br />

Millionen Menschen mittlerweile einen<br />

Pflegegrad haben und die Bevölkerung<br />

<strong>im</strong>mer älter wird. Das Älterwerden<br />

ist häufig gekennzeichnet<br />

durch Immobilität, Instabilität, Inkontinenz,<br />

Irritabilität, Iatrogenität<br />

und Isolation. Den besonderen Bedarf<br />

und die Bedürfnisse der älteren<br />

und behinderten Patientinnen und<br />

Patienten gilt es zu erkennen. Es ist<br />

klar, dass der Ernährungsstatus besser<br />

ist, wenn die älteren Patientinnen<br />

und Patienten besser kauen können.<br />

Damit wird auch den Gebrechlichkeiten<br />

vorgebeugt. Die Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg und<br />

die Kassenzahnärztliche Vereinigung<br />

Baden-Württemberg sind Vorreiter<br />

bei der zahnärztlichen Betreuung in<br />

der Pflege. Pflegende werden geschult<br />

und Betroffene können damit<br />

besser betreut werden. Es darf in diesem<br />

Zusammenhang festgehalten<br />

werden, dass die hervorragenden Unterlagen<br />

und Hinweise, die regelmäßig<br />

aktualisiert werden, den niedergelassenen<br />

Kolleginnen und Kollegen<br />

Möglichkeiten an die Hand geben,<br />

sich mit diesem Thema intensiv zu<br />

beschäftigen.<br />

DIGITALE VOLUMENTOMOGRAPHIE<br />

Im letzten Vortrag ging PD Dr. Wiebke<br />

Semper-Hogg auf die „Möglichkeiten<br />

und L<strong>im</strong>itationen der Digitalen Volumentomographie<br />

in der <strong>Zahnmedizin</strong>“<br />

ein. Der Fokus lag zunächst auf<br />

den Grundlagen der Bildentstehung<br />

sowie Ursachen der Veränderung des<br />

Datensatzes durch übliche Artefakte.<br />

Zur praktischen Anwendung in der<br />

<strong>Zahnmedizin</strong> wurden Indikationen<br />

für die Digitale Volumentomographie<br />

anhand von Fallbeispielen dargelegt.<br />

Besonderes Augenmerk legte Dr. Semper-Hogg<br />

auf die exakte Registrierung<br />

verschiedener Datensätze (DVT, Intraoralscan,<br />

Facescan) für virtuelle<br />

Planungen, die den Behandlungserfolg<br />

maßgeblich beeinflussen kann.<br />

Trotz coronabedingter Einschränkungen<br />

ist es auch in diesem Jahr mit dem<br />

Herbst-Meeting wieder gelungen,<br />

wichtige Themen aus unterschiedlichen<br />

Bereichen der <strong>Zahnmedizin</strong><br />

durch kompetente Referentinnen und<br />

Referenten sehr interessant zu präsentieren.<br />

Prof. Dr. Elmar Hellwig


32_FORTBILDUNG<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Ehrentitel verliehen<br />

DR. MICHAEL KORSCH,<br />

M.A. WIRD<br />

AUSSERPLANMÄSSIGER<br />

PROFESSOR<br />

Online-Vorlesung. Prof. Dr. Michael Korsch,<br />

M.A. bei der Antrittsvorlesung.<br />

Foto: FFZ<br />

Mitte Dezember 2021 wurde PD Dr. Michael Korsch M. A., langjähriger Mitarbeiter und<br />

Leiter der Oralchirurgie der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe seine Ernennungsurkunde<br />

zum außerplanmäßigen Professor vom Dekan der Universität des Saarlandes, Prof.<br />

Dr. Michael Menger überreicht. Dr. Korsch tritt damit in die Fußstapfen der beiden ehemaligen<br />

Direktoren der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, Prof. Dr. Michael<br />

Heners und Prof. Dr. Winfried Walther, die ebenfalls als Professoren für Homburg tätig waren.<br />

Während der wissenschaftliche Schwerpunkt<br />

von Professor Korsch <strong>im</strong> Rahmen<br />

seiner Habilitation, die 2016 erfolgreich<br />

abgeschlossene wurde, bei der „Zementassoziierten<br />

peri<strong>im</strong>plantären Entzündung“<br />

lag, bearbeitete er seitdem eine ganze<br />

Reihe weiterer klinischer Fragestellungen<br />

aus der zahnärztlichen Implantologie.<br />

IMPLANTOLOGIE<br />

Hierzu sind beispielsweise einige Studien<br />

zu zählen, bei der die Arbeitsgruppe<br />

um Michael Korsch anhand von Fallvignetten<br />

die Entscheidungsfindung<br />

chirurgisch tätiger Zahnärzte bei reduziertem<br />

Knochenangebot untersuchte<br />

oder auch die Evaluation des chirurgischen<br />

und prothetischen Erfolges von<br />

All-on-4-Restaurationen. Ein sehr patientenzentrierter<br />

Ansatz ist die Ermittlung<br />

der postoperativen Beschwerden<br />

bei unterschiedlichen Augmentationstechniken<br />

sowie bei Anwendung des Allon-4-Konzeptes<br />

mit und ohne Einbezug<br />

von Zygoma-Implantaten. Einen weiteren<br />

innovativen Schwerpunkt seiner klinisch<br />

relevanten Forschung bildet zweifellos<br />

die Anwendung von autologem<br />

Dentin <strong>im</strong> Rahmen von augmentativen<br />

Maßnahmen. Autologes Dentin kann<br />

bei der Socket Preservation, bei der Sofort<strong>im</strong>plantation<br />

mit/ohne prothetischer<br />

Sofortversorgung und bei Augmentationen<br />

knöcherner Defekte, Verwendung<br />

finden. Insbesondere hervorzuheben<br />

ist die „Tooth-Shell Technique“,<br />

bei der autologes Dentin als<br />

gleichwertige Alternative zu Knochenblocktransplantaten<br />

zum Einsatz<br />

kommt und dadurch eine Spenderregion<br />

unnötig macht. Ausdruck findet die<br />

wissenschaftliche Tätigkeit auch in der<br />

Betreuung von abgeschlossenen und aktuell<br />

laufenden Dissertationsvorhaben.<br />

LEHRTÄTIGKEIT<br />

Seinen Lehrverpflichtungen kommt Professor<br />

Korsch in vielfacher Hinsicht nach.<br />

Neben seiner Lehre an der Universität des<br />

Saarlandes ist er u. a. den Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern des Curriculums<br />

Implantologie an der Akademie für Zahnärztliche<br />

Fortbildung Karlsruhe als Referent<br />

und fachlicher Leiter des Abschlusskurswochenendes<br />

bestens bekannt. Darüber<br />

hinaus können <strong>im</strong>plantologische<br />

Novizen in dem praktisch orientierten<br />

zweitägigen Kurs „Implantats<strong>im</strong>ulator“,<br />

den Michael Korsch an der Akademie leitet,<br />

profitieren. Die Teilnehmenden inserieren<br />

hier am Phantom unter fachkundiger<br />

Aufsicht insgesamt 21 Implantate.<br />

Am 19. Januar 2022 fand coronakonform<br />

die Antrittsvorlesung von Professor<br />

Korsch zum Thema „Augmentation mit<br />

autologem Dentin“ <strong>im</strong> Online-Format<br />

statt. Das ganze Team der Akademie für<br />

Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe gratulierte<br />

Prof. Dr. Michael Korsch M.A. zu<br />

seiner Ernennung.<br />

Dr. Dr. H. U. Brauer M.A. M.Sc., Akademie<br />

für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe


FORTBILDUNG<br />

33_NAMEN UND NACHRICHTEN<br />

INFO<br />

CURRICULUM VITAE<br />

1997–2003<br />

<strong>Zahnmedizin</strong>studium an der<br />

Universität Heidelberg<br />

2003<br />

Approbation<br />

2004<br />

Promotion zum Dr. med. dent.<br />

2004-2005<br />

Assistenzzeit in freier Praxis<br />

2005-2008<br />

Weiterbildung zum Fachzahnarzt für<br />

Oralchirurgie an der Universität<br />

Zürich und in zwei freien Praxen für<br />

Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />

2007<br />

Tätigkeitsschwerpunkte Parodontologie<br />

und Implantologie (DGI)<br />

2008<br />

Fachzahnarzt für Oralchirurgie<br />

2008<br />

Eintritt in die Akademie für<br />

Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe<br />

2009<br />

Leiter der Oralchirurgie der<br />

Akademie für Zahnärztliche<br />

Fortbildung Karlsruhe<br />

2009<br />

Master of Arts Integrated Practice<br />

in Dentistry<br />

2011<br />

Lehrauftrag an der Universität des<br />

Saarlandes<br />

2013<br />

Verleihung des PEERS-Förderpreises<br />

von Dentsply<br />

2016<br />

Habilitation an der Universität des<br />

Saarlandes<br />

2016<br />

Gründung des Zentrums für<br />

Implantologie und Oralchirurgie in<br />

Heidelberg<br />

2021<br />

Professor an der Universität des<br />

Saarlandes<br />

INFO<br />

Hier findet man das<br />

Video zur Antrittsvorlesung.<br />

https://youtu.be/-<br />

xtiVgCJ8aw<br />

PERSONALISIERTE<br />

THERAPIEANSÄTZE<br />

Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter<br />

ist seit Januar neue Ärztliche<br />

Direktorin der Klinik für Mund-,<br />

Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastisch-ästhetische<br />

Operationen, Zentrum<br />

für Implantologie am Klinikum<br />

Stuttgart.<br />

Von 2017 bis 2021 war Prof. Beck-<br />

Broichsitter an der Charité Berlin als<br />

Oberärztin tätig, die beiden letzten<br />

Jahre als stellvertretende Direktorin<br />

der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie.<br />

2018 wurde sie an<br />

der Charité auf den Lehrstuhl „computerassistierte-rekonstruktive<br />

Gesichtschirurgie“ berufen. Ihre<br />

Weiterbildung zur Fachärztin für<br />

Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />

erfolgte am Universitätsklinikum<br />

Schleswig-Holstein in Kiel und<br />

am Universitätsklinikum Hamburg<br />

Eppendorf, an dem sie auch die Zusatzbezeichnung<br />

für Plastische Operationen<br />

erlangte.<br />

Das für diesen Fachbereich notwendige<br />

Doppelstudium Human- und<br />

<strong>Zahnmedizin</strong> hat die gebürtige Ostholsteinerin<br />

in Frankfurt am Main<br />

und in Kiel absolviert. An der Universität<br />

zu Kiel belegte die 40-Jährige<br />

zusätzlich erfolgreich den berufsbegleitenden<br />

Masterstudiengang<br />

„Master of Hospital Management“.<br />

Einer ihrer wissenschaftlichen<br />

Schwerpunkte liegt in der künstlichen<br />

Gewebezüchtung, dem so genannten<br />

Tissue Engineering.<br />

Ihre Habilitation zum Thema „Endokultivierung,<br />

Quo vadis? – Auf<br />

den Spuren der natürlichen Knochenheilung“<br />

erlangte sie 2016,<br />

ebenso die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.<br />

Seit 2020 absolviert Prof.<br />

Beck-Broichsitter zudem den Masterstudiengang<br />

Implantologie und<br />

Parodontologie sowie den Tätigkeitsschwerpunkt<br />

für ästhetische<br />

Gesichtschirurgie.<br />

Als neue Ärztliche Direktorin der<br />

Klinik will Prof. Beck-Broichsitter<br />

den Fokus insbesondere auf die Anwendung<br />

personalisierter Therapieansätze<br />

innerhalb der Mund-, Kiefer-<br />

und Gesichtschirurgie legen –<br />

insbesondere auf die Verwendung<br />

von patientenspezifischen Implantaten<br />

<strong>im</strong> onkologisch-rekonstruktiven<br />

Bereich, aber auch in der orthognathen<br />

Chirurgie, der Traumatologie,<br />

der dentalen Implantologie, der<br />

Epithetik, der Chirurgie des Kiefergelenks<br />

und bei Patient:innen mit<br />

Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten.<br />

Aber auch die Entfernung von bösartigen<br />

Tumoren der Gesichtshaut<br />

und die folgende, ästhetisch ansprechende<br />

Wiederherstellung als klassisches<br />

chirurgisches Betätigungsfeld<br />

der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />

soll weiterhin auf hohem Niveau<br />

angeboten werden.<br />

INFO<br />

Klinikum Stuttgart<br />

Das Klinikum Stuttgart umfasst<br />

das Katharinenhospital, das Krankenhaus<br />

Bad Cannstatt und<br />

Deutschlands größte Kinderklinik,<br />

das Olgahospital. 7000 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter, darunter<br />

2700 Pflegekräfte und 1000<br />

Ärztinnen und Ärzte, versorgen<br />

jährlich rund 90.000 Patientinnen<br />

und Patienten stationär und fast<br />

600.000 ambulant, einschließlich<br />

100.000 Notfällen. Über 3600<br />

Geburten und mehr als 53.000<br />

Operationen werden jedes Jahr<br />

<strong>im</strong> Klinikum Stuttgart betreut.


34_IM BLICK<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Im Gespräch mit dem Beauftragten für Nachhaltigkeit der LZK<br />

NACHHALTIGE<br />

ZAHNMEDIZIN – VON PRÄVENTION<br />

BIS KLIMASCHUTZ<br />

Globale Erwärmung und Umweltverschmutzung – das betrifft nicht nur die anderen irgendwo<br />

in der Ferne, betont PD Dr. Daniel Hellmann, Leiter der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung<br />

Karlsruhe und Beauftragter für Umwelt und Nachhaltigkeit der Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg. In den vergangenen Wochen unterstrich er in zahlreichen Interviews und<br />

Gesprächen <strong>im</strong>mer wieder, dass die Zahnärzteschaft einen wertvollen Beitrag zu einer<br />

nachhaltigen Entwicklung leisten und mit gutem Beispiel vorangehen kann. Auch das ZBW<br />

interessierte sich für diese Details.<br />

ZBW: Dr. Hellmann, was bedeutet Nachhaltigkeit<br />

für Sie persönlich und wo sehen<br />

Sie Verbindungen zur <strong>Zahnmedizin</strong>?<br />

Die Nachhaltigkeit ist ein in den Medien<br />

und der Werbung sehr strapazierter Begriff<br />

geworden, und daher orientiere ich<br />

mich an der Agenda 2030 der UN. Dort<br />

sind 17 Nachhaltigkeitsziele formuliert,<br />

die als Fahrplan für ein gemeinsames<br />

und menschenwürdiges Leben innerhalb<br />

der Weltgemeinschaft verstanden werden<br />

können. Die Ziele Nr. 3 „Gesundheit<br />

und Wohlergehen“ und Nr. 13 „Maßnahmen<br />

zum Kl<strong>im</strong>aschutz“ haben direkte<br />

Schnittstellen zur <strong>Zahnmedizin</strong>. Ebenso<br />

der in verschiedenen Zielen der Agenda<br />

beinhaltete Umwelt- und Naturschutz.<br />

Immer wieder hört und liest man davon,<br />

dass, Nachhaltigkeit und Umweltschutz<br />

gleichzeitig auch Gesundheitsschutz<br />

bedeuten – ist das wirklich so?<br />

Fotos: M. Lehr<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz. „Die in der <strong>Zahnmedizin</strong> etablierte Prophylaxe bedeutet auch Kl<strong>im</strong>aschutz,<br />

da der Bedarf an komplexer Behandlung vermieden werden kann.“<br />

Nun, die „Lancet Commission on pollution<br />

and health” stellte 2018 fest, dass<br />

die Umweltverschmutzung in den Jahren<br />

2015/16 für circa neun Millionen<br />

vorzeitige Todesfälle verantwortlich gewesen<br />

sein soll – das wären dre<strong>im</strong>al<br />

mehr Todesfälle als durch AIDS, Tuberkulose<br />

und Malaria zusammen. Andere<br />

Autoren stellen sogar noch höhere Zahlen<br />

in den Raum – der tatsächliche Beweis<br />

erscheint allerdings schwierig.<br />

Mit Schadstoffen belastete Nahrungsmittel<br />

gelangen über nicht mehr nachvollziehbare<br />

Lieferketten auf die Tische<br />

zum Verzehr und Mikroplastik ist in<br />

der Nahrungskette allgegenwärtig. Und<br />

anstatt Wege zur Lösung solcher Probleme<br />

zu finden, wird eher über vertretbare<br />

Grenzwerte und Einfuhrkontrollen<br />

diskutiert.<br />

Die Folgen des vom Menschen gemachten<br />

Kl<strong>im</strong>awandels wurden auch in<br />

Deutschland beeindruckend und vernichtend<br />

sichtbar. Medizinisch gesehen<br />

wird die Zunahme von Hitzeperioden<br />

unmittelbar negative Auswirkungen<br />

auf die Herzinfarktmorbidität und<br />

-mortalität und auf die Häufigkeit von<br />

Schlaganfällen und Akutmanifestationen<br />

von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

haben. Die Verbreitung, die Menge und<br />

die Allergenität von Pollen werden sich<br />

erhöhen – die Zahl der Allergiker*innen<br />

wird ansteigen. Ich könnte die Liste weiter<br />

fortsetzen. Es ist eine Illusion, dass<br />

uns die Themen Kl<strong>im</strong>awandel, Nachhaltigkeit<br />

und Umweltschutz in<br />

Deutschland nur peripher beträfen.<br />

Und wo findet sich der direkte Bezug zur<br />

Zahn- und Mundgesundheit?<br />

Einige Themen werden tatsächlich bereits<br />

bearbeitet. Durch steigende Tem-


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

35_IM BLICK<br />

peraturen verändert sich zum Beispiel<br />

die Modulation von Entzündungsprozessen<br />

und damit wahrscheinlich auch<br />

die Immunantwort auf einen dysbiotischen<br />

Biofilm, was in der Folge die Progredienz<br />

einer Parodontitis begünstigen<br />

könnte. Des Weiteren werden schon<br />

länger Veränderungen der Zahnhartsubstanzen<br />

durch den Einfluss von<br />

Plastikkomponenten und Mikroplastik<br />

diskutiert, was wiederum einen Risikofaktor<br />

für die Entstehung von Karies<br />

darstellen könnte. Trotz erster wissenschaftlicher<br />

Initiativen ist aber zu konstatieren,<br />

dass auf dem Gebiet der<br />

<strong>Zahnmedizin</strong> in jedem Fall Forschungsbedarf<br />

besteht.<br />

Wo sehen Sie Möglichkeiten zum Umwelt-<br />

und Kl<strong>im</strong>aschutz in der täglichen<br />

Praxis?<br />

Inspiriert durch die „Checkliste Nachhaltigkeit“<br />

und die bereitgestellten Videos<br />

der LZK Baden-Württemberg kann<br />

jedes Praxisteam bereits morgen starten.<br />

Beispiele für direkte und unkomplizierte<br />

Handlungsmöglichkeiten sind<br />

der Einsatz von Ökostrom bei gleichzeitiger<br />

Reduktion des Energieverbrauchs,<br />

die Reduktion von Abfall und seine korrekte<br />

Verwertung und Entsorgung oder<br />

eine angepasste Materialwirtschaft. Allerdings<br />

ist es so, dass gut 50 Prozent<br />

der Kohlenstoffemissionen rund um<br />

den Betrieb einer Zahnarztpraxis durch<br />

die Mobilität der Patient*innen und<br />

des Teams zum Erreichen der Praxis anfallen.<br />

Hier kann schon ein eventuell<br />

notwendiges Überdenken der persönlichen<br />

Gewohnheiten in Bezug auf die<br />

Mobilität helfen. Und es wird deutlich,<br />

dass die in der <strong>Zahnmedizin</strong> etablierte<br />

Prophylaxe auch Kl<strong>im</strong>aschutz bedeutet,<br />

da der Bedarf an komplexer Behandlung<br />

vermieden werden kann. Ist diese<br />

aber dennoch notwendig, ist durch eine<br />

Bündelung von Terminen und den Einsatz<br />

moderner Behandlungstechniken<br />

wie z. B. digitaler Verfahren in der Prothetik<br />

oder der Single-Visit-Endodontie<br />

eine Möglichkeit zur Reduktion von Patientenkontakten,<br />

von Abfall und des<br />

Energieverbrauchs gegeben. Allerdings<br />

müssten die Kosten für die Schaffung<br />

der technischen Voraussetzungen und<br />

die Ausbildung in solchen modernen<br />

Verfahren über das Honorar an die Praxis<br />

zurückfließen. Und natürlich sind<br />

auch die Industrie und die Zulieferer gefordert,<br />

eine nachhaltige Entwicklung<br />

voranzutreiben. Doch alle diese Entwicklungen<br />

können nicht nur von der<br />

Basis ausgehen – es sind auch politisch<br />

Wertentscheidungen zu treffen.<br />

Die Karlsruher Konferenz, der<br />

Tag der ZFA 2022 stehen in<br />

diesem Jahr unter dem Thema<br />

„Nachhaltige <strong>Zahnmedizin</strong> –<br />

von Prävention bis Kl<strong>im</strong>aschutz“<br />

und gliedern sich in<br />

mehrere thematische Anteile?<br />

Was erwartet die Teilnehmer*innen<br />

<strong>im</strong> zahnmedizinischen<br />

Teil der Veranstaltung?<br />

Der Vormittag wird sich mit<br />

fachspezifischen Themen <strong>im</strong><br />

Sinne des Ziels „Gesundheit<br />

und Wohlergehen“ auseinandersetzen,<br />

aber auch anteilig<br />

den Umwelt- und Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

tangieren. Ein Update<br />

zur Prävention wird uns Prof.<br />

Dr. Stefan Z<strong>im</strong>mer geben.<br />

PD Dr. Bartols wird über die<br />

Single-Visit-Endodontie berichten<br />

und den allgemeinen<br />

Bezug zur Nachhaltigkeit<br />

herstellen. Prof. Dr. Nicole Arweiler und<br />

Prof. Dr. Sven Rinke werden uns nachhaltige<br />

Behandlungskonzepte in der Parodontologie<br />

und Perioprothetik präsentieren.<br />

Be<strong>im</strong> Tag der ZFA klären Badegül<br />

Top, Veronica Leo und Kendra<br />

Bernhardt aus unserem Haus ihre ZFA-<br />

Kolleginnen darüber auf, was Fehlervermeidung<br />

<strong>im</strong> Alltag einer ZFA mit Nachhaltigkeit<br />

zu tun hat. Prof. Dr. Stefan<br />

Z<strong>im</strong>mer und Prof. Dr. Dirk Ziebolz widmen<br />

sich den Themen der Prävention<br />

und Nachsorge und der Physiotherapeut<br />

Matthias Thoni wird wertvolle<br />

Hinweise zur Ergonomie geben – es geht<br />

also auch um die Gesundheit und das<br />

Wohlergehen unserer Fachangestellten.<br />

Ich habe gesehen, dass die Veranstaltung<br />

am Nachmittag verschmilzt. Erläutern<br />

Sie uns diesen Hintergrund?<br />

Nachhaltigkeit ist eine Teamleistung.<br />

Daher erscheint es uns sinnvoll, dass<br />

auch das gesamte Praxisteam gemeinsam<br />

von der bekannten und renommierten<br />

Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann<br />

über die Auswirkungen der Kl<strong>im</strong>aerwärmung<br />

auf den Menschen und<br />

von Prof. Dr. Brett Duane aus Dublin<br />

über den Stand der Nachhaltigkeit in<br />

der <strong>Zahnmedizin</strong> und die zu bewältigenden<br />

Aufgaben informiert wird. Die<br />

ebenfalls am Nachmittag vorgestellten<br />

ärztlichen Initiativen zum Kl<strong>im</strong>aschutz,<br />

können den Teams Vorbild und Partner<br />

sein und Inspiration stiften. Am Ende<br />

des Tages wird klar werden, dass es unvermeidbare<br />

Emissionen unserer Tätigkeit<br />

gibt und wir stellen vor, wie diese<br />

kompensiert werden können.<br />

Entwicklungsprozess. „Wir werden <strong>im</strong> eigenen Haus eine<br />

nachhaltige Entwicklung <strong>im</strong> Sinne eines strukturierten Umweltmanagements<br />

vorantreiben und den Kolleg*innen in der<br />

Praxis zur Seite stehen.“<br />

Wird denn auch der Karlsruher Vortrag<br />

das Thema Nachhaltigkeit behandeln?<br />

Sprecher des Karlsruher Vortrags 2022<br />

wird Prof. Dr. Michael Braungart aus<br />

Hamburg sein. Er gehört zu den Begründern<br />

der „Cradle-to-Cradle“-Bewegung<br />

– dem Konzept eines nicht endenden<br />

Recycling-Kreislaufes. Er ist ein Visionär<br />

und Vordenker, und sein Vortrag<br />

wird uns aufrütteln und unsere Gedanken<br />

zum Thema für <strong>im</strong>mer verändern –<br />

da bin ich mir sicher.<br />

Bleibt die Nachhaltigkeit in der Akademie<br />

auch nach der Konferenz ein Thema?<br />

Auf jeden Fall! Wir werden <strong>im</strong> eigenen<br />

Haus eine nachhaltige Entwicklung<br />

<strong>im</strong> Sinne eines strukturierten<br />

Umweltmanagements vorantreiben<br />

und Kolleg*innen und ihren Praxisteams<br />

in Seminaren und später dann<br />

auch in Form direkter Beratung vor<br />

Ort in der Praxis zur Seite stehen.<br />

Es gibt auf Dauer keine andere Alternative<br />

als sich mit dem Thema auseinanderzusetzen<br />

– je früher, desto besser.<br />

Es liegt auf der Hand, dass wir die<br />

Ziele zur Nachhaltigkeit nicht ad hoc<br />

und vollumfänglich in die Tat umsetzen<br />

können. Aber jeder erste kleine<br />

Schritt hilft und kann der Anfang eines<br />

fortwährenden Entwicklungsprozesses<br />

sein. Die Karlsruher Konferenz<br />

und der Karlsruher Vortrage 2022 sollen<br />

hierfür Inspiration stiften.<br />

Die Fragen stellte<br />

Cornelia Schwarz


Karlsruher Konferenz 2022<br />

Karlsruher Tag der ZFA<br />

19. März 2022<br />

Karlsruher Vortrag<br />

„Cradle to Cradle“<br />

Prof. Dr. Michael<br />

Braungart<br />

Nachhaltige <strong>Zahnmedizin</strong> –<br />

Von Prävention bis<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

Freitag,<br />

18. März 2022<br />

09.00 - 18.30 Uhr<br />

Online-Event <strong>im</strong> Livestream<br />

Fachprogramm für Zahnärzte/-innen<br />

Fachprogramm für ZFA<br />

09.00 Uhr Eröffnung<br />

PD Dr. Daniel Hellmann, Karlsruhe<br />

09.15 Uhr Prävention<br />

Mythen und Fakten der häuslichen<br />

Mundhygiene<br />

Prof. Dr. Stefan Z<strong>im</strong>mer, Witten/Herdecke<br />

10.00 Uhr Endodontie<br />

Wege in die Nachhaltigkeit<br />

PD Dr. Andreas Bartols, M.A., Karlsruhe<br />

09.00 Uhr Eröffnung<br />

Dr. Robert Heiden, Karlsruhe<br />

09.15 Uhr Praxis<br />

Provisorium, Abformung & Co. – Durch<br />

Fehlervermeidung zu mehr Nachhaltigkeit<br />

Veronica Leo, PM, ZMP, Badegül Top, ZMF,<br />

Kendra Bernhardt, Fachwirtin GS, Karlsruhe<br />

10.00 Uhr Parodontologie<br />

Behandlungserfolge langfristig sichern –<br />

Parodontale Vorbehandlung und perioprothetische<br />

Erhaltungstherapie<br />

Prof. Dr. Dirk Ziebolz, M.Sc., Leipzig<br />

10.45 Uhr<br />

Kaffeepause<br />

11.15 Uhr<br />

12.00<br />

Uhr<br />

Parodontologie<br />

Mit strukturierter UPT zum parodontologischen<br />

Langzeiterfolg<br />

Prof. Dr. Nicole Arweiler, Marburg<br />

Prothetik<br />

Behandlung mit System - 7 Schritte der evidenzbasierten<br />

Therapieplanung <strong>im</strong><br />

parodontal vorgeschädigten Gebiss<br />

Prof. Dr. Sven Rinke, M.Sc., M.Sc., Hanau<br />

11.15 Uhr Ergonomie<br />

Der Stuhl ist zum Verstellen da – Eine<br />

bessere Haltung für mehr Gesundheit<br />

Matthias Thoni, Physiotherapeut, Stuttgart<br />

12.00 Uhr Prävention<br />

Update Mundhygiene - Altes und Neues auf<br />

dem Prüfstand<br />

Prof. Dr. Stefan Z<strong>im</strong>mer, Witten/Herdecke<br />

12.45 Uhr<br />

13.15 Uhr<br />

Verleihung des Exzellenz-Preises<br />

Mittagspause


Jetzt<br />

anmelden!<br />

#kako2022 #karlsruherkonferenz<br />

www.karlsruher-konferenz.de<br />

Nachhaltigkeit in der <strong>Zahnmedizin</strong><br />

14.15 Uhr Einführung in den Nachmittag<br />

PD Dr. Daniel Hellmann, Karlsruhe<br />

14.30 Uhr Gesundheitsschutz braucht Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

– Wie die Kl<strong>im</strong>akrise unsere Gesundheit<br />

gefährdet<br />

Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann,<br />

Augsburg<br />

15.30 Uhr Sustainability in Dentistry<br />

Prof. Dr. Brett Duane, Dublin, Irland<br />

16.30 Uhr<br />

Kaffeepause<br />

17.00 Uhr Vorstellung der Initiative KLUG<br />

Sylvia Hartmann, Berlin<br />

17.15 Uhr CO2 einsparen und ausgleichen<br />

– Mit System in die Kl<strong>im</strong>aneutralität<br />

Peter Friess, Starnberg<br />

17.45 Uhr Podiumsgespräch<br />

PD Dr. Daniel Hellmann<br />

und Gäste<br />

INFORMATIONEN auf einen Blick<br />

Freitag, 18. März 2022<br />

09.00 – 18.30 Uhr<br />

Online-Event<br />

<strong>im</strong> Livestream<br />

ZÄ/ZA 195,00 €<br />

Assistenten 100,00 €<br />

ZFA 100,00 €<br />

Studierende 50,00 €<br />

Die BZK Nordbaden übern<strong>im</strong>mt für<br />

ihre Mitglieder 50,00 € (ZÄ/ZA)<br />

bzw. 20,00 € (ZFA).<br />

Sie erhalten 8 Fortbildungspunkte.<br />

Telefon: + 49 721 9181 200<br />

E-Mail: fortbildung@za-karlsruhe.de<br />

Anmeldung unter<br />

www.karlsruher-konferenz.de


38_SOZIALES ENGAGEMENT<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Interview zur Flutkatastrophe <strong>im</strong> Ahrtal<br />

GÖPPINGER ZAHNÄRZTE HELFEN<br />

IM KATASTROPHENGEBIET<br />

Flutschäden. Aufräumarbeiten und Wiederaufbau <strong>im</strong> Ahrtal werden noch lange andauern.<br />

Foto: H. Schneider<br />

Am 14. und 15. Juli 2021 wurden mehrere Regionen in Rheinland-Pfalz und<br />

Nordrhein-Westfalen von einer verheerenden Flutkatastrophe betroffen. Im Ahr- und Erfttal<br />

wurden 450 Gebäude mitgerissen, mehr als 3.700 Häuser wurden mehr oder weniger<br />

stark beschädigt. 134 Menschen starben, mindestens 17.000 verloren ihr Hab und Gut<br />

oder erlitten erhebliche Schäden. Zahnärztin Heike Schneider und Zahnarzt Dr. Michael<br />

Schuhbeck aus Göppingen waren seitdem mehrfach zu Hilfseinsätzen <strong>im</strong> Katastrophengebiet.<br />

Im ZBW-Interview berichtet Heike Schneider von ihren Erfahrungen.<br />

ZBW: Wie kam es zu dem Entschluss,<br />

bei den Aufräumarbeiten und dem Wiederaufbau<br />

zu helfen?<br />

Vor einigen Jahren haben wir ein verlängertes<br />

Wochenende <strong>im</strong> Ahrtal verbracht<br />

und waren von der wunderschönen Region<br />

sehr angetan. Die schrecklichen<br />

Bilder von den Zerstörungen durch die<br />

Flut weckten sofort den Wunsch in uns,<br />

dort mit anzupacken. Unser Frühjahrsurlaub<br />

war coronabedingt ausgefallen.<br />

Da wir mit unserem Wohnmobil auf<br />

keinerlei Unterkunft angewiesen und<br />

handwerklich versiert sind, war es eine<br />

logische Konsequenz hinzufahren. Wir<br />

sind dann aber bewusst erst <strong>im</strong> Oktober<br />

aufgebrochen, da wir davon ausgingen,<br />

dass die Menge der Helfenden nachlassen<br />

würde.<br />

Gab es einen organisatorischen Rahmen,<br />

in dem Sie Ihre Arbeitskraft eingebracht<br />

haben?<br />

Nachdem wir uns intensiv informiert<br />

hatten, entschieden wir, uns der Dachzeltnomaden-Hilfsorganisation<br />

anzuschließen.<br />

Das ist eine Internetcommunity,<br />

die die Begeisterung fürs Campen<br />

in Autodach-Zelten teilt. Das alljährliche<br />

Treffen wurde von der Flutnachricht<br />

überschattet und einige haben<br />

spontan den Entschluss gefasst, hinzufahren<br />

und zu helfen. Die Organisation<br />

ist zu einer tragenden Säule der Hilfe<br />

geworden und nach wie vor jeden Tag<br />

<strong>im</strong> Katastrophengebiet <strong>im</strong> Einsatz.<br />

Wie ist Ihr Hilfseinsatz konkret abgelaufen?<br />

Anfang Oktober haben wir unser Wohnmobil<br />

mit allem möglichen Werkzeug<br />

bestückt und sind nach Rupperath gefahren.<br />

Das ist ein Ort oberhalb der<br />

stark geschädigten Orte Schuld und Insul<br />

<strong>im</strong> Ahrtal. Hier befindet sich das Basiscamp<br />

der Dachzeltnomaden. Willkommen<br />

ist dort jede bzw. jeder, ob mit<br />

Dachzelt oder ohne. In einem alten


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

39_SOZIALES ENGAGEMENT<br />

Schulgebäude, das vom Dorfgemeinschaftsverein<br />

unterhalten wird und den<br />

Helfenden zur Verfügung gestellt wurde,<br />

gibt es Sanitäreinrichtungen, Küche,<br />

Werkzeug- und Materiallager etc. Ich<br />

ließ mich dem Küchenteam zuteilen,<br />

mein Mann fuhr auf die Baustellen.<br />

Das Küchenteam hält nicht nur die Helfer<br />

des Camps mit gutem Essen bei Laune,<br />

sondern versorgt täglich auch noch<br />

den Ort Insul mit warmen Mahlzeiten.<br />

An starken Tagen sind das 280 Essen.<br />

Ein Campteam wartet und repariert die<br />

Geräte, kümmert sich um Lagerlogistik,<br />

Material und Sicherheitsausrüstung sowie<br />

um Matratzenlager, Mannschaftszelte<br />

und Wohnwagen, in denen Helfer<br />

ohne eigene Unterkunft nächtigen können.<br />

Das Camp wird durch Geld- und<br />

Sachspenden von Privatleuten und Firmen<br />

unterhalten. Seit die Dachzeltnomanden<br />

als gemeinnützige GmbH anerkannt<br />

sind, kommt auch finanzielle<br />

Unterstützung von „Deutschland hilft“.<br />

Von den Geldspenden werden Material,<br />

Werkzeug, Sprit für die Fahrzeuge und<br />

Generatoren, Bautrockner, Schutzausrüstung<br />

und Lebensmittel gekauft.<br />

Was war mit Blick auf den Wiederaufbau<br />

vorrangig zu tun?<br />

Die Helfenden haben hauptsächlich<br />

Putz von den Wänden gestemmt sowie<br />

Dämmungen und Estriche entfernt. Im<br />

betroffenen Bereich, das sind häufig<br />

Keller, Erdgeschoss und sogar das erste<br />

Obergeschoss bis über die Fenster, müssen<br />

die Häuser in den Rohbauzustand<br />

zurückversetzt werden, damit Wände<br />

und Böden trocknen können. Häufig<br />

müssen Leichtbauwände vollständig<br />

demontiert werden, da sich das Material<br />

zu einer weichen Masse aufgelöst hat.<br />

Der Schlamm sitzt in allen möglichen<br />

und unmöglichen Fugen und Ritzen.<br />

Auch in den Hohlprofilen der Fensterrahmen,<br />

weshalb diese nicht weiterverwendbar<br />

sind. Der Schlamm ist ein hervorragender<br />

Nährboden für Sch<strong>im</strong>mel,<br />

der inzwischen sehr häufig anzutreffen<br />

ist.<br />

Bei vielen Häusern stellt sich erst jetzt<br />

heraus, dass sie abgerissen werden müssen.<br />

Auch heizöldurchtränkte Kellerwände<br />

sind nicht mehr sanierbar und<br />

stellen das Aus für die Häuser dar. Inzwischen<br />

sind die Dachzeltnomaden<br />

auch mit dem Rückbau von Häusern<br />

befasst, das bedeutet sukzessiver Abriss.<br />

Hier werden die Materialien gleich be<strong>im</strong><br />

Abbau getrennt, sodass verwertbares<br />

Material wie z. B. Metalle an Entsorgungsfirmen<br />

verkauft werden kann und<br />

die Flutopfer so wenigstens ein bisschen<br />

Geld bekommen. Nicht wassergeschädigte<br />

Teile wie Dachbalken oder<br />

Natursteine können zwischengelagert<br />

und wiederverwendet werden.<br />

Welchen Eindruck haben Sie, nachdem<br />

nun über ein halbes Jahr seit der Flut<br />

vergangen ist?<br />

Es ist erschreckend, wie viel <strong>im</strong>mer noch<br />

zu tun ist. Viele Betroffene haben nach<br />

wie vor keine Heizung, da man, um eine<br />

Heizungsanlage zu installieren, einen intakten<br />

Fußboden braucht oder zumindest<br />

einen funktionierenden Gasanschluss.<br />

So wohnen viele Menschen in<br />

Rohbauhäusern oder Flutruinen. Andere<br />

sind bei Verwandten, Freunden oder in<br />

Ferienwohnungen untergekommen und<br />

kommen tagsüber oder am Wochenende<br />

her, um ihre Häuser zu sanieren. Wieder<br />

andere hausen in Garagen oder Wohnwagen<br />

auf ihren Grundstücken.<br />

Die Flutopfer sind weiterhin dringend<br />

auf freiwillige Helfenden angewiesen,<br />

da aufgrund des Handwerkermangels<br />

noch nicht mal, selbst wenn man eine<br />

hatte, eine Versicherung nützlich ist.<br />

Vielfach wurde erst Monate später von<br />

Gutachtern das Ausmaß der Schäden<br />

festgestellt, sodass die Betroffenen erst<br />

dann mit der Restaurierung beginnen<br />

durften. Eine weitere Hürde war, dass<br />

oft noch nicht feststand, wo in Zukunft<br />

überhaupt noch Häuser stehen dürfen<br />

und wo der Hochwasserschutz Vorrang<br />

hat. Die öffentliche Hand arbeitet mit<br />

Hochdruck an der Infrastruktur, ist<br />

aber für Privatleute nicht zuständig.<br />

In den Medien ist es dennoch ziemlich<br />

ruhig um dieses Thema geworden.<br />

Das merkt man auch, wenn man vor<br />

Ort ist. Leider machen die meisten anderen<br />

Hilfsorganisationen Winterpause,<br />

da es sich nicht lohnt, für wenige<br />

Helfenden die größeren Strukturen zu<br />

betreiben. Nach wie vor wird jede Hand<br />

gebraucht. Es ist essentiell, dass weiterhin<br />

trockengelegt wird. Be<strong>im</strong> Wiederaufbau<br />

ist es hilfreich, wenn ein ausgebildeter<br />

Handwerker Unterstützung<br />

durch Ungelernte hat, an die er weniger<br />

anspruchsvolle Arbeiten delegieren<br />

kann. Um die Infrastruktur der Camps<br />

aufrechtzuerhalten, werden Leute z. B.<br />

in den Küchen gebraucht.<br />

Neben den materiellen Schäden haben<br />

Sie auch hautnah von persönlichen Tragödien<br />

erfahren.<br />

Sehr berührt hat mich z. B. die Geschichte<br />

einer jungen Familie, die seit<br />

einem Jahr in ihrem neuen Haus wohnte<br />

und das unsere „Bauarbeiter“ leider in<br />

den Rohbauzustand zurückversetzen<br />

mussten. Der junge Vater hat es gerade<br />

noch durch die ansteigenden Wassermassen<br />

nach Hause geschafft. So konnte<br />

er dann seiner hochschwangeren Frau<br />

und dem kleinen Töchterchen vom ersten<br />

Stock, der volllief, auf das Dach der<br />

angebauten Garage helfen. Als auch dieses<br />

<strong>im</strong>mer mehr unter Wasser stand,<br />

musste die Familie bei strömendem Regen<br />

auf das Hausdach klettern. Die Flut<br />

machte dann glücklicherweise an der<br />

Dachrinne halt. Am nächsten Morgen<br />

wurden sie dann vom Dach geborgen.<br />

Wäre er nicht rechtzeitig zu Hause gewesen,<br />

wären Mutter und Tochter höchstwahrscheinlich<br />

nicht mehr am Leben.<br />

Die psychologische Betreuung der Flutopfer<br />

ist enorm wichtig. Die Geschichten,<br />

die wir erzählt bekommen, sind erschütternd.<br />

Die Besitzer der Häuser sind<br />

teilweise so traumatisiert, dass sie keine<br />

Kraft mehr haben etwas anzupacken.<br />

Haus und Garten sind zerstört, Hab und<br />

Gut von der Flut weggespült oder unbrauchbar<br />

geworden. Viele haben ihre<br />

Lebensgrundlage, z. B. ihre Werkstatt<br />

oder ihr Restaurant verloren. Wie soll jemand,<br />

der womöglich auf seinem Hausdach<br />

die Flutnacht überstanden hat und<br />

gerade noch mit dem Leben davongekommen<br />

ist, jemand der womöglich Angehörige<br />

oder Freunde verloren hat, wissen,<br />

wo er anfangen soll?<br />

Wie lautet Ihr Appell an das Land und<br />

unsere Gesellschaft?<br />

Die Hilfsbereitschaft, die wir erlebt haben<br />

ist großartig. Viele haben ihren<br />

Sommerurlaub als Helfer in den Flutgebieten<br />

verbracht und fahren nach wie<br />

vor so oft sie können dort hin. Aber wir<br />

brauchen dauerhaft Menschen, die ehrenamtlich<br />

bei Feuerwehr, DRK, THW<br />

usw. mitmachen. Und einen Staat, der<br />

nicht vor lauter Bürokratie absolut unflexibel<br />

ist.<br />

Das Interview führte<br />

Dr. Holger S<strong>im</strong>on-Denoix<br />

INFO<br />

Mehr über die Dachzeltnomaden<br />

und deren Einsatz<br />

erfahren Sie unter<br />

https://dachzeltnomaden.com/<br />

dachzeltnomadenhilfsaktion/


NEU<br />

STRUKTURIERTE FORTBILDUNG<br />

ENDODONTIE<br />

Jetzt online<br />

anmelden unter<br />

fortbildung.kzvbw.de<br />

13. Mai 2022 - 17. Juni 2023<br />

in acht Teilen, jeweils freitags/samstags, 9.00 – 17.00 Uhr<br />

Wissenschaftliche Leitung:<br />

Prof. Dr. David Sonntag<br />

In unserer neuen Strukturierten Fortbildung ENDODONTIE lernen die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer wissenschaftlich aktuell und fundiert alles rund um das Thema Endodontie.<br />

Dabei wechseln sich theoretische Teile mit praktischen Übungen ab.<br />

Folgende Themen werden behandelt:<br />

Grundlagen I: Einführung und Fallplanung<br />

Grundlagen II: Endodontischer Arbeitsplatz<br />

Theoretische Klinik I: Prä- und postendodontische Versorgung / Anatomie &<br />

Zugang<br />

Klinik I: Aufbereitung I / Aufbereitung II<br />

Theoretische Klinik II: Desinfektion<br />

Klinik II: Wurzelfüllung<br />

Theoretische Klinik III: Frontzahntrauma und Resorption / Fallselektion & Zahn-<br />

Rettung / Atypische Odontalgie und Kontrolle typischer Schmerzen<br />

Klinik III: Revision<br />

Theoretische Klinik IV: Mikrochirurgie, regenerative Therapie<br />

Mit einer Fallpräsentation und anschließender Zertifi katsausgabe beenden die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer die Fortbildungsreihe.<br />

Für die Teilnahme werden 163 Fortbildungspunkte vergeben.<br />

Die Kursgebühr beträgt 6.400 Euro.<br />

Weitere Infos auf unserer Webseite www.fortbildung.kzvbw.de<br />

FFZ Fortbildungsforum<br />

Zahnärzte<br />

Merzhauser Straße 114-116<br />

79100 Freiburg<br />

Fon: 0761 4506-160/-161<br />

Fax: 0761 4506-460<br />

Mail: info@ffz-fortbildung.de<br />

Web: www.ffz-fortbildung.de


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

41_KOMMUNIKATION<br />

Abrechnungspodcast der KZV BW widmet sich nun dem Thema Endo<br />

„BEMA MIT BISS“ GEHT IN DIE<br />

NÄCHSTE RUNDE<br />

Im September 2021 ging die Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg mit<br />

einem neuen und innovativen Serviceangebot für die Zahnärztinnen und Zahnärzte an den<br />

Start: dem Podcast „BEMA mit Biss“, der verschiedene spezifische Fragen und Besonderheiten<br />

der Abrechnung vertragszahnärztlicher Leistungen aufgreift und gut strukturiert<br />

praxistaugliche Tipps und Hilfestellungen gibt. Nachdem sich die ersten drei Folgen<br />

des Podcasts mit der Abrechnung von PAR-Leistungen beschäftigten, wird zu Beginn des<br />

neuen Jahres nun das Thema Endodontie in den Fokus genommen.<br />

Die Etablierung eines Podcasts als<br />

zusätzliches Informationsmedium<br />

<strong>im</strong> Bereich Abrechnung ist nach<br />

Ansicht von Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende<br />

der KZV BW, ein<br />

voller Erfolg: „Die bisherigen Rückmeldungen<br />

vonseiten der Zahnärztinnen<br />

und Zahnärzte sind hervorragend.<br />

Wir hören vielfach, dass<br />

dieses Angebot gerne und zahlreich<br />

angenommen wird.“ Die erste Folge<br />

des neuen Abrechnungspodcasts<br />

der KZV BW schaffte es zum Start<br />

gleich auf Platz 26 aller deutschsprachigen<br />

Medizinpodcasts. Mehrere<br />

tausend Klicks auf die Artikel<br />

<strong>im</strong> Gesundheitstelegramm sowie<br />

über die Website zeigen ebenfalls,<br />

dass die KZV BW ein professionell<br />

produziertes, zielgenaues und informatives<br />

Medium geschaffen hat.<br />

Auch die bundesweite Fachpresse hat<br />

das Thema aufgegriffen und über<br />

„BEMA mit Biss“ berichtet.<br />

Anfang 2022 startet der Podcast „BEMA mit Biss“ mit<br />

einer Reihe zum Thema Endodontie.<br />

THEMA PAR<br />

Gerade in Bezug auf die neu <strong>im</strong>plementierten<br />

PAR-Leistungen, die seit Juli<br />

2021 über die GKV abrechenbar sind,<br />

eignet sich das Format „BEMA mit Biss“<br />

ausgezeichnet für die Vermittlung der<br />

komplexen und teilweise kniffligen Fragen.<br />

Gemeinsam mit Moderator Alexander<br />

Ries wurden in den ersten drei<br />

Folgen des Podcasts gezielt Fragen aus<br />

diesem Feld bearbeitet. So befasste sich<br />

die erste Folge mit den wichtigsten neuen<br />

Abrechnungspositionen, Abrechnungsbest<strong>im</strong>mungen<br />

und Fragen <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit der unterstützenden<br />

Parodontitistherapie (UPT). In Folge<br />

2 wurden die wichtigsten Fragen der<br />

Zahnarztpraxen in Bezug auf die PAR-<br />

Behandlungsstrecke thematisiert, während<br />

Folge 3 auch auf Fragen zur PAR-<br />

Behandlung von Patientinnen und Patienten<br />

mit Behinderung oder Pflegebedarf<br />

einging.<br />

Foto: KZV BW<br />

NÄCHSTE RUNDE<br />

Die Themenauswahl und die Aufbereitung<br />

der Inhalte erfolgt in enger Zusammenarbeit<br />

mit den Vorstandsreferenten<br />

für das Abrechnungswesen und das<br />

Prüfwesen sowie mit dem Kompetenzzentrum<br />

Abrechnung der KZV BW. Die<br />

Referentinnen und Referenten und Abrechnungsabteilungen<br />

der Bezirksdirektionen<br />

unterstützen das Projekt ebenfalls<br />

mit ihrem Knowhow und dem Input<br />

zu den Fragen, die vonseiten der<br />

Zahnärztinnen und Zahnärzten zu verschiedenen<br />

Abrechnungsthemen <strong>im</strong>mer<br />

wieder auftauchen. Gleichzeitig können<br />

die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />

den Abrechnungsabteilungen der Bezirksdirektionen<br />

den Podcast gezielt<br />

nutzen, um auf Rückfragen aus den Praxen<br />

zu reagieren. Dadurch werden<br />

manche Arbeitsabläufe erheblich effizienter.<br />

Anfang Februar geht der<br />

Podcast nun in eine neue Runde<br />

und wird sich in mehreren Folgen<br />

den Fragen <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

der Wurzelkanalbehandlung widmen.<br />

Den Auftakt macht Dr. Georg<br />

Bach, Vorstandsreferent für Abrechnungswesen<br />

für die KZV BW, mit<br />

konkreten, fallbezogenen Informationen<br />

zum Thema „Abrechnung<br />

von endodontologischen Leistungen<br />

<strong>im</strong> Schmerz- und Notfalldienst“.<br />

Gerade weil es in diesem Bereich<br />

<strong>im</strong>mer wieder zu Regressen<br />

von Seiten der Krankenkassen<br />

kommt, soll der Podcast dabei helfen,<br />

die Kolleginnen und Kollegen<br />

kompetent zu informieren, diese<br />

für best<strong>im</strong>mte problematische Sachverhalte<br />

zu sensibilisieren und zusätzlichen<br />

Verwaltungsaufwand für die Praxen<br />

zu vermeiden.<br />

Dr. Holger S<strong>im</strong>on-Denoix<br />

INFO<br />

Bei der weiteren Themenplanung<br />

von „BEMA mit Biss“ sind die Rückmeldungen<br />

der Zahnärzteschaft ein<br />

hilfreicher Indikator. Wenn Sie best<strong>im</strong>mte<br />

Fragen geklärt haben wollen,<br />

schreiben Sie uns einfach eine<br />

E-Mail an presse@kzvbw.de.<br />

Alle Folgen des<br />

Abrechnungs-Podcasts<br />

der KZV BW<br />

finden Sie hier:<br />

www.kzvbw.de/<br />

medien/podcast/.


42_PRAXIS<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Arbeitsschutz und PRAXIS-Handbuch<br />

FORTBILDUNG HILFT BEI DER<br />

PRAKTISCHEN UMSETZUNG<br />

Die Fragen „Wie anfangen und wo aufhören“<br />

beschäftigen jede Zahnarztpraxis<br />

auch bei der praktischen Organisation<br />

und Umsetzung der umfangreichen<br />

Arbeitsschutzvorgaben. Wie geht es in<br />

der Praxis nach absolvierter BuS-Dienst-<br />

Schulung <strong>im</strong> Kammermodell der LZK<br />

BW weiter? Was mache ich mit der dokumentierten<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

der beauftragten externen Dienstleistungsfirma?<br />

Genau hier setzt die LZK<br />

BW mit ihrem seit Jahren bewährten<br />

Fortbildungskurs „Arbeitsschutz Kompakt“<br />

an. Die Fortbildung der Kammer<br />

unterstützt das gesamte Praxisteam bei<br />

der praktischen Umsetzung des Arbeitsschutzes.<br />

Das PRAXIS-Handbuch stellt<br />

sozusagen das Kursfundament dar. Der<br />

folgende Beitrag stellt den Tageskurs<br />

„Arbeitsschutz Kompakt – Organisation<br />

und Umsetzung“ vor.<br />

ZIEL<br />

Der Arbeitsschutz-Tageskurs stellt kompakt<br />

und detailliert alle wichtigen Arbeitsschutzanforderungen<br />

an eine Zahnarztpraxis<br />

vor und zeigt die Hilfestellungen<br />

<strong>im</strong> PRAXIS-Handbuch der LZK<br />

BW auf. Die teilnehmenden zahnmedizinischen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

werden in die Lage versetzt, die<br />

Praxisinhaberin bzw. den Praxisinhaber<br />

bei der Umsetzung der Betriebsärztlichen<br />

und Sicherheitstechnischen Betreuung<br />

(BuS-Dienst), zu unterstützen<br />

und letztendlich in punkto „Bürokratie-<br />

und Regelungsflut“ zu entlasten.<br />

TEILNEHMER<br />

Der Arbeitsschutz-Tageskurs wird für<br />

<strong>Zahnmedizin</strong>ische Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter angeboten. Eine Kursteilnahme<br />

steht nicht in Verbindung<br />

mit der Form der BuS-Dienst-Betreuung<br />

einer Zahnarztpraxis (Kammermodell<br />

der LZK BW oder externer Dienstleistungspartner),<br />

somit kann jede Praxis<br />

von der Teilnahme profitieren.<br />

KURSINHALTE<br />

In der Fortbildung werden die folgenden<br />

Themen präsentiert: Gefahrstoffe,<br />

Abfallentsorgung, Brandschutz, Elektrische<br />

Anlagen und Betriebsmittel, Aktive<br />

Medizinprodukte, Hautschutz,<br />

Händehygiene, Persönliche Schutzausrüstung,<br />

Arbeitsmedizinische Vorsorge,<br />

Arbeitsunfall und Erste Hilfe.<br />

KURSDAUER<br />

Der Tageskurs geht über sechs Zeitstunden<br />

mit Pausen (jeweils von 9 bis 15 Uhr).<br />

KOSTEN<br />

Für die Teilnahme wird eine Kursgebühr<br />

von 155 Euro pro Person erhoben.<br />

ONLINE<br />

Der Arbeitsschutz-Tageskurs wird 2022<br />

als Online-Fortbildung (Webinar) angeboten.<br />

Somit ist eine Kursteilnahme,<br />

unabhängig von ihrem Praxisstandort,<br />

möglich und z. T. sehr zeitaufwendige<br />

Anfahrten entfallen.<br />

ANMELDUNG<br />

Über die Homepage der LZK BW<br />

(https://lzk-bw.de/) steht die Online-<br />

Anmeldung über den Hauptbereich<br />

„Praxisteam“ (dann in die Rubrik<br />

„Fortbildung“ und anschließend auf<br />

„Praxisführung“) zur Verfügung. Über<br />

den Link „Kursübersicht/Online-Anmeldung“<br />

in der rechten Sidebar erreicht<br />

man das Fortbildungsangebot<br />

der LZK BW mit allen Kursterminen<br />

(https://fortbildung-lzkbw.de/).<br />

FRAGEN<br />

Informationen und Beratung bzgl. der<br />

Fortbildung „Arbeitsschutz Kompakt –<br />

Organisation und Umsetzung“ bietet<br />

die Abteilung Praxisführung der Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg<br />

in Person von Nadine Schütze (Tel.<br />

0711 22845-53, schuetze@lzk-bw.de).<br />

Ihre LZK-Geschäftsstelle


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

43_PRAXIS<br />

Der GOZ-Ausschuss der LZK BW informiert<br />

VIRTUELLE<br />

IMPLANTATION<br />

UND<br />

AUGMENTATION<br />

Foto: AdobeStock/AndreyPopov<br />

Komplexe Behandlungsmaßnahmen fordern in vielen Fachbereichen der Zahnheilkunde<br />

s<strong>im</strong>ulierte Vorwegnahmen der Therapieergebnisse. Diese Planungsmaßnahmen sind oftmals<br />

medizinisch notwendig. Sie können physisch erfolgen (z. B. ein Mock-Up) oder auch digital<br />

wie die hier in den Mittelpunkt gestellte präoperative virtuelle Implantation und Augmentation.<br />

Die dreid<strong>im</strong>ensionale <strong>im</strong>plantologische<br />

Planung <strong>im</strong> Sinne einer „virtuellen<br />

Implantation“ stellt eine (initiale)<br />

Therapiemaßnahme zur definitiven<br />

Implantatpositionierung hinsichtlich<br />

Lokalisierung, D<strong>im</strong>ensionierung und<br />

Winkelbest<strong>im</strong>mung dar, die als selbstständige<br />

Leistung bei Weitem über Befundungs-<br />

bzw. Diagnostikleistungen<br />

nach der GOÄ-Nr. 5370 oder der GOZ-<br />

Nr. 9000 hinausgeht.<br />

FACHLICHER HINTERGRUND<br />

Dasselbe gilt für die dreid<strong>im</strong>ensionale<br />

augmentative Planung <strong>im</strong> Sinne einer<br />

„virtuellen Augmentation“. Eine „virtuelle<br />

Implantation oder Augmentation“<br />

kann ausschließlich durch die Übernahme<br />

von DVT-Daten auf spezielle<br />

Planungsprogramme (z. B. S<strong>im</strong>Plant ® ,<br />

coDiagnostiX ® , NobelGuide ® , Surgi-<br />

Guide ® o. Ä.) erfolgen. Diese Maßnahme<br />

ist weder in den Gebührenordnungen<br />

verzeichnet noch von einer anderen,<br />

bereits beschriebenen Leistung<br />

umfasst. Sie ist nach § 6 Abs. 1 GOZ<br />

analog zu berechnen. Der entscheidende<br />

Aspekt hierbei ist, dass die virtuelle<br />

Implantation bereits der Therapie zuzuordnen<br />

ist und nicht mehr als Befundung<br />

oder Auswertung der DVT zu betrachten<br />

ist. Neben der virtuellen Implantation<br />

in den speziellen Planungsprogrammen<br />

ist es zwischenzeitlich<br />

auch möglich, virtuelle Augmentationen<br />

vorzunehmen. Anhand derartig gestalteter<br />

Datensätze können passgenaue<br />

Gitterstrukturen präoperativ hergestellt<br />

werden, die bei der Augmentation<br />

eingesetzt werden, was zu einer<br />

hochgradig individuell geführten Knochenregeneration<br />

(GBR) führt.<br />

VORAUSSETZUNGEN<br />

Weil derartige Planungsprozesse auf<br />

der Basis von aus einem DVT gewonnen<br />

Planungsdaten mit speziellen Planungsprogrammen<br />

keine Röntgenleistung<br />

bzw. diagnostische Leistung darstellen,<br />

ist hierbei auch keine DVT-<br />

Fachkunde für die Analogleistung einer<br />

virtuellen Implantation/Augmentation<br />

notwendig, sondern lediglich<br />

für die Anfertigung und Befundung<br />

einer DVT-Aufnahme nach den GOÄ-<br />

Nummern 5370/5377.<br />

LABORKOSTEN<br />

Die Rechnung des Processing-Centers<br />

für die Aufbereitung der DVT-Daten<br />

und die Konvertierung kann als Materialkostenrechnung<br />

auf der Liquidation<br />

des Zahnarztes oder mit der Eigenlaborrechnung<br />

für die Erstellung der<br />

Positionierungsschiene als Laborposition<br />

berechnet werden. Die Zahnärztin<br />

bzw. der Zahnarzt bezahlt das Processing-Center.<br />

So kann die Zahnärztin<br />

bzw. der Zahnarzt auch die einem konkreten<br />

Behandlungs- bzw. Patientenfall<br />

zuzuordnenden Lizenzkosten für<br />

die Auswertung bzw. Planung einer Implantatinsertion<br />

oder sonstiger Operationen,<br />

wie dies auch die Hersteller der<br />

Planungsprogramme anbieten, dem<br />

Patienten als Fremdlaborrechnung in<br />

Rechnung stellen.<br />

BERECHNUNG<br />

Die virtuelle Implantation bzw. Augmentation<br />

ist in der GOZ 2012 und der<br />

GOÄ 1996 nicht beschrieben. Demnach<br />

ist die Berechnung über das Analogieverfahren<br />

nach § 6 Abs. 1 anzuwenden.<br />

Es handelt sich um eine<br />

selbstständige zahnärztliche Leistung.<br />

Allgemein geeignete Analognummern<br />

zu empfehlen ist nicht sinnvoll. Der<br />

tatsächlich gegebene Aufwand ist zu<br />

berücksichtigen. Insofern ist eher unter<br />

dem Aspekt des tatsächlich gegebenen<br />

Zeit- und Kostenaufwandes bei<br />

der virtuellen Planung die Suche nach<br />

einer geeigneten mit einem entsprechenden<br />

Punktwert versehenen Gebührennummer<br />

<strong>im</strong> Analogverfahren<br />

angezeigt.<br />

Auch wegen potenzieller Nachfragen<br />

von Kostenerstattern ist es sinnvoll,<br />

die Dauer und den Schwierigkeitsgrad<br />

sowie die verwendeten Programme gut<br />

zu dokumentieren und die virtuelle<br />

Planung auf Nachfrage auch vorweisen<br />

zu können.<br />

Autorenteam des GOZ-Ausschusses der<br />

LZK Baden-Württemberg


Kursprogramm<br />

März 2022<br />

Jetzt online<br />

anmelden unter<br />

fortbildung.kzvbw.de<br />

Den Teamgeist wecken -<br />

Praxismanagement als Handwerkszeug<br />

Brigitte Kühn, Tutzing<br />

• Kurs-Nr.: 22FKM20504<br />

• für <strong>Zahnmedizin</strong>ische<br />

Fachangestellte<br />

• € 225.-<br />

4.3.2022<br />

Gelungene Patientenkommunikation<br />

- Die tägliche Herausforderung<br />

Brigitte Kühn, Tutzing<br />

• Kurs-Nr.: 22FKM20505<br />

• für <strong>Zahnmedizin</strong>ische<br />

Fachangestellte<br />

• € 225.-<br />

5.3.2022<br />

Min<strong>im</strong>alinvasive Prothetik<br />

von A (wie Adhäsivtechnik)<br />

bis Z (wie Zirkonoxidkeramik)<br />

Prof. Dr. Daniel Edelhoff, München<br />

• 8 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ30907<br />

• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />

• € 375.-<br />

5.3.2022<br />

Parodontologie von A bis Z: Klinische S3<br />

-Leitlinie der DG Paro<br />

Prof. Dr. Peter Eickholz, Frankfurt a. M.<br />

• 9 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ31108<br />

• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />

• € 395.-<br />

12.3.2022<br />

Burnout-Prophylaxe: Ein Tag zum Ausprobieren<br />

Dipl.-Psych. Bernd Kappis, Mainz<br />

• Kurs-Nr.: 22FKM20906<br />

• für <strong>Zahnmedizin</strong>ische<br />

Fachangestellte<br />

• € 195.-<br />

12.3.2022<br />

Strukturierte Fortbildung: ZAHNÄRZTLICHE<br />

CHIRURGIE und TRAUMATOLOGIE in Theorie &<br />

Praxis, Teil 1-4<br />

Prof. Dr. Andreas Filippi und weitere Dozenten, CH - Basel<br />

• 71 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ40504<br />

• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />

• € 3.100.-<br />

01.-02.04.2022<br />

01.-02.07.2022<br />

22.-23.07.2022<br />

23.-24.09.2022<br />

Strukturierte Fortbildung: ENDODONTIE, Teil 1-8<br />

Prof. Dr. David Sonntag und weitere Dozenten, Düsseldorf<br />

Strukturierte Fortbildung: PARODONTOLOGIE &<br />

PERIIMPLANTÄRE THERAPIE, Teil 1-3<br />

Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger und weitere Dozenten, Freiburg<br />

• 163 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ40101<br />

• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />

• 6.400.-<br />

• 101 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ40301<br />

• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />

• € 3.400.-<br />

13.-14.05.2022<br />

08.-09.07.2022<br />

04.-05.11.2022<br />

25.-26.11.2022<br />

27.-28.01.2023<br />

02.-04.03.2023<br />

05.-06.05.2023<br />

16.-17.06.2023<br />

30.11.-03.12.2022<br />

01.-04.02.2023<br />

10.-11.03.2023<br />

FFZ Fortbildungsforum<br />

Zahnärzte<br />

Merzhauser Straße 114-116<br />

79100 Freiburg<br />

Fon: 0761 4506-160/-161<br />

Fax: 0761 4506-460<br />

Mail: info@ffz-fortbildung.de<br />

Web: www.ffz-fortbildung.de


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

45_KULTUR<br />

Kunstmuseum Stuttgart<br />

GEGO. DIE ARCHITEKTUR<br />

EINER KÜNSTLERIN<br />

Gertrud Louise Goldschmidt,<br />

genannt Gego (Hamburg<br />

1912–1994 Caracas), zählt<br />

zu den bekanntesten<br />

Künstlerinnen Lateinamerikas.<br />

Mit der Ausstellung<br />

„Gego. Die Architektur einer<br />

Künstlerin“ widmet<br />

das Kunstmuseum Stuttgart<br />

ab 18. Februar ihr bereits<br />

die zweite Präsentation.<br />

Gego absolvierte von 1932 bis 1938<br />

eine Ausbildung zur Architektin und<br />

Ingenieurin an der Technischen Hochschule<br />

Stuttgart. 1939 war sie als Jüdin<br />

kurz nach Erhalt ihres Diploms zur<br />

Flucht nach Venezuela gezwungen, wo<br />

sie als Frau in einem technischen Berufsfeld<br />

nicht Fuß fassen konnte. Mitte<br />

der 1950er-Jahre beginnt sie nach<br />

Umwegen als Künstlerin tätig zu werden<br />

und schreibt über die Aufgabe des<br />

Architekturberufs an ihren früheren<br />

Professor Paul Bonatz: „Selbst unglückliche<br />

Lieben haben großen Wert<br />

und ihre Wirkung.“ Wenig später kauft<br />

das Museum of Modern Art (MoMA)<br />

in New York bereits eine erste Arbeit<br />

der Künstlerin an.<br />

INSPIRATION<br />

Ihre Ausbildung blieb ständiger Bezugspunkt<br />

für ihre künstlerische Praxis,<br />

die sie kontinuierlich in verschiedenen<br />

Medien erweiterte – von technischen<br />

Skizzen über Zeichnungen, Radierungen<br />

und Drucke bis hin zu Objekten<br />

und raumgreifenden Installationen.<br />

Die Ausstellung verdeutlicht, dass<br />

Architektur und Kunst bei Gego keinen<br />

Gegensatz bilden, sondern vielmehr<br />

in ihrem Werk die Grenzen der<br />

Disziplinen fließend sind. Gegos<br />

Raumbegriff ist niemals ein rein formaler,<br />

sondern er berücksichtigt neben<br />

seinen physischen auch seine sozialen<br />

D<strong>im</strong>ensionen.<br />

Heute zählt Gego zu den wichtigsten<br />

Künstler*innen Lateinamerikas<br />

Foto: Archivo Fundación Gego/Frank Kleinbach<br />

Linien. Die abstrakten Arbeiten der Künstlerin Gego (eigentlich Gertrud Louise Goldschmidt)<br />

zeigen ihr besonderes Interesse an der Linie als grundlegendes gestalterisches Element.<br />

der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.<br />

ARCHITEKTUR<br />

Die Ausstellung beschäftigt sich neben<br />

der Studienzeit von Gego in Stuttgart<br />

auch mit dem fortdauernden und engen<br />

Verhältnis ihres Werkes zur Architektur.<br />

Im Jahr 2017 übergab die Fundación<br />

Gego, Caracas, dem Kunstmuseum<br />

Stuttgart 100 Werke der Künstlerin als<br />

Dauerleihgabe. Gemeinsam mit der<br />

Universität Stuttgart und der Wüstenrot<br />

Stiftung initiierte das Museum daraufhin<br />

ein dreijähriges Forschungsprojekt,<br />

aus dem nun die Ausstellung,<br />

eine internationale Konferenz und eine<br />

Publikation hervorgehen. Der Forschungsprozess<br />

wird von der Fundación<br />

Gego begleitet.<br />

Kunstmuseum Stuttgart/IZZ<br />

INFO<br />

Gego.<br />

Die Architektur einer Künstlerin<br />

18.2. bis 10.7.2022<br />

Öffnungszeiten<br />

Di bis So 10 bis18 Uhr<br />

Fr bis 21 Uhr<br />

Eintritt<br />

11 Euro<br />

ermäßigt 8 Euro<br />

Informationen<br />

Kunstmuseum Stuttgart,<br />

Telefon: 0711/21619600<br />

www.kunstmuseum-stuttgart.de


46_BUCHTIPP<br />

LESERFORUM<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

ten auch weiterhin von der Inflation<br />

und der Maßlosigkeit der VA-Führung<br />

chronisch aufgefressen.<br />

Eine Umstrukturierung <strong>im</strong> Sinne eines<br />

diesbezüglichen Neuanfanges der<br />

VA ist unseres Erachtens dringend<br />

notwendig.<br />

Unter www.offenerbrief-va.de kann<br />

dies alles nachgelesen werden.<br />

Dr. Holger Grohmann, Dr. Gerhard Kälber,<br />

Dr. Bernfried Rau, Dr. Wolfgang Schempf<br />

RADIOLOGIE<br />

Atlas der digitalen Volumentomografie<br />

Die Anwendungsgebiete für dreid<strong>im</strong>ensionales<br />

Röntgen weiten sich aus. Aufgrund<br />

der geringeren Strahlenbelastung<br />

und der deutlich aussagekräftigeren Bilder<br />

löst die digitale Volumentomografie<br />

die herkömmliche CT fast vollständig<br />

ab und findet neben der <strong>Zahnmedizin</strong><br />

und MKG-Chirurgie inzwischen auch<br />

Anwendung in der Orthopädie und Unfallchirurgie<br />

sowie der HNO-Heilkunde.<br />

Der Bildatlas beinhaltet physikalische<br />

und technische Grundlagen sowie genaue<br />

Handlungsanweisungen zur<br />

Durchführung des Verfahrens in den jeweiligen<br />

Anwendungsgebieten. Darüberhinaus<br />

wird die digitale Volumentomografie<br />

als Grundlage virtueller Operationsplanung<br />

dargestellt. Aussagekräftiges<br />

Bildmaterial sowie zahlreiche<br />

Patientenbeispiele verdeutlichen die verschiedenen<br />

Untersuchungsmethoden.<br />

Der Inhalt des Buches steht ohne weitere<br />

Kosten digital in der Wissensplattform<br />

eRef zur Verfügung (Zugangscode<br />

<strong>im</strong> Buch). Mit der kostenlosen eRef App<br />

sind zahlreiche Inhalte auch offline jederzeit<br />

griffbereit.<br />

IZZ<br />

Max Heiland, Ralf Smeets,<br />

Dirk Schulze, Christian R.<br />

Habermann (Hrsg.)<br />

Atlas der digitalen<br />

Volumentomografie<br />

1. Auflage 2021<br />

Georg Thieme Verlag, Stuttgart<br />

ISBN 978-3-13-200751-2<br />

276 Seiten<br />

199,99 Euro<br />

ZBW-AUSGABE 11-12/2021, S. 53<br />

EHRUNGEN DR. EVA HEMBERGER,<br />

WINRICH KUHBERG BW VA<br />

Die <strong>im</strong> ZBW 11-12/2021 beschriebenen<br />

Ehrungen für Frau Dr. Hemberger<br />

und Herrn Kuhberg können wir<br />

absolut nicht nachvollziehen. In<br />

2021 haben sich bei „unserer“ BW VA<br />

massivste Probleme angehäuft, die<br />

alle Teilnehmer unnötigerweise sehr<br />

viel Geld gekostet haben und noch<br />

kosten werden.<br />

Die Geschäftsführung krankt; mittlerweile<br />

wurde in kurzer Zeit der dritte<br />

Geschäftsführer eingesetzt. Wegen<br />

schlechtem Betriebskl<strong>im</strong>a wurde ein<br />

Personalrat gegründet. Die VA versuchte<br />

dies mit teuren Anwälten vehement<br />

zu verhindern: erfolglos und<br />

teuer.<br />

Die Staatsanwaltschaft Tübingen ermittelt<br />

aktuell wegen unklarer Zahlungen<br />

<strong>im</strong> Führungsstab. Die Präsidentin<br />

vereinbart Aufwandsentschädigungen<br />

für ihr Ehrenamt, die sich<br />

bis zu einer Viertelmillion Euro jährlich<br />

summieren und sie versucht<br />

dies zu verhe<strong>im</strong>lichen. Dies alles vor<br />

dem Hintergrund, dass in den vergangenen<br />

10 Jahren (seither ist die<br />

Präsidentin auch <strong>im</strong> Amt) die<br />

Inflation um ca. 7 Prozent höher war<br />

als die VA Dynamisierung der Anwartschaften<br />

und Renten. Die Verwaltungskosten<br />

stiegen um fast 70<br />

Prozent.<br />

Wozu diese unsinnigen Ehrungen<br />

mit goldenen Ehrennadeln? Nicht<br />

nur die Tierärzte, auch die Mediziner<br />

und die <strong>Zahnmedizin</strong>er sollten doch<br />

endlich aufwachen: bei solch eklatanter<br />

hausgemachter Misswirtschaft<br />

werden unsere Anwartschaften/Ren-<br />

ZBW-AUSGABE 1/2022, S. 15<br />

VERTRETERVERSAMMLUNG<br />

DER LZK BW: SELTEN MEHR<br />

POLITISCHE ERFOLGE<br />

In der Januar-Ausgabe hat das Zahnärzteblatt<br />

unter anderem über die<br />

jüngste Sitzung der Vertreterversammlung<br />

der Landeszahnärztekammer<br />

berichtet. Nach den Tierärzten<br />

hat nunmehr auch auf Antrag der<br />

Vorsitzenden der vier Bezirkszahnärztekammern<br />

die Vertreterversammlung<br />

der Landeszahnärztekammer<br />

einst<strong>im</strong>mig klar und deutlich die öffentlich<br />

erhobenen Unterstellungen<br />

von vier Zahnärzten zurückgewiesen,<br />

dass Präsidentin und zuständige Gremien<br />

sowie führende Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der Versorgungsanstalt<br />

ihre Pflichten verletzt<br />

haben. Dass diese vier Kollegen wider<br />

besseres Wissen seit 2018 mit falschen<br />

Behauptungen und Halbwahrheiten<br />

eine Medienkampagne gegen<br />

die VA initiiert haben, halte ich für<br />

skandalös. Diese Hetzkampagne gefährdet<br />

mit ihren unwahren und<br />

haltlosen Unterstellungen das Ansehen<br />

der Versorgungsanstalt, ihrer


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

47_LESERFORUM<br />

Führungskräfte und der demokratisch<br />

gewählten Gremien. Sie verunsichert<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

der VA und bindet Kräfte und<br />

Finanzen, um ihr entgegenzusteuern.<br />

Ich halte die Kampagne auch für einen<br />

Angriff auf die Selbstverwaltungsstruktur<br />

der Versorgungswerke<br />

insgesamt.<br />

Die Kernforderung der Kampagnenführer:<br />

Die Versorgungsanstalt solle<br />

den Punktwert so weit erhöhen, dass<br />

die Inflationsrate ausgeglichen wird.<br />

Ganz offensichtlich geht es den vier<br />

Zahnärzten – selbst bereits <strong>im</strong> Rentenalter<br />

– darum, eine höhere Rente zu erhalten.<br />

Dies ist jedoch ausgeschlossen,<br />

da ein solches Vorgehen die Renten<br />

der nächsten Generationen gefährden<br />

würde. Sie wollen nicht verstehen,<br />

dass sie bei einem Rechnungszins<br />

von jetzt 3,69 Prozent ohnehin<br />

schon von einer sehr hohen Ausgangsverrentung<br />

profitieren.<br />

Erkennbar sind die Kampagnenführer<br />

sachlichen Argumenten jedoch<br />

nicht zugänglich – oder verstehen sie<br />

schlicht nicht. Erhellend ist da, dass<br />

sie selbst in ihrem offenen Brief<br />

schreiben „für uns meist unverständliche<br />

Berechnungen von Versicherungsmathematikern“.<br />

Genau diese<br />

Berechnungen sind jedoch die objektiv<br />

richtige Basis für das generationengerechte<br />

Handeln der VA.<br />

Sie behaupten, die VA generiere zu<br />

hohe Verwaltungskosten und greifen<br />

auf ehrenrührige Art die Gehälter<br />

führender Mitarbeiter und die Aufwandsentschädigung<br />

der Präsidentin<br />

an. Eine besonders absurde Behauptung<br />

in diesem Zusammenhang ist<br />

der Vorwurf der Intransparenz. In der<br />

Vertreterversammlung der VA werden<br />

alle einschlägigen Zahlen offengelegt.<br />

Und: Es sind die demokratisch<br />

gewählten Mitglieder der Vertreterversammlung,<br />

die den Haushalt beschließen.<br />

Ihre Erfolglosigkeit scheint die unbelehrbaren<br />

Kampagnenführer <strong>im</strong>mer<br />

noch weiter anzutreiben. Sie beharren<br />

auf ihren Forderungen, Unterstellungen<br />

und unwahren Behauptungen<br />

– ohne Erfolg. Es reicht jetzt.<br />

Statt eine substanzlose Skandalisierungskampagne<br />

weiter zu betreiben,<br />

könnten die Kampagnenführer einmal<br />

über eine konstruktive Mitarbeit<br />

nachdenken. Bisher hat auch nicht<br />

einer von ihnen nur versucht, sich für<br />

die Vertreterversammlung der VA zur<br />

Wahl zu stellen.<br />

Dr. Christian Scheytt, Ulm<br />

ZBW-AUSGABE 1/2022, S. 6 F.<br />

KINDERZAHNÄRZTIN EMPFÄNGT<br />

IHRE KLEINEN PATIENT*INNEN<br />

ALS EISKÖNIGIN<br />

Nach mehr als 40 Jahren Erfahrung<br />

<strong>im</strong> Berufsfeld Zahntechnik und<br />

<strong>Zahnmedizin</strong> bin ich mir der<br />

Schwierigkeit der Kinderbehandlung<br />

sehr bewusst. Wenn eine ernst<br />

gemeinte Perspektive eines medizinischen<br />

Berufes aber in die Richtung<br />

geht, dass man neben der Praxismanagerin<br />

auch noch einen<br />

Eventmanager einstellt und man als<br />

Arzt den Zampano in der Dinnershow<br />

gibt, braucht man sich nicht<br />

zu wundern, dass wir jede Form von<br />

seriöser Wahrnehmung unseres<br />

ärztlichen Berufes verlieren. Zeitgemäß<br />

müsste ich meinen Betrieb umfirmieren<br />

in „Dentalmanufaktur am<br />

Brauereiareal, Ihr Zahnschmerzwegerlebniscenter“,<br />

werde aber so lange<br />

ich Verantwortung trage, eine Zahnarztpraxis<br />

verbunden mit meinem<br />

Namen betreiben. Ab und zu ist Alter<br />

ein Vorteil und man darf entscheiden,<br />

ob man seriöser Mediziner<br />

oder Showveranstalter sein möchte.<br />

Mit freundlichen Grüßen eines völlig<br />

aus der Zeit geratenen Zahnarztes,<br />

der seinen Beruf <strong>im</strong>mer noch mit großer<br />

Freude ausübt.<br />

Michael Steffensmeier, Oberndorf<br />

LESERFORUM<br />

Schreiben Sie uns.<br />

Oder diskutieren Sie mit unter<br />

info@zahnaerzteblatt.de<br />

Bitte geben Sie Namen und<br />

Anschrift an.<br />

Sie wollen das Zahnärzteblatt<br />

Baden-Württemberg<br />

künftig lieber in der<br />

digitalen Version lesen?<br />

Ab sofort haben Sie die<br />

Möglichkeit, unser Blatt<br />

digital <strong>im</strong> praktischen<br />

ePaper-Format zu beziehen.<br />

Auf diese Weise kommen<br />

Sie über jedes Ihrer Endgeräte,<br />

zu jedem Zeitpunkt<br />

und überall zur Lektüre des<br />

ZBW.<br />

So einfach geht’s: Schreiben<br />

Sie uns eine E-Mail und bestellen<br />

Sie das ZBW online.<br />

info@zahnaerzteblatt.de<br />

Wollen Sie auf die<br />

gedruckte Version des ZBW<br />

verzichten, bestellen Sie die<br />

Printausgabe bitte bei Ihrer<br />

zuständigen Bezirkszahnärztekammer<br />

ab:<br />

BZK Freiburg,<br />

Tel. 0761 4506-343<br />

BZK Karlsruhe,<br />

Tel. 0621 38000-227<br />

BZK Stuttgart,<br />

Tel. 0711 7877-236<br />

BZK Tübingen,<br />

Tel. 07071 911-230


54_AMTLICHE MITTEILUNGEN<br />

ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

WAHL DER VERTRETERINNEN UND<br />

VERTRETER IN DIE BADEN-WÜRT-<br />

TEMBERGISCHE VERSORGUNGS-<br />

ANSTALT FÜR ÄRZTE, ZAHNÄRZTE<br />

UND TIERÄRZTE<br />

Die Delegierten der Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg<br />

wählten in ihrer Vertreterversammlung<br />

am 03.12.2021 die zahnärztlichen<br />

Mitglieder für die Vertreterversammlung<br />

der Baden-Württembergischen<br />

Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte<br />

und Tierärzte (VA) für die Zeit<br />

vom 01.05.2022 – 30.04.2026. Das<br />

Ministerium für Soziales, Gesundheit<br />

und Integration BW hat die Zahl der<br />

Vertreterinnen und Vertreter der Landeszahnärztekammer<br />

auf 23 Mitglieder<br />

festgesetzt. Den Delegierten lag eine<br />

nach Bezirkszahnärztekammern getrennte<br />

Wahlliste mit sämtlichen Wahlvorschlägen<br />

vor.<br />

Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />

Freiburg wurden als<br />

Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />

gewählt:<br />

1. Dr. Norbert Struß, Freiburg<br />

2. Dr. Peter Riedel, Waldkirch<br />

3. Dipl.-Stomat. Mandy Schramm,<br />

Denkingen<br />

4. Dr. Markus Ritschel, Freiburg<br />

5. Dr. Martin Nägele, Teningen<br />

Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />

Karlsruhe wurden als<br />

Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />

gewählt:<br />

1. Dr. Bert Bauder, Mannhe<strong>im</strong><br />

2. Dr. Eva Hemberger, Heidelberg<br />

3. Thorsten Albers, Heidelberg<br />

4. Dr. Christian Engel, Karlsruhe<br />

5. Dr. Manfred Lieken, Rastatt<br />

6. Dr. Patrick Hartenstein,<br />

Karlsruhe<br />

Ersatzperson:<br />

7. Dr. Karin Folttmann, Heidelberg<br />

Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />

Stuttgart wurden als<br />

Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />

gewählt:<br />

1. Dr. Torsten Tomppert, Esslingen<br />

2. Dr. Patrick Putze, Stuttgart<br />

3. Dr. Eberhard Montigel, Heilbronn<br />

4. Dr. Jutta Vischer, Gärtringen<br />

5. Dr. Florentine Carow-Lippenberger,<br />

Flein<br />

6. Dr. Sarah Bühler, Eislingen<br />

7. Dr. Thomas Pittermann, Göppingen<br />

8. Dr. Rainer-Udo Steck, Winnenden<br />

Ersatzpersonen:<br />

9. Dr. Joach<strong>im</strong> Härer, Steinenbronn<br />

10. Dr. Helmut Schönberg, Weinstadt<br />

Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />

Tübingen wurden als<br />

Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />

gewählt:<br />

1. Dr. Bernd Stoll, Albstadt<br />

2. Dr. Frauke Jooß, Ravensburg<br />

3. Dr. Volker Werner, Hechingen<br />

4. Dr. Christian Scheytt, Ulm<br />

Dr. Winfried Porsch<br />

Landeswahlleiter der<br />

Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg<br />

EINLADUNG ZUR<br />

VERTRETERVERSAMMLUNG<br />

Die Sitzung der Vertreterversammlung<br />

der BZK Tübingen findet am Samstag,<br />

09. April 2022, Beginn 10:00 Uhr,<br />

<strong>im</strong> Bildungsforum Kloster Untermarchtal,<br />

Margarita-Linder-Straße 8, 89617<br />

Untermarchtal statt.<br />

Die Sitzung ist für Kammermitglieder<br />

öffentlich.<br />

Bei einer Teilnahme bitten wir – aus<br />

organisatorischen Gründen – um Ihre<br />

schriftliche Anmeldung per Mail unter<br />

susanne.riedinger@bzk-tuebingen.de<br />

oder per Fax 07071 911-209.<br />

Dr. Wilfried Forschner<br />

Vorsitzender der BZK Tübingen


ZBW_2-3/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

55_ZU GUTER LETZT<br />

Karikatur: Harm Bengen<br />

IMPRESSUM<br />

IMPRESSUM<br />

_Herausgeber:<br />

Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />

Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg (LZK BW),<br />

Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart, und<br />

Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />

Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />

Vereinigung Baden-Württemberg (KZV<br />

BW), Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart,<br />

für das Informationszentrum<br />

Zahn- und Mundgesundheit Baden-<br />

Württemberg<br />

Eine Einrichtung der LZK BW und<br />

KZV BW<br />

_Redaktion:<br />

Cornelia Schwarz (Cos) (ChR, verantw.)<br />

E-Mail: cornelia.schwarz@izzbw.de<br />

Telefon: 0711/222 966-10<br />

Gabriele Billischek (Bi),<br />

E-Mail: gabriele.billischek@izzbw.de<br />

Telefon: 0711/222 966-14<br />

Andrea Mader (am),<br />

Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg<br />

Telefon: 0711/228 45-29<br />

E-Mail: mader@lzk-bw.de<br />

Dr. Holger S<strong>im</strong>on-Denoix (hsd),<br />

Kassenzahnärztliche Vereinigung<br />

Baden-Württemberg<br />

Telefon: 0711/78 77-229<br />

E-Mail: holger.s<strong>im</strong>on-denoix@kzvbw.de<br />

_Anschrift der Redaktion:<br />

Informationszentrum Zahn- und<br />

Mundgesundheit Baden-Württemberg<br />

Heßbrühlstr. 7, 70565 Stuttgart<br />

Telefon: 0711/222 966-14<br />

Telefax: 0711/222 966-21<br />

E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de<br />

_Redaktionsassistenz:<br />

Gabriele Billischek<br />

_Layout:<br />

Armin Fischer, Gabriele Billischek<br />

_Autoren dieser Ausgabe:<br />

Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann, Dr. Dr.<br />

Hans Ulrich Brauer, Prof. Dr. Elmar<br />

Hellwig, Dorothea Kallenberg, Dr.<br />

Matthis Krischel, Andrea Mader, Dr.<br />

Diether Reusch, Dr. Annemarie Markl,<br />

Dr. Karina Schick, Cornelia Schwarz, Dr.<br />

Holger S<strong>im</strong>on-Denoix, ZA Jan Strüder<br />

_Titelseite:<br />

Fotos: Foto: ZM Archiv; E.<br />

Schwarz; Privatbesitz/Reproduktion<br />

Gedenkstätte Deutscher Widerstand;<br />

Bundesarchiv, B 285 Bild-04413/<br />

Stanislaw Mucha/CC-BY-SA 3.0;<br />

Foto: Wik<strong>im</strong>edia Commons Kamahele;<br />

Stolperstein Initiative Bad Cannstatt;<br />

Der Führer 10. Juni 1936; Péchy<br />

László.<br />

Bearbeitung: Armin Fischer<br />

_Rubrik Titelthema:<br />

Abbildungen: Der Führer 10. Juni<br />

1936; Rote Kapelle, pixabay; Kai Loges<br />

und Andreas Langen<br />

_Verantwortlich für Amtliche<br />

Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen<br />

Vereinigung Baden-<br />

Württemberg (KZV BW):<br />

Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />

Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />

Vereinigung Baden-Württemberg (KZV<br />

BW), KdöR<br />

_Verantwortlich für Amtliche<br />

Mitteilungen der Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg<br />

(LZK BW):<br />

Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />

Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg (LZK BW), KdöR<br />

_Hinweise:<br />

Die Redaktion behält sich vor,<br />

Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen.<br />

Ein Anspruch auf Veröffentlichung<br />

besteht nicht. Bei Einsendungen an<br />

die Redaktion wird der vollen oder<br />

auszugsweisen Veröffentlichung<br />

zugest<strong>im</strong>mt.Unaufgefordert<br />

eingegangene Fortbildungsmanuskripte<br />

können nicht veröffentlicht<br />

werden, da die Redaktion nur mit<br />

wissenschaftlichen Autoren vereinbarte<br />

Fort bildungsbeiträge veröffentlicht.<br />

Alle Rechte an dem Druckerzeugnis,<br />

insbesondere Titel-, Namens- und<br />

Nutzungsrechte etc., stehen<br />

ausschließlich den Heraus gebern zu.<br />

Mit Annahme des Manuskripts zur<br />

Publikation erwerben die Herausgeber<br />

das aus schließliche Nutzungsrecht,<br />

das die Erstellung von Fort- und<br />

Sonderdrucken, auch für Auftraggeber<br />

aus der Industrie, das Einstellen des<br />

ZBW ins Internet, die Übersetzung in<br />

andere Sprachen, die Erteilung von<br />

Abdruckgenehmigungen für Teile,<br />

Abbildungen oder die gesamte Arbeit<br />

an andere Verlage sowie Nachdrucke<br />

in Medien der Herausgeber, die<br />

fotomechanische sowie elektronische<br />

Vervielfältigung und die Wiederverwendung<br />

von Abbildungen umfasst.<br />

Dabei ist die Quelle anzugeben.<br />

Änderungen und Hinzufügungen<br />

zu Originalpublikationen bedürfen<br />

der Zust<strong>im</strong>mung des Autors und der<br />

Herausgeber.<br />

Bei Änderungen der Lieferanschrift<br />

(Umzug, Privatadresse) wenden Sie sich<br />

bitte an die Mitgliederverwaltung Ihrer<br />

zuständigen Bezirkszahnärztekammer<br />

_Bezugspreis:<br />

Jahresabonnement inkl. MwSt. € 60,-<br />

Einzelverkaufspreis inkl. MwSt. € 7,50<br />

Bestellungen werden von der W.<br />

Kohlhammer Druckerei GmbH +<br />

Co. KG entgegengenommen. Die<br />

Kündigungsfrist für Abonnements<br />

beträgt 6 Wochen zum Ende des<br />

Bezugszeitraumes. Für die Mitglieder<br />

der Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg ist der Bezugspreis mit<br />

dem Mitgliedsbeitrag abgegolten.<br />

_Druck:<br />

W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG<br />

Augsburger Straße 722, 70329 Stuttgart<br />

Stefan Leicht, Tel. 0711 3272-232<br />

E-Mail: stefan.leicht@kohlhammerdruck.de<br />

www.kohlhammerdruck.de<br />

ISSN: 0340-3017


FONDATION BEYELER | 25 JAHRE<br />

23. 1. – 22. 5. 2022<br />

RIEHEN / BASEL<br />

J<strong>im</strong>son Weed / White Flower No. 1, 1932 (Detail), Öl auf Leinwand, 121,9 × 101,6 cm, Crystal Bridges Museum of American Art,<br />

Bentonville, Arkansas, 2014.35., © Georgia O’Keeffe Museum / 2022, Pro Litteris, Zürich, Foto: Edward C. Robison III.

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