Zahnmedizin im Nationalsozialismus
Ausgabe 2-3/2022
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ZBW<br />
ZAHNÄRZTEBLATT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
2-3/2022<br />
Titelthema<br />
Aus der Geschichte<br />
lernen<br />
Fortbildung<br />
Ergonomie in der<br />
Zahnarztpraxis<br />
ZAHNMEDIZIN IM<br />
NATIONALSOZIALISMUS
29. JANUAR – 26. JUNI 2022<br />
WERT UND WANDEL DER KORALLEN<br />
Margaret und Christine Werthe<strong>im</strong><br />
Detail of Baden-Baden Satellite Reef, part of the worldwide Crochet Coral Reef<br />
project by Christine and Margaret Werthe<strong>im</strong> and the Institute For Figuring
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
3_EDITORIAL<br />
Foto: C. Schwarz<br />
Foto: FFZ<br />
TITELTHEMA<br />
Schon vor einem Jahr trat Dr. Hans Hugo Wilms, Vorstandsreferent<br />
der KZV BW für Öffentlichkeitsarbeit, an die ZBW-<br />
Chefredaktion heran und bat um Aufarbeitung der nationsozialistischen<br />
Vergangenheit der Zahnärzteschaft in Baden-<br />
Württemberg. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema<br />
war eine Herausforderung. Und dies nicht etwa, weil die Archive<br />
aufgrund der Pandemie nicht zugängig und Reisen erschwert<br />
waren. Es macht etwas mit einem, wenn man sich wochen-<br />
ja mitunter monatelang mit fremden Biografien auseinandersetzt,<br />
nach Bestätigungen und Quellen sucht, Belege recherchiert<br />
und dann aus Yad Vashem, der internationalen Holocaust<br />
Gedenkstätte in Jerusalem, die Bestätigung erhält,<br />
dass der Name, den man angefragt hat, tatsächlich auf einer<br />
Liste steht – einer Liste der Täter.<br />
Mehr als jede*r zehnte Zahnarzt*ärztin war ab 1933 aus rassistischen<br />
Gründen verfolgt und aus dem Beruf gedrängt worden.<br />
Gleichzeitig war ein hoher Prozentsatz der Zahnärzteschaft<br />
Mitglied der NSDAP geworden, unter den Hochschullehrern<br />
etwa 60 Prozent. Viele waren sogar der SS beigetreten.<br />
In der jüngsten Vergangenheit wurden <strong>im</strong>mer häufiger Vergleiche<br />
zwischen den nationalsozialistischen Gräueltaten und<br />
den aktuellen Coronamaßnahmen laut. Die Gleichsetzung<br />
von Coronamaßnahmen mit dem <strong>Nationalsozialismus</strong> und<br />
dem Holocaust verharmlosen diese Taten jedoch nicht nur,<br />
sondern sie verhöhnen zudem dessen Opfer.<br />
Die einen vergleichen den Davidstern mit dem Tragen eines<br />
Mund-Nasen-Schutzes. Andere stellen durch den Ausspruch<br />
„Impfen macht frei“ eine Analogie zur Nazi-Parole „Arbeit<br />
macht frei“ her. Diese Form der Relativierung und Provokation<br />
ist nicht nur absolut inakzeptabel, sondern fordert auch<br />
eine Entgegnung. Eine solche formulierten erst kürzlich Hochschulen,<br />
Forschungs- und Kultureinrichtungen um die Stadt<br />
We<strong>im</strong>ar (siehe auch www.we<strong>im</strong>arer-erklaerung.de), nachdem<br />
es zu einem Shitstorm gegenüber der KZ-Gedenkstätte Buchenwald<br />
gekommen war, weil dort die 2G-Regelung zum Zutritt<br />
eingeführt worden war.<br />
SOZIALES ENGAGEMENT<br />
Am 14. und 15. Juli 2021 wurden mehrere Regionen in Rheinland-Pfalz<br />
und Nordrhein-Westfalen von einer verheerenden<br />
Flutkatastrophe betroffen. Im Ahr- und Erfttal wurden dabei<br />
450 Gebäude mitgerissen, mehr als 3.700 Häuser wurden<br />
mehr oder weniger stark beschädigt. 134 Menschen starben,<br />
mindestens 17.000 verloren ihr Hab und Gut oder erlitten erhebliche<br />
Schäden. Zahnärztin Heike Schneider und Zahnarzt<br />
Dr. Michael Schuhbeck aus Göppingen waren seitdem mehrfach<br />
zu Hilfseinsätzen <strong>im</strong> Katastrophengebiet. Im ZBW-Interview<br />
auf S. 38 f. berichten sie von ihren Erfahrungen.<br />
EHRENTITEL VERLIEHEN<br />
Mitte Dezember 2021 wurde PD Dr. Michael Korsch, langjähriger<br />
Mitarbeiter und Leiter der Oralchirurgie der Akademie für<br />
Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, eine Einrichtung der<br />
Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, seine Ernennungsurkunde<br />
zum außerplanmäßigen Professor vom Dekan<br />
der Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Michael Menger überreicht.<br />
Dr. Korsch tritt damit in die Fußstapfen der beiden ehemaligen<br />
Direktoren der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung<br />
Karlsruhe, Prof. Dr. Michael Heners und Prof. Dr. Winfried<br />
Walther, die ebenfalls als Professoren für Homburg tätig waren.<br />
FORTBILDUNG<br />
Zeit- und Behandlungsmanagement sind wichtige Faktoren<br />
in der zahnärztlichen Praxis. Sie dienen der Qualitätssicherung<br />
und helfen, das wirtschaftliche Ergebnis zu verbessern.<br />
Die Qualität der Behandlungsmaßnahmen ist für Patient*innen<br />
wichtig, aber oft erst nach Jahren zu beurteilen.<br />
Das Team ZA Jan Strüder, Dr. Karina Schick, Dr. Annemarie<br />
Markl und Dr. Diether Reusch haben wesentliche Themenaspekte<br />
auf den Seiten 27 ff. für Sie zusammengefasst.<br />
<br />
Cornelia Schwarz<br />
» Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und<br />
sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen<br />
Menschen. Sie ist <strong>im</strong>mer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen und<br />
Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist<br />
nicht per Beschluß für bearbeitet oder für beendet zu erklären.««<br />
Noach Flug, 1925-2011, Auschwitz-Überlebender
4_INHALT<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
INHALT<br />
18_Vergessen, verschwiegen, verdrängt<br />
NS-Täter unter der Zahnärzteschaft<br />
LEITARTIKEL<br />
09_Aus der Geschichte lernen<br />
Dr. Matthis Krischel<br />
TITELTHEMA<br />
21_Die lange Unfähigkeit zu trauern<br />
Aufarbeitung der NS-Zeit <strong>im</strong> deutschen Südwesten<br />
10_„Wie wurden sie zu Täter*innen?<br />
Von der We<strong>im</strong>arer Republik zum <strong>Nationalsozialismus</strong><br />
23_Das Gedenken als<br />
Herausforderung<br />
Die Erinnerung an den<br />
Holocaust <strong>im</strong> Spiegel<br />
der Generationen<br />
13_Überlebt, emigriert, ermordet<br />
Verfolgte Zahnärzte*innen <strong>im</strong> „Dritten Reich“<br />
24_Hass bringt nichts<br />
Das ZBW-Gespräch mit Rachel Dror<br />
16_„Ein freundlicher Schein auf den Tag“<br />
Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel <strong>im</strong> Widerstand der<br />
Roten Kapelle aktiv<br />
BERUFSPOLITIK<br />
26_Der Fortbildungsausschuss<br />
Kammer INTERN
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
5_INHALT<br />
FORTBILDUNG<br />
SOZIALES ENGAGEMENT<br />
38_Göppinger Zahnärzte helfen <strong>im</strong><br />
Katastrophengebiet<br />
Interview zur Flutkatastrophe <strong>im</strong> Ahrtal<br />
27_Ergonomie und Ökonomie<br />
Darauf kommt es in der Zahnarztpraxis an<br />
KOMMUNIKATION<br />
41_„BEMA mit Biss“ geht in die nächste Runde<br />
Abrechnungspodcast der KZV BW widmet<br />
sich nun dem Thema Endo<br />
KULTUR<br />
30_Zukunftsthemen für die Zahnärzteschaft<br />
FFZ: Herbst-Meeting als Hybrid-Veranstaltung<br />
45_Gego.<br />
Die Architektur<br />
einer Künstlerin<br />
Kunstmuseum<br />
Stuttgart<br />
INFORMATION UND SERVICES<br />
32_Dr. Michael Korsch, M.A.<br />
wird außerplanmäßiger Professor<br />
Ehrentitel verliehen<br />
IM BLICK<br />
03_Editorial<br />
33_Namen und Nachrichten<br />
42_Praxis<br />
46_Buchtipp/Leserforum<br />
48_Personalia<br />
54_Amtliche Mitteilungen<br />
55_Zu guter Letzt/<br />
Impressum<br />
Besuchen Sie auch die ZBW-Website. Neben der<br />
Online-Ausgabe des ZBW gibt es zusätzliche Informationen<br />
sowie ein ZBW-Archiv.<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
34_Nachhaltige <strong>Zahnmedizin</strong> –<br />
von Prävention bis Kl<strong>im</strong>aschutz<br />
Im Gespräch mit dem Beauftragten<br />
für Nachhaltigkeit der LZK<br />
InformationszentrumZahnundMundgesundheit<br />
izz_bw<br />
izzbadenwuerttemberg
6 _PERSPEKTIVEN<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
DIE HALLE DER NAMEN IN DER GEDENKSTÄTTE YAD VASHEM<br />
IN JERUSALEM<br />
Die Halle der Namen ist die Gedenkstätte des jüdischen Volkes für jeden Juden, der <strong>im</strong> Holocaust ermordet wurde –<br />
ein Ort des Gedenkens auf Generationen hin.
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
PERSPEKTIVEN_7<br />
Foto: Ilya Varlamov
Landeszahnärztekammer BaWü Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />
Akademie<br />
Fortbildungsangebot<br />
Februar 2022 | März 2022 | April 2022 | Mai 2022 | Juni 2022<br />
Team und ZFA<br />
Kurs Nr. 9313 | 9 Punkte<br />
Hybrid | Modul H3 „Aufbereitung von semi-/kritischen<br />
Medizinprodukten“<br />
Referent: Dr. Carsten Ullrich, Mannhe<strong>im</strong><br />
Datum: 12.03.2022<br />
Kursgebühr: 180 € nur noch online buchbar<br />
Kurs Nr. 9257 | 8 Punkte<br />
Einzelkurs | Alte Menschen gut versorgen – Das Wichtigste in<br />
Kürze<br />
Referent: Dr. Elmar Ludwig, Ulm<br />
Datum: 06.05.2022<br />
Kursgebühr: ZÄ/ZA 450 € | ZFA 300 €<br />
Kurs Nr. 9343<br />
Einzelkurs | Die Rezeption – das Herz der Praxis<br />
Referentin: Brigitte Kühn, ZMV, Tutzing<br />
Datum: 01.04.2022<br />
Kursgebühr: 180 €<br />
Kurs Nr. 9344<br />
Einzelkurs | Willkommen am Telefon – der erste Eindruck zählt<br />
Referentin: Brigitte Kühn, ZMV, Tutzing<br />
Datum: 02.04.2022<br />
Kursgebühr: 180 €<br />
Starttermine Curricula<br />
Kurs Nr. 9275 | 13 Punkte<br />
Hybrid | Curriculum | Einzelkurs | Die Biologie der Pulpa und<br />
die Behandlungsprinzipien der Endodontie<br />
Referent: Prof. Dr. Edgar Schäfer, Münster<br />
Datum: 18.-19.02.2022<br />
Kursgebühr: 650 €<br />
Start des Curriculums Endodontie<br />
Kurs Nr. 7145 | 16 Punkte<br />
Hybrid | Curriculum | Einzelkurs | Der sachgerechte Aufbau<br />
des Gutachtens und die Systematik der Evaluation<br />
Referenten: Prof. Dr. Winfried Walther, Waibstadt<br />
PD Dr. Martin Groten, Reutlingen, Dr. Bert Bauder, Mannhe<strong>im</strong><br />
Datum: 08-09.04.2022<br />
Kursgebühr: 750 €<br />
Start des Curriculums Gutachtertraining<br />
Kurs Nr. 9300 | 13 Punkte<br />
Curriculum | Einzelkurs | Craniomandibuläre Dysfunktion<br />
(CMD): pathophysiologische Grundlagen, Diagnostik, Therapie<br />
Referenten: Prof. Dr. Alfons Hugger, Düsseldorf<br />
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schindler, Karlsruhe<br />
Datum: 24.-25.06.2022<br />
Kursgebühr: 650 €<br />
Start des Curriculums Funktion und Schmerz<br />
Einzelkurse<br />
Kurs 9262 | 16 Punkte<br />
Einzelkurs | Min<strong>im</strong>al-invasive Frontzahnästhetik mit Veneers &<br />
Co. – ein Arbeitskonzept für Zahnarzt und Zahntechniker<br />
Referent: PD Dr. Sven Rinke, M.Sc., M.Sc., Hanau<br />
Datum: 01.-02.04.2022<br />
Kursgebühr: ZA 750 € | ZT 500 € (nur am 1. Seminartag)<br />
Kurs Nr. 9265 | 8 Punkte<br />
Curriculum | Einzelkurs | Traumatologie der bleibenden<br />
Dentition bei Kindern und Jugendlichen: Therapie in der Praxis<br />
Referent: Prof. Dr. Gabriel Krastl, Würzburg<br />
Datum: 06.05.2022<br />
Kursgebühr: 550 €<br />
Abend-Online-Seminare<br />
Kurs Nr. 9287 | 2 Punkte<br />
Einzelkurs online | „Digitalisierung in aller Munde“ –<br />
Status quo Intraoralscan<br />
Referent: Prof. Dr. Jan-Frederik Güth, Frankfurt<br />
Daten: 15.03.2022 | 19.00 – 21.00 Uhr<br />
Kursgebühr: 90 €<br />
Kurs Nr. 9322 | 2 Punkte<br />
Einzelkurs online | Halitosis: Wie wir Mundgeruch erfolgreich<br />
behandeln können<br />
Referent: Prof. Dr. Andreas Filippi, Basel<br />
Datum: 05.04.2022 | 19.00 – 20.30 Uhr<br />
Kursgebühr: 90 €<br />
Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe | Lorenzstraße 7 | 76135 Karlsruhe | Fon +49 721 9181-200 | Fax + 49 721 9181-222 | fortbildung@za-karlsruhe.de
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
9_LEITARTIKEL<br />
AUS DER GESCHICHTE LERNEN<br />
Die Rollen von Verfolgten und Tätern unter den Zahnärzten*innen<br />
<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong> wurden später als in einigen anderen Teilen der<br />
deutschen Gesellschaft erforscht. Im November 2019 wurden Ergebnisse<br />
eines gemeinsam von der Bundeszahnärztekammer, der Kassenzahnärztlichen<br />
Bundesvereinigung und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-,<br />
Mund- und Kieferheilkunde geförderten Forschungsprojekts präsentiert.<br />
Nun liegen auch für Baden-Württemberg neue Erkenntnisse vor.<br />
Dr. Matthis Krischel<br />
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin,<br />
Centre for Health and Society, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf<br />
Einige Vorreiter hatte es seit den 1980er<br />
Jahren gegeben, einer breiten Öffentlichkeit<br />
wurden die Fakten zur <strong>Zahnmedizin</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong> aber erst vor wenigen<br />
Jahren bekannt. Die Ergebnisse schockierten<br />
selbst die Repräsentanten der beauftragenden<br />
Organisationen: Mehr als<br />
jede*r zehnte Zahnarzt*ärztin war ab<br />
1933 aus rassistischen Gründen verfolgt<br />
und aus dem Beruf gedrängt worden.<br />
Gleichzeitig war ein hoher Prozentsatz der<br />
Zahnärzteschaft Mitglied der NSDAP geworden,<br />
unter den Hochschullehrern etwa<br />
60 Prozent. Viele waren sogar der SS beigetreten.<br />
An der Meldung zur Zwangssterilisation<br />
von Patienten*innen mit Lippen-,<br />
Kiefer- oder Gaumenspalten waren auch<br />
Zahnärzt*innen beteiligt. Durch ihre Mitarbeit<br />
hielten sie das System der Konzentrationslager<br />
aufrecht und überwachten<br />
dort den Raub des Zahngoldes ermordeter<br />
Häftlinge. Als Reaktion forderte der Präsident<br />
der BZÄK Dr. Peter Engel eine „Kultur<br />
der Erinnerung“.<br />
ERINNERN FUNKTIONIERT<br />
Erinnern funktioniert dort, wo Menschen<br />
sich mit Geschichte identifizieren können,<br />
wo sie sich von ihr abgrenzen wollen.<br />
Das Erinnern an die Zeit des <strong>Nationalsozialismus</strong><br />
und seine Verbrechen, aber<br />
auch die Sensibilisierung für Mechanismen<br />
gesellschaftlicher Radikalisierung,<br />
welche erst Ermöglichungsräume für diese<br />
Verbrechen schufen, bleiben wichtig. Es<br />
gelingt dann, wenn Menschen sich mit<br />
der Geschichte identifizieren können,<br />
wenn sie Gemeinsamkeiten mit verfolgten<br />
Personen entdecken (gleicher Wohnort,<br />
gleicher Beruf) oder wenn sie sich von<br />
Täter*innen und Mitläufer*innen abgrenzen,<br />
zu denen sie einen geographischen<br />
oder professionellen Bezug haben.<br />
In diesem Heft wird an Zahnärzt*innen<br />
aus Südwestdeutschland erinnert, die ab<br />
1933 auf Grund ihrer jüdischen Religion<br />
oder Herkunft verfolgt, aus dem Beruf gedrängt,<br />
verhaftet und – wenn sie nicht aus<br />
Deutschland fliehen konnten oder wollten<br />
– ermordet wurden.<br />
Helmut H<strong>im</strong>pel bleibt als Widerstandskämpfer<br />
<strong>im</strong> Gedächtnis. Er wurde <strong>im</strong><br />
Schwarzwald geboren und studierte in<br />
Freiburg <strong>Zahnmedizin</strong>. Ursprünglich<br />
nicht selbst zu den Verfolgten zählend,<br />
sollte er nach Beginn des Zweiten Weltkriegs<br />
gegen das NS-Reg<strong>im</strong>e in Opposition<br />
treten, seine jüdischen Mitbürger*innen<br />
durch Zahnbehandlung und das Beschaffen<br />
von Lebensmittelkarten unterstützen<br />
und als Mitglied der „Roten Kapelle“<br />
Flugblätter und Klebezettel verteilen,<br />
in denen die Verbrechen der<br />
Nationalsozialisten benannt und kritisiert<br />
wurden. Nach der Zerschlagung der<br />
Widerstandsgruppe wurde H<strong>im</strong>pel verhaftet<br />
und 1943 hingerichtet.<br />
Nicht nur <strong>im</strong> 1952 entstandenen Land<br />
Baden-Württemberg war die Nachkriegszeit<br />
durch zahlreiche Kontinuitäten gekennzeichnet.<br />
Ehemalige Mitglieder der<br />
NSDAP konnten, wenn sie nicht nachweislich<br />
persönlich in schwerste Verbrechen<br />
verstrickt waren, nach kurzen Unterbrechungen<br />
ihre Karrieren fortsetzen.<br />
Dies galt nicht nur für niedergelassene<br />
Zahnärzte, sondern in vielen Fällen auch<br />
für Professoren an den Universitäten.<br />
Hans Filbinger, Ministerpräsident in<br />
Stuttgart von 1966 bis 1978, trat von seinem<br />
Amt erst zurück, nachdem der Dramatiker<br />
Rolf Hochhuth ihn öffentlich für<br />
seine Rolle als „Hitlers Marinerichter“ kritisiert<br />
hatte, der noch zu Kriegsende Todesurteile<br />
gegen Matrosen und Deserteure<br />
durchgesetzt hatte.<br />
TEIL DER AUS- UND WEITERBILDUNG<br />
Die ersten Studierenden der <strong>Zahnmedizin</strong><br />
beginnen gerade ihre Ausbildung<br />
nach der neuen, 2019 veröffentlichten<br />
Approbationsordnung. Danach ist ein<br />
Kurs in Ethik und Geschichte der Medizin<br />
und <strong>Zahnmedizin</strong> obligat. In diesem<br />
Rahmen wird zweifellos auch die<br />
Geschichte des Faches <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong><br />
zu thematisieren sein. An<br />
den einzelnen universitären Standorten<br />
werden Geschichten der Verfolgung<br />
und Ausgrenzung von Kollegen*innen,<br />
der oftmals freiwilligen Selbstgleichschaltung,<br />
der Kollaboration mit der<br />
Gesundheitspolitik des <strong>Nationalsozialismus</strong><br />
und der Kontinuitäten über die<br />
Zäsur 1945 hinaus in lokalen Kontexten,<br />
mit regionalen Beispielen zu illustrieren<br />
sein. Aber auch in der Weiterbildung<br />
und den Aktivitäten der Zahnärztekammern<br />
sollten die (Zahn-)Medizin<br />
<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong> und ihre<br />
bioethischen Implikationen bis heute<br />
eine Rolle spielen.<br />
Das vorliegende Themenheft des<br />
Zahnärzteblatts Baden-Württemberg<br />
zeigt, dass dieser Impuls <strong>im</strong> Südwesten<br />
angekommen ist. Nun ist es an<br />
den Mitgliedern der Profession, ihn<br />
aufzunehmen: Übernehmen Sie die<br />
Patenschaft für einen Stolperstein,<br />
der an vertriebene Kollegen erinnert,<br />
hinterfragen Sie die Karrieren von<br />
Fachvertretern aus der Nachkriegszeit,<br />
nach denen vielleicht bis heute<br />
ein Preis oder eine Institution benannt<br />
ist. Aber vor allem: Setzen Sie<br />
sich auch heute für eine offene Gesellschaft<br />
ein und für ein Gesundheitssystem,<br />
in dem alle Menschen mit Respekt<br />
behandelt werden – nicht nur<br />
zahnmedizinisch.
10_TITELTHEMA<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Von der We<strong>im</strong>arer Republik zum <strong>Nationalsozialismus</strong><br />
WIE WURDEN SIE ZU<br />
TÄTER*INNEN?<br />
Kundgebung. Tagung der DGZMK <strong>im</strong> Preußischen Herrenhaus; Berlin am 15. Oktober 1934.<br />
Foto: ZM Archiv<br />
Laut der Studien von Prof. Dr. Dominik Groß, Direktor des Instituts für Geschichte,<br />
Theorie und Ethik der Medizin an der RWTH Aachen, lassen sich die Verstrickungen<br />
der deutschen <strong>Zahnmedizin</strong> zwischen 1933 und 1945 in Zahlen<br />
fassen: 1938 waren rund neun Prozent aller Zahnärzte in der „Allgemeinen SS“,<br />
etwa 300 in der „Waffen-SS“ und rund 100 in den verschiedenen Konzentrationslagern<br />
tätig. 1.300 Zahnärzte waren bereits vor 1933 Mitglieder der NSDAP,<br />
mindestens 74 von ihnen erhielten in der Folge das Goldene Parteiabzeichen<br />
und mindestens sechs waren Blutordensträger. Auch an den Hochschulen<br />
hatte sich das nationalsozialistische Gedankengut ausgebreitet:<br />
Bis 1945 zählten 60 Prozent der zahnärztlichen Hochschullehrer zu den<br />
Mitgliedern der NSDAP. Während sich der Anteil der NSDAP-Mitglieder<br />
in der gesamten Ärzteschaft vor 1933 um die 7 Prozent bewegte, lag er<br />
bei der Zahnärzteschaft bei 12 Prozent. 1<br />
Prof. Dr. Paul Julian Weindling, Forschender<br />
zur Wissenschafts- und Medizingeschichte<br />
<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>,<br />
schätzt allein die Opfer der deutschen<br />
Medizin auf eine halbe Million. Daran<br />
beteiligt waren auch <strong>Zahnmedizin</strong>er*innen.<br />
Demzufolge muss man sich der<br />
Frage nähern, wie es möglich war, unter<br />
dem Deckmantel der wissenschaftlichen<br />
Arbeit und <strong>im</strong> Angesicht der eigenen<br />
Selbstachtung als Mediziner*in <strong>im</strong><br />
nationalsozialistischen Gefüge mitzumischen.<br />
Genügt es, sich auf den Glauben<br />
an einen Führer zu berufen und auf<br />
die Befehlsgewalt einer Regierung? Ist es<br />
korrekt an die gängigen Floskeln zu<br />
glauben, das deutsche Volk sei es gewohnt<br />
gewesen, kritiklos Weisungen<br />
auszuführen, die von oben kamen? Wird<br />
man damit der Geschichte und vor allem<br />
einem ganzen Volk gerecht? Einerseits<br />
will man zum Mahner werden, weil<br />
man nicht weiß, wie erpressbar man<br />
selbst gewesen wäre, in dieser Zeit. Andererseits<br />
bleibt die Frage offen, ob es<br />
das eigene Gewissen, der Verstand und<br />
die Seele zugelassen hätten, mit dieser<br />
Bürde und Schuld weiterzuleben.<br />
HISTORISCH<br />
Die Niederlage Deutschlands <strong>im</strong> Ersten<br />
Weltkrieg war zugleich das Ende des<br />
Kaiserreichs. Zwischen Revolution, dem<br />
Wunsch nach parlamentarischer De-<br />
1 Enno Schwanke, Zahnärzte und Dentisten vor, während und nach der Zeit des <strong>Nationalsozialismus</strong>, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin,<br />
Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, 2015.
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
11_TITELTHEMA<br />
Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 8/ZE14 „Der Führer“, 10. Juni 1936<br />
mokratie und der bitteren Enttäuschung<br />
über den verlorenen Krieg hatte<br />
es die Republik schwer. Massenarbeitslosigkeit,<br />
Kriegsschäden und Reparationsforderungen<br />
demoralisierten die Bevölkerung<br />
zusätzlich. Europaweit fielen<br />
antidemokratische Bewegungen daher<br />
auf fruchtbare Böden. Besonders hier<br />
<strong>im</strong> Land, wo die Agitation gegen den<br />
„Schandfrieden von Versailles“, in dem<br />
Deutschland die alleinige Kriegsschuld<br />
auf sich nehmen musste, erhielten die<br />
Nationalsozialisten enormen Zulauf.<br />
Als Deutschland 1930 aufgrund der<br />
weltweiten Wirtschaftskrise nicht in der<br />
Lage war, die Kriegsschulden zu bezahlen,<br />
spitzte sich die Krise zu: Kabinette<br />
stürzten, es gab regelmäßig Neuwahlen,<br />
Chaos herrschte und es schien unmöglich,<br />
eine dauerhafte Mehrheitsregierung<br />
zu bilden.<br />
UNIVERSITÄR<br />
Mit der Öffnung der deutschen Universitäten<br />
für jüdische Student*innen <strong>im</strong><br />
18. Jahrhundert nahm die Anzahl jüdischer<br />
Ärzte*innen in Deutschland stetig<br />
zu. In Preußen waren es Ende der 1880er<br />
Jahre 59 Prozent. 2 „Weltliche Bildung <strong>im</strong><br />
Allgemeinen und ein Medizinstudium<br />
<strong>im</strong> Besonderen galten für Juden <strong>im</strong> Zeitalter<br />
der Emanzipation als Eintrittskarte<br />
in die bürgerliche Gesellschaft und boten<br />
somit die Möglichkeit gesellschaftlicher<br />
Anerkennung und gesellschaftlichen<br />
Aufstiegs. Jüdische Mediziner wurden<br />
<strong>im</strong> ausgehenden 19. Jahrhundert zu<br />
Pionieren auf zahlreichen Gebieten, denen<br />
bahnbrechende wissenschaftliche<br />
Entdeckungen und Behandlungserfolge<br />
zu verdanken sind“. 3 Dennoch oder gerade<br />
deswegen blieb eine gewisse Judenfeindlichkeit<br />
in Deutschland bestehen.<br />
GESELLSCHAFTLICH<br />
Vor dem Hintergrund der „Überfüllungskrise“<br />
an den Hochschulen richtete<br />
sich der Unmut bereits während der<br />
We<strong>im</strong>arer Republik gegen den überproportionalen<br />
Anteil jüdischer Student*innen<br />
<strong>im</strong> Fach Medizin. Dies belegen<br />
auch die Ergebnisse der Wahlen<br />
zu den Studentenausschüssen <strong>im</strong> Wintersemester<br />
1929/30: an manchen<br />
Hochschulen kam der Nationalsozialistische<br />
Deutsche Studentenbund auf<br />
mehr als 30 Prozent der St<strong>im</strong>men. 4 Vor<br />
allem jüngere Ärzte*innen, die aufgrund<br />
der restriktiven Zulassungspolitik<br />
mit keiner Kassenzulassung rechnen<br />
konnten, unterstützen die antisemitische<br />
Propaganda des Nationalsozialistischen<br />
Deutschen Ärztebunds. 5<br />
POLITISCH<br />
1933 ging es schließlich Schlag auf<br />
Schlag. Unmittelbar nach der Machtübernahme<br />
der Nationalsozialisten am<br />
30. Januar sahen sich jüdische Ärzte*innen<br />
massiven Einschüchterungs- und<br />
Verfolgungsmaßnahmen seitens lokaler<br />
Parteistellen und SA-Gruppen ausgesetzt.<br />
Bereits <strong>im</strong> Februar 1933 kam<br />
es, gänzlich ohne gesetzliche<br />
Grundlage, in einzelnen<br />
Städten zu Entlassungen<br />
und Beurlaubungen jüdischer<br />
Ärzte*innen 6 . Nach<br />
den Reichstagswahlen vom<br />
5. März wurden jüdische<br />
Ärzte*innen, die sich in der<br />
We<strong>im</strong>arer Republik <strong>im</strong> Verband<br />
sozialistischer Ärzte<br />
engagiert hatten, verhaftet<br />
und in SA-Gefängnisse<br />
eingeliefert, wo sie zum<br />
Teil schweren körperlichen<br />
Misshandlungen<br />
ausgesetzt waren, in einigen<br />
Fällen mit Todesfolge.<br />
6<br />
In rascher Abfolge vollzog<br />
sich in der Medizin die<br />
komplette und radikale<br />
Ausschaltung „nichtarischer“<br />
Kollegen*innen.<br />
Entlassungen, Entzug<br />
der Kassenzulassungen<br />
und schließlich das totale<br />
Berufsverbot nahmen<br />
jüdischen Ärzte*innen<br />
schrittweise<br />
die Existenzgrundlage.<br />
Von den 1938 noch<br />
praktizierenden mehr<br />
als 3.000 jüdischen<br />
Ärzten*innen in<br />
Deutschland durften<br />
fortan nur noch 709 mit widerruflicher<br />
Genehmigung als „Krankenbehandler“<br />
weiterarbeiten. Damit waren innerhalb<br />
von fünf Jahren mehr als 90 Prozent der<br />
jüdischen Ärzte*innen in Deutschland<br />
von den Nationalsozialisten aus dem<br />
Berufsleben hinausgedrängt worden. 3<br />
In den Folgejahren gab es weitere Maßnahmen<br />
zur schrittweisen und systematischen<br />
Enteignung der Mediziner*innen,<br />
die nicht vom Staat erwünscht<br />
waren. Hierzu gehörten höhere<br />
steuerliche Abzüge, die Sperrung<br />
und Beschlagnahmung von Auswanderergut<br />
und -vermögen, Sonderabgaben<br />
wie die Judenvermögensabgabe<br />
und schließlich die Beschlagnahmung<br />
und Verwertung des Eigentums der<br />
Deportationsopfer.<br />
Aufruf. Mit diesem Flugblatt wurde die Karlsruher<br />
Bevölkerung zum Boykott von jüdischen Geschäften,<br />
Ärzte*innen und Rechtsanwälte*innen<br />
und zur Teilnahme an einer „Riesen-Kundgebung“<br />
am „Boykott-Tag“des 1. April 1933 aufgefordert.<br />
Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 5/23<br />
2 Jüdische Ärztinnen und Ärzte <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>: Ausgrenzung, Entrechtung, Verfolgung Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, 2018<br />
3 Robert Jütte: Medizin und Judentum. Historische Grundzüge, in: Jüdische Ärztinnen und Ärzte <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>. Entrechtung, Vertreibung, Ermordung, 2014.<br />
4 Jüdische Ärztinnen und Ärzte <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>. Entrechtung, Vertreibung, Ermordung, hrsg. von Thomas Beddies, Susanne Doetz und Christoph Kopke, 2017.<br />
5 Judith Hahn und Rebecca Schwoch: Anpassung und Ausschaltung. Die Berliner Kassenärztliche Vereinigung <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>, 2009.<br />
6 Robert Jütte (Hrsg.): Geschichte der deutschen Ärzteschaft. Organisierte Berufs-und Gesundheitspolitik <strong>im</strong> 19. und 20. Jahrhundert, 1997.
12_TITELTHEMA<br />
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AUFSTIEG<br />
Zahlreiche Mediziner*innen versprachen<br />
sich von Hitlers „Machtergreifung“<br />
eine prominente Rolle bei der „Gesundheitserziehung“<br />
und natürlich auch<br />
neue Karrierechancen, wenn man sich<br />
das Parteiabzeichen ans Revers heftete.<br />
„Wer Professor <strong>im</strong> Dritten Reich war,<br />
der konnte nicht schuldlos bleiben,<br />
auch der beste nicht, auch diejenigen<br />
nicht, die <strong>im</strong> Kampfe gegen das Reg<strong>im</strong>e<br />
ihr Leben bewusst einsetzten und verloren<br />
[...]. Wer das Dritte Reich als beamteter<br />
Professor überlebt hat, der hat vieles<br />
geschluckt, was einst als unerträglich<br />
galt und dabei geheuchelt.“ 7<br />
Auch die sogenannten „Judenauktionen“,<br />
die hauptsächlich mit Beginn des<br />
Kriegs und den Massendeportationen<br />
ab 1941 stattfanden, ermöglichten es<br />
zahlreichen Deutschen, sich an den Besitztümern<br />
der Verfolgten zu bereichern.<br />
Die Enteignung der in die Vernichtungslager<br />
Deportierten wird als „Aktion 3“<br />
bezeichnet. Hierbei nahm der NS-Staat<br />
schätzungsweise 778 Millionen Reichsmark<br />
ein. Neben Hausrat, Kleidung und<br />
Geschirr wurden auch Praxen und deren<br />
Einrichtungen versteigert.<br />
AKTION T4<br />
Während des „Dritten Reichs“ beackerte<br />
die deutsche Medizin zahlreiche Felder.<br />
Eines davon war die Erbgesundheitsideologie,<br />
auch als „Aktion T4“ bezeichnet.<br />
Dabei wurden bis 1945 rund<br />
200.000 Menschen mit geistig, seelisch<br />
und körperlichen Beeinträchtigungen<br />
ermordet.<br />
Ab 1936 versuchten die Nationalsozialisten,<br />
das Prüfungsfach Rassenhygiene<br />
einzuführen. Ein Vorhaben, das 1939<br />
gelang und zum Pflichtfach an allen<br />
Universitäten wurde. Eine besondere<br />
Stellung kam der Zahnärzteschaft<br />
Zahnheilkunde. Zahnärztliche Behandlung<br />
an der k. u. k. Militär-Oberrealschule,<br />
(später Martinkaserne), Eisenstadt, 1912.<br />
hier <strong>im</strong> Bereich der Eugenik zu: Sie hatten<br />
alle Patienten*innen mit „Hasenscharte“<br />
oder einer Kiefer- und Gaumenspalte<br />
zu melden. Die Sterilisation<br />
der Betroffenen wurde in diesen Fällen<br />
prinzipiell genehmigt.<br />
KRIEG<br />
Nach Kriegsbeginn bedeutete ein offen<br />
ausgesprochenes Nein oftmals den Tod.<br />
Dennoch gab es <strong>im</strong>mer noch die Möglichkeit,<br />
nicht in die NSDAP einzutreten<br />
und nicht als „T4“-Gutachter zur<br />
Verfügung zu stehen. Gegen „T4“ waren<br />
sogar Proteste möglich, wie die Kanzelproteste<br />
des Bischofs von Münster, Clemens<br />
August Graf von Galen belegen.<br />
Durch seine „Predigten“ <strong>im</strong> Sommer<br />
Kennzeichnung. Kennkarte und Reisepässe von Juden wurden mit einer Verordnung<br />
vom 5. Oktober 1938 mit dem unübersehbaren „J“ gekennzeichnet.<br />
Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe 1/AEST 1237/340<br />
1941 erwirkte er zumindest einen augenscheinlichen<br />
Stopp der sog. „Euthanasie“.<br />
Noch stärker als zuvor sahen<br />
viele Menschen nicht auf die Ereignisse,<br />
konnten ein Hinsehen nicht ertragen<br />
oder identifizierten sich gar damit.<br />
Denn diese Identifikation bedeutete<br />
meistens auch ein entsprechendes<br />
Amt, Ansehen, Vorzüge. Dies wiederum<br />
gewährte Macht, Vorteile und befriedigte<br />
Eitelkeiten.<br />
RESÜMEE<br />
Am Ende bleibt die Frage, ob man Zahnarzt*ärztin<br />
in einem Konzentrationslager<br />
werden und an der Rampe von<br />
Auschwitz bei Selektionen über Leben<br />
und Tod von Menschen entscheiden<br />
musste, um das Hitler-Reich zu überleben?<br />
War man gezwungen, eine Praxis<br />
zu übernehmen, die ehemals von einer*einem<br />
Kollegen*in jüdischen Glaubens<br />
geführt worden war und das Inventar<br />
zu Schleuderpreisen zu erwerben?<br />
Musste man sich an Menschenversuchen<br />
beteiligen, Mund- und Kieferanomalien<br />
anzeigen, um sich und/oder<br />
die Seinen zu schützen und wie groß<br />
war für viele der wissenschaftliche<br />
Deckmantel, unter dem sie agierten?<br />
Wer kann von sich behaupten, dass er<br />
dem NS-Reg<strong>im</strong>e Paroli geboten hätte?<br />
Umso größer ist unsere gesellschaftliche<br />
Verantwortung – als Einzelperson,<br />
als wissenschaftliche Fachgesellschaft,<br />
als Berufsgruppe.<br />
Cornelia Schwarz<br />
Foto: Fortepan Adományozó/Donor: Péchy Lászl<br />
7 Eduard Seidler: Die Medizinische Fakultät zwischen 1926 und 1948, 1991.
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13_TITELTHEMA<br />
Verfolgte Zahnärzte*innen <strong>im</strong> „Dritten Reich“<br />
ÜBERLEBT, EMIGRIERT,<br />
ERMORDET<br />
Der Machtantritt der Nationalsozialisten<br />
<strong>im</strong> Jahr 1933 war in vielerlei Hinsicht folgenschwer.<br />
Für die freiberuflich tätigen<br />
Zahnärzte*innen, die aus verschiedenen<br />
Gründen nicht der damaligen Ideologie<br />
entsprachen, begann ein Martyrium auf<br />
vielen Ebenen. Dieses begann bereits<br />
1933 mit der Verordnung vom 22. April,<br />
als jüdischen Zahnärzte*innen die Kassenzulassung<br />
entzogen und sie mit sofortiger<br />
Wirkung aus sämtlichen Fürsorgeverbänden<br />
ausgeschlossen wurden. Bedauerlicherweise<br />
stellten sich die zahnärztlichen Verbände<br />
nicht schützend vor ihre jüdischen Mitglieder,<br />
sondern forcierten teilweise sogar in<br />
vorauseilendem Gehorsam den Entzug der<br />
Kassenzulassung.<br />
Neben zahlreichen Repressalien, Ausgrenzungen<br />
und Entmenschlichungen<br />
in den Folgejahren, mussten die Betroffenen<br />
teilweise miterleben, wie ihre Reputation<br />
zerstört und sie in ihrer ärztlichen<br />
Kompetenz diffamiert wurden.<br />
Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs<br />
wurden, trotz ihres Einsatzes für<br />
Deutschland nur 15 Jahre zuvor, in Konzentrationslager<br />
deportiert, gefoltert<br />
und ermordet. Sie mussten teilweise zusehen,<br />
wie Kollegen*innen mit „arischem“<br />
Hintergrund Einzug in ihre Praxen<br />
und Wohnungen hielten. Sie verloren<br />
ihr berufliches und privates Umfeld,<br />
ihr Einkommen, ihre Absicherung.<br />
Durften die Diffamierten zunächst<br />
noch an Fortbildungsveranstaltungen<br />
der Standesorganisationen teilnehmen,<br />
so saßen sie meist dennoch isoliert an<br />
einem Extratisch. 1 Mit der 4. Verordnung<br />
zum „Reichsbürgergesetz“ wurde<br />
den Ärzten*innen am 25. Juli 1938 ihre<br />
Approbation entzogen und sie wurden<br />
zu Krankenbehandlern*innen degradiert,<br />
wenn sie überhaupt noch als solche<br />
tätig sein durften. 2<br />
DR. MORITZ GOLDMANN<br />
Das Ehepaar Klara und Moritz Goldmann<br />
hatte <strong>im</strong> Jahre 1914 seinen Wohnort<br />
nach Konstanz verlegt und dort in<br />
der Eichhornstrasse 20 ihr selbst erbautes<br />
Haus bezogen. Zuvor hatte der promovierte<br />
Zahnarzt (Jahrgang 1871),<br />
nach Beendigung seines Staatsexamens<br />
<strong>im</strong> Jahr 1893 für zwei Jahre eine Assistenzarztstelle<br />
in den USA angenommen<br />
und danach ab 1895 eine Praxis in<br />
Stuttgart unterhalten.<br />
1907 heirateten die Goldmanns und bekamen<br />
eine Tochter. Danach trat die Familie<br />
zum katholischen Glauben über.<br />
Wie sich zeigen sollte, schützte diese<br />
Konversion die Familie nicht davor,<br />
später von den Nazis als „Volljuden“<br />
1 Josef Werner: Hakenkreuz und Judenstern. Das Schicksal der Karlsruher Juden <strong>im</strong> Dritten Reich, Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 9, Herausgegeben<br />
von Heinz Schmitt, 1988.<br />
2 Rebecca Schwoch: Jüdische Ärzte als Krankenbehandler in Berlin zwischen 1938 und 1945, 2018.<br />
3 Alle biografischen Angaben über Dr. Moritz Goldmann und seine Frau Klara Goldmann sind, mit freundlicher Genehmigung, den Recherchen von Hans-Hermann Seiffert,<br />
Konstanz entnommen. Siehe auch: www.stolpersteine-konstanz.de.<br />
Deportation. Am 22. Oktober 1940 wurden auf Anweisung der Gauleiter alle<br />
jüdischen Bürger*innen von Baden und aus der Saarpfalz in das Gebiet der französischen<br />
Vichy-Regierung abgeschoben. Diese brachte mehr als 6.500 Männer,<br />
Frauen und Kinder in dem Internierungslager Gurs unter. Die Verhältnisse <strong>im</strong><br />
Lager waren miserabel. Viele Deportierte starben an Entkräftung und Epidemien.<br />
Ehepaar. Moritz und Klara Goldmann <strong>im</strong><br />
Jahr 1939 zusammen mit den Enkeln Ingeborg<br />
und Eberhard Schwarz.<br />
Foto: E. Schwarz<br />
Foto: Alice Resch-Synnestvedt, United States Holocaust Memorial Museum
14_TITELTHEMA<br />
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eingestuft zu werden – mit allen Konsequenzen<br />
hinsichtlich Entrechtung, Verfolgung<br />
und Verschleppung.<br />
Die Zahnarztpraxis in Konstanz betrieb<br />
Moritz Goldmann anfangs in der Schottenstrasse<br />
17, ab 1932 in der Bahnhofstrasse<br />
1. Im Anschluss an die Reichspogromnacht<br />
vom 9. November 1938 wurde<br />
Moritz Goldmann in das Konzentrationslager<br />
Dachau gebracht und damit<br />
in die sogenannte „Schutzhaft“ genommen.<br />
Seine Einlieferung wurde unter der<br />
Häftlingsnummer 23254 auf den<br />
12. November datiert. Er wurde dort bis<br />
zum 28. Dezember 1938 festgehalten.<br />
Noch von Dachau aus vollzog Goldmann<br />
die Schenkung seiner Immobilie<br />
an seinen nicht-jüdischen Schwiegersohn<br />
und umging damit nicht nur die<br />
Zwangsenteignung seines Besitzes, sondern<br />
zudem auch seinen erzwungenen<br />
Auszug daraus. Zumindest zunächst:<br />
Am 22. Oktober 1940 wurden die Goldmanns<br />
von der Gestapo abgeholt und<br />
zum Bahnhof Petershausen gebracht.<br />
Die Praxis wurde versiegelt, die Einrichtung<br />
von einem Transporteur abgeholt<br />
und später versteigert.<br />
Allerdings hatte das Ehepaar ein Quäntchen<br />
Glück, denn ihr Transport, zu<br />
dem insgesamt 110 Menschen aus Konstanz<br />
zusammengetrieben worden waren,<br />
ging nicht nach Auschwitz, sondern<br />
ins französische Lager Gurs.<br />
Die Situation <strong>im</strong> Barackenlager Gurs<br />
war desaströs, Zeitzeugen bezeichneten<br />
es als „Vorhölle von Auschwitz“. Allerdings<br />
war es kein Vernichtungslager<br />
und es gab auch keine Folterungen. Die<br />
Deportierten mussten auf dem Boden<br />
schlafen und wenn Regen einsetzte, soll<br />
es der schlammige Boden teilweise unmöglich<br />
gemacht haben, sich fortzubewegen.<br />
Im Schnitt starben acht Menschen<br />
am Tag. Es waren per se keine<br />
schweren Krankheiten, an denen die Inhaftierten<br />
litten. Jedoch brachten Blasenentzündungen,<br />
Bronchitis und unversorgte<br />
Schnittwunden, die ohne<br />
ärztliche Versorgung oftmals zu Blutvergiftungen<br />
führten, und die Gabe von<br />
Medikamenten, den Tod. 3<br />
Foto: Generallandesarchiv Karlsruhe/330 Nr. 796<br />
Dr. Moritz Mansbach<br />
DR. MORITZ MANSBACH<br />
Auch der Zahnarzt Dr. Moritz Mansbach<br />
(Jahrgang 1866) wurde mit seiner<br />
Frau Hermine am 22. Oktober 1940 von<br />
der Gestapo aus ihrer Wohnung in<br />
Karlsruhe abgeholt. Zwei Stunden wurden<br />
ihnen damals zugestanden, um das<br />
Wichtigste zusammenzupacken – insgesamt<br />
nicht mehr als 100 Kilogramm –<br />
bevor sie ihre Wohnung in der Ritterstraße<br />
6 verlassen mussten. Drei Tage<br />
lang war das Ehepaar unterwegs, bevor<br />
es <strong>im</strong> Internierungslager Gurs in Südfrankreich<br />
angekommen war. Wie die<br />
Goldmanns wurden auch die Mansbachs<br />
<strong>im</strong> Lager in getrennten Bereichen<br />
untergebracht. In einer Postkarte vom<br />
11. November 1940 teilte Dr. Mansbach<br />
seinem Sohn Erwin mit, dass er und<br />
Hermine „unter der erzwungenen Trennung<br />
leiden“. Beide Ehepaare wurden<br />
aufgrund ihres Alters von der Deportation<br />
nach Auschwitz verschont. Doch<br />
während die Goldmanns 1945 nach<br />
Konstanz zurückkehren konnten, verstarb<br />
Hermine Mansbach 1942 nach<br />
der Verlegung der Eheleute ins Camp de<br />
Noé. Dr. Moritz Mansbach blieb allein<br />
zurück. Er überlebte das „Dritte Reich“<br />
und konnte schließlich nach Israel ausreisen,<br />
wo er ab 1950 sein Wiedergutmachungsverfahren<br />
anstrebte.<br />
Aufgrund des <strong>im</strong> Jahre 1942 von der<br />
Reichsbank beschlagnahmten Bankkontos<br />
Mansbachs, auf welchem sich<br />
zu dem Zeitpunkt Einlagen von ungefähr<br />
13.800 Reichsmark befanden, wegen<br />
der beschlagnahmten Wohnungsbzw.<br />
Praxiseinrichtung sowie der durch<br />
die Deportation nicht mehr durchführbaren<br />
Arbeit als Zahnarzt wurde ihm<br />
eine Entschädigung von 20.500 Deutschen<br />
Mark zugesprochen. Nach einem<br />
Bescheid vom 16. Juli 1956 erhielt er zudem,<br />
als Ausgleich für die verlorenen<br />
Praxiserlöse, eine monatliche Rente von<br />
monatlich 429 DM zugesprochen. Dr.<br />
Mansbach starb 1956 in Tel Aviv <strong>im</strong> Alter<br />
von 90 Jahren. 4<br />
GERETTET DANK BÜRGSCHAFT<br />
Dank seiner Verbindungen ins neutrale<br />
Ausland gelang es Moritz Goldmann für<br />
sich und seine Frau, eine krankheitsbedingte<br />
„Beurlaubung“ aus dem Lager<br />
Gurs zu erreichen. Hierbei unterstütze<br />
ihn ein früherer Kommilitone aus Zürich,<br />
der die Bürgschaft für eine Unterbringung<br />
in einem Privatquartier für die beiden<br />
übernahm. 1941 verließen Moritz<br />
und Klara Goldmann das Lager Gurs und<br />
zogen in ein Altenhe<strong>im</strong> nach Idron.<br />
Im August 1942 wurden die Bewohner in<br />
Idron durch eine Razzia der Vichy-Polizei<br />
überrascht. Nun sollten auch sie in die<br />
Vernichtungslager <strong>im</strong> Osten deportiert<br />
werden. Doch die Goldmanns hatten erneut<br />
Glück, da sie schon über 60 Jahre alt<br />
waren, wurden sie von der Deportation<br />
ausgeschlossen. Andere Bewohner*innen<br />
Idrons hatten nicht so viel Glück und wurden<br />
nach Auschwitz gebracht und dort<br />
vergast. 1945 konnten die Goldmanns von<br />
Idron aus in ihr Haus in der Konstanzer<br />
Eichhornstrasse zurückkehren.<br />
Wie fast alle überlebenden NS-Verfolgten<br />
beantragten auch Moritz und Klara Goldmann,<br />
Anfang der 50er-Jahre, be<strong>im</strong> „Badischen<br />
Landesamt für Wiedergutmachung“<br />
in Freiburg, Entschädigung für<br />
„Verlust an Eigentum und Vermögen“ sowie<br />
auch für „Schäden <strong>im</strong> beruflichen<br />
und wirtschaftlichen Fortkommen“. Die<br />
Verfahren zogen sich sehr lange hin. Am<br />
Ende erhielten sie jedoch noch zu Lebzeiten<br />
genügend finanzielle Gutmachung,<br />
um den Erben jenes Kommilitonen, der<br />
damals die finanzielle Bürgschaft gestellt<br />
hatte, die den Goldmanns das Überleben<br />
gesichert hatte, 6 685 Schweizer Franken<br />
zurückzubezahlen.<br />
DR. ERNST REICHENBERGER<br />
Ein ebenfalls sehr tragisches Schicksal<br />
hatte Dr. Ernst Reichenberger, der als<br />
„bester Zahnarzt Stuttgarts“ galt. In<br />
Karlsruhe wurde er als Isidor Reichenberger<br />
geboren, schloss siebzehnjährig<br />
das Gymnasium ab, studierte in Freiburg<br />
und Heidelberg <strong>Zahnmedizin</strong> und<br />
erlangte bereits 1899 als 20-Jähriger seine<br />
Approbation. Assistenzarztjahre in<br />
Berlin, München und Stuttgart folgten,<br />
bevor sich Reichenberger 1903 in Bad<br />
Cannstatt niederließ.<br />
Um Ass<strong>im</strong>ilation bemüht, legte er den<br />
jüdisch klingenden Vornamen Isidor ab<br />
und nannte sich fortan Ernst. Er war<br />
zudem Träger des Ehrenkreuzes für<br />
Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs.<br />
Auch Dr. Reichenberger wurde nach der<br />
Reichspogromnacht <strong>im</strong> November<br />
1938 als „Schutzhäftling“ nach Dachau<br />
verschleppt. Sein Wohnhaus befand<br />
sich in der König-Karl-Straße 24, nur<br />
200 Meter entfernt von der damals<br />
brennenden Synagoge. Aus dem Kon-<br />
4<br />
Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Kalrsruhe, Findbuch Polizeipräsidium.
ZBW_2-3/2022<br />
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15_TITELTHEMA<br />
Dr. Ernst Reichenberger<br />
zentrationslager freigelassen, erhielt<br />
Reichenberger noch <strong>im</strong> Dezember den<br />
Bescheid über die sogenannte Judenvermögensabgabe.<br />
Mit dieser „Sühneleistung<br />
der Juden deutscher Staatsangehörigkeit“<br />
ließ sich das Deutsche Reich<br />
sein, als „Reichskristallnacht“ beschönigtes<br />
Verbrechen, bezahlen.<br />
Im Februar 1939 wurde Dr. Ernst „Israel“<br />
Reichenberger vom Reichsminister<br />
des Innern widerruflich erlaubt, als<br />
Krankenbehandler zu arbeiten. Dieser<br />
Erlaubnis folgten jedoch einschneidende<br />
Einschränkungen: Auf zwei eng beschriebenen<br />
Seiten wurde ihm von der<br />
Kassenzahnärztlichen Vereinigung vorgeschrieben,<br />
ein Schild an seinem Haus<br />
in der König-Karl-Straße 24 anzubringen,<br />
das den Zusatz‚ „Zugelassen zur<br />
Behandlung jüdischer Zahnkranker“<br />
mit aufzuführen hatte. In der linken<br />
oberen Ecke war zudem „eine zitronengelbe,<br />
kreisförmige Fläche mit einem<br />
Durchmesser von 5 cm anzubringen, in<br />
der der blaue Davidstern mit einer Dreieckshöhe<br />
von 3½ cm erscheint“.<br />
Um das Haus seiner Familie zu erhalten,<br />
übertrug er es <strong>im</strong> August 1939 auf<br />
seinen „arischen” Schwiegersohn. Er<br />
selbst durfte nur noch Wochen dort<br />
wohnen, da die „Regelung der Mietverhältnisse<br />
mit den Juden“ in Stuttgart<br />
best<strong>im</strong>mte, dass Juden in „arischem<br />
Hausbesitz” sich spätestens bis 1. Dezember<br />
1939 „in jüdischem Hausbesitz<br />
einzumieten” hatten.<br />
Wie es um seine Praxis stand, geht aus<br />
einem undatierten Lebenslauf hervor,<br />
der vermutlich seinem Einwanderungsantrag<br />
vom Sommer 1939 beigefügt<br />
Foto: Familienarchiv Dorschel<br />
war: „As I am only allowed to treat jewish<br />
patients, whose number owing to<br />
emigration is decreasing from day to<br />
day, my practice will soon cease to<br />
exist“. Im Dezember war es so weit, wie<br />
aus einer handschriftlichen Mitteilung<br />
Ernst Reichenbergers an das Finanzamt<br />
hervorgeht. Dementsprechend sank<br />
sein Einkommen rapide. Musste er 1940<br />
noch RM 5.580,— Einkommenssteuer<br />
entrichten, sah in den folgenden Jahren<br />
selbst das Finanzamt keine Handhabe<br />
mehr, ihm etwas abzupressen. Die Bescheide<br />
von 1941 und 1942 weisen kein<br />
besteuerbares Einkommen mehr aus.<br />
Um sich über Wasser zu halten, verdingte<br />
Reichenberger sich bei seinem früheren<br />
Zahntechniker für monatlich 140<br />
Reichsmark als Hilfsarbeiter. 5<br />
Am 1. März 1943 wurde der Zahnarzt<br />
als letzter Cannstatter Jude ins jüdische<br />
Gemeindehaus befohlen und von dort<br />
nach Auschwitz deportiert. Ob er die<br />
Reise überstanden hat, ob er be<strong>im</strong> Empfang<br />
an der Rampe niedergeknüppelt<br />
wurde oder in der Gaskammer endete,<br />
weiß niemand. Das Amtsgericht Bad<br />
Cannstatt hat <strong>im</strong> November 1946 sein<br />
Todesdatum auf den 9. Mai 1945 festgelegt.<br />
5<br />
DR. ADOLF UND<br />
ELSBETH HEINSHEIMER.<br />
Aufgrund seiner beruflichen Stellung<br />
und seines Könnens gehörte Dr. Adolf<br />
Heinshe<strong>im</strong>er der gehobenen jüdischen<br />
Gesellschaft Karlsruhes an. Es ist davon<br />
auszugehen , dass sich Dr. Heinshe<strong>im</strong>er<br />
und Dr. Mansbach persönlich kannten<br />
und freundschaftlich verbunden waren,<br />
da beide Mitglieder der B‘nai B‘Brith-<br />
Loge Karlsruhe waren, in der sich die<br />
besser gestellten jüdischen Männer der<br />
Stadt zum Austausch trafen. 6<br />
Im Gegensatz zu den Mansbachs gelang<br />
es der Familie Heinshe<strong>im</strong>er jedoch,<br />
Deutschland zu verlassen. Ende 1938<br />
wurde Dr. Heinshe<strong>im</strong>er gezwungen, seine<br />
Praxis in der Kaiserstrasse 189 zu<br />
schließen. (Monika Dech, Gedenkbuch<br />
für die Karlsruher Juden) Dem vorausgegangen<br />
waren zahllose Repressalien<br />
und Gängelungen.<br />
Auch Tochter Elsbeth war diesen ausgesetzt.<br />
Wie ihr Vater wollte sie Zahnärztin<br />
werden, war dafür in Heidelberg eingeschrieben<br />
und wurde dort als rassisch<br />
Unerwünschte zwangsexmatrikuliert.<br />
Sie wanderte bereits 1935 in die USA<br />
aus und machte 1937 ihren Abschluss<br />
an der School of Dental Medicine der<br />
University of Pennsylvania. Damit war<br />
sie eine von insgesamt nur zwei Frauen<br />
in einer Abschlussklasse von mehr als<br />
hundert Absolventen.<br />
Mehr als 50 Jahre lang arbeitete sie als<br />
Zahnärztin in New York und wurde für<br />
ihre hervorragende Arbeit auf diesem<br />
Gebiet anerkannt. Dank der frühen<br />
Entscheidung Elsbeth Heinshe<strong>im</strong>ers,<br />
Deutschland zu verlassen, gelang es ihr,<br />
auch ihre Eltern nach Amerika zu<br />
Dr. Adolf Heinshe<strong>im</strong>er<br />
holen und die entsprechende Bürgschaft<br />
für sie zu vorzuhalten. 7<br />
Cornelia Schwarz<br />
INFO<br />
Diese Biografien stehen stellvertretend<br />
für insgesamt 92 Zahnärzte*innen,<br />
die während des „Dritten<br />
Reichs“ in Baden und Württemberg<br />
aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum<br />
jüdischen Glauben, einer anderen<br />
Partei oder ihrer sexuellen Neigung<br />
aus der Gesellschaft und dem Berufsleben<br />
ausgeschlossen, verfolgt<br />
und ermordet wurden. Die Liste mit<br />
allen Namen und persönlichen Daten<br />
wurde uns von Dr. Matthis Krischel,<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter,<br />
Institut für Geschichte, Theorie<br />
und Ethik der Medizin, Medizinische<br />
Fakultät, Heinrich-Heine-Universität<br />
Düsseldorf zur Verfügung gestellt.<br />
Foto: Stadtarchiv Karlsruhe 1/AEST 1237/496<br />
5 Alle biografischen Angaben über Dr. Ernst Reichenberger sind, mit freundlicher Genehmigung, den Recherchen von Rainer Redies, Stuttgart Bad-Cannstatt entnommen.<br />
Siehe auch: www.stolpersteine-cannstatt.de.<br />
6 Alemannia Judaica, Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden <strong>im</strong> süddeutschen und angrenzenden Raum. Siehe auch: www.alemannia-judaica.de.<br />
7 The New York T<strong>im</strong>es, Ausgabe 7. August 2009.
16_TITELTHEMA<br />
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Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel <strong>im</strong> Widerstand der Roten Kapelle aktiv<br />
„EIN FREUNDLICHER SCHEIN<br />
AUF DEN TAG“<br />
Helmut Georg Ludwig H<strong>im</strong>pel studierte in<br />
Freiburg und München <strong>Zahnmedizin</strong>. Nach<br />
seiner Promotion zog der <strong>im</strong> Schwarzwald<br />
geborene Zahnarzt nach Berlin, wo er in der<br />
Gruppe „Rote Kapelle“ aktiv <strong>im</strong> Widerstand<br />
gegen die Nationalsozialisten arbeitete. Seine<br />
Resistenz vollzog sich demzufolge nicht in<br />
Baden-Württemberg, sondern in der Hauptstadt,<br />
wo er 1943 hingerichtet wurde. Seine<br />
Wurzeln hatte der Widerstandskämpfer<br />
jedoch in Baden-Württemberg und hier lernte<br />
er auch die Frau kennen, die später zu seiner<br />
Verlobten werden sollte. Heiraten konnte<br />
das Paar nicht, denn Maria Terwiel hatte eine<br />
jüdische Mutter.<br />
Foto: Privatbesitz/Reproduktion Gedenkstätte Deutscher Widerstand<br />
Helmut Georg Ludwig H<strong>im</strong>pel wurde<br />
1907 in Schönau <strong>im</strong> Schwarzwald geboren.<br />
Er wuchs in einem Elternhaus auf,<br />
dessen Menschenbild von christlichen<br />
Wertvorstellungen geprägt war und an<br />
denen der gläubige Protestant auch sein<br />
gesamtes Leben hindurch festhielt.<br />
Zunächst studierte H<strong>im</strong>pel in Karlsruhe<br />
Elektrotechnik, bevor er zum Wintersemester<br />
1930/1931 nach Freiburg zog,<br />
um sich an der Albert-Ludwigs-Universität<br />
für Zahnheilkunde einzuschreiben.<br />
Hier lernte er seine zukünftige Verlobte,<br />
die Jurastudentin Maria Terwiel kennen.<br />
Terwiels Vater war der Katholik und Sozialdemokrat<br />
Johannes Terwiel, ihre<br />
Mutter Rosa war Jüdin.<br />
Nach Dr. H<strong>im</strong>pels Promotion zog das<br />
Paar nach Berlin, wo Dr. H<strong>im</strong>pel eine<br />
Zahnarztpraxis eröffnete. Dr. H<strong>im</strong>pel<br />
muss nicht nur ein guter, sondern vor<br />
allem auch ein charismatischer Zahnarzt<br />
gewesen sein, denn er hatte zahlreiche<br />
prominente Patient*innen, darunter<br />
Schauspieler und Künstler wie Heinz<br />
Rühmann 1 .<br />
KOSTENLOSE BEHANDLUNG<br />
Immer wieder behandelte Dr. H<strong>im</strong>pel<br />
he<strong>im</strong>lich und auch kostenlos jüdische<br />
Patient*innen,<br />
mitunter sogar in<br />
deren Wohnungen,<br />
damit sie keine Repressalien zu fürchten<br />
hatten, wenn sie mit einem Judenstern<br />
an der Kleidung eine nichtjüdische Arztpraxis<br />
betreten hätten. Er besorgte ihnen<br />
außerdem Lebensmittelkarten und unterstützte<br />
sie finanziell. Zudem stellte er<br />
Wehrpflichtigen mehrfach Atteste aus,<br />
um sie vor Fronteinsätzen zu bewahren.<br />
Erinnerung. Der Stolperstein für Dr. Helmut<br />
H<strong>im</strong>pel findet sich in der Lietzenburger Straße<br />
72 in Berlin-Charlottenburg.<br />
Widerstandskämpfer. Der Zahnarzt Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel wurde am<br />
13. Mai 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet.<br />
Fotos: Wik<strong>im</strong>edia Commons<br />
Seit dem Jahr 1939 pflegte das Paar Dr.<br />
H<strong>im</strong>pel/Terwiel engen Kontakt zu Harro<br />
Schulze-Boysen, der seit 1934 als<br />
Oberleutnant <strong>im</strong> Reichsluftfahrtministerium<br />
arbeitete und einem Berliner<br />
Widerstandskreis angehörte, der heute<br />
unter dem Namen „Rote Kapelle“ bekannt<br />
ist. „Tatsächlich war die Berliner<br />
Widerstandsgruppe etwas, das wir heute<br />
als ein Netz bezeichnen würden, also<br />
keine Gruppe, wo es Mitgliedsausweise<br />
gab oder feste hierarchische Strukturen,<br />
sondern eher informelle Gruppen,<br />
eher Kreise, Schriftsteller, religiöse Sozialisten,<br />
Kommunisten und Sozialdemokraten.<br />
Alles finden wir hier“, so Professor<br />
Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte<br />
Deutscher Widerstand in<br />
Berlin. 2<br />
ROTE KAPELLE<br />
Namensgeber der „Roten Kapelle“ waren<br />
jedoch nicht die Widerstandskämpfer<br />
selbst, sondern ein Gestapo-Sonderkommando,<br />
das die einzelnen Gruppen<br />
an Reg<strong>im</strong>egegnern jagte und sie unter<br />
diesem Titel zusammengefasst hatte.<br />
Im Frühjahr 1941 informierten der Ber-<br />
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_H<strong>im</strong>pel<br />
2 Aus: „Leben will ich, leben, leben“, Die Lange Nacht über die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek. Autor: Hermann Vinke, Deutschlandfunk, 14./15. November 2020.
ZBW_2-3/2022<br />
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17_TITELTHEMA<br />
liner Oberregierungsrat <strong>im</strong> Reichswirtschaftsministerium<br />
Arvid Harnack und<br />
Harro Schulze-Boysen die sowjetische<br />
Botschaft über die Vorbereitungen der<br />
Wehrmacht zum Überfall auf die Sowjetunion.<br />
Allerdings ignorierte Josef<br />
Stalin diese Warnung. In einer Randnotiz<br />
wies er noch unmittelbar vor dem<br />
Angriff am 22. Juni 1941 seinen eigenen<br />
Gehe<strong>im</strong>dienst an: „Schicken Sie Ihren<br />
‚Informanten‘ aus dem Stab der deutschen<br />
Luftwaffe zu seiner Hurenmutter<br />
zurück. Das ist kein ‚Informant‘, sondern<br />
ein Desinformator. J. St.“ 3<br />
Reg<strong>im</strong>egegner. Maria Terwiel und Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel<br />
waren ein Paar und Widerstandskämpfer gegen die nationalsozialistische<br />
Tyrannei.<br />
Foto: Wik<strong>im</strong>edia Commons<br />
AKTIONEN<br />
Ab Herbst 1941 begannen<br />
die Reg<strong>im</strong>egegner der<br />
„Roten Kapelle“ damit,<br />
Flugblätter und Klebezettel<br />
zu verteilen, die über<br />
die NS-Gewaltverbrechen<br />
aufklärten. Auf diese Weise<br />
wurde auch die Predigt<br />
Kardinal von Galens gegen<br />
das Euthanasieprogramm<br />
der Nationalsozialisten<br />
in Umlauf gebracht.<br />
Diese Predigt führte dazu, dass<br />
Hitler die sogenannte Aktion T4, die<br />
Morde an psychisch Kranken, stoppte.<br />
Im Januar 1942 verbreiteten die Widerstandskämpfer<br />
auf gleiche Weise die<br />
Flugschrift „Die Sorge um Deutschlands<br />
Zukunft geht durch das Volk“, die<br />
eine Vielzahl von Persönlichkeiten und<br />
sämtliche Auslandskorrespondenten erreichte.<br />
Maßgeblich für diese Aktion<br />
verantwortlich und aktiv daran beteiligt<br />
waren Dr. H<strong>im</strong>pel und seine Verlobte.<br />
Dr. H<strong>im</strong>pels Praxis in der Lietzenburger<br />
Straße 72 war außerdem regelmäßig<br />
Treffpunkt für die Widerständler.<br />
VERHAFTUNG<br />
Am 17. September 1942 wurde das Paar<br />
in seiner Wohnung von der Gestapo verhaftet,<br />
am 26. Januar 1943 vom Reichs-<br />
Quelle: Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand/Rote Kapelle<br />
kriegsgericht wegen „Landesverrats“<br />
zum Tod verurteilt.<br />
Der <strong>im</strong> Prozess gegen<br />
die „Rote Kapelle“ für<br />
die Anklage und Todesurteile<br />
– insgesamt waren<br />
es 56 – mitverantwortliche<br />
Staatsanwalt Manfred<br />
Roeder (1900-1971)<br />
wurde nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg wegen<br />
Rechtsbeugung und<br />
Aussageerpressung angezeigt.<br />
Das Ermittlungsverfahren<br />
gegen ihn wurde allerdings<br />
niedergeschlagen. Stattdessen<br />
durfte der Nazi-Militärrichter noch 1951<br />
für die damalige neonazistische Sozialistische<br />
Reichspartei (SRP) unbehelligt<br />
Wahlkampf führen, war später aktives<br />
Mitglied der CDU und sogar mehrere<br />
Jahre stellvertretender Bürgermeister der<br />
Gemeinde Glashütten <strong>im</strong> Taunus 4 .<br />
Dr. Helmut H<strong>im</strong>pel wurde nach seinem<br />
Prozess vor dem Reichskriegsgericht als<br />
„Landesverräter“ am 13. Mai 1943 in<br />
Plötzensee hingerichtet. Die Ablehnung<br />
des Gnadengesuchs für seine Verlobte<br />
Maria Terwiel trägt Hitlers eigenhändige<br />
Unterschrift. Ihr Todesurteil<br />
wurde am 5. August vollstreckt.<br />
Noch in der Haft befasste Dr. H<strong>im</strong>pel<br />
sich mit theologischen Fragen und erhoffte<br />
sich für die Zeit nach dem <strong>Nationalsozialismus</strong><br />
eine größere Gemeinsamkeit<br />
der evangelischen und<br />
katholischen Kirche. Auszüge eines<br />
Briefes an seine Eltern, zwei Tage vor<br />
seiner Hinrichtung, lassen zudem den<br />
Schluss zu, dass Dr. H<strong>im</strong>pel ein Mann<br />
mit Gottvertrauen und Mut war: „Gestern<br />
war ein glücklicher Tag. Die ganze<br />
Zeit, aus undefinierbaren Gründen,<br />
war ich fabelhaft aufgelegt. Zudem waren<br />
gestern auch einige Herren Pastoren<br />
bei uns zu Besuch, und so gehen<br />
die Stunden schneller. Auch fühlt man<br />
sich durch guten Willen, der allein<br />
schon aus den Besuchern spricht, so<br />
gehoben, dass allein dadurch ein<br />
freundlicher Schein auf den Tag fällt“. 5<br />
Cornelia Schwarz<br />
³ Aus: Anne Nelson, Die Rote Kapelle – Geschichte der legendären Widerstands-gruppe München, 2010<br />
4 Siehe: www.stolpersteine-berlin.de/en/biografie/4023<br />
5 Köhn, Michael, Zahnärzte 1933-1945, Berufsverbot, Emigration, Verfolgung, Berlin 1994, S. 126.
18_TITELTHEMA<br />
ZBW_2-3/2022<br />
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NS-Täter unter der Zahnärzteschaft<br />
VERGESSEN,<br />
VERSCHWIEGEN,<br />
VERDRÄNGT<br />
Stolpersteine, die seit 1992 in Deutschland<br />
und in 25 Ländern Europas an NS-Opfer<br />
erinnern, haben das Schicksal von Verfolgten,<br />
Deportierten, Ermordeten in unsere Nähe<br />
gerückt. Die Täter allerdings blieben viele<br />
Jahrzehnte <strong>im</strong> Dunkeln. – Ein Blick auf ein<br />
schmerzhaftes Kapitel Berufsgeschichte<br />
der Zahnärzteschaft mit Bezug zum heutigen<br />
Baden-Württemberg.<br />
Foto: Bundesarchiv, B 285 Bild-04413/Stanislaw Mucha/CC-BY-SA 3.0<br />
Das Torhaus des KZ Auschwitz-Birkenau.<br />
Erst in jüngerer Zeit gibt es verstärkt<br />
Anstrengungen, diejenigen Mediziner<br />
be<strong>im</strong> Namen zu nennen, die während<br />
des <strong>Nationalsozialismus</strong> an Verbrechen<br />
beteiligt waren. Zu den ersten<br />
Veröffentlichungen gehören die Bücher<br />
von Ernst Klee. „Nie hatten Mediziner<br />
mehr Macht über Menschen als<br />
in der Nazizeit“, schrieb Klee, ein vielfach<br />
ausgezeichneter Autor und Filmemacher.<br />
Bereits in den 1980er-Jahren veröffentlichte<br />
er über „Euthanasie“ <strong>im</strong> NS-<br />
Staat. Akribisch hat er auch in seinem<br />
„Personenlexikon zum Dritten Reich“<br />
die Verbrechen erforscht und die Täter<br />
be<strong>im</strong> Namen genannt. Keine Selbstverständlichkeit,<br />
denn allzu lange wurde<br />
das Verhalten von NS-Ärzten verdrängt<br />
und vertuscht. Kaum einer musste<br />
nach 1945 harte Strafen fürchten, viele<br />
waren schnell in Amt und Würden zurück.<br />
Auch in der Zahnärzteschaft gab<br />
es Täter, die nach 1945 mitten in der<br />
Gesellschaft lebten und auch ihrem<br />
Beruf nachgingen.<br />
Allein 1.300 Zahnärzte waren bereits<br />
vor 1933 Mitglieder der NSDAP, das<br />
waren 12 Prozent der Zahnärzteschaft,<br />
bei der gesamten Ärzteschaft waren es<br />
rund 7 Prozent.<br />
Explizit mit der Zahnärzteschaft beschäftigte<br />
sich Dr. med. dent. Wolfgang<br />
Kirchhoff und die Vereinigung<br />
demokratische <strong>Zahnmedizin</strong> (VDZM).<br />
In dem 2016 erschienenen Werk „... total<br />
fertig mit dem <strong>Nationalsozialismus</strong>“,<br />
blätterte Kirchhoff mit seiner<br />
Mitautorin eine „unendliche Geschichte<br />
der <strong>Zahnmedizin</strong> <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>“<br />
auf und untermauert<br />
damit seine Pionierleistungen bei der<br />
Aufarbeitung der NS-Vergangenheit<br />
der Zahnärzteschaft. Kirchhoff zeigt<br />
auf, dass die zahnmedizinische Wissenschaft<br />
Beiträge zur Durchführung<br />
von Sterilisationen und „Euthanasie“<br />
lieferte, Zahnärzte sich am Massenmord<br />
in Konzentrationslagern beteiligten<br />
und das Entfernen von Goldzähnen<br />
aus den Leichen der Geschändeten<br />
organisierten und überwachten.<br />
„Ein großer Teil des Goldes und Silbers,<br />
das den europäischen Juden geraubt<br />
oder von ihren Leichen abgerissen<br />
wurde, ging durch die Schmelzöfen<br />
der Degussa“ schrieb der US-Historiker<br />
Peter Hayes 2004 in der Degussa-Firmengeschichte.<br />
TÄTERFORSCHUNG<br />
Zur jüngsten Täterforschung trug das<br />
Projekt „<strong>Zahnmedizin</strong> und Zahnärzte<br />
<strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>“ bei, das von<br />
den Spitzenorganisationen der Zahnärzteschaft<br />
in Deutschland <strong>im</strong> November<br />
2019 vorgestellt wurde. Unabhängige<br />
Wissenschaftler der Universitäten<br />
Düsseldorf und Aachen haben die Rolle<br />
der Zahnheilkunde <strong>im</strong> NS-Reg<strong>im</strong>e<br />
systematisch aufgearbeitet.<br />
Hier war Prof. Dr. Dr. Dominik Groß,<br />
Direktor des Instituts für Geschichte,<br />
Theorie und Ethik der Medizin, Aachen<br />
federführend: „Die Zahnärzteschaft<br />
diente sich dem NS-Reg<strong>im</strong>e in<br />
vielerlei Hinsicht an. Im Jahr 1938 waren<br />
bereits 9 Prozent aller Zahnärzte<br />
Mitglieder der Allgemeinen SS, gut 60<br />
Prozent der zahnärztlichen Hochschullehrer<br />
traten bis 1945 in die<br />
NSDAP ein. Mindestens 300 Zahnärzte<br />
engagierten sich in der Waffen-SS,<br />
etwa 100 Zahnärzte waren als Zahnärzte<br />
in Konzentrationslagern tätig.“ Ziel<br />
des Projekts ist eine historisch-kritische<br />
Darstellung der Geschichte der<br />
Zahnärzteschaft und ihrer Organisati-
ZBW_2-3/2022<br />
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19_TITELTHEMA<br />
» Gedenken ist gelebter Widerstand<br />
gegen Menschenfeindlichkeit <strong>im</strong> Hier<br />
und Heute.«<br />
Muhterem Aras MdL,<br />
Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg<br />
onen in den Jahren<br />
1933 bis 1945 sowie in<br />
der Nachkriegszeit.<br />
Dr. Otto Hellmuth<br />
Foto: J. Stumpf, E. Kienast (Hg.): Der Großdeutsche Reichstag 1938<br />
SCHREIBTISCHTÄTER<br />
Gut erforscht ist die<br />
Biografie von Dr. Otto<br />
Hellmuth (1896–1968),<br />
den Quellen als „gnadenlosen<br />
Schreibtischtäter“<br />
bezeichnen und<br />
der seinem Leben als<br />
Kassenzahnarzt in<br />
Reutlingen ein Ende<br />
setzte. Er nahm hoch dekoriert als<br />
Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg<br />
teil und studierte von 1919 bis 1922<br />
<strong>Zahnmedizin</strong> in Freiburg und Würzburg.<br />
Nach der Promotion war er zunächst<br />
als Zahnarzt tätig, hatte aber<br />
schon früh politische Ambitionen. Bereits<br />
1922 trat er der die NSDAP bei<br />
und avancierte nach 1933 zum Gauleiter<br />
und Regierungspräsident in Unterfranken.<br />
Mit seinem Namen verbunden<br />
ist u. a. eine rücksichtslose Rassenpolitik<br />
in der Rhön und auch sein Befehl,<br />
1940 die Heil- und Pflegeanstalt<br />
Werneck eilig zu räumen, um Umsiedler<br />
aus Bessarabien dort unterzubringen.<br />
Viele der 777 Patienten wurden in<br />
Folge dieser Massnahme in Tötungsanstalten<br />
gebracht und vergast. Nach<br />
Kriegsende war Hellmuth zunächst<br />
untergetaucht, die amerikanischen Besatzungsbehörden<br />
verurteilten ihn<br />
1947 zum Tode, weil er an der Erschießung<br />
von notgelandeten alliierten<br />
Fliegern <strong>im</strong> September 1944 beteiligt<br />
war. In einem Revisionsverfahren wurde<br />
das Todesurteil in eine lebenslange<br />
Freiheitsstrafe umgewandelt; die Haftzeit<br />
wurde schließlich auf 20 Jahre herabgesetzt.<br />
AMNESTIEPOLITIK<br />
Hellmuth blieb jedoch nur bis 1955 in<br />
Landsberg. Die <strong>im</strong> Zuge des Kalten<br />
Krieges auch von den Westalliierten<br />
befürwortete Wiederbewaffnung der<br />
Bundesrepublik ging einher mit der<br />
„Einstellung jeder Diffamierung des<br />
deutschen Soldaten (einschließlich<br />
der <strong>im</strong> Rahmen der Wehrmacht seinerzeit<br />
eingesetzten Waffen-SS)“. Der<br />
Druck von ehemaligen Wehrmachtsangehörigen,<br />
Regierung, Parteien und<br />
Kirchen auf die Westmächte führte zu<br />
Teilamnestien und zur Entlassung<br />
vieler Kriegsverbrecher. Hellmuth beantragte<br />
nach seiner Entlassung eine<br />
He<strong>im</strong>kehrerentschädigung, die ihm<br />
nach Klagen durch alle Instanzen<br />
auch zugesprochen wurde. Bei der<br />
Zulassung für alle Krankenkassen<br />
durch die AOK Reutlingen, wo er<br />
sich 1958 als Zahnarzt niederließ, erhielt<br />
Hellmuth, da er „die älteste Approbation“<br />
vorweisen konnte, den<br />
Vorzug vor 21 Mitbewerbern, trotz<br />
des Protestes wichtiger Organisationen.<br />
Bis zu seinem Selbstmord 1968<br />
konnte er so als Kassenzahnarzt in<br />
Reutlingen tätig sein.<br />
KZ-ZAHNARZT<br />
Nach 1945 wieder als niedergelassener<br />
Zahnarzt tätig war auch Dr. Willy<br />
Frank (1903–1989 ). Nach dem Abitur<br />
studierte er an der TH München Ingenieurwesen<br />
und arbeitete vier Jahre<br />
lang als Diplomingenieur. Von 1931<br />
Dr. Willy Frank (r.)<br />
bis 1933 studierte er dann <strong>Zahnmedizin</strong>.<br />
Nach Assistentenzeit und Promotion<br />
eröffnete er 1935 in Stuttgart-<br />
Bad Cannstatt eine Zahnarztpraxis.<br />
Schon früh betätigte sich Frank politisch,<br />
trat 1936 der SS bei. In der<br />
Funktion eines SS-Oberabschnittsarztes<br />
in Stuttgart leistete er zahnärztliche<br />
Dienste für die SS. 1942<br />
wurde er aufgrund seiner Frontuntauglichkeit<br />
als Zahnarzt nach Dachau,<br />
später nach Minsk abkommandiert.<br />
Mit Übernahme in das SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt<br />
arbeitete<br />
er schließlich in mehreren Konzentrationslagern<br />
als <strong>Zahnmedizin</strong>er und<br />
war für die „Verwertung“ des Zahngolds<br />
zuständig sowie für die zahnärztliche<br />
Versorgung von SS-Angehörigen<br />
. Ab 1943 <strong>im</strong> KZ Auschwitz stieg<br />
er zum leitenden Zahnarzt auf und<br />
war nachweislich auch an der Selektion<br />
von über 6000 Häftlingen beteiligt.<br />
Im Rahmen der Entnazifizierung<br />
wurde er als „Mitläufer“ eingestuft,<br />
sodass er danach wieder als Zahnarzt<br />
in seiner Stuttgarter Praxis tätig sein<br />
konnte. 1961 war von der Landes-<br />
Foto: www.auschwitz-prozess-frankfurt.de
20_TITELTHEMA<br />
ZBW_2-3/2022<br />
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zahnärztekammer Baden-Württemberg<br />
ein berufsgerichtliches Verfahren<br />
angedacht, aber nicht durchgeführt<br />
worden. Erst 1965, <strong>im</strong> ersten<br />
Frankfurter Auschwitzprozess wurde<br />
er durch das Schwurgericht wegen gemeinschaftlicher<br />
Beihilfe zum gemeinschaftlichen<br />
Mord zu sieben Jahren<br />
Zuchthaus verurteilt. Frank verzichtete<br />
1969 auf seine zahnärztliche<br />
Approbation.<br />
Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft<br />
<strong>im</strong> Jahr 1970 arbeitete Frank als<br />
Pharmavertreter.<br />
ERMORDUNG DER GOEBBELS-<br />
KINDER<br />
Dr. Helmut Kunz (1910–1976) war einer<br />
von 48 Zahnärzten, die nach 1945<br />
als Kriegsverbrecher vor Gericht standen.<br />
Der in Ettlingen Geborene wurde<br />
1937 Mitglied der NSDAP, promovierte<br />
1939 zum Dr. med. dent. und schloss<br />
sich dem NS-Ärztebund an. Im Januar<br />
Dr. Helmut Kunz<br />
1940 als Sanitätsoffizier zur Wehrmacht<br />
einberufen, trat er <strong>im</strong> August<br />
1940 der Waffen-SS bei und wurde der<br />
SS-Totenkopf-Division zugeordnet,<br />
die <strong>im</strong> Konzentrationslager Dachau<br />
Dienst tat. Nach Verwundung an der<br />
Ostfront und Lazarettaufenthalt wurde<br />
Kunz in das SS-Sanitätsamt in Berlin<br />
versetzt. Hier war er ab Oktober<br />
1943 Hugo Blaschke unterstellt, dem<br />
obersten Zahnarzt der SS. Unter anderen<br />
behandelte er auch Magda Goebbels,<br />
die ihn Ende April 1945 aufgefordert<br />
hatte, bei der Tötung ihrer sechs<br />
Kinder zu helfen. Kunz hat sie mit<br />
Morphiumspritzen sediert, ehe die<br />
Mutter ihnen dann Cyanidkapseln verabreichte.<br />
Foto: Gemeinfrei<br />
1945 wurde Kunz von Soldaten der<br />
Roten Armee verhaftet und war sieben<br />
Jahre in sowjetischer Haft. 1952 wurde<br />
er von einem Moskauer Militärgericht<br />
zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt, unter<br />
anderem wegen seiner Beteiligung<br />
an der Ermordung der Goebbels-Kinder.<br />
Er kam 1955 <strong>im</strong> Zuge der von Bundeskanzler<br />
Adenauer ausgehandelten<br />
Rückführung deutscher Kriegsgefangener<br />
aus der Sowjetunion frei. Zunächst<br />
wurde er nicht weiter verfolgt<br />
und zog zu seiner Familie nach Karlsruhe.<br />
1956 nahm er eine Stelle an der<br />
Universitätszahnklinik Münster an,<br />
Anfang 1957 ließ sich Kunz als Zahnarzt<br />
in Freudenstadt nieder. Ein <strong>im</strong><br />
gleichen Jahr eingeleitetes Ermittlungsverfahren<br />
führte 1959 zu einer<br />
Anklage wegen Beihilfe zum Totschlag;<br />
das Verfahren wurde jedoch eingestellt,<br />
auch <strong>im</strong> Hinblick auf seine in der<br />
Sowjetunion verbüßte Haft. Bis 1975<br />
war er als Zahnarzt tätig.<br />
NUR EIN ZEUGE<br />
El<strong>im</strong>ar Lüder Precht (1912-1969)<br />
besuchte in Freiburg die Volksschule<br />
in Littenweiler und die Rotteck-<br />
Oberrealschule. Dann studierte er<br />
<strong>Zahnmedizin</strong> in seiner He<strong>im</strong>atstadt,<br />
legte 1936 das Staatsexamen ab<br />
und arbeitete anschließend als Assistent.<br />
Seit 1933 SS-Mitglied wurde er<br />
1939 zur Waffen-SS eingezogen. Er<br />
gehörte verschiedenen Einheiten an,<br />
bevor er ab Juli 1942 in den KZs Natzweiler,<br />
Dachau, Oranienburg und<br />
von Juli 1944 bis Januar 1945 auch<br />
als leitender Zahnarzt in Auschwitz<br />
eingesetzt wurde. Nach Kriegsende<br />
war Precht ab 1950 als Assistenzarzt<br />
bei Willy Frank, seinem Vorgänger <strong>im</strong><br />
KZ Auschwitz, in dessen Stuttgarter<br />
Zahnarztpraxis angestellt. Später<br />
wurde er Schulzahnarzt in Offenburg.<br />
Im ersten Frankfurter Auschwitzprozess<br />
wurde Precht 1962 vernommen,<br />
jedoch nicht angeklagt. Er gab an,<br />
von den Versuchen gewusst zu haben,<br />
die Straßburger Professoren an Häftlingen<br />
in Natzweiler verübten. Sie<br />
hätten ihm davon be<strong>im</strong> gemeinsamen<br />
Mittagessen berichtet. Des Weiteren<br />
gab er an, keinen Rampendienst und<br />
keine Selektionen vorgenommen zu<br />
haben, obwohl dies für Lagerärzte obligatorisch<br />
war. Auch habe er kein<br />
zahnärztliches Gerät von deportierten<br />
Zahnärzten beschlagnahmt.<br />
Precht räumte jedoch ein, Zahngold<br />
von Ermordeten an das SS-Wirtschafts-<br />
und Verwaltungshauptamt<br />
weitergeleitet zu haben.<br />
HENKER VON BELGRAD<br />
Dr. Ernst Weinmann (1907–1947),<br />
gebürtig in Frommenhausen bei Tübingen,<br />
war ein deutscher Zahnarzt,<br />
SS-Obersturmbannführer und Oberbürgermeister<br />
von Tübingen. Seine<br />
nach dem Ende des <strong>Zahnmedizin</strong>studiums<br />
und der Promotion aufgenommene<br />
politische Karriere hatte<br />
er schon mit seinem Eintritt in die<br />
Dr. Ernst Weinmann<br />
NSDAP 1927 begründet. Er wurde<br />
zuerst Ortsgruppenleiter in Tübingen<br />
und gehörte dem Führerrat der<br />
Universität an. 1939 wurde er Oberbürgermeister<br />
von Tübingen, ein<br />
Amt, das er formal bis 1945 bekleidete.<br />
Da er ab 1940 <strong>im</strong> Reichssicherheitshauptamt<br />
in Berlin tätig war,<br />
der zentralen Behörde des Repressionsapparates<br />
der Nazis, nahmen<br />
Stellvertreter kommissarisch seinen<br />
Platz in Tübingen ein. Nach dem<br />
Balkanfeldzug wurde Weinmann<br />
„Beauftragter für das Umsiedlungswesen<br />
be<strong>im</strong> Militärbefehlshaber in<br />
Serbien“ in Belgrad. In dieser Funktion<br />
war er in Jugoslawien an Judendeportationen<br />
sowie Zwangsumsiedlungen<br />
von Slowenen beteiligt.<br />
Kurz vor Kriegsende war er wieder in<br />
Tübingen, tauchte dann unter, begab<br />
sich aber Ende 1945 in französische<br />
Internierung. Von Frankreich<br />
an Jugoslawien ausgeliefert, wurde<br />
er wegen seiner Beteiligung an den<br />
Deportationen angeklagt, zum Tode<br />
verurteilt und 1947 in Belgrad hingerichtet.<br />
Foto: Stadtmuseum Tübingen<br />
Dorothea Kallenberg
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
21_TITELTHEMA<br />
Aufarbeitung der NS-Zeit <strong>im</strong> deutschen Südwesten<br />
DIE LANGE UNFÄHIGKEIT<br />
ZU TRAUERN<br />
Niemals wieder! Die Inschrift am Fuß der vier Granitblöcke in Stuttgart stammt<br />
von Ernst Bloch: „Verfemt, verstoßen, gemartert, erschlagen, erhängt, vergast –<br />
Millionen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft beschwören Dich:<br />
niemals wieder!"<br />
Foto: Wik<strong>im</strong>edia Commons Kamahele<br />
Die Aufarbeitung der NS-Zeit begann in der<br />
westdeutschen Gesellschaft erst in den 60er-<br />
Jahren mit den Frankfurter Auschwitz-Prozessen.<br />
Nach der Aburteilung der Hauptkriegsverbrecher<br />
durch die Alliierten unternahm man in der<br />
jungen Bundesrepublik weder öffentlich noch<br />
privat große Anstrengungen, sich mit Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit und Völkermord<br />
auseinanderzusetzen. Zahlreiche „Schlussstrich“–<br />
und „Verjährungsdebatten“ machten deutlich,<br />
wie groß die Abwehrhaltung gegenüber Schuld<br />
und Mitschuld an den Verbrechen <strong>im</strong> nationalsozialistischen<br />
Deutschland war. Ein Blick auf<br />
den Südwesten kann uns das dunkelste Kapitel<br />
der deutschen Geschichte nicht nur geografisch<br />
näherbringen.<br />
An gutgemeinten Appellen fehlte es <strong>im</strong><br />
Musterländle nicht. 25 Jahre nach<br />
Kriegsende redete der Stuttgarter Oberbürgermeister<br />
Arnulf Klett seinen Landsleuten<br />
ins Gewissen. Bei der Einweihung<br />
des Mahnmals für die Opfer des <strong>Nationalsozialismus</strong><br />
sagte er: „Vieles, Allzuvieles<br />
ist vergessen – von vielen, die es nicht<br />
vergessen sollten. Vieles ist nicht bekannt<br />
und bewusst, was bekannt und bewusst<br />
sein sollte. Vieles wird verdrängt,<br />
was als unbequeme und lästige Erinnerung<br />
wach werden könnte.“<br />
Damals, 1970, war Hans Filbinger<br />
schon vier Jahre Ministerpräsident des<br />
Landes und es dauerte weitere acht Jahre,<br />
ehe seine Beteiligung an mindestens<br />
234 Marinestrafverfahren, darunter vier<br />
Todesurteile, bekannt wurden. Sein<br />
Vorgänger Kurt Georg Kiesinger,<br />
NSDAP-Mitglied von 1933 bis 1945,<br />
wechselte 1966 aus der Villa Reitzenstein<br />
ins Bonner Palais Schaumburg als<br />
Bundeskanzler einer großen Koalition.<br />
Die Diskussion um seine NS-Vergangenheit<br />
entbrannte erst, als Beate Klarsfeld<br />
ihm 1968 auf dem CDU-Parteitag<br />
in Berlin öffentlich eine Ohrfeige gab.<br />
TRAUER NICHT ZUGELASSEN<br />
Ein Blick auf die unmittelbaren Nachkriegsjahre<br />
zeigt, dass man <strong>im</strong> Südwesten<br />
wie überall in der späteren Bundesrepublik<br />
mit der Sicherung der menschlichen<br />
Grundbedürfnisse und dem Wiederaufbau<br />
beschäftigt war, „Werktätigkeit<br />
und ihr Erfolg verdeckten bald die<br />
offenen Wunden, die aus der Vergangenheit<br />
geblieben waren“, schrieben<br />
Alexander und Margarete Mitscherlich<br />
in ihrem 1967 erschienenen Buch „Die<br />
Unfähigkeit zu trauern“.<br />
Wenn man bei all den Bestrebungen,<br />
Mitläufer und das riesige Heer der 8,5<br />
Millionen ehemaligen NSDAP-Mitglieder<br />
rasch in die neue Gesellschaftsordnungen<br />
zu integrieren, Trauer überhaupt<br />
zuließ, dann betraf sie vor allem die eigenen<br />
Verluste. Der Arzt und Psychoanalytiker<br />
Mitscherlich nennt die Abwehrhaltung<br />
unmittelbar nach dem Krieg „Notfallreaktionen“,<br />
die dem „biologischen<br />
Schutz des Überlebens“ sehr nahe sind.<br />
Als problematisch bezeichnete er, „dass<br />
auch später keine adäquate Trauerarbeit<br />
um die Mitmenschen erfolgte, die durch<br />
unsere Taten in Massen getötet wurden“.<br />
Mitscherlich war 1946 Beobachter der<br />
„NS-Ärzteprozesse“ in Nürnberg, den<br />
ersten der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse,<br />
in dem kein Zahnarzt auf der<br />
Anklagebank saß. Der damals noch<br />
ziemlich unbekannte Privatdozent Mitscherlich<br />
bekam als Leiter einer Kommission<br />
von den Ärztekammern der<br />
drei Westzonen den Auftrag, „alles zu<br />
tun, um den Begriff der Kollektivschuld<br />
von der Ärzteschaft in der Presse und in<br />
der Öffentlichkeit abzuwenden“.<br />
GENAUE DOKUMENTATION<br />
Doch die Rechnung der Ärztekammern<br />
ging mit Mitscherlich nicht auf: In der<br />
1947 erschienenen Prozess-Dokumentation,<br />
die einer breiteren Öffentlichkeit<br />
in Deutschland erst 1960 zur Verfügung<br />
stand, berichtete er detailgetreu. Da ist<br />
über die Verbrechen deutscher Mediziner<br />
in den Konzentrationslagern, die<br />
Menschenversuche, die Tötung von<br />
Häftlingen für die Anlage einer Skelettsammlung<br />
und die Krankenmorde <strong>im</strong><br />
Rahmen der sogenannten „Euthanasie“<br />
zu lesen. Nicht alle als verbrecherisch<br />
eingestuften medizinischen Versuche
22_TITELTHEMA<br />
und Praktiken während der NS-Zeit fanden<br />
bei diesem Prozess Berücksichtigung.<br />
Das zeigt sich darin, dass von den<br />
23 Angeklagten sieben zum Tode verurteilt<br />
wurden, fünf zu lebenslangen Haftstrafen<br />
und vier zu Haftstrafen zwischen<br />
10 und 20 Jahren. Sieben Angeklagte<br />
wurden freigesprochen.<br />
RASCHE AMNESTIE<br />
Zahlreiche Urteile der Nürnberger Prozesse<br />
wurden ab 1950 <strong>im</strong> Strafmaß erheblich<br />
abgemildert, dies betraf auch<br />
die Urteile des Ärzteprozesses. Verhandelt<br />
wurden in Nürnberg vor dem Internationalen<br />
Militärgerichtshof Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit, zu denen<br />
die Verfolgung und Vernichtung<br />
der Juden zählen, ebenso die „Vernichtung<br />
lebensunwerten Lebens“. Unter<br />
der Rubrik Kriegsverbrechen wurden<br />
Tötung und Misshandlung von Kriegsgefangenen,<br />
Hinrichtungen von Geiseln,<br />
Verschleppung zur Zwangsarbeit<br />
geahndet. Bei der Schwere dieser Taten<br />
kann man heute kaum mehr verstehen,<br />
warum es oft zu keiner angemessenen<br />
Bestrafung oder zu baldigen Strafminderungen<br />
kam. Zumal der Straferlass<br />
nicht auf einer Neueinschätzung der<br />
Schuld der Verurteilten basierte, sondern<br />
auf einer Änderung der politischen<br />
Rahmenbedingungen.<br />
SPRUCHKAMMERN<br />
Veränderungen in der Beurteilung der<br />
Naziverbrechen zeichneten sich schon<br />
ab, als die Amerikaner ab 1946 in ihrer<br />
Besatzungszone (Bayern, Groß-Hessen<br />
und Württemberg-Baden) die Entnazifizierung<br />
teilweise in deutsche Hände<br />
gaben. Zu diesem Zweck wurden die<br />
Spruchkammern eingerichtet, die als<br />
Laiengerichte fungierten. Sie führten<br />
<strong>im</strong> Gegensatz zu Gerichten keine Ermittlungen<br />
durch; ihre Aufgabe war es,<br />
die Person und ihr Handeln während<br />
des <strong>Nationalsozialismus</strong> zu beurteilen.<br />
Lag eine Schuldvermutung vor, konnte<br />
der Beklagte diese entkräften und Zeugen<br />
benennen. Das führte dazu, dass<br />
viele Belastete sich gegenseitig entlasteten,<br />
sogenannte Mitläuferfabriken etablierten<br />
sich.<br />
Die Epuration in der französischen Besatzungszone,<br />
wo <strong>im</strong> Gegensatz zur<br />
amerikanischen Zone nicht alle Erwachsenen<br />
einen Fragebogen ausfüllen musste,<br />
war von dem Bemühen getragen,<br />
dem deutschen Nachbarn „Demokratie<br />
und Friedenssehnsucht“ beizubringen.<br />
Doch die französische Besatzungsmacht<br />
hatte von Anfang an einen schweren<br />
Stand: Man betrachtete sie nicht als<br />
wirkliche Sieger, Übergriffe in der ersten<br />
» Ich habe geschworen, niemals zu<br />
schweigen, wann <strong>im</strong>mer und wo <strong>im</strong>mer<br />
Menschen leiden und gedemütigt<br />
werden. Wir müssen <strong>im</strong>mer Partei<br />
ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker,<br />
nie dem Opfer.«<br />
Elie Wiesel, (1928–2016)<br />
Überlebender von Auschwitz und Träger des Friedensnobelpreises<br />
Phase der Besetzung, die Reparationsleistungen<br />
sowie eine schlechte Ernährungslage<br />
der Bevölkerung standen der<br />
Demokratisierungspolitik <strong>im</strong> Wege.<br />
DIE JUNGE BUNDESREPUBLIK<br />
Eine strafrechtliche Aufarbeitung in<br />
der 1949 gegründeten Bundesrepublik<br />
war zunächst auch durch den Streit darüber<br />
blockiert, welches Recht angewandt<br />
werden konnte. Es wurde<br />
schließlich auf Grundlage jener Teile<br />
des zivilen Strafgesetzbuchs und der<br />
Strafprozessordnung verhandelt, die<br />
sowohl in der Zeit, in der die Verbrechen<br />
geschahen als auch nun in der<br />
Bundesrepublik gültig waren. So konnten<br />
lediglich Täter verurteilt werden,<br />
denen eine unmittelbare Mordbeteiligung<br />
nachzuweisen war.<br />
STABILES STAATSWESEN<br />
Die Notwendigkeit, aus Trümmern ein<br />
Staatswesen aufzubauen und zu stabilisieren<br />
– und das angesichts eines sich verschärfenden<br />
Kalten Krieges – erforderte<br />
einen leistungsfähigen Verwaltungsapparat.<br />
Entgegen der erklärten Absicht der<br />
Siegermächte wurde das deutsche Berufsbeamtentum<br />
wieder eingeführt, der<br />
Grundgesetz-Artikel 131 ebnete den Weg.<br />
Öffentlich Bedienstete, die be<strong>im</strong> Entnazifizierungsverfahren<br />
nicht als Hauptschuldige<br />
oder Belastete (Aktivisten,<br />
Militaristen und Nutznießer) eingestuft<br />
worden waren, konnten wieder eingestellt<br />
werden. So kamen einstmals überzeugte<br />
Nationalsozialisten wieder in<br />
Amt und Würden und konnten ihre<br />
Karriere fortsetzen, außerdem waren<br />
ihre Versorgungsansprüche <strong>im</strong> Grundgesetz<br />
verankert. Nicht nur als Staatsdiener,<br />
auch in der Wirtschaft, der Politik,<br />
der Standespolitik, an Hochschulen,<br />
<strong>im</strong> diplomatischen Dienst waren<br />
Mitläufer und auch Täter zu finden. Ein<br />
dynamischer wirtschaftlicher Aufschwung<br />
half dabei, den Handlungsspielraum<br />
gegenüber den Siegermächten<br />
langsam zu vergrößern.<br />
ZBW_2-3/2022<br />
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SÜDWESTSTAAT<br />
Im späteren Baden-Württemberg dauerte<br />
der Weg zur Autonomie etwas länger,<br />
denn die französischen und amerikanischen<br />
Besatzungsmächte hatten den<br />
Südwesten in drei Teile geteilt. Erst 1952,<br />
drei Jahre nach Gründung der Bundesrepublik,<br />
wurde nach kontroversen Diskussionen<br />
und einer Volksabst<strong>im</strong>mung<br />
aus den Ländern Württemberg-Baden,<br />
Baden und Württemberg-Hohenzollern<br />
ein einziger Südweststaat. Die Weichen<br />
für die Zukunft waren gestellt.<br />
ALLTAG UND VERDRÄNGEN<br />
Je mehr Normalität einkehrte, desto blasser<br />
wurden die Erinnerungen, das Mantra<br />
„Wir haben das alles nicht gewusst“<br />
war eine Schutzbehauptung, deren<br />
Wahrheitsgehalt inzwischen widerlegt<br />
ist. Selbst wenn Einzelheiten wie die konkreten<br />
Funktionsweisen der Vernichtungslager<br />
den meisten Erwachsenen<br />
nicht bekannt waren, kann von einer<br />
strikten Gehe<strong>im</strong>haltung der Massenverbrechen<br />
keine Rede sein. Aber so genau<br />
wollten es auch die Töchter und Söhne<br />
der Nachkriegsgeneration oft nicht wissen<br />
und so vergingen weitere Jahrzehnte,<br />
bis man durch Gedenkstätten und seit<br />
1992 mit den Stolpersteinen des Künstlers<br />
Gunter Demnig den Opfern der Willkürherrschaft<br />
durch biografische Recherchen<br />
Namen und Würde zurückgab.<br />
Doch die Vergangenheit ist noch lange<br />
nicht „bewältigt“, auch was die Verstrickung<br />
der Zahnärzteschaft in Holocaust,<br />
„Euthanasie“ und Zwangssterilisierungen<br />
angeht. Sieht man Fotos mit<br />
Kisten voller Goldzähne von <strong>im</strong> KZ Ermordeten<br />
und liest, dass den Lagerzahnärzten<br />
z. B. in Buchenwald „die<br />
Überwachung be<strong>im</strong> Herausbrechen<br />
und der Sicherung des Zahngoldes getöteter<br />
Häftlinge“ oblag, wird klar, dass<br />
es auch in den Reihen der Zahnärzteschaft<br />
Täter geben muss – mehr als bisher<br />
angenommen.<br />
Dorothea Kallenberg
ZBW_2-3/2022<br />
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23_TITELTHEMA<br />
Erinnerung an den Holocaust <strong>im</strong> Spiegel der Generationen<br />
DAS GEDENKEN<br />
ALS HERAUSFORDERUNG<br />
Die Anerkennung der eigenen Schuld und Verantwortung hat unter den Deutschen<br />
keineswegs nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begonnen. Das eigene Leid<br />
stand zunächst <strong>im</strong> Vordergrund und das Schweigen über die Verbrechen hat in der<br />
Gesellschaft vier Jahrzehnte lang angehalten.<br />
» Ihr seid nicht schuldig, für das, was<br />
in der Geschichte geschehen ist, aber<br />
ihr tragt eine Verantwortung dafür,<br />
dass es sich nicht wiederholt!«<br />
Max Mannhe<strong>im</strong>er, Überlebender der Schoah<br />
Erinnerungskultur. Einer der Forschungsschwerpunkte<br />
von Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann ist die Kulturanthropologie<br />
und dabei insbesondere die Themen kulturelles<br />
Gedächtnis, Erinnerung und Vergessen.<br />
Wann und wie ist in Deutschland die Erinnerung<br />
an den Holocaust entstanden?<br />
Da die Alliierten die Westdeutschen als<br />
Bündnispartner <strong>im</strong> Kalten Krieg brauchten,<br />
haben sie keinen großen Druck ausgeübt,<br />
so konnte sich das „Vergessen“<br />
durchsetzen. Die Kriegsgeneration kannte<br />
angesichts der historischen Schuld nur<br />
drei Reaktionen: das Leugnen, das Rechtfertigen<br />
und das Schweigen. Das Schweigen<br />
wurde gebrochen, als die nachwachsende<br />
68er-Generation ihre Eltern herausforderte<br />
und vehement anklagte. Doch<br />
auch das war noch nicht der Beginn einer<br />
deutschen Holocaust-Erinnerung. Die begann<br />
erst 20 bis 30 Jahre später, als sich<br />
die jungen Erwachsenen in den Städten,<br />
Universitäten und Kliniken, wo <strong>im</strong>mer sie<br />
arbeiteten, auf Spurensuche machten. Sie<br />
gingen in die Archive, recherchierten die<br />
Biographien der ermordeten jüdischen<br />
Familien und sicherten ihre Namen. Es<br />
Foto: Valerie Assmann<br />
begann das Verlegen von Stolpersteinen,<br />
zu denen die überlebenden<br />
Angehörigen eingeladen<br />
wurden. Und jetzt erst<br />
kamen in großer Zahl die Zeugen<br />
des Holocaust zu Wort und<br />
es wurde ihnen endlich zugehört.<br />
GENERATION ENKEL<br />
Welche Rolle spielt die Generation<br />
der Enkel in dieser Erinnerung?<br />
Eine Studie mit dem Titel<br />
„Opa war kein Nazi“ zeigte,<br />
dass auf das Beschweigen der Täter das<br />
Beschönigen der Enkel folgte. Sie waren<br />
bestrebt, „die Eltern und Großeltern <strong>im</strong><br />
nationalsozialistischen Universum des<br />
Grauens so zu platzieren, dass von diesem<br />
Grauen kein Schatten auf sie fällt“.<br />
Sie waren beeinflusst durch den normativen<br />
Geschichtsrahmen, der in Filmen,<br />
Büchern, Schule und Ausstellungen<br />
den Holocaust aus der Opfer-Perspektive<br />
präsentierte. Deshalb passten einige<br />
Jugendliche ihre Familiengeschichte an<br />
das nationale Narrativ an, indem sie Geschichten<br />
hinzuerfanden, die die Großeltern<br />
als widerständige Helfer der Juden<br />
zeigten.<br />
Das war aber nur eine Momentaufnahme.<br />
Allgemein hat das Interesse an der<br />
eigenen Familiengeschichte zugenommen.<br />
Diese neue Entwicklung lässt sich<br />
mit dem Stichwort „Opa war ein Nazi“<br />
zusammenfassen. Die älter gewordenen<br />
Enkel*innen nehmen sich der Hinterlassenschaften<br />
des Familienarchivs an,<br />
machen Erinnerungsreisen an historische<br />
Orte und führen Interviews. Sie betreiben<br />
eine ernsthafte historische<br />
Selbstaufklärung und suchen weiterhin<br />
den Dialog mit der Vergangenheit.<br />
MIGRATIONSGESELLSCHAFT<br />
Wie wird sich die Erinnerung an den Holocaust<br />
und seine Täter in der Migrationsgesellschaft<br />
weiterentwickeln? Durch<br />
anhaltende Migrationswellen ist die Gesellschaft<br />
deutlich diverser geworden<br />
und es gibt <strong>im</strong>mer mehr Deutsche, die<br />
eine andere Herkunft und Geschichte<br />
haben. Was für ein Verhältnis haben<br />
diese Jugendlichen jenseits der Tätergesellschaft<br />
zur deutschen Geschichte<br />
und Erinnerung?<br />
Der KZ-Überlebende Max Mannhe<strong>im</strong>er<br />
machte viele Schulbesuche. Ein Satz,<br />
mit dem er die Schüler*innen ansprach,<br />
gilt heute gerade auch für die heterogen<br />
zusammengesetzten Klassen: „Ihr seid<br />
nicht schuldig, für das, was in der Geschichte<br />
geschehen ist, aber ihr tragt<br />
eine Verantwortung dafür, dass es sich<br />
nicht wiederholt!“ Die Geschichte der<br />
NS-Zeit ist in Deutschland weiterhin in<br />
Spuren, Denkmälern und Gedenkstätten<br />
präsent. Es bleibt ein Kernthema der<br />
gemeinsamen politischen Bildung, zu<br />
dem Zugänge aus ganz unterschiedlichen<br />
Perspektiven möglich sind.<br />
Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann
24_TITELTHEMA<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Das ZBW-Gespräch mit Rachel Dror<br />
HASS BRINGT NICHTS<br />
Ihre Botschaft ist die der<br />
Toleranz. Am Ende ihrer<br />
Führungen in der Stuttgarter<br />
Synagoge entlässt sie ihre<br />
Zuhörer*innen mit der Aufforderung<br />
nicht wegzusehen,<br />
wenn sie Unrecht bemerken.<br />
Sie wehrt sich gegen die<br />
Einteilung in Täter und Opfer.<br />
Der Blick ins Herz eines Menschen<br />
ist ihr Gradmesser, nicht<br />
dessen Nationalität oder<br />
Religion. Rachel Dror hat kein<br />
einfaches Leben gewählt, aber<br />
ihre Wahrheiten sind es:<br />
Einfach, klar und unmissverständlich.<br />
Liebe Frau Dror, was nennen Sie Glück?<br />
Im Laufe meines Lebens hat sich das<br />
Verständnis für Glück verändert. Ich<br />
habe das Glück <strong>im</strong>mer gesucht und<br />
auch gefunden, auch wenn die Umstände<br />
widrig waren. Es kommt darauf<br />
an, was man aus dem Leben macht.<br />
Und ich hatte <strong>im</strong>mer ein glückliches<br />
Leben.<br />
Ihre Familie starb durch die Hände der<br />
Nationalsozialisten. Welche Gefühle begleiten<br />
Sie, wenn Sie an den letzten Moment<br />
<strong>im</strong> Leben Ihrer Eltern denken, der<br />
Ihnen von einer Bekannten geschildert<br />
wurde, die ihnen auf einer Straße in Palästina<br />
begegnete?<br />
Eltern. Rachel Dror wuchs in einer traditionell-jüdischen Familie auf. Rachels Vater war Offizier <strong>im</strong><br />
Ersten Weltkrieg, der für das Deutsche Reich gekämpft hat. Im Versteck in Italien wurden die Eltern<br />
vom deutschen Militär aufgespürt, nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht. Besonders bewegend:<br />
Der Vater war offenbar freiwillig mit seiner großen Liebe in den Tod gegangen, nachdem der<br />
KZ-Arzt Josef Mengele nur sie direkt nach der Ankunft als unbrauchbar fürs Arbeiten eingestuft hatte.<br />
Damals wollte ich einfach nur weg aus<br />
dieser Straße, von dieser Frau. Ich hatte<br />
zunächst das Gefühl, gar nichts zu<br />
empfinden. Die Frau erzählte, dass<br />
meine Eltern nach der Ankunft in<br />
Auschwitz, nachdem sie monatelang<br />
durch Europa geflüchtet waren, um<br />
dann doch gefangen genommen zu<br />
werden, an der Rampe voneinander getrennt<br />
werden sollten. Mein Vater soll<br />
sich dann dagegen entschieden haben<br />
und ging mit meiner Mutter in die<br />
Gaskammer. Ich bin froh, dass die beiden<br />
in diesem Moment zusammen waren.<br />
Ich glaube, das ist das einzige Gefühl,<br />
das ich dazu habe.<br />
Woher nehmen Sie die Kraft offen zu<br />
sein für junge Deutsche, denen sie erklären,<br />
dass es eine jüdische Mutter<br />
braucht, um selbst jüdisch zu sein?<br />
Weil es so ist. Es braucht eine jüdische<br />
Mutter und ich hatte sie. Es ist wichtig<br />
über die verschiedenen Religionen Bescheid<br />
zu wissen und das Judentum ist<br />
die älteste Religion. Es ist wichtig für<br />
alle Menschen, gewisse Dinge zu wissen.<br />
Es spielt keine Rolle, ob sie deutsch sind<br />
oder eine andere Nationalität haben.<br />
Ihre Botschaft ist die der Toleranz – warum<br />
rufen Sie nicht dazu auf, die Faust<br />
zu ballen und begangenes Unrecht zu<br />
rächen?<br />
Weil es mich vergiften würde. Ich spüre<br />
keinen Hass, habe kein Interesse,<br />
dass etwas vergolten wird. Mir wird<br />
<strong>im</strong>mer wieder gesagt, ich würde die<br />
Vergangenheit verdrängen. Vielleicht<br />
ist das so. Aber mir geht es besser damit<br />
und niemand hat etwas davon,<br />
Vergangenes zu rächen. Das bringt nur<br />
weiteres Leid, weiteren Hass. Wofür<br />
frage ich Sie?<br />
Können Sie uns beschreiben, mit welchen<br />
Gefühlen Sie Deutschland <strong>im</strong> Jahr<br />
1939 verlassen haben?<br />
Ich war froh, gehen zu können. Und ich<br />
schaute nicht zurück. Mein Bruder war<br />
in England, meine Eltern konnten nicht<br />
gehen. Ich freute mich auf das Neue.<br />
Das war aufregend. In Deutschland waren<br />
wir nur noch Dreck. Ich wollte an<br />
einen Ort, der mir wieder Würde geben<br />
würde, mich als Menschen anerkennt.<br />
Die Trennung von meinem Vater tat<br />
mir weh. Er stand mir sehr nahe und Sie<br />
sehen (Rahel Dror zeigt mir die oben<br />
abgebildeten Fotos), ich sehe ihm sehr<br />
ähnlich. Er war ein großartiger Mann.<br />
Aber ich zeigte meine Gefühle nicht.<br />
Wenn ich Ihre Zeitzeugnisse studiere,<br />
begegne ich einer äußerst beherrschten<br />
und sehr tiefgehenden Frau. Wie betrachten<br />
Sie sich selbst?
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Mir war <strong>im</strong>mer egal, was andere Menschen<br />
von mir halten. Ich lebte und<br />
lebe mein Leben so, wie ich es für<br />
richtig hielt und halte. Ich sage auch<br />
<strong>im</strong>mer, was ich denke, auch wenn ich<br />
damit vielleicht mal angeeckt bin.<br />
Aber ist es nicht wichtig, gerade<br />
durchs Leben zu laufen?<br />
Eva Mozes Kor war in Auschwitz, Sie<br />
verlor dort ihre Familie und wurde für<br />
Zwillingsversuche missbraucht. 2015<br />
hat sie einem ehemaligen SS-Mann<br />
die Hand gereicht, ihn sogar umarmt.<br />
Er stand wegen Beihilfe zum Mord in<br />
mindestens 300.000 Fällen vor Gericht.<br />
Eine Reaktion, die Sie nachvollziehen<br />
können?<br />
25_TITELTHEMA<br />
» Dinge sind vorbei und wir können sie<br />
nicht ändern. Mein ganzes Leben habe<br />
ich nur in die Herzen der Menschen<br />
geschaut, nicht auf ihre Nationalität<br />
oder Religion.«<br />
Rachel Dror<br />
Hass bringt nichts. Dinge sind vorbei<br />
und wir können sie nicht ändern.<br />
Mein ganzes Leben habe ich nur in<br />
die Herzen der Menschen geschaut,<br />
nicht auf ihre Nationalität oder Religion.<br />
Viele Menschen haben sich <strong>im</strong><br />
<strong>Nationalsozialismus</strong> schuldig gemacht,<br />
auf ganz unterschiedliche<br />
Weise. Aber wer bin ich, das ich richte?<br />
Muss nicht jeder auch mit seiner<br />
eigenen Geschichte leben?<br />
Ich glaube es war 2009 als Sie auf einem<br />
Friedhof in Berlin erstmalig das<br />
Grab eines Angehörigen, Ihres Großonkels,<br />
besuchen konnten. Was machte<br />
diesen Moment besonders? Was<br />
hat er in Ihnen bewirkt?<br />
Wissen Sie, ich hatte nie einen Ort,<br />
zu dem ich gehen konnte, um Familienbande<br />
zu spüren. Einen Ort, an<br />
dem ich Verbundenheit zu Vorfahren<br />
erleben hätte können. Es gibt kein<br />
Grab meiner Eltern. Das macht etwas<br />
aus einem. Einen Stein berühren<br />
zu können, der zum Grab eines Verwandten<br />
gehört, war für mich besonders.<br />
Nur wenige Menschen können ihren<br />
100. Geburtstag feiern. Nun ist es sogar<br />
der 101. Gibt es einen besonderen<br />
Wunsch?<br />
Nein, ich habe alles erlebt, was ich<br />
wollte. Und ich freue mich jeden Tag<br />
auf das, was kommt. Ich erwarte<br />
nichts und erlebe, dass dennoch etwas<br />
geschieht. Wer kommt, der<br />
kommt. Und wenn niemand kommt,<br />
dann schaue ich, was <strong>im</strong> Fernsehen<br />
läuft.<br />
Cornelia Schwarz<br />
INFO<br />
Fotos: C. Schwarz<br />
Aussöhnung. Rachel Dror hat sich <strong>im</strong>mer für Dialog und Verständigung eingesetzt.<br />
Noch <strong>im</strong>mer blitzen ihre Augen und ihr Wille ist stark. „Ich sage, was ich denke, auch<br />
wenn das nicht <strong>im</strong>mer gefällt“, sagte sie, „so war ich und so werde ich bleiben“.<br />
Rachel Dror wurde als Rahel Zipora Lewin<br />
1921 in Königsberg geboren. Sie<br />
wuchs in einer traditionell-jüdischen Familie<br />
auf. Ihr Vater war Offizier <strong>im</strong> Ersten<br />
Weltkrieg und Träger des Eisernen Kreuzes<br />
I. und II. Klasse. Bis 1934 besuchte<br />
sie das Lyzeum, aus dem sie schließlich<br />
als Jüdin ausgeschlossen wurde. 1936<br />
schloss sie sich einer zionistischen Jugendgruppe<br />
an, verließ Königsberg und<br />
gingnach Hamburg, wo sie in der Hachschara<br />
auf ihre Auswanderung nach Palästina<br />
vorbereitet wurde. Im April 1939<br />
wanderte sie nach Palästina aus. Ihre Eltern<br />
konnten nicht fliehen und wurden<br />
in Auschwitz ermordet. 1957 kehrte sie<br />
aus gesundheitlichen Gründen nach<br />
Deutschland zurück. Rachel Dror war<br />
zwei Mal verheiratet und hat Kinder, Enkel<br />
und Urenkel.<br />
Rachel Dror lebt seit Ihrer Rückkehr<br />
nach Deutschland in Baden-Württemberg<br />
und arbeitete jahrelang für die<br />
Stärkung des gegenseitigen Verständnisses<br />
und eine Gesellschaft, die von<br />
Offenheit und Dialogfähigkeit gekennzeichnet<br />
ist. Für dieses Engagement<br />
wurde sie mit dem Verdienstordens des<br />
Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.
26_BERUFSPOLITIK<br />
ZBW_2-3/2022<br />
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Kammer INTERN<br />
DER FORTBILDUNGSAUSSCHUSS<br />
Als letzter Ausschuss in der 17. Kammerperiode konstituierte sich am 24. Juli<br />
2021 der Fortbildungsausschuss der Landeszahnärztekammer. Er gehört zu den<br />
neun ständigen Ausschüssen, die nach der Satzung der LZK von der Vertreterversammlung<br />
gebildet werden. Bei der konstituierten Vertreterversammlung am<br />
5. Dezember 2020 haben die Delegierten Dr. Robert Heiden, Prof. Dr. Elmar<br />
Hellwig, Dr. Eberhard Montigel, Dr. Peter Riedel und Dr. Dr. Heinrich Schneider<br />
als ordentliche Mitglieder in den Fortbildungsausschuss gewählt.<br />
Bei der konstituierten Sitzung des<br />
Fortbildungsausschusses am 20. Juli<br />
2021 wählten die Mitglieder aus ihrer<br />
Mitte Dr. Robert Heiden zum Vorsitzenden<br />
und Dr. Dr. Heinrich Schneider<br />
zum stellvertretenden Vorsitzenden.<br />
In seiner Sitzung am 13. Januar 2021<br />
berief der LZK-Vorstand als kooptierte<br />
Mitglieder den Direktor der Akademie<br />
für Zahnärztliche Fortbildung<br />
Karlsruhe, PD Dr. Daniel Hellmann,<br />
und die Direktorin des <strong>Zahnmedizin</strong>ischen<br />
Fortbildungszentrums Stuttgart,<br />
PD Dr. Yvonne Wagner, in den<br />
Fortbildungsausschuss.<br />
ZUKUNFT DER FORTBILDUNG<br />
Der Fortbildungsausschuss hat die<br />
Aufgabe, die Landeszahnärztekammer<br />
bei der Umsetzung ihrer Aufgaben<br />
zur Unterstützung der beruflichen<br />
Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />
der Kammermitglieder zu unterstützen.<br />
Er wertet die durchgeführten<br />
Veranstaltungen aus, erarbeitet Ideen<br />
und Konzepte und schlägt sie dann<br />
dem LZK-Vorstand vor.<br />
Während der Coronapandemie mussten<br />
sich sowohl die Landeszahnärztekammer<br />
als auch die Bezirkszahnärztekammern<br />
und in besonderem Maße<br />
die Fortbildungsinstitute Gedanken<br />
über neue Fortbildungskonzepte machen.<br />
Über die umgesetzten Konzepte<br />
innerhalb der letzten zwei Jahre, die<br />
kommenden Herausforderungen und<br />
die perspektivische Entwicklung des<br />
Fortbildungsangebots in Baden-<br />
Württemberg tauschte sich der Fortbildungsausschuss<br />
in seiner ersten ordentlichen<br />
Sitzung am 29. Oktober<br />
2021 aus. Im Blickpunkt stand vor allem<br />
das Thema Online-Learning. Zukünftig<br />
werden Fortbildungen und<br />
andere Veranstaltungen als Online-<br />
Version angeboten, daher muss bei<br />
der Auswahl des verwendenden Videokonferenz-Systems<br />
eine Interoperabilität<br />
über verschiedene Schnittstellen<br />
und die unterschiedlichen<br />
Hardwarekonfigurationen der Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer möglich<br />
sein, um so einen reibungslosen<br />
Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten.<br />
UNABHÄNGIGE FORTBILDUNG<br />
Als weiteres Thema der ersten Sitzung<br />
beschäftigte den Fortbildungsausschuss<br />
die Thematik „Information<br />
für Fremdprodukte“. Die Finanzierung<br />
von Fortbildungsveranstaltungen<br />
erfolgt <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
durch Teilnahmegebühren. Teilweise<br />
werden Großveranstaltungen aber<br />
auch durch zusätzliche Verbraucherinformationen<br />
finanziert. Einige<br />
Veranstaltungen könnten ohne diese<br />
Finanzierungsmöglichkeit überhaupt<br />
nicht realisiert werden. Eine<br />
Trennung zwischen der Fortbildungsveranstaltung<br />
und der Verbraucherinformation<br />
für verschiedene<br />
Produkte muss allerdings klar erkennbar<br />
sein, so der Ausschuss, damit<br />
eine unabhängige und neutrale<br />
Fortbildungsveranstaltung gewahrt<br />
bleibt.<br />
PRAKTIKUM IN DER PRAXIS<br />
Das Kooperationsprojekt der Bezirkszahnärztekammer<br />
Freiburg und des<br />
Departments für Zahn-, Mund- und<br />
Kieferheilkunde der Universitätsklinik<br />
Freiburg ermöglicht Studierenden<br />
Einblicke in die Arbeitsrealität<br />
zahnärztlicher und fachzahnärztlicher<br />
Praxen und praktisch-zahnärztlich<br />
tätig zu sein. Das einwöchige<br />
Praktikum in der vorlesungsfreien<br />
Zeit steht Studierenden der Zahnheilkunde<br />
<strong>im</strong> neunten Semester offen<br />
und findet aktuell in über 30 Kooperationspraxen<br />
aller Fachrichtungen<br />
<strong>im</strong> Freiburger Raum statt. Die Beschäftigung<br />
einer Praktikantin bzw.<br />
eines Praktikanten ist in der Regel in<br />
der Berufshaftpflichtversicherung der<br />
Praxisinhaberin bzw. des Praxisinhabers<br />
mitversichert, darüber verständigte<br />
sich der Fortbildungsausschuss<br />
in seiner ersten Sitzung. Die Praxisinhaberin<br />
bzw. der Praxisinhaber müsse<br />
diesen Sachverhalt jedoch vorab mit<br />
seiner Berufshaftpflichtversicherung<br />
klären, betonte der Fortbildungsausschuss.<br />
INFO<br />
Andrea Mader<br />
Besetzung des Ausschusses<br />
Vorsitzender:<br />
Dr. Robert Heiden, Karlsruhe<br />
stv. Vorsitzender:<br />
Dr. Dr. Heinrich Schneider, Metzingen<br />
Mitglieder:<br />
Prof. Dr. Elmar Hellwig, Freiburg,<br />
Dr. Eberhard Montigel, Heilbronn,<br />
Dr. Peter Riedel, Waldkirch<br />
Kooptierte Mitglieder:<br />
PD Dr. Daniel Hellmann, Karlsruhe,<br />
PD Dr. Yvonne Wagner, Stuttgart<br />
Zuständigkeit in der LZK-<br />
Geschäftsstelle<br />
Kathrin Möller<br />
0711 22845-22<br />
moeller(@)lzk-bw.de
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
27_FORTBILDUNG<br />
Darauf kommt es in der Zahnarztpraxis an<br />
ERGONOMIE UND ÖKONOMIE<br />
Zeit- und Behandlungsmanagement sind<br />
wichtige Faktoren in der zahnärztlichen<br />
Praxis. Sie dienen der Qualitätssicherung<br />
und helfen, das wirtschaftliche Ergebnis<br />
zu verbessern. Die Qualität der Behandlungsmaßnahmen<br />
ist für unsere<br />
Patienten wichtig, aber oft erst<br />
nach Jahren zu beurteilen.<br />
Patient*innen nehmen demgegenüber<br />
jedoch folgende Aspekte unmittelbar<br />
wahr:<br />
•<br />
Ist der erste telefonische Kontakt mit der<br />
•<br />
Praxis freundlich und professionell?<br />
Ist die Lagerung bei der Behandlung bequem, wird die Absaugtechnik<br />
so durchgeführt, dass man sie als Patient*in<br />
•<br />
kaum wahrn<strong>im</strong>mt?<br />
Läuft<br />
die Behandlung ruhig, routiniert und ohne Unterbrechungen<br />
ab?<br />
Diese positiven Wahrnehmungen sind wichtig für die Patientenbindung.<br />
TRENDS<br />
Zahnärztliche Praxen werden durch Rahmenbedingungen<br />
belastet, die die Kosten enorm ansteigen lassen, ohne<br />
dass eine entsprechende Honorarerhöhung einen Ausgleich<br />
bietet. Faktoren sind u. a. die wachsenden bürokratischen<br />
Anforderungen wie detaillierte Protokollierung<br />
von Patientenaufklärung, der durchgeführten Behandlung,<br />
der benutzten Materialien und Instrumente, eine<br />
zeit- und kostenintensive Etablierung eines Qualitätsmanagements<br />
sowie wachsenden Hygieneanforderungen<br />
in der Praxis.<br />
ERGONOMIE<br />
Ergonomie bedeutet: Bestmögliches Arbeitsergebnis, während<br />
der arbeitende Mensch möglichst wenig belastet und ge-<br />
schädigt wird. Dies ist für Zahnärzt*innen besonders wichtig,<br />
da bei ihnen bei der Berufsausübung besonders die Wirbelsäule,<br />
Schulter-, Kopf- und Nackenmuskulatur sowie die Augen<br />
stark beansprucht werden. Grund dafür sind vor allem<br />
berufsspezifisch verkrampfte sowie verdrehte Sitz- und Stehpositionen<br />
über einen längeren Zeitraum. Dies lässt sich verbessern<br />
mit Hilfe spezieller Ausbildungsprogramme zum besseren<br />
Sitzen, Sehen und Arbeiten.<br />
ÖKONOMIE<br />
Ökonomisch gesehen ist die Behandlung ohne Assistenz<br />
(Solo behandlung/Zwei-Hand-Technik) wirtschaftlicher <strong>im</strong><br />
Vergleich zur Behandlung mit Assistenz (Duobehandlung/<br />
Vier-Hand-Technik). Wichtig ist, dass sich die Unit sowohl für<br />
Rechts- als auch Linkshänder ein- und umstellen lässt.<br />
Die Dentalbranche durchläuft <strong>im</strong> Augenblick einen Wandel:<br />
Die Praxen werden größer – es gibt <strong>im</strong>mer mehr angestellte<br />
1 2 3<br />
Fotos: Dr. Schick<br />
Duobehandlung. 4-Hand-Technik. 2-Hand-Technik. Solobehandlung. Flexibel. Einstellungsmöglichkeiten für<br />
Rechts- und Linkshänder
28_FORTBILDUNG<br />
ZBW_2-3/2022<br />
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4 5<br />
Dashboard. In<br />
Instrumentenbrücke<br />
integriertes<br />
Dashboard.<br />
Touch-Display.<br />
Instrumenteneinstellungen<br />
direkt auf<br />
dem berührungsempfindlichen<br />
Touch-Display.<br />
Zahnärzt*innen, die oftmals als Teilzeitkräfte beschäftigt<br />
werden. Dies bedingt verbesserte und effizientere Organisationsstrukturen.<br />
Arbeitsprozeduren und Behandlungsprotokolle<br />
müssen speziell bei mehreren Behandler*innen strukturiert<br />
und vereinheitlicht werden. Der Einsatz von Materialien<br />
und Instrumenten muss überdacht und vereinheitlicht werden.<br />
Um Kosten einzusparen, sollte von der Vier-Hand-Technik<br />
– Behandlung mit Assistenz – wo <strong>im</strong>mer möglich zur<br />
Zwei-Hand-Technik – Behandlung ohne Assistenz – gewechselt<br />
werden. Speziell bei der Behandlung ohne Assistenz muss<br />
ein Material-Management und Instrumenten-Organisations-<br />
System (MaMIOS) etabliert werden. Trays und Wannen ermöglichen,<br />
dass sich alle Instrumente und Materialien <strong>im</strong> unmittelbaren<br />
Greifraum des Behandlers befinden. Die entsprechende<br />
Konfiguration der Unit und der Anordnung sowie<br />
Ausstattung des Schrankmoduls <strong>im</strong> Behandlungsz<strong>im</strong>mer<br />
hilft dabei. Ökonomie bedeutet hier, Personal und Material so<br />
zu organisieren, dass ein max<strong>im</strong>aler Nutzen für unsere Patienten<br />
bei stabiler Ertragslage für unsere Praxen besteht.<br />
NÄCHSTER SCHRITT<br />
XO Flow ist eine computergesteuerte Dentaleinheit. Dies ermöglicht<br />
digitale Funktionen, die es in der <strong>Zahnmedizin</strong> so<br />
bisher nicht gab, zum Beispiel parametergeführte Arbeitsabläufe<br />
(Workflows) und die Integration von Dental Apps. Ein<br />
Netzwerkanschluss ermöglicht, die Einheit in ein dentales<br />
Praxisnetzwerk zu integrieren. Wichtige Komponenten sind<br />
das Dashboard und der Navigator. Das Dashboard ist eine in<br />
die Instrumentenbrücke der Einheit integrierte berührungssensitive<br />
grafische Benutzeroberfläche. Der Navigator ist ein<br />
berührungssensitiver Bildschirm, der eine smarte Benutzeroberfläche<br />
mit Dental-Apps bietet. Die Instrumentenbrücke<br />
ist in der Arbeitsposition zentral über der Brust des Patienten<br />
platziert. Der Patient selbst sieht die Instrumente nicht, da sie<br />
durch die Brücke abgeschirmt sind. Zahnarzt/-ärztin und Assistenz<br />
können die Instrumente der Einheit erreichen, ohne<br />
den Blick von der Mundhöhle abzuwenden. Das in die Instrumentenbrücke<br />
integrierte Dashboard liegt <strong>im</strong> peripheren<br />
Sichtfeld des Zahnarztes oder der Zahnärztin und der Assistenz.<br />
Sie können das Dashboard zur Steuerung und Überwachung<br />
aller Geräte- und Instrumentenfunktionen bedienen,<br />
ohne den Fokus auf die Patient*innen zu verlieren.<br />
WORKFLOWS UND PRESETS<br />
Zu einer Vielzahl zahnärztlicher Tätigkeiten wurden in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>Zahnmedizin</strong>ern vorgegebene Workflows<br />
entwickelt. Individuelle Presets ermöglichen es Anwender*innen,<br />
mit nur einem Klick die perfekte Instrumenteneinstellung<br />
für einen best<strong>im</strong>mten zahnärztlichen Eingriff (z. B. Herstellung<br />
einer Krone) auszuwählen. Dies beinhaltet die Auswahl<br />
von Hand- und Winkelstücken, die entsprechende Bestückung<br />
mit Schleifern oder Bohrern sowie die Voreinstellung<br />
von Luft, Wasser, Drehzahl und Drehmoment.<br />
VORTEILHAFTE FUNKTIONEN<br />
Bei der Arbeitsprozedur „Kompositfüllung“ kann be<strong>im</strong> Arbeitsschritt<br />
„Exkavation“ durch Aufrufen der „taktilen<br />
Funktion“ der Mikromotor so eingestellt werden, dass der<br />
Bohrer be<strong>im</strong> Berühren von gesundem Dentin aufhört zu rotieren.<br />
Die automatische Arbeitsfeldtrocknung, welche eine<br />
konstante freie Sicht ohne Wechsel zur Multifunktionsspritze<br />
ermöglicht, wird per Tastenfeld deaktiviert oder akti-<br />
6<br />
ARBEITS-<br />
PROZEDUREN<br />
ARBEITS-<br />
SCHRITTE<br />
ARBEITS-<br />
ANWEISUNGEN<br />
PARAMETER<br />
• Füllung<br />
• Beratung/Aufklärung<br />
• Inzisalkanten<br />
• Tiefenmarkierer 0,5<br />
• Inlay<br />
• Ästhetik<br />
• Tiefenmarkierung<br />
• Rotes Winkelstück<br />
• Veneer<br />
• Krone<br />
• Teilkrone<br />
• Onlay<br />
• Teilprothetik<br />
• Totalprothetik<br />
• Anästhesie<br />
• Gingivamanagement<br />
• Aufbaufüllung<br />
• Zahnpräparation<br />
• Abformung<br />
• Funktion<br />
• Temporäre Versorgung<br />
• Zervikale Grenzen<br />
• Facialfläche<br />
Faden 000, Paraffin-Öl<br />
• Präparationsgrenze<br />
• Finish der Präparation<br />
• Kontrollabformung<br />
• Desensibilisierung<br />
• 200.000 U/min.<br />
• 50 % Luft<br />
• 50 % Wasser<br />
Workflow. „Herstellung einer Krone“.<br />
Anwender können mit den Standardvoreinstellungen<br />
arbeiten oder sich eigene<br />
erarbeiten und eingeben. Der erste Schritt<br />
wird mit dem Fußschalter aktiviert. Nach<br />
Ausführung wird der nächste ausgewählt<br />
und durchgeführt, bis alle Schritte<br />
abgeschlossen sind.
ZBW_2-3/2022<br />
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29_FORTBILDUNG<br />
7<br />
Navigator. Schaltzentrale für wichtige Anwendungen.<br />
viert. Bei Bedarf kann der Benutzer mittels digitaler Regler<br />
und Schaltflächen Geschwindigkeit sowie Spray-Nebel anpassen<br />
und/oder auf andere Geräteparameter zugreifen.<br />
Be<strong>im</strong> Arbeitsschritt „Polymerisation“ wird die opt<strong>im</strong>ale Belichtungszeit<br />
und Strahlungsenergie eingestellt. Bei der Arbeitsprozedur<br />
„Wurzelkanalbehandlung“ können bei jedem<br />
Schritt die Auswahl der Feilen, die opt<strong>im</strong>ale Geschwindigkeit<br />
und das Drehmoment festgelegt werden. Selbstverständlich<br />
können die Einstellungen der Behandlungsleuchte<br />
und der Patientenliege über das Dashboard vorgenommen<br />
werden.<br />
Im Navigator sind bereits mehrere Apps vorinstalliert: Die<br />
Administrations-App wird zum Einrichten und Konfigurieren<br />
des Gerätes benutzt. Die Dental-App dient dazu, Instrumente,<br />
Gerät, Stuhl automatisch gemäß den Präferenzen des<br />
jeweiligen Benutzers einzurichten. Die Kamera- und Bilder-<br />
App ermöglicht die Steuerung einer integrierten intraoralen<br />
Videokamera sowie die Verwaltung der Bilder. Die Ergonomie-Guide-App<br />
ist ein Lehr- und Lernprogramm, welches<br />
behandler- und assistenzbezogen auf den zu behandelnden<br />
Zahn und die zu behandelnde Zahnoberfläche eine opt<strong>im</strong>ale<br />
gesunderhaltende Arbeitsposition und opt<strong>im</strong>ale Patientenposition<br />
vorgibt. Sie gibt Anleitungen zur Positionierung<br />
des Patientenkopfes, zur Absaugung, zur Lichteinstellung<br />
und Einstellungen der Patientenliege. Die Fernbedienungs-<br />
App dient zur Anzeige und Interaktion mit Software, die auf<br />
<strong>im</strong> Netzwerk erreichbaren Computern läuft.<br />
Weitere Apps können integriert werden wie z. B. ein Programm<br />
zur Röntgendiagnostik, ein Programm zum Diagnostizieren<br />
von Mundschle<strong>im</strong>hauterkrankungen und vieles<br />
mehr.<br />
Lehrprogramme zu unterschiedlichen Tätigkeiten wie z. B.<br />
Röntgen, Abformung, Kofferdam anlegen, manuelle Funktions-<br />
und Strukturanalyse, Aufzeichnung von Unterkieferbewegungen<br />
und vieles mehr können integriert werden. Basierend<br />
auf all diesen Eingaben kann nach Ende der Patientenbehandlung<br />
zur Dokumentation ein detailliertes Behandlungsprotokoll<br />
ausgedruckt werden. Dies enthält Befunde,<br />
Diagnosen, Behandlungsmaßnahmen, Materialien, Instrumente,<br />
etc.<br />
FAZIT<br />
Die Digitalisierung wird Behandlungsmöglichkeiten, Durchführung<br />
der Behandlung, Qualitätssicherung und Dokumentation<br />
spürbar und nachhaltig verbessern. Speziell in Großpraxen<br />
können einheitliche Strukturen umgesetzt werden<br />
und dadurch auch bei unterschiedlichen Behandlern/-innen<br />
ein durchgängiges Qualitätsmanagement gewährleisten.<br />
Das Literaturverzeichnis kann be<strong>im</strong> IZZ bestellt werden unter<br />
Tel: 0711/222966-14 oder E-Mail: infozahnarzteblatt.de.<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
0711/222966-14<br />
info@zahnaertzeblatt.de<br />
ZA Jan Strüder<br />
Privatpraxis für<br />
<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />
Westerburg<br />
Dr. Annemarie Markl<br />
Privatpraxis für<br />
<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />
Westerburg<br />
Dr. Karina Schick<br />
Privatpraxis für<br />
<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />
Westerburg<br />
Dr. Diether Reusch<br />
Privatpraxis für<br />
<strong>Zahnmedizin</strong>,<br />
Westerburg<br />
8 9<br />
Blick in die<br />
Zukunft. Lehrprogramm<br />
zur<br />
instrumentellen<br />
Funktionsanalyse<br />
am Behandlungsstuhl.<br />
Apps. Endlose<br />
Möglichkeiten zur<br />
Entwicklung<br />
weiterer Apps.
30_FORTBILDUNG<br />
ZBW_2-3/2022<br />
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Gruppenbild. Das Herbst-Meeting des FFZ bot interessante und wichtige Themen. Dipl.-Volkswirt Christoph Besters, Dr. Susanne Fath,<br />
PD Dr. Wiebke Semper-Hogg, Dr. Elmar Ludwig, Prof. Dr. Elmar Hellwig und Dr. Hans Hugo Wilms (v. l.).<br />
Foto: FFZ<br />
FFZ: Herbst-Meeting als Hybrid-Veranstaltung<br />
ZUKUNFTSTHEMEN FÜR DIE<br />
ZAHNÄRZTESCHAFT<br />
Das traditionelle Herbst-Meeting <strong>im</strong> Fortbildungsforum Zahnärzte (FFZ) der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW) fand Ende November 2021<br />
unter der Leitung von Prof. Dr. Elmar Hellwig als Hybridveranstaltung statt. Aufgrund<br />
der durch Corona bedingten Hygieneauflagen bei notwendigem Abstand konnte eine<br />
kleinere Anzahl von Kolleginnen und Kollegen die Vorträge in Präsenz hören, alle<br />
anderen waren online zugeschaltet. Die technische Umsetzung erfolgte reibungslos und<br />
professionell.<br />
Im ersten Vortrag ging Dr. Susanne<br />
Fath aus Berlin auf das Thema „Gender<br />
Dentistry – Was wir über Gender-<br />
<strong>Zahnmedizin</strong> wissen sollten“ ein. Dabei<br />
stellte sie klar, dass sowohl in der<br />
Diagnostik als auch in der Therapie<br />
die Unterschiede zwischen Mann und<br />
Frau Berücksichtigung finden sollten.<br />
Hierbei muss das biologische Geschlecht<br />
und das soziologische Geschlecht<br />
(gender) beachtet werden.<br />
Während das biologische Geschlecht<br />
durch physiologische, zum Teil hormonmodulierende<br />
Faktoren gekennzeichnet<br />
ist, ist das soziologische Geschlecht<br />
durch Gesellschaft, Erziehung<br />
usw. geprägt.<br />
GENDER-ZAHNMEDIZIN<br />
In dem einleitenden Kapitel ihres<br />
Vortrags verdeutlichte sie an Beispielen,<br />
dass in vielen Bereichen der Medizin<br />
und der Grundlagenforschung<br />
der Unterschied zwischen Männern<br />
und Frauen nicht berücksichtigt<br />
wird. Dabei ist dies gerade <strong>im</strong> allgemeinmedizinischen<br />
Bereich für das<br />
Erkennen und die Therapie von Erkrankungen<br />
wichtig. Als Beispiel<br />
zeigte sie hier, dass die Symptome für
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
31_FORTBILDUNG<br />
einen Herzinfarkt bei Männern und<br />
Frauen durchaus sehr unterschiedlich<br />
sein können und auch die Dosierung<br />
von Medikamenten verschieden<br />
sein muss. Dr. Fath zeigte, dass die<br />
Mortalität einer Coviderkrankung<br />
bei Männern höher ist als bei Frauen<br />
und sie ging in ihrem Vortrag auf die<br />
Unterschiede in der genetischen Prädisposition<br />
für die Modulation von<br />
Stoffwechsel und Morbidität ein.<br />
Speziell Auto<strong>im</strong>munerkrankungen<br />
sind bei Frauen häufiger als bei Männern.<br />
Aber auch Genderursachen wie<br />
Ernährungsgewohnheiten, individuelles<br />
Stresserleben, Sport, Rauchen<br />
und Alkoholkonsum sind bei Männern<br />
und Frauen verschieden und<br />
wirken sich auf die Entstehung und<br />
das Ansprechen auf Therapie unterschiedlich<br />
aus. Auch das Präventionsverhalten,<br />
die Hilfe-Inanspruchnahme,<br />
die Nutzung von Vorsorgeuntersuchungen<br />
ist bei Frauen wesentlich<br />
besser als bei Männern. In der <strong>Zahnmedizin</strong><br />
zeigt sich der Unterscheid<br />
insbesondere in der Karieserfahrung.<br />
Hier konnte die Deutsche Mundgesundheitsstudie<br />
V zeigen, dass Frauen<br />
eine etwas höhere Karieserfahrung<br />
aufweisen, Männer allerdings mehr<br />
unversorgte Zähne. Die Speichelfließrate<br />
ist bei Männern und Frauen<br />
hormonbedingt unterschiedlich und<br />
Parodontalerkrankungen finden sich<br />
häufiger bei Männern. Zusammenfassend<br />
stellte Dr. Fath fest, dass man<br />
zwar viel über die Unterschiede zwischen<br />
Männern und Frauen bei der<br />
Krankheitsentstehung und dem Gesundheitsverhalten<br />
weiß, dass allerdings<br />
noch sehr viel Forschung <strong>im</strong><br />
Bereich Therapieerfolge notwendig<br />
ist. Man weiß auch wenig über die<br />
unterschiedliche zahnärztliche Vorgehensweise<br />
von Zahnärztinnen und<br />
Zahnärzten bei gleicher Diagnose.<br />
HYBRIDPROTHETIK<br />
Im zweiten Vortrag ging Prof. Dr. Nicola<br />
Zitzmann, Vorsteherin der Klinik<br />
für Rekonstruktive <strong>Zahnmedizin</strong><br />
am Universitären Zentrum für <strong>Zahnmedizin</strong><br />
Basel, auf die Vor- und Nachteile<br />
der Hybridprothetik ein. Sie<br />
stellte anhand von Patientenfällen<br />
eindrucksvoll dar, wie es möglich ist,<br />
sowohl <strong>im</strong>plantatunterstützt, aber<br />
auch unter Einbeziehung der eigenen<br />
Zähne Hybridprothetik sowohl ästhetisch,<br />
als auch funktionell langfristig<br />
einzugliedern. Als Halteelemente<br />
kommen für Hybridzahnersatz<br />
üblicherweise die Gussklammer,<br />
das Adhäsivattachment mit extrakoronalem<br />
Geschiebe, die Teleskopkrone<br />
und die Wurzelstiftkappe in Betracht.<br />
Dabei soll die prothetische<br />
Versorgung so offen wie möglich gestaltet<br />
werden und natürlich über<br />
eine ausreichende Retention verfügen.<br />
Bei einer Modellgussprothese<br />
sind spezielle Anforderungen an das<br />
Retentionselement zu stellen und dabei<br />
sollte ein Jiggling vermieden werden.<br />
Prof. Zitzmann ging speziell auf<br />
die Wurzelstiftkappe ein, die sie als<br />
sehr gute Möglichkeit der Verankerung<br />
einer Hybridprothese charakterisierte.<br />
Sie stellte die zahnärztlichen<br />
und zahntechnischen Arbeiten für<br />
die Herstellung einer derartigen Hybridprothese<br />
vor und gab Tipps zum<br />
erfolgreichen Prozedere.<br />
ALTERSZAHNMEDIZIN<br />
Im dritten Vortrag ging Dr. Elmar<br />
Ludwig aus Ulm auf die „Alterszahnmedizin<br />
in der Praxis“ mit speziellem<br />
Hinblick auf Patientinnen und Patienten<br />
mit Handicap ein. In diesem<br />
Zusammenhang verwies er auf die<br />
Internetseite der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg, auf<br />
der <strong>im</strong> Bereich Alters- und Behindertenzahnheilkunde<br />
unter unterschiedlichen<br />
Überschriften die wichtigsten<br />
Charakteristika dieses Bereichs zusammengestellt<br />
sind. So ist hier für<br />
den Arbeitskreis Alterszahnheilkunde<br />
und Behindertenbehandlung ein<br />
Betreuungskonzept zu finden. Es<br />
gibt Hinweise zu rechtlichen Grundlagen<br />
und zur Abrechnung von zahnmedizinischen<br />
Leistungen und zudem<br />
Flyer und Formulare, Schulungsmaterialien<br />
und die Namen der<br />
Senioren- und Behindertenbeauftragten<br />
in den Bezirkszahnärztekammern<br />
sind aufgeführt. Dr. Ludwig<br />
ging in seinem lebhaften und praxisnahen<br />
Vortrag auf einzelne wichtige<br />
Punkte in diesem Gesamtkonzept ein<br />
und stellte klar, dass mehr als vier<br />
Millionen Menschen mittlerweile einen<br />
Pflegegrad haben und die Bevölkerung<br />
<strong>im</strong>mer älter wird. Das Älterwerden<br />
ist häufig gekennzeichnet<br />
durch Immobilität, Instabilität, Inkontinenz,<br />
Irritabilität, Iatrogenität<br />
und Isolation. Den besonderen Bedarf<br />
und die Bedürfnisse der älteren<br />
und behinderten Patientinnen und<br />
Patienten gilt es zu erkennen. Es ist<br />
klar, dass der Ernährungsstatus besser<br />
ist, wenn die älteren Patientinnen<br />
und Patienten besser kauen können.<br />
Damit wird auch den Gebrechlichkeiten<br />
vorgebeugt. Die Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg und<br />
die Kassenzahnärztliche Vereinigung<br />
Baden-Württemberg sind Vorreiter<br />
bei der zahnärztlichen Betreuung in<br />
der Pflege. Pflegende werden geschult<br />
und Betroffene können damit<br />
besser betreut werden. Es darf in diesem<br />
Zusammenhang festgehalten<br />
werden, dass die hervorragenden Unterlagen<br />
und Hinweise, die regelmäßig<br />
aktualisiert werden, den niedergelassenen<br />
Kolleginnen und Kollegen<br />
Möglichkeiten an die Hand geben,<br />
sich mit diesem Thema intensiv zu<br />
beschäftigen.<br />
DIGITALE VOLUMENTOMOGRAPHIE<br />
Im letzten Vortrag ging PD Dr. Wiebke<br />
Semper-Hogg auf die „Möglichkeiten<br />
und L<strong>im</strong>itationen der Digitalen Volumentomographie<br />
in der <strong>Zahnmedizin</strong>“<br />
ein. Der Fokus lag zunächst auf<br />
den Grundlagen der Bildentstehung<br />
sowie Ursachen der Veränderung des<br />
Datensatzes durch übliche Artefakte.<br />
Zur praktischen Anwendung in der<br />
<strong>Zahnmedizin</strong> wurden Indikationen<br />
für die Digitale Volumentomographie<br />
anhand von Fallbeispielen dargelegt.<br />
Besonderes Augenmerk legte Dr. Semper-Hogg<br />
auf die exakte Registrierung<br />
verschiedener Datensätze (DVT, Intraoralscan,<br />
Facescan) für virtuelle<br />
Planungen, die den Behandlungserfolg<br />
maßgeblich beeinflussen kann.<br />
Trotz coronabedingter Einschränkungen<br />
ist es auch in diesem Jahr mit dem<br />
Herbst-Meeting wieder gelungen,<br />
wichtige Themen aus unterschiedlichen<br />
Bereichen der <strong>Zahnmedizin</strong><br />
durch kompetente Referentinnen und<br />
Referenten sehr interessant zu präsentieren.<br />
Prof. Dr. Elmar Hellwig
32_FORTBILDUNG<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Ehrentitel verliehen<br />
DR. MICHAEL KORSCH,<br />
M.A. WIRD<br />
AUSSERPLANMÄSSIGER<br />
PROFESSOR<br />
Online-Vorlesung. Prof. Dr. Michael Korsch,<br />
M.A. bei der Antrittsvorlesung.<br />
Foto: FFZ<br />
Mitte Dezember 2021 wurde PD Dr. Michael Korsch M. A., langjähriger Mitarbeiter und<br />
Leiter der Oralchirurgie der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe seine Ernennungsurkunde<br />
zum außerplanmäßigen Professor vom Dekan der Universität des Saarlandes, Prof.<br />
Dr. Michael Menger überreicht. Dr. Korsch tritt damit in die Fußstapfen der beiden ehemaligen<br />
Direktoren der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, Prof. Dr. Michael<br />
Heners und Prof. Dr. Winfried Walther, die ebenfalls als Professoren für Homburg tätig waren.<br />
Während der wissenschaftliche Schwerpunkt<br />
von Professor Korsch <strong>im</strong> Rahmen<br />
seiner Habilitation, die 2016 erfolgreich<br />
abgeschlossene wurde, bei der „Zementassoziierten<br />
peri<strong>im</strong>plantären Entzündung“<br />
lag, bearbeitete er seitdem eine ganze<br />
Reihe weiterer klinischer Fragestellungen<br />
aus der zahnärztlichen Implantologie.<br />
IMPLANTOLOGIE<br />
Hierzu sind beispielsweise einige Studien<br />
zu zählen, bei der die Arbeitsgruppe<br />
um Michael Korsch anhand von Fallvignetten<br />
die Entscheidungsfindung<br />
chirurgisch tätiger Zahnärzte bei reduziertem<br />
Knochenangebot untersuchte<br />
oder auch die Evaluation des chirurgischen<br />
und prothetischen Erfolges von<br />
All-on-4-Restaurationen. Ein sehr patientenzentrierter<br />
Ansatz ist die Ermittlung<br />
der postoperativen Beschwerden<br />
bei unterschiedlichen Augmentationstechniken<br />
sowie bei Anwendung des Allon-4-Konzeptes<br />
mit und ohne Einbezug<br />
von Zygoma-Implantaten. Einen weiteren<br />
innovativen Schwerpunkt seiner klinisch<br />
relevanten Forschung bildet zweifellos<br />
die Anwendung von autologem<br />
Dentin <strong>im</strong> Rahmen von augmentativen<br />
Maßnahmen. Autologes Dentin kann<br />
bei der Socket Preservation, bei der Sofort<strong>im</strong>plantation<br />
mit/ohne prothetischer<br />
Sofortversorgung und bei Augmentationen<br />
knöcherner Defekte, Verwendung<br />
finden. Insbesondere hervorzuheben<br />
ist die „Tooth-Shell Technique“,<br />
bei der autologes Dentin als<br />
gleichwertige Alternative zu Knochenblocktransplantaten<br />
zum Einsatz<br />
kommt und dadurch eine Spenderregion<br />
unnötig macht. Ausdruck findet die<br />
wissenschaftliche Tätigkeit auch in der<br />
Betreuung von abgeschlossenen und aktuell<br />
laufenden Dissertationsvorhaben.<br />
LEHRTÄTIGKEIT<br />
Seinen Lehrverpflichtungen kommt Professor<br />
Korsch in vielfacher Hinsicht nach.<br />
Neben seiner Lehre an der Universität des<br />
Saarlandes ist er u. a. den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern des Curriculums<br />
Implantologie an der Akademie für Zahnärztliche<br />
Fortbildung Karlsruhe als Referent<br />
und fachlicher Leiter des Abschlusskurswochenendes<br />
bestens bekannt. Darüber<br />
hinaus können <strong>im</strong>plantologische<br />
Novizen in dem praktisch orientierten<br />
zweitägigen Kurs „Implantats<strong>im</strong>ulator“,<br />
den Michael Korsch an der Akademie leitet,<br />
profitieren. Die Teilnehmenden inserieren<br />
hier am Phantom unter fachkundiger<br />
Aufsicht insgesamt 21 Implantate.<br />
Am 19. Januar 2022 fand coronakonform<br />
die Antrittsvorlesung von Professor<br />
Korsch zum Thema „Augmentation mit<br />
autologem Dentin“ <strong>im</strong> Online-Format<br />
statt. Das ganze Team der Akademie für<br />
Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe gratulierte<br />
Prof. Dr. Michael Korsch M.A. zu<br />
seiner Ernennung.<br />
Dr. Dr. H. U. Brauer M.A. M.Sc., Akademie<br />
für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe
FORTBILDUNG<br />
33_NAMEN UND NACHRICHTEN<br />
INFO<br />
CURRICULUM VITAE<br />
1997–2003<br />
<strong>Zahnmedizin</strong>studium an der<br />
Universität Heidelberg<br />
2003<br />
Approbation<br />
2004<br />
Promotion zum Dr. med. dent.<br />
2004-2005<br />
Assistenzzeit in freier Praxis<br />
2005-2008<br />
Weiterbildung zum Fachzahnarzt für<br />
Oralchirurgie an der Universität<br />
Zürich und in zwei freien Praxen für<br />
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />
2007<br />
Tätigkeitsschwerpunkte Parodontologie<br />
und Implantologie (DGI)<br />
2008<br />
Fachzahnarzt für Oralchirurgie<br />
2008<br />
Eintritt in die Akademie für<br />
Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe<br />
2009<br />
Leiter der Oralchirurgie der<br />
Akademie für Zahnärztliche<br />
Fortbildung Karlsruhe<br />
2009<br />
Master of Arts Integrated Practice<br />
in Dentistry<br />
2011<br />
Lehrauftrag an der Universität des<br />
Saarlandes<br />
2013<br />
Verleihung des PEERS-Förderpreises<br />
von Dentsply<br />
2016<br />
Habilitation an der Universität des<br />
Saarlandes<br />
2016<br />
Gründung des Zentrums für<br />
Implantologie und Oralchirurgie in<br />
Heidelberg<br />
2021<br />
Professor an der Universität des<br />
Saarlandes<br />
INFO<br />
Hier findet man das<br />
Video zur Antrittsvorlesung.<br />
https://youtu.be/-<br />
xtiVgCJ8aw<br />
PERSONALISIERTE<br />
THERAPIEANSÄTZE<br />
Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter<br />
ist seit Januar neue Ärztliche<br />
Direktorin der Klinik für Mund-,<br />
Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastisch-ästhetische<br />
Operationen, Zentrum<br />
für Implantologie am Klinikum<br />
Stuttgart.<br />
Von 2017 bis 2021 war Prof. Beck-<br />
Broichsitter an der Charité Berlin als<br />
Oberärztin tätig, die beiden letzten<br />
Jahre als stellvertretende Direktorin<br />
der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie.<br />
2018 wurde sie an<br />
der Charité auf den Lehrstuhl „computerassistierte-rekonstruktive<br />
Gesichtschirurgie“ berufen. Ihre<br />
Weiterbildung zur Fachärztin für<br />
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />
erfolgte am Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein in Kiel und<br />
am Universitätsklinikum Hamburg<br />
Eppendorf, an dem sie auch die Zusatzbezeichnung<br />
für Plastische Operationen<br />
erlangte.<br />
Das für diesen Fachbereich notwendige<br />
Doppelstudium Human- und<br />
<strong>Zahnmedizin</strong> hat die gebürtige Ostholsteinerin<br />
in Frankfurt am Main<br />
und in Kiel absolviert. An der Universität<br />
zu Kiel belegte die 40-Jährige<br />
zusätzlich erfolgreich den berufsbegleitenden<br />
Masterstudiengang<br />
„Master of Hospital Management“.<br />
Einer ihrer wissenschaftlichen<br />
Schwerpunkte liegt in der künstlichen<br />
Gewebezüchtung, dem so genannten<br />
Tissue Engineering.<br />
Ihre Habilitation zum Thema „Endokultivierung,<br />
Quo vadis? – Auf<br />
den Spuren der natürlichen Knochenheilung“<br />
erlangte sie 2016,<br />
ebenso die Lehrbefugnis für das<br />
Fach Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.<br />
Seit 2020 absolviert Prof.<br />
Beck-Broichsitter zudem den Masterstudiengang<br />
Implantologie und<br />
Parodontologie sowie den Tätigkeitsschwerpunkt<br />
für ästhetische<br />
Gesichtschirurgie.<br />
Als neue Ärztliche Direktorin der<br />
Klinik will Prof. Beck-Broichsitter<br />
den Fokus insbesondere auf die Anwendung<br />
personalisierter Therapieansätze<br />
innerhalb der Mund-, Kiefer-<br />
und Gesichtschirurgie legen –<br />
insbesondere auf die Verwendung<br />
von patientenspezifischen Implantaten<br />
<strong>im</strong> onkologisch-rekonstruktiven<br />
Bereich, aber auch in der orthognathen<br />
Chirurgie, der Traumatologie,<br />
der dentalen Implantologie, der<br />
Epithetik, der Chirurgie des Kiefergelenks<br />
und bei Patient:innen mit<br />
Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten.<br />
Aber auch die Entfernung von bösartigen<br />
Tumoren der Gesichtshaut<br />
und die folgende, ästhetisch ansprechende<br />
Wiederherstellung als klassisches<br />
chirurgisches Betätigungsfeld<br />
der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />
soll weiterhin auf hohem Niveau<br />
angeboten werden.<br />
INFO<br />
Klinikum Stuttgart<br />
Das Klinikum Stuttgart umfasst<br />
das Katharinenhospital, das Krankenhaus<br />
Bad Cannstatt und<br />
Deutschlands größte Kinderklinik,<br />
das Olgahospital. 7000 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, darunter<br />
2700 Pflegekräfte und 1000<br />
Ärztinnen und Ärzte, versorgen<br />
jährlich rund 90.000 Patientinnen<br />
und Patienten stationär und fast<br />
600.000 ambulant, einschließlich<br />
100.000 Notfällen. Über 3600<br />
Geburten und mehr als 53.000<br />
Operationen werden jedes Jahr<br />
<strong>im</strong> Klinikum Stuttgart betreut.
34_IM BLICK<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Im Gespräch mit dem Beauftragten für Nachhaltigkeit der LZK<br />
NACHHALTIGE<br />
ZAHNMEDIZIN – VON PRÄVENTION<br />
BIS KLIMASCHUTZ<br />
Globale Erwärmung und Umweltverschmutzung – das betrifft nicht nur die anderen irgendwo<br />
in der Ferne, betont PD Dr. Daniel Hellmann, Leiter der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung<br />
Karlsruhe und Beauftragter für Umwelt und Nachhaltigkeit der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg. In den vergangenen Wochen unterstrich er in zahlreichen Interviews und<br />
Gesprächen <strong>im</strong>mer wieder, dass die Zahnärzteschaft einen wertvollen Beitrag zu einer<br />
nachhaltigen Entwicklung leisten und mit gutem Beispiel vorangehen kann. Auch das ZBW<br />
interessierte sich für diese Details.<br />
ZBW: Dr. Hellmann, was bedeutet Nachhaltigkeit<br />
für Sie persönlich und wo sehen<br />
Sie Verbindungen zur <strong>Zahnmedizin</strong>?<br />
Die Nachhaltigkeit ist ein in den Medien<br />
und der Werbung sehr strapazierter Begriff<br />
geworden, und daher orientiere ich<br />
mich an der Agenda 2030 der UN. Dort<br />
sind 17 Nachhaltigkeitsziele formuliert,<br />
die als Fahrplan für ein gemeinsames<br />
und menschenwürdiges Leben innerhalb<br />
der Weltgemeinschaft verstanden werden<br />
können. Die Ziele Nr. 3 „Gesundheit<br />
und Wohlergehen“ und Nr. 13 „Maßnahmen<br />
zum Kl<strong>im</strong>aschutz“ haben direkte<br />
Schnittstellen zur <strong>Zahnmedizin</strong>. Ebenso<br />
der in verschiedenen Zielen der Agenda<br />
beinhaltete Umwelt- und Naturschutz.<br />
Immer wieder hört und liest man davon,<br />
dass, Nachhaltigkeit und Umweltschutz<br />
gleichzeitig auch Gesundheitsschutz<br />
bedeuten – ist das wirklich so?<br />
Fotos: M. Lehr<br />
Kl<strong>im</strong>aschutz. „Die in der <strong>Zahnmedizin</strong> etablierte Prophylaxe bedeutet auch Kl<strong>im</strong>aschutz,<br />
da der Bedarf an komplexer Behandlung vermieden werden kann.“<br />
Nun, die „Lancet Commission on pollution<br />
and health” stellte 2018 fest, dass<br />
die Umweltverschmutzung in den Jahren<br />
2015/16 für circa neun Millionen<br />
vorzeitige Todesfälle verantwortlich gewesen<br />
sein soll – das wären dre<strong>im</strong>al<br />
mehr Todesfälle als durch AIDS, Tuberkulose<br />
und Malaria zusammen. Andere<br />
Autoren stellen sogar noch höhere Zahlen<br />
in den Raum – der tatsächliche Beweis<br />
erscheint allerdings schwierig.<br />
Mit Schadstoffen belastete Nahrungsmittel<br />
gelangen über nicht mehr nachvollziehbare<br />
Lieferketten auf die Tische<br />
zum Verzehr und Mikroplastik ist in<br />
der Nahrungskette allgegenwärtig. Und<br />
anstatt Wege zur Lösung solcher Probleme<br />
zu finden, wird eher über vertretbare<br />
Grenzwerte und Einfuhrkontrollen<br />
diskutiert.<br />
Die Folgen des vom Menschen gemachten<br />
Kl<strong>im</strong>awandels wurden auch in<br />
Deutschland beeindruckend und vernichtend<br />
sichtbar. Medizinisch gesehen<br />
wird die Zunahme von Hitzeperioden<br />
unmittelbar negative Auswirkungen<br />
auf die Herzinfarktmorbidität und<br />
-mortalität und auf die Häufigkeit von<br />
Schlaganfällen und Akutmanifestationen<br />
von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
haben. Die Verbreitung, die Menge und<br />
die Allergenität von Pollen werden sich<br />
erhöhen – die Zahl der Allergiker*innen<br />
wird ansteigen. Ich könnte die Liste weiter<br />
fortsetzen. Es ist eine Illusion, dass<br />
uns die Themen Kl<strong>im</strong>awandel, Nachhaltigkeit<br />
und Umweltschutz in<br />
Deutschland nur peripher beträfen.<br />
Und wo findet sich der direkte Bezug zur<br />
Zahn- und Mundgesundheit?<br />
Einige Themen werden tatsächlich bereits<br />
bearbeitet. Durch steigende Tem-
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
35_IM BLICK<br />
peraturen verändert sich zum Beispiel<br />
die Modulation von Entzündungsprozessen<br />
und damit wahrscheinlich auch<br />
die Immunantwort auf einen dysbiotischen<br />
Biofilm, was in der Folge die Progredienz<br />
einer Parodontitis begünstigen<br />
könnte. Des Weiteren werden schon<br />
länger Veränderungen der Zahnhartsubstanzen<br />
durch den Einfluss von<br />
Plastikkomponenten und Mikroplastik<br />
diskutiert, was wiederum einen Risikofaktor<br />
für die Entstehung von Karies<br />
darstellen könnte. Trotz erster wissenschaftlicher<br />
Initiativen ist aber zu konstatieren,<br />
dass auf dem Gebiet der<br />
<strong>Zahnmedizin</strong> in jedem Fall Forschungsbedarf<br />
besteht.<br />
Wo sehen Sie Möglichkeiten zum Umwelt-<br />
und Kl<strong>im</strong>aschutz in der täglichen<br />
Praxis?<br />
Inspiriert durch die „Checkliste Nachhaltigkeit“<br />
und die bereitgestellten Videos<br />
der LZK Baden-Württemberg kann<br />
jedes Praxisteam bereits morgen starten.<br />
Beispiele für direkte und unkomplizierte<br />
Handlungsmöglichkeiten sind<br />
der Einsatz von Ökostrom bei gleichzeitiger<br />
Reduktion des Energieverbrauchs,<br />
die Reduktion von Abfall und seine korrekte<br />
Verwertung und Entsorgung oder<br />
eine angepasste Materialwirtschaft. Allerdings<br />
ist es so, dass gut 50 Prozent<br />
der Kohlenstoffemissionen rund um<br />
den Betrieb einer Zahnarztpraxis durch<br />
die Mobilität der Patient*innen und<br />
des Teams zum Erreichen der Praxis anfallen.<br />
Hier kann schon ein eventuell<br />
notwendiges Überdenken der persönlichen<br />
Gewohnheiten in Bezug auf die<br />
Mobilität helfen. Und es wird deutlich,<br />
dass die in der <strong>Zahnmedizin</strong> etablierte<br />
Prophylaxe auch Kl<strong>im</strong>aschutz bedeutet,<br />
da der Bedarf an komplexer Behandlung<br />
vermieden werden kann. Ist diese<br />
aber dennoch notwendig, ist durch eine<br />
Bündelung von Terminen und den Einsatz<br />
moderner Behandlungstechniken<br />
wie z. B. digitaler Verfahren in der Prothetik<br />
oder der Single-Visit-Endodontie<br />
eine Möglichkeit zur Reduktion von Patientenkontakten,<br />
von Abfall und des<br />
Energieverbrauchs gegeben. Allerdings<br />
müssten die Kosten für die Schaffung<br />
der technischen Voraussetzungen und<br />
die Ausbildung in solchen modernen<br />
Verfahren über das Honorar an die Praxis<br />
zurückfließen. Und natürlich sind<br />
auch die Industrie und die Zulieferer gefordert,<br />
eine nachhaltige Entwicklung<br />
voranzutreiben. Doch alle diese Entwicklungen<br />
können nicht nur von der<br />
Basis ausgehen – es sind auch politisch<br />
Wertentscheidungen zu treffen.<br />
Die Karlsruher Konferenz, der<br />
Tag der ZFA 2022 stehen in<br />
diesem Jahr unter dem Thema<br />
„Nachhaltige <strong>Zahnmedizin</strong> –<br />
von Prävention bis Kl<strong>im</strong>aschutz“<br />
und gliedern sich in<br />
mehrere thematische Anteile?<br />
Was erwartet die Teilnehmer*innen<br />
<strong>im</strong> zahnmedizinischen<br />
Teil der Veranstaltung?<br />
Der Vormittag wird sich mit<br />
fachspezifischen Themen <strong>im</strong><br />
Sinne des Ziels „Gesundheit<br />
und Wohlergehen“ auseinandersetzen,<br />
aber auch anteilig<br />
den Umwelt- und Kl<strong>im</strong>aschutz<br />
tangieren. Ein Update<br />
zur Prävention wird uns Prof.<br />
Dr. Stefan Z<strong>im</strong>mer geben.<br />
PD Dr. Bartols wird über die<br />
Single-Visit-Endodontie berichten<br />
und den allgemeinen<br />
Bezug zur Nachhaltigkeit<br />
herstellen. Prof. Dr. Nicole Arweiler und<br />
Prof. Dr. Sven Rinke werden uns nachhaltige<br />
Behandlungskonzepte in der Parodontologie<br />
und Perioprothetik präsentieren.<br />
Be<strong>im</strong> Tag der ZFA klären Badegül<br />
Top, Veronica Leo und Kendra<br />
Bernhardt aus unserem Haus ihre ZFA-<br />
Kolleginnen darüber auf, was Fehlervermeidung<br />
<strong>im</strong> Alltag einer ZFA mit Nachhaltigkeit<br />
zu tun hat. Prof. Dr. Stefan<br />
Z<strong>im</strong>mer und Prof. Dr. Dirk Ziebolz widmen<br />
sich den Themen der Prävention<br />
und Nachsorge und der Physiotherapeut<br />
Matthias Thoni wird wertvolle<br />
Hinweise zur Ergonomie geben – es geht<br />
also auch um die Gesundheit und das<br />
Wohlergehen unserer Fachangestellten.<br />
Ich habe gesehen, dass die Veranstaltung<br />
am Nachmittag verschmilzt. Erläutern<br />
Sie uns diesen Hintergrund?<br />
Nachhaltigkeit ist eine Teamleistung.<br />
Daher erscheint es uns sinnvoll, dass<br />
auch das gesamte Praxisteam gemeinsam<br />
von der bekannten und renommierten<br />
Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann<br />
über die Auswirkungen der Kl<strong>im</strong>aerwärmung<br />
auf den Menschen und<br />
von Prof. Dr. Brett Duane aus Dublin<br />
über den Stand der Nachhaltigkeit in<br />
der <strong>Zahnmedizin</strong> und die zu bewältigenden<br />
Aufgaben informiert wird. Die<br />
ebenfalls am Nachmittag vorgestellten<br />
ärztlichen Initiativen zum Kl<strong>im</strong>aschutz,<br />
können den Teams Vorbild und Partner<br />
sein und Inspiration stiften. Am Ende<br />
des Tages wird klar werden, dass es unvermeidbare<br />
Emissionen unserer Tätigkeit<br />
gibt und wir stellen vor, wie diese<br />
kompensiert werden können.<br />
Entwicklungsprozess. „Wir werden <strong>im</strong> eigenen Haus eine<br />
nachhaltige Entwicklung <strong>im</strong> Sinne eines strukturierten Umweltmanagements<br />
vorantreiben und den Kolleg*innen in der<br />
Praxis zur Seite stehen.“<br />
Wird denn auch der Karlsruher Vortrag<br />
das Thema Nachhaltigkeit behandeln?<br />
Sprecher des Karlsruher Vortrags 2022<br />
wird Prof. Dr. Michael Braungart aus<br />
Hamburg sein. Er gehört zu den Begründern<br />
der „Cradle-to-Cradle“-Bewegung<br />
– dem Konzept eines nicht endenden<br />
Recycling-Kreislaufes. Er ist ein Visionär<br />
und Vordenker, und sein Vortrag<br />
wird uns aufrütteln und unsere Gedanken<br />
zum Thema für <strong>im</strong>mer verändern –<br />
da bin ich mir sicher.<br />
Bleibt die Nachhaltigkeit in der Akademie<br />
auch nach der Konferenz ein Thema?<br />
Auf jeden Fall! Wir werden <strong>im</strong> eigenen<br />
Haus eine nachhaltige Entwicklung<br />
<strong>im</strong> Sinne eines strukturierten<br />
Umweltmanagements vorantreiben<br />
und Kolleg*innen und ihren Praxisteams<br />
in Seminaren und später dann<br />
auch in Form direkter Beratung vor<br />
Ort in der Praxis zur Seite stehen.<br />
Es gibt auf Dauer keine andere Alternative<br />
als sich mit dem Thema auseinanderzusetzen<br />
– je früher, desto besser.<br />
Es liegt auf der Hand, dass wir die<br />
Ziele zur Nachhaltigkeit nicht ad hoc<br />
und vollumfänglich in die Tat umsetzen<br />
können. Aber jeder erste kleine<br />
Schritt hilft und kann der Anfang eines<br />
fortwährenden Entwicklungsprozesses<br />
sein. Die Karlsruher Konferenz<br />
und der Karlsruher Vortrage 2022 sollen<br />
hierfür Inspiration stiften.<br />
Die Fragen stellte<br />
Cornelia Schwarz
Karlsruher Konferenz 2022<br />
Karlsruher Tag der ZFA<br />
19. März 2022<br />
Karlsruher Vortrag<br />
„Cradle to Cradle“<br />
Prof. Dr. Michael<br />
Braungart<br />
Nachhaltige <strong>Zahnmedizin</strong> –<br />
Von Prävention bis<br />
Kl<strong>im</strong>aschutz<br />
Freitag,<br />
18. März 2022<br />
09.00 - 18.30 Uhr<br />
Online-Event <strong>im</strong> Livestream<br />
Fachprogramm für Zahnärzte/-innen<br />
Fachprogramm für ZFA<br />
09.00 Uhr Eröffnung<br />
PD Dr. Daniel Hellmann, Karlsruhe<br />
09.15 Uhr Prävention<br />
Mythen und Fakten der häuslichen<br />
Mundhygiene<br />
Prof. Dr. Stefan Z<strong>im</strong>mer, Witten/Herdecke<br />
10.00 Uhr Endodontie<br />
Wege in die Nachhaltigkeit<br />
PD Dr. Andreas Bartols, M.A., Karlsruhe<br />
09.00 Uhr Eröffnung<br />
Dr. Robert Heiden, Karlsruhe<br />
09.15 Uhr Praxis<br />
Provisorium, Abformung & Co. – Durch<br />
Fehlervermeidung zu mehr Nachhaltigkeit<br />
Veronica Leo, PM, ZMP, Badegül Top, ZMF,<br />
Kendra Bernhardt, Fachwirtin GS, Karlsruhe<br />
10.00 Uhr Parodontologie<br />
Behandlungserfolge langfristig sichern –<br />
Parodontale Vorbehandlung und perioprothetische<br />
Erhaltungstherapie<br />
Prof. Dr. Dirk Ziebolz, M.Sc., Leipzig<br />
10.45 Uhr<br />
Kaffeepause<br />
11.15 Uhr<br />
12.00<br />
Uhr<br />
Parodontologie<br />
Mit strukturierter UPT zum parodontologischen<br />
Langzeiterfolg<br />
Prof. Dr. Nicole Arweiler, Marburg<br />
Prothetik<br />
Behandlung mit System - 7 Schritte der evidenzbasierten<br />
Therapieplanung <strong>im</strong><br />
parodontal vorgeschädigten Gebiss<br />
Prof. Dr. Sven Rinke, M.Sc., M.Sc., Hanau<br />
11.15 Uhr Ergonomie<br />
Der Stuhl ist zum Verstellen da – Eine<br />
bessere Haltung für mehr Gesundheit<br />
Matthias Thoni, Physiotherapeut, Stuttgart<br />
12.00 Uhr Prävention<br />
Update Mundhygiene - Altes und Neues auf<br />
dem Prüfstand<br />
Prof. Dr. Stefan Z<strong>im</strong>mer, Witten/Herdecke<br />
12.45 Uhr<br />
13.15 Uhr<br />
Verleihung des Exzellenz-Preises<br />
Mittagspause
Jetzt<br />
anmelden!<br />
#kako2022 #karlsruherkonferenz<br />
www.karlsruher-konferenz.de<br />
Nachhaltigkeit in der <strong>Zahnmedizin</strong><br />
14.15 Uhr Einführung in den Nachmittag<br />
PD Dr. Daniel Hellmann, Karlsruhe<br />
14.30 Uhr Gesundheitsschutz braucht Kl<strong>im</strong>aschutz<br />
– Wie die Kl<strong>im</strong>akrise unsere Gesundheit<br />
gefährdet<br />
Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann,<br />
Augsburg<br />
15.30 Uhr Sustainability in Dentistry<br />
Prof. Dr. Brett Duane, Dublin, Irland<br />
16.30 Uhr<br />
Kaffeepause<br />
17.00 Uhr Vorstellung der Initiative KLUG<br />
Sylvia Hartmann, Berlin<br />
17.15 Uhr CO2 einsparen und ausgleichen<br />
– Mit System in die Kl<strong>im</strong>aneutralität<br />
Peter Friess, Starnberg<br />
17.45 Uhr Podiumsgespräch<br />
PD Dr. Daniel Hellmann<br />
und Gäste<br />
INFORMATIONEN auf einen Blick<br />
Freitag, 18. März 2022<br />
09.00 – 18.30 Uhr<br />
Online-Event<br />
<strong>im</strong> Livestream<br />
ZÄ/ZA 195,00 €<br />
Assistenten 100,00 €<br />
ZFA 100,00 €<br />
Studierende 50,00 €<br />
Die BZK Nordbaden übern<strong>im</strong>mt für<br />
ihre Mitglieder 50,00 € (ZÄ/ZA)<br />
bzw. 20,00 € (ZFA).<br />
Sie erhalten 8 Fortbildungspunkte.<br />
Telefon: + 49 721 9181 200<br />
E-Mail: fortbildung@za-karlsruhe.de<br />
Anmeldung unter<br />
www.karlsruher-konferenz.de
38_SOZIALES ENGAGEMENT<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Interview zur Flutkatastrophe <strong>im</strong> Ahrtal<br />
GÖPPINGER ZAHNÄRZTE HELFEN<br />
IM KATASTROPHENGEBIET<br />
Flutschäden. Aufräumarbeiten und Wiederaufbau <strong>im</strong> Ahrtal werden noch lange andauern.<br />
Foto: H. Schneider<br />
Am 14. und 15. Juli 2021 wurden mehrere Regionen in Rheinland-Pfalz und<br />
Nordrhein-Westfalen von einer verheerenden Flutkatastrophe betroffen. Im Ahr- und Erfttal<br />
wurden 450 Gebäude mitgerissen, mehr als 3.700 Häuser wurden mehr oder weniger<br />
stark beschädigt. 134 Menschen starben, mindestens 17.000 verloren ihr Hab und Gut<br />
oder erlitten erhebliche Schäden. Zahnärztin Heike Schneider und Zahnarzt Dr. Michael<br />
Schuhbeck aus Göppingen waren seitdem mehrfach zu Hilfseinsätzen <strong>im</strong> Katastrophengebiet.<br />
Im ZBW-Interview berichtet Heike Schneider von ihren Erfahrungen.<br />
ZBW: Wie kam es zu dem Entschluss,<br />
bei den Aufräumarbeiten und dem Wiederaufbau<br />
zu helfen?<br />
Vor einigen Jahren haben wir ein verlängertes<br />
Wochenende <strong>im</strong> Ahrtal verbracht<br />
und waren von der wunderschönen Region<br />
sehr angetan. Die schrecklichen<br />
Bilder von den Zerstörungen durch die<br />
Flut weckten sofort den Wunsch in uns,<br />
dort mit anzupacken. Unser Frühjahrsurlaub<br />
war coronabedingt ausgefallen.<br />
Da wir mit unserem Wohnmobil auf<br />
keinerlei Unterkunft angewiesen und<br />
handwerklich versiert sind, war es eine<br />
logische Konsequenz hinzufahren. Wir<br />
sind dann aber bewusst erst <strong>im</strong> Oktober<br />
aufgebrochen, da wir davon ausgingen,<br />
dass die Menge der Helfenden nachlassen<br />
würde.<br />
Gab es einen organisatorischen Rahmen,<br />
in dem Sie Ihre Arbeitskraft eingebracht<br />
haben?<br />
Nachdem wir uns intensiv informiert<br />
hatten, entschieden wir, uns der Dachzeltnomaden-Hilfsorganisation<br />
anzuschließen.<br />
Das ist eine Internetcommunity,<br />
die die Begeisterung fürs Campen<br />
in Autodach-Zelten teilt. Das alljährliche<br />
Treffen wurde von der Flutnachricht<br />
überschattet und einige haben<br />
spontan den Entschluss gefasst, hinzufahren<br />
und zu helfen. Die Organisation<br />
ist zu einer tragenden Säule der Hilfe<br />
geworden und nach wie vor jeden Tag<br />
<strong>im</strong> Katastrophengebiet <strong>im</strong> Einsatz.<br />
Wie ist Ihr Hilfseinsatz konkret abgelaufen?<br />
Anfang Oktober haben wir unser Wohnmobil<br />
mit allem möglichen Werkzeug<br />
bestückt und sind nach Rupperath gefahren.<br />
Das ist ein Ort oberhalb der<br />
stark geschädigten Orte Schuld und Insul<br />
<strong>im</strong> Ahrtal. Hier befindet sich das Basiscamp<br />
der Dachzeltnomaden. Willkommen<br />
ist dort jede bzw. jeder, ob mit<br />
Dachzelt oder ohne. In einem alten
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
39_SOZIALES ENGAGEMENT<br />
Schulgebäude, das vom Dorfgemeinschaftsverein<br />
unterhalten wird und den<br />
Helfenden zur Verfügung gestellt wurde,<br />
gibt es Sanitäreinrichtungen, Küche,<br />
Werkzeug- und Materiallager etc. Ich<br />
ließ mich dem Küchenteam zuteilen,<br />
mein Mann fuhr auf die Baustellen.<br />
Das Küchenteam hält nicht nur die Helfer<br />
des Camps mit gutem Essen bei Laune,<br />
sondern versorgt täglich auch noch<br />
den Ort Insul mit warmen Mahlzeiten.<br />
An starken Tagen sind das 280 Essen.<br />
Ein Campteam wartet und repariert die<br />
Geräte, kümmert sich um Lagerlogistik,<br />
Material und Sicherheitsausrüstung sowie<br />
um Matratzenlager, Mannschaftszelte<br />
und Wohnwagen, in denen Helfer<br />
ohne eigene Unterkunft nächtigen können.<br />
Das Camp wird durch Geld- und<br />
Sachspenden von Privatleuten und Firmen<br />
unterhalten. Seit die Dachzeltnomanden<br />
als gemeinnützige GmbH anerkannt<br />
sind, kommt auch finanzielle<br />
Unterstützung von „Deutschland hilft“.<br />
Von den Geldspenden werden Material,<br />
Werkzeug, Sprit für die Fahrzeuge und<br />
Generatoren, Bautrockner, Schutzausrüstung<br />
und Lebensmittel gekauft.<br />
Was war mit Blick auf den Wiederaufbau<br />
vorrangig zu tun?<br />
Die Helfenden haben hauptsächlich<br />
Putz von den Wänden gestemmt sowie<br />
Dämmungen und Estriche entfernt. Im<br />
betroffenen Bereich, das sind häufig<br />
Keller, Erdgeschoss und sogar das erste<br />
Obergeschoss bis über die Fenster, müssen<br />
die Häuser in den Rohbauzustand<br />
zurückversetzt werden, damit Wände<br />
und Böden trocknen können. Häufig<br />
müssen Leichtbauwände vollständig<br />
demontiert werden, da sich das Material<br />
zu einer weichen Masse aufgelöst hat.<br />
Der Schlamm sitzt in allen möglichen<br />
und unmöglichen Fugen und Ritzen.<br />
Auch in den Hohlprofilen der Fensterrahmen,<br />
weshalb diese nicht weiterverwendbar<br />
sind. Der Schlamm ist ein hervorragender<br />
Nährboden für Sch<strong>im</strong>mel,<br />
der inzwischen sehr häufig anzutreffen<br />
ist.<br />
Bei vielen Häusern stellt sich erst jetzt<br />
heraus, dass sie abgerissen werden müssen.<br />
Auch heizöldurchtränkte Kellerwände<br />
sind nicht mehr sanierbar und<br />
stellen das Aus für die Häuser dar. Inzwischen<br />
sind die Dachzeltnomaden<br />
auch mit dem Rückbau von Häusern<br />
befasst, das bedeutet sukzessiver Abriss.<br />
Hier werden die Materialien gleich be<strong>im</strong><br />
Abbau getrennt, sodass verwertbares<br />
Material wie z. B. Metalle an Entsorgungsfirmen<br />
verkauft werden kann und<br />
die Flutopfer so wenigstens ein bisschen<br />
Geld bekommen. Nicht wassergeschädigte<br />
Teile wie Dachbalken oder<br />
Natursteine können zwischengelagert<br />
und wiederverwendet werden.<br />
Welchen Eindruck haben Sie, nachdem<br />
nun über ein halbes Jahr seit der Flut<br />
vergangen ist?<br />
Es ist erschreckend, wie viel <strong>im</strong>mer noch<br />
zu tun ist. Viele Betroffene haben nach<br />
wie vor keine Heizung, da man, um eine<br />
Heizungsanlage zu installieren, einen intakten<br />
Fußboden braucht oder zumindest<br />
einen funktionierenden Gasanschluss.<br />
So wohnen viele Menschen in<br />
Rohbauhäusern oder Flutruinen. Andere<br />
sind bei Verwandten, Freunden oder in<br />
Ferienwohnungen untergekommen und<br />
kommen tagsüber oder am Wochenende<br />
her, um ihre Häuser zu sanieren. Wieder<br />
andere hausen in Garagen oder Wohnwagen<br />
auf ihren Grundstücken.<br />
Die Flutopfer sind weiterhin dringend<br />
auf freiwillige Helfenden angewiesen,<br />
da aufgrund des Handwerkermangels<br />
noch nicht mal, selbst wenn man eine<br />
hatte, eine Versicherung nützlich ist.<br />
Vielfach wurde erst Monate später von<br />
Gutachtern das Ausmaß der Schäden<br />
festgestellt, sodass die Betroffenen erst<br />
dann mit der Restaurierung beginnen<br />
durften. Eine weitere Hürde war, dass<br />
oft noch nicht feststand, wo in Zukunft<br />
überhaupt noch Häuser stehen dürfen<br />
und wo der Hochwasserschutz Vorrang<br />
hat. Die öffentliche Hand arbeitet mit<br />
Hochdruck an der Infrastruktur, ist<br />
aber für Privatleute nicht zuständig.<br />
In den Medien ist es dennoch ziemlich<br />
ruhig um dieses Thema geworden.<br />
Das merkt man auch, wenn man vor<br />
Ort ist. Leider machen die meisten anderen<br />
Hilfsorganisationen Winterpause,<br />
da es sich nicht lohnt, für wenige<br />
Helfenden die größeren Strukturen zu<br />
betreiben. Nach wie vor wird jede Hand<br />
gebraucht. Es ist essentiell, dass weiterhin<br />
trockengelegt wird. Be<strong>im</strong> Wiederaufbau<br />
ist es hilfreich, wenn ein ausgebildeter<br />
Handwerker Unterstützung<br />
durch Ungelernte hat, an die er weniger<br />
anspruchsvolle Arbeiten delegieren<br />
kann. Um die Infrastruktur der Camps<br />
aufrechtzuerhalten, werden Leute z. B.<br />
in den Küchen gebraucht.<br />
Neben den materiellen Schäden haben<br />
Sie auch hautnah von persönlichen Tragödien<br />
erfahren.<br />
Sehr berührt hat mich z. B. die Geschichte<br />
einer jungen Familie, die seit<br />
einem Jahr in ihrem neuen Haus wohnte<br />
und das unsere „Bauarbeiter“ leider in<br />
den Rohbauzustand zurückversetzen<br />
mussten. Der junge Vater hat es gerade<br />
noch durch die ansteigenden Wassermassen<br />
nach Hause geschafft. So konnte<br />
er dann seiner hochschwangeren Frau<br />
und dem kleinen Töchterchen vom ersten<br />
Stock, der volllief, auf das Dach der<br />
angebauten Garage helfen. Als auch dieses<br />
<strong>im</strong>mer mehr unter Wasser stand,<br />
musste die Familie bei strömendem Regen<br />
auf das Hausdach klettern. Die Flut<br />
machte dann glücklicherweise an der<br />
Dachrinne halt. Am nächsten Morgen<br />
wurden sie dann vom Dach geborgen.<br />
Wäre er nicht rechtzeitig zu Hause gewesen,<br />
wären Mutter und Tochter höchstwahrscheinlich<br />
nicht mehr am Leben.<br />
Die psychologische Betreuung der Flutopfer<br />
ist enorm wichtig. Die Geschichten,<br />
die wir erzählt bekommen, sind erschütternd.<br />
Die Besitzer der Häuser sind<br />
teilweise so traumatisiert, dass sie keine<br />
Kraft mehr haben etwas anzupacken.<br />
Haus und Garten sind zerstört, Hab und<br />
Gut von der Flut weggespült oder unbrauchbar<br />
geworden. Viele haben ihre<br />
Lebensgrundlage, z. B. ihre Werkstatt<br />
oder ihr Restaurant verloren. Wie soll jemand,<br />
der womöglich auf seinem Hausdach<br />
die Flutnacht überstanden hat und<br />
gerade noch mit dem Leben davongekommen<br />
ist, jemand der womöglich Angehörige<br />
oder Freunde verloren hat, wissen,<br />
wo er anfangen soll?<br />
Wie lautet Ihr Appell an das Land und<br />
unsere Gesellschaft?<br />
Die Hilfsbereitschaft, die wir erlebt haben<br />
ist großartig. Viele haben ihren<br />
Sommerurlaub als Helfer in den Flutgebieten<br />
verbracht und fahren nach wie<br />
vor so oft sie können dort hin. Aber wir<br />
brauchen dauerhaft Menschen, die ehrenamtlich<br />
bei Feuerwehr, DRK, THW<br />
usw. mitmachen. Und einen Staat, der<br />
nicht vor lauter Bürokratie absolut unflexibel<br />
ist.<br />
Das Interview führte<br />
Dr. Holger S<strong>im</strong>on-Denoix<br />
INFO<br />
Mehr über die Dachzeltnomaden<br />
und deren Einsatz<br />
erfahren Sie unter<br />
https://dachzeltnomaden.com/<br />
dachzeltnomadenhilfsaktion/
NEU<br />
STRUKTURIERTE FORTBILDUNG<br />
ENDODONTIE<br />
Jetzt online<br />
anmelden unter<br />
fortbildung.kzvbw.de<br />
13. Mai 2022 - 17. Juni 2023<br />
in acht Teilen, jeweils freitags/samstags, 9.00 – 17.00 Uhr<br />
Wissenschaftliche Leitung:<br />
Prof. Dr. David Sonntag<br />
In unserer neuen Strukturierten Fortbildung ENDODONTIE lernen die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer wissenschaftlich aktuell und fundiert alles rund um das Thema Endodontie.<br />
Dabei wechseln sich theoretische Teile mit praktischen Übungen ab.<br />
Folgende Themen werden behandelt:<br />
Grundlagen I: Einführung und Fallplanung<br />
Grundlagen II: Endodontischer Arbeitsplatz<br />
Theoretische Klinik I: Prä- und postendodontische Versorgung / Anatomie &<br />
Zugang<br />
Klinik I: Aufbereitung I / Aufbereitung II<br />
Theoretische Klinik II: Desinfektion<br />
Klinik II: Wurzelfüllung<br />
Theoretische Klinik III: Frontzahntrauma und Resorption / Fallselektion & Zahn-<br />
Rettung / Atypische Odontalgie und Kontrolle typischer Schmerzen<br />
Klinik III: Revision<br />
Theoretische Klinik IV: Mikrochirurgie, regenerative Therapie<br />
Mit einer Fallpräsentation und anschließender Zertifi katsausgabe beenden die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer die Fortbildungsreihe.<br />
Für die Teilnahme werden 163 Fortbildungspunkte vergeben.<br />
Die Kursgebühr beträgt 6.400 Euro.<br />
Weitere Infos auf unserer Webseite www.fortbildung.kzvbw.de<br />
FFZ Fortbildungsforum<br />
Zahnärzte<br />
Merzhauser Straße 114-116<br />
79100 Freiburg<br />
Fon: 0761 4506-160/-161<br />
Fax: 0761 4506-460<br />
Mail: info@ffz-fortbildung.de<br />
Web: www.ffz-fortbildung.de
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
41_KOMMUNIKATION<br />
Abrechnungspodcast der KZV BW widmet sich nun dem Thema Endo<br />
„BEMA MIT BISS“ GEHT IN DIE<br />
NÄCHSTE RUNDE<br />
Im September 2021 ging die Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg mit<br />
einem neuen und innovativen Serviceangebot für die Zahnärztinnen und Zahnärzte an den<br />
Start: dem Podcast „BEMA mit Biss“, der verschiedene spezifische Fragen und Besonderheiten<br />
der Abrechnung vertragszahnärztlicher Leistungen aufgreift und gut strukturiert<br />
praxistaugliche Tipps und Hilfestellungen gibt. Nachdem sich die ersten drei Folgen<br />
des Podcasts mit der Abrechnung von PAR-Leistungen beschäftigten, wird zu Beginn des<br />
neuen Jahres nun das Thema Endodontie in den Fokus genommen.<br />
Die Etablierung eines Podcasts als<br />
zusätzliches Informationsmedium<br />
<strong>im</strong> Bereich Abrechnung ist nach<br />
Ansicht von Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende<br />
der KZV BW, ein<br />
voller Erfolg: „Die bisherigen Rückmeldungen<br />
vonseiten der Zahnärztinnen<br />
und Zahnärzte sind hervorragend.<br />
Wir hören vielfach, dass<br />
dieses Angebot gerne und zahlreich<br />
angenommen wird.“ Die erste Folge<br />
des neuen Abrechnungspodcasts<br />
der KZV BW schaffte es zum Start<br />
gleich auf Platz 26 aller deutschsprachigen<br />
Medizinpodcasts. Mehrere<br />
tausend Klicks auf die Artikel<br />
<strong>im</strong> Gesundheitstelegramm sowie<br />
über die Website zeigen ebenfalls,<br />
dass die KZV BW ein professionell<br />
produziertes, zielgenaues und informatives<br />
Medium geschaffen hat.<br />
Auch die bundesweite Fachpresse hat<br />
das Thema aufgegriffen und über<br />
„BEMA mit Biss“ berichtet.<br />
Anfang 2022 startet der Podcast „BEMA mit Biss“ mit<br />
einer Reihe zum Thema Endodontie.<br />
THEMA PAR<br />
Gerade in Bezug auf die neu <strong>im</strong>plementierten<br />
PAR-Leistungen, die seit Juli<br />
2021 über die GKV abrechenbar sind,<br />
eignet sich das Format „BEMA mit Biss“<br />
ausgezeichnet für die Vermittlung der<br />
komplexen und teilweise kniffligen Fragen.<br />
Gemeinsam mit Moderator Alexander<br />
Ries wurden in den ersten drei<br />
Folgen des Podcasts gezielt Fragen aus<br />
diesem Feld bearbeitet. So befasste sich<br />
die erste Folge mit den wichtigsten neuen<br />
Abrechnungspositionen, Abrechnungsbest<strong>im</strong>mungen<br />
und Fragen <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit der unterstützenden<br />
Parodontitistherapie (UPT). In Folge<br />
2 wurden die wichtigsten Fragen der<br />
Zahnarztpraxen in Bezug auf die PAR-<br />
Behandlungsstrecke thematisiert, während<br />
Folge 3 auch auf Fragen zur PAR-<br />
Behandlung von Patientinnen und Patienten<br />
mit Behinderung oder Pflegebedarf<br />
einging.<br />
Foto: KZV BW<br />
NÄCHSTE RUNDE<br />
Die Themenauswahl und die Aufbereitung<br />
der Inhalte erfolgt in enger Zusammenarbeit<br />
mit den Vorstandsreferenten<br />
für das Abrechnungswesen und das<br />
Prüfwesen sowie mit dem Kompetenzzentrum<br />
Abrechnung der KZV BW. Die<br />
Referentinnen und Referenten und Abrechnungsabteilungen<br />
der Bezirksdirektionen<br />
unterstützen das Projekt ebenfalls<br />
mit ihrem Knowhow und dem Input<br />
zu den Fragen, die vonseiten der<br />
Zahnärztinnen und Zahnärzten zu verschiedenen<br />
Abrechnungsthemen <strong>im</strong>mer<br />
wieder auftauchen. Gleichzeitig können<br />
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />
den Abrechnungsabteilungen der Bezirksdirektionen<br />
den Podcast gezielt<br />
nutzen, um auf Rückfragen aus den Praxen<br />
zu reagieren. Dadurch werden<br />
manche Arbeitsabläufe erheblich effizienter.<br />
Anfang Februar geht der<br />
Podcast nun in eine neue Runde<br />
und wird sich in mehreren Folgen<br />
den Fragen <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />
der Wurzelkanalbehandlung widmen.<br />
Den Auftakt macht Dr. Georg<br />
Bach, Vorstandsreferent für Abrechnungswesen<br />
für die KZV BW, mit<br />
konkreten, fallbezogenen Informationen<br />
zum Thema „Abrechnung<br />
von endodontologischen Leistungen<br />
<strong>im</strong> Schmerz- und Notfalldienst“.<br />
Gerade weil es in diesem Bereich<br />
<strong>im</strong>mer wieder zu Regressen<br />
von Seiten der Krankenkassen<br />
kommt, soll der Podcast dabei helfen,<br />
die Kolleginnen und Kollegen<br />
kompetent zu informieren, diese<br />
für best<strong>im</strong>mte problematische Sachverhalte<br />
zu sensibilisieren und zusätzlichen<br />
Verwaltungsaufwand für die Praxen<br />
zu vermeiden.<br />
Dr. Holger S<strong>im</strong>on-Denoix<br />
INFO<br />
Bei der weiteren Themenplanung<br />
von „BEMA mit Biss“ sind die Rückmeldungen<br />
der Zahnärzteschaft ein<br />
hilfreicher Indikator. Wenn Sie best<strong>im</strong>mte<br />
Fragen geklärt haben wollen,<br />
schreiben Sie uns einfach eine<br />
E-Mail an presse@kzvbw.de.<br />
Alle Folgen des<br />
Abrechnungs-Podcasts<br />
der KZV BW<br />
finden Sie hier:<br />
www.kzvbw.de/<br />
medien/podcast/.
42_PRAXIS<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Arbeitsschutz und PRAXIS-Handbuch<br />
FORTBILDUNG HILFT BEI DER<br />
PRAKTISCHEN UMSETZUNG<br />
Die Fragen „Wie anfangen und wo aufhören“<br />
beschäftigen jede Zahnarztpraxis<br />
auch bei der praktischen Organisation<br />
und Umsetzung der umfangreichen<br />
Arbeitsschutzvorgaben. Wie geht es in<br />
der Praxis nach absolvierter BuS-Dienst-<br />
Schulung <strong>im</strong> Kammermodell der LZK<br />
BW weiter? Was mache ich mit der dokumentierten<br />
Gefährdungsbeurteilung<br />
der beauftragten externen Dienstleistungsfirma?<br />
Genau hier setzt die LZK<br />
BW mit ihrem seit Jahren bewährten<br />
Fortbildungskurs „Arbeitsschutz Kompakt“<br />
an. Die Fortbildung der Kammer<br />
unterstützt das gesamte Praxisteam bei<br />
der praktischen Umsetzung des Arbeitsschutzes.<br />
Das PRAXIS-Handbuch stellt<br />
sozusagen das Kursfundament dar. Der<br />
folgende Beitrag stellt den Tageskurs<br />
„Arbeitsschutz Kompakt – Organisation<br />
und Umsetzung“ vor.<br />
ZIEL<br />
Der Arbeitsschutz-Tageskurs stellt kompakt<br />
und detailliert alle wichtigen Arbeitsschutzanforderungen<br />
an eine Zahnarztpraxis<br />
vor und zeigt die Hilfestellungen<br />
<strong>im</strong> PRAXIS-Handbuch der LZK<br />
BW auf. Die teilnehmenden zahnmedizinischen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
werden in die Lage versetzt, die<br />
Praxisinhaberin bzw. den Praxisinhaber<br />
bei der Umsetzung der Betriebsärztlichen<br />
und Sicherheitstechnischen Betreuung<br />
(BuS-Dienst), zu unterstützen<br />
und letztendlich in punkto „Bürokratie-<br />
und Regelungsflut“ zu entlasten.<br />
TEILNEHMER<br />
Der Arbeitsschutz-Tageskurs wird für<br />
<strong>Zahnmedizin</strong>ische Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter angeboten. Eine Kursteilnahme<br />
steht nicht in Verbindung<br />
mit der Form der BuS-Dienst-Betreuung<br />
einer Zahnarztpraxis (Kammermodell<br />
der LZK BW oder externer Dienstleistungspartner),<br />
somit kann jede Praxis<br />
von der Teilnahme profitieren.<br />
KURSINHALTE<br />
In der Fortbildung werden die folgenden<br />
Themen präsentiert: Gefahrstoffe,<br />
Abfallentsorgung, Brandschutz, Elektrische<br />
Anlagen und Betriebsmittel, Aktive<br />
Medizinprodukte, Hautschutz,<br />
Händehygiene, Persönliche Schutzausrüstung,<br />
Arbeitsmedizinische Vorsorge,<br />
Arbeitsunfall und Erste Hilfe.<br />
KURSDAUER<br />
Der Tageskurs geht über sechs Zeitstunden<br />
mit Pausen (jeweils von 9 bis 15 Uhr).<br />
KOSTEN<br />
Für die Teilnahme wird eine Kursgebühr<br />
von 155 Euro pro Person erhoben.<br />
ONLINE<br />
Der Arbeitsschutz-Tageskurs wird 2022<br />
als Online-Fortbildung (Webinar) angeboten.<br />
Somit ist eine Kursteilnahme,<br />
unabhängig von ihrem Praxisstandort,<br />
möglich und z. T. sehr zeitaufwendige<br />
Anfahrten entfallen.<br />
ANMELDUNG<br />
Über die Homepage der LZK BW<br />
(https://lzk-bw.de/) steht die Online-<br />
Anmeldung über den Hauptbereich<br />
„Praxisteam“ (dann in die Rubrik<br />
„Fortbildung“ und anschließend auf<br />
„Praxisführung“) zur Verfügung. Über<br />
den Link „Kursübersicht/Online-Anmeldung“<br />
in der rechten Sidebar erreicht<br />
man das Fortbildungsangebot<br />
der LZK BW mit allen Kursterminen<br />
(https://fortbildung-lzkbw.de/).<br />
FRAGEN<br />
Informationen und Beratung bzgl. der<br />
Fortbildung „Arbeitsschutz Kompakt –<br />
Organisation und Umsetzung“ bietet<br />
die Abteilung Praxisführung der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg<br />
in Person von Nadine Schütze (Tel.<br />
0711 22845-53, schuetze@lzk-bw.de).<br />
Ihre LZK-Geschäftsstelle
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
43_PRAXIS<br />
Der GOZ-Ausschuss der LZK BW informiert<br />
VIRTUELLE<br />
IMPLANTATION<br />
UND<br />
AUGMENTATION<br />
Foto: AdobeStock/AndreyPopov<br />
Komplexe Behandlungsmaßnahmen fordern in vielen Fachbereichen der Zahnheilkunde<br />
s<strong>im</strong>ulierte Vorwegnahmen der Therapieergebnisse. Diese Planungsmaßnahmen sind oftmals<br />
medizinisch notwendig. Sie können physisch erfolgen (z. B. ein Mock-Up) oder auch digital<br />
wie die hier in den Mittelpunkt gestellte präoperative virtuelle Implantation und Augmentation.<br />
Die dreid<strong>im</strong>ensionale <strong>im</strong>plantologische<br />
Planung <strong>im</strong> Sinne einer „virtuellen<br />
Implantation“ stellt eine (initiale)<br />
Therapiemaßnahme zur definitiven<br />
Implantatpositionierung hinsichtlich<br />
Lokalisierung, D<strong>im</strong>ensionierung und<br />
Winkelbest<strong>im</strong>mung dar, die als selbstständige<br />
Leistung bei Weitem über Befundungs-<br />
bzw. Diagnostikleistungen<br />
nach der GOÄ-Nr. 5370 oder der GOZ-<br />
Nr. 9000 hinausgeht.<br />
FACHLICHER HINTERGRUND<br />
Dasselbe gilt für die dreid<strong>im</strong>ensionale<br />
augmentative Planung <strong>im</strong> Sinne einer<br />
„virtuellen Augmentation“. Eine „virtuelle<br />
Implantation oder Augmentation“<br />
kann ausschließlich durch die Übernahme<br />
von DVT-Daten auf spezielle<br />
Planungsprogramme (z. B. S<strong>im</strong>Plant ® ,<br />
coDiagnostiX ® , NobelGuide ® , Surgi-<br />
Guide ® o. Ä.) erfolgen. Diese Maßnahme<br />
ist weder in den Gebührenordnungen<br />
verzeichnet noch von einer anderen,<br />
bereits beschriebenen Leistung<br />
umfasst. Sie ist nach § 6 Abs. 1 GOZ<br />
analog zu berechnen. Der entscheidende<br />
Aspekt hierbei ist, dass die virtuelle<br />
Implantation bereits der Therapie zuzuordnen<br />
ist und nicht mehr als Befundung<br />
oder Auswertung der DVT zu betrachten<br />
ist. Neben der virtuellen Implantation<br />
in den speziellen Planungsprogrammen<br />
ist es zwischenzeitlich<br />
auch möglich, virtuelle Augmentationen<br />
vorzunehmen. Anhand derartig gestalteter<br />
Datensätze können passgenaue<br />
Gitterstrukturen präoperativ hergestellt<br />
werden, die bei der Augmentation<br />
eingesetzt werden, was zu einer<br />
hochgradig individuell geführten Knochenregeneration<br />
(GBR) führt.<br />
VORAUSSETZUNGEN<br />
Weil derartige Planungsprozesse auf<br />
der Basis von aus einem DVT gewonnen<br />
Planungsdaten mit speziellen Planungsprogrammen<br />
keine Röntgenleistung<br />
bzw. diagnostische Leistung darstellen,<br />
ist hierbei auch keine DVT-<br />
Fachkunde für die Analogleistung einer<br />
virtuellen Implantation/Augmentation<br />
notwendig, sondern lediglich<br />
für die Anfertigung und Befundung<br />
einer DVT-Aufnahme nach den GOÄ-<br />
Nummern 5370/5377.<br />
LABORKOSTEN<br />
Die Rechnung des Processing-Centers<br />
für die Aufbereitung der DVT-Daten<br />
und die Konvertierung kann als Materialkostenrechnung<br />
auf der Liquidation<br />
des Zahnarztes oder mit der Eigenlaborrechnung<br />
für die Erstellung der<br />
Positionierungsschiene als Laborposition<br />
berechnet werden. Die Zahnärztin<br />
bzw. der Zahnarzt bezahlt das Processing-Center.<br />
So kann die Zahnärztin<br />
bzw. der Zahnarzt auch die einem konkreten<br />
Behandlungs- bzw. Patientenfall<br />
zuzuordnenden Lizenzkosten für<br />
die Auswertung bzw. Planung einer Implantatinsertion<br />
oder sonstiger Operationen,<br />
wie dies auch die Hersteller der<br />
Planungsprogramme anbieten, dem<br />
Patienten als Fremdlaborrechnung in<br />
Rechnung stellen.<br />
BERECHNUNG<br />
Die virtuelle Implantation bzw. Augmentation<br />
ist in der GOZ 2012 und der<br />
GOÄ 1996 nicht beschrieben. Demnach<br />
ist die Berechnung über das Analogieverfahren<br />
nach § 6 Abs. 1 anzuwenden.<br />
Es handelt sich um eine<br />
selbstständige zahnärztliche Leistung.<br />
Allgemein geeignete Analognummern<br />
zu empfehlen ist nicht sinnvoll. Der<br />
tatsächlich gegebene Aufwand ist zu<br />
berücksichtigen. Insofern ist eher unter<br />
dem Aspekt des tatsächlich gegebenen<br />
Zeit- und Kostenaufwandes bei<br />
der virtuellen Planung die Suche nach<br />
einer geeigneten mit einem entsprechenden<br />
Punktwert versehenen Gebührennummer<br />
<strong>im</strong> Analogverfahren<br />
angezeigt.<br />
Auch wegen potenzieller Nachfragen<br />
von Kostenerstattern ist es sinnvoll,<br />
die Dauer und den Schwierigkeitsgrad<br />
sowie die verwendeten Programme gut<br />
zu dokumentieren und die virtuelle<br />
Planung auf Nachfrage auch vorweisen<br />
zu können.<br />
Autorenteam des GOZ-Ausschusses der<br />
LZK Baden-Württemberg
Kursprogramm<br />
März 2022<br />
Jetzt online<br />
anmelden unter<br />
fortbildung.kzvbw.de<br />
Den Teamgeist wecken -<br />
Praxismanagement als Handwerkszeug<br />
Brigitte Kühn, Tutzing<br />
• Kurs-Nr.: 22FKM20504<br />
• für <strong>Zahnmedizin</strong>ische<br />
Fachangestellte<br />
• € 225.-<br />
4.3.2022<br />
Gelungene Patientenkommunikation<br />
- Die tägliche Herausforderung<br />
Brigitte Kühn, Tutzing<br />
• Kurs-Nr.: 22FKM20505<br />
• für <strong>Zahnmedizin</strong>ische<br />
Fachangestellte<br />
• € 225.-<br />
5.3.2022<br />
Min<strong>im</strong>alinvasive Prothetik<br />
von A (wie Adhäsivtechnik)<br />
bis Z (wie Zirkonoxidkeramik)<br />
Prof. Dr. Daniel Edelhoff, München<br />
• 8 Fortbildungspunkte<br />
• Kurs-Nr.: 22FKZ30907<br />
• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />
• € 375.-<br />
5.3.2022<br />
Parodontologie von A bis Z: Klinische S3<br />
-Leitlinie der DG Paro<br />
Prof. Dr. Peter Eickholz, Frankfurt a. M.<br />
• 9 Fortbildungspunkte<br />
• Kurs-Nr.: 22FKZ31108<br />
• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />
• € 395.-<br />
12.3.2022<br />
Burnout-Prophylaxe: Ein Tag zum Ausprobieren<br />
Dipl.-Psych. Bernd Kappis, Mainz<br />
• Kurs-Nr.: 22FKM20906<br />
• für <strong>Zahnmedizin</strong>ische<br />
Fachangestellte<br />
• € 195.-<br />
12.3.2022<br />
Strukturierte Fortbildung: ZAHNÄRZTLICHE<br />
CHIRURGIE und TRAUMATOLOGIE in Theorie &<br />
Praxis, Teil 1-4<br />
Prof. Dr. Andreas Filippi und weitere Dozenten, CH - Basel<br />
• 71 Fortbildungspunkte<br />
• Kurs-Nr.: 22FKZ40504<br />
• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />
• € 3.100.-<br />
01.-02.04.2022<br />
01.-02.07.2022<br />
22.-23.07.2022<br />
23.-24.09.2022<br />
Strukturierte Fortbildung: ENDODONTIE, Teil 1-8<br />
Prof. Dr. David Sonntag und weitere Dozenten, Düsseldorf<br />
Strukturierte Fortbildung: PARODONTOLOGIE &<br />
PERIIMPLANTÄRE THERAPIE, Teil 1-3<br />
Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger und weitere Dozenten, Freiburg<br />
• 163 Fortbildungspunkte<br />
• Kurs-Nr.: 22FKZ40101<br />
• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />
• 6.400.-<br />
• 101 Fortbildungspunkte<br />
• Kurs-Nr.: 22FKZ40301<br />
• für Zahnärztinnen / Zahnärzte<br />
• € 3.400.-<br />
13.-14.05.2022<br />
08.-09.07.2022<br />
04.-05.11.2022<br />
25.-26.11.2022<br />
27.-28.01.2023<br />
02.-04.03.2023<br />
05.-06.05.2023<br />
16.-17.06.2023<br />
30.11.-03.12.2022<br />
01.-04.02.2023<br />
10.-11.03.2023<br />
FFZ Fortbildungsforum<br />
Zahnärzte<br />
Merzhauser Straße 114-116<br />
79100 Freiburg<br />
Fon: 0761 4506-160/-161<br />
Fax: 0761 4506-460<br />
Mail: info@ffz-fortbildung.de<br />
Web: www.ffz-fortbildung.de
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
45_KULTUR<br />
Kunstmuseum Stuttgart<br />
GEGO. DIE ARCHITEKTUR<br />
EINER KÜNSTLERIN<br />
Gertrud Louise Goldschmidt,<br />
genannt Gego (Hamburg<br />
1912–1994 Caracas), zählt<br />
zu den bekanntesten<br />
Künstlerinnen Lateinamerikas.<br />
Mit der Ausstellung<br />
„Gego. Die Architektur einer<br />
Künstlerin“ widmet<br />
das Kunstmuseum Stuttgart<br />
ab 18. Februar ihr bereits<br />
die zweite Präsentation.<br />
Gego absolvierte von 1932 bis 1938<br />
eine Ausbildung zur Architektin und<br />
Ingenieurin an der Technischen Hochschule<br />
Stuttgart. 1939 war sie als Jüdin<br />
kurz nach Erhalt ihres Diploms zur<br />
Flucht nach Venezuela gezwungen, wo<br />
sie als Frau in einem technischen Berufsfeld<br />
nicht Fuß fassen konnte. Mitte<br />
der 1950er-Jahre beginnt sie nach<br />
Umwegen als Künstlerin tätig zu werden<br />
und schreibt über die Aufgabe des<br />
Architekturberufs an ihren früheren<br />
Professor Paul Bonatz: „Selbst unglückliche<br />
Lieben haben großen Wert<br />
und ihre Wirkung.“ Wenig später kauft<br />
das Museum of Modern Art (MoMA)<br />
in New York bereits eine erste Arbeit<br />
der Künstlerin an.<br />
INSPIRATION<br />
Ihre Ausbildung blieb ständiger Bezugspunkt<br />
für ihre künstlerische Praxis,<br />
die sie kontinuierlich in verschiedenen<br />
Medien erweiterte – von technischen<br />
Skizzen über Zeichnungen, Radierungen<br />
und Drucke bis hin zu Objekten<br />
und raumgreifenden Installationen.<br />
Die Ausstellung verdeutlicht, dass<br />
Architektur und Kunst bei Gego keinen<br />
Gegensatz bilden, sondern vielmehr<br />
in ihrem Werk die Grenzen der<br />
Disziplinen fließend sind. Gegos<br />
Raumbegriff ist niemals ein rein formaler,<br />
sondern er berücksichtigt neben<br />
seinen physischen auch seine sozialen<br />
D<strong>im</strong>ensionen.<br />
Heute zählt Gego zu den wichtigsten<br />
Künstler*innen Lateinamerikas<br />
Foto: Archivo Fundación Gego/Frank Kleinbach<br />
Linien. Die abstrakten Arbeiten der Künstlerin Gego (eigentlich Gertrud Louise Goldschmidt)<br />
zeigen ihr besonderes Interesse an der Linie als grundlegendes gestalterisches Element.<br />
der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.<br />
ARCHITEKTUR<br />
Die Ausstellung beschäftigt sich neben<br />
der Studienzeit von Gego in Stuttgart<br />
auch mit dem fortdauernden und engen<br />
Verhältnis ihres Werkes zur Architektur.<br />
Im Jahr 2017 übergab die Fundación<br />
Gego, Caracas, dem Kunstmuseum<br />
Stuttgart 100 Werke der Künstlerin als<br />
Dauerleihgabe. Gemeinsam mit der<br />
Universität Stuttgart und der Wüstenrot<br />
Stiftung initiierte das Museum daraufhin<br />
ein dreijähriges Forschungsprojekt,<br />
aus dem nun die Ausstellung,<br />
eine internationale Konferenz und eine<br />
Publikation hervorgehen. Der Forschungsprozess<br />
wird von der Fundación<br />
Gego begleitet.<br />
Kunstmuseum Stuttgart/IZZ<br />
INFO<br />
Gego.<br />
Die Architektur einer Künstlerin<br />
18.2. bis 10.7.2022<br />
Öffnungszeiten<br />
Di bis So 10 bis18 Uhr<br />
Fr bis 21 Uhr<br />
Eintritt<br />
11 Euro<br />
ermäßigt 8 Euro<br />
Informationen<br />
Kunstmuseum Stuttgart,<br />
Telefon: 0711/21619600<br />
www.kunstmuseum-stuttgart.de
46_BUCHTIPP<br />
LESERFORUM<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
ten auch weiterhin von der Inflation<br />
und der Maßlosigkeit der VA-Führung<br />
chronisch aufgefressen.<br />
Eine Umstrukturierung <strong>im</strong> Sinne eines<br />
diesbezüglichen Neuanfanges der<br />
VA ist unseres Erachtens dringend<br />
notwendig.<br />
Unter www.offenerbrief-va.de kann<br />
dies alles nachgelesen werden.<br />
Dr. Holger Grohmann, Dr. Gerhard Kälber,<br />
Dr. Bernfried Rau, Dr. Wolfgang Schempf<br />
RADIOLOGIE<br />
Atlas der digitalen Volumentomografie<br />
Die Anwendungsgebiete für dreid<strong>im</strong>ensionales<br />
Röntgen weiten sich aus. Aufgrund<br />
der geringeren Strahlenbelastung<br />
und der deutlich aussagekräftigeren Bilder<br />
löst die digitale Volumentomografie<br />
die herkömmliche CT fast vollständig<br />
ab und findet neben der <strong>Zahnmedizin</strong><br />
und MKG-Chirurgie inzwischen auch<br />
Anwendung in der Orthopädie und Unfallchirurgie<br />
sowie der HNO-Heilkunde.<br />
Der Bildatlas beinhaltet physikalische<br />
und technische Grundlagen sowie genaue<br />
Handlungsanweisungen zur<br />
Durchführung des Verfahrens in den jeweiligen<br />
Anwendungsgebieten. Darüberhinaus<br />
wird die digitale Volumentomografie<br />
als Grundlage virtueller Operationsplanung<br />
dargestellt. Aussagekräftiges<br />
Bildmaterial sowie zahlreiche<br />
Patientenbeispiele verdeutlichen die verschiedenen<br />
Untersuchungsmethoden.<br />
Der Inhalt des Buches steht ohne weitere<br />
Kosten digital in der Wissensplattform<br />
eRef zur Verfügung (Zugangscode<br />
<strong>im</strong> Buch). Mit der kostenlosen eRef App<br />
sind zahlreiche Inhalte auch offline jederzeit<br />
griffbereit.<br />
IZZ<br />
Max Heiland, Ralf Smeets,<br />
Dirk Schulze, Christian R.<br />
Habermann (Hrsg.)<br />
Atlas der digitalen<br />
Volumentomografie<br />
1. Auflage 2021<br />
Georg Thieme Verlag, Stuttgart<br />
ISBN 978-3-13-200751-2<br />
276 Seiten<br />
199,99 Euro<br />
ZBW-AUSGABE 11-12/2021, S. 53<br />
EHRUNGEN DR. EVA HEMBERGER,<br />
WINRICH KUHBERG BW VA<br />
Die <strong>im</strong> ZBW 11-12/2021 beschriebenen<br />
Ehrungen für Frau Dr. Hemberger<br />
und Herrn Kuhberg können wir<br />
absolut nicht nachvollziehen. In<br />
2021 haben sich bei „unserer“ BW VA<br />
massivste Probleme angehäuft, die<br />
alle Teilnehmer unnötigerweise sehr<br />
viel Geld gekostet haben und noch<br />
kosten werden.<br />
Die Geschäftsführung krankt; mittlerweile<br />
wurde in kurzer Zeit der dritte<br />
Geschäftsführer eingesetzt. Wegen<br />
schlechtem Betriebskl<strong>im</strong>a wurde ein<br />
Personalrat gegründet. Die VA versuchte<br />
dies mit teuren Anwälten vehement<br />
zu verhindern: erfolglos und<br />
teuer.<br />
Die Staatsanwaltschaft Tübingen ermittelt<br />
aktuell wegen unklarer Zahlungen<br />
<strong>im</strong> Führungsstab. Die Präsidentin<br />
vereinbart Aufwandsentschädigungen<br />
für ihr Ehrenamt, die sich<br />
bis zu einer Viertelmillion Euro jährlich<br />
summieren und sie versucht<br />
dies zu verhe<strong>im</strong>lichen. Dies alles vor<br />
dem Hintergrund, dass in den vergangenen<br />
10 Jahren (seither ist die<br />
Präsidentin auch <strong>im</strong> Amt) die<br />
Inflation um ca. 7 Prozent höher war<br />
als die VA Dynamisierung der Anwartschaften<br />
und Renten. Die Verwaltungskosten<br />
stiegen um fast 70<br />
Prozent.<br />
Wozu diese unsinnigen Ehrungen<br />
mit goldenen Ehrennadeln? Nicht<br />
nur die Tierärzte, auch die Mediziner<br />
und die <strong>Zahnmedizin</strong>er sollten doch<br />
endlich aufwachen: bei solch eklatanter<br />
hausgemachter Misswirtschaft<br />
werden unsere Anwartschaften/Ren-<br />
ZBW-AUSGABE 1/2022, S. 15<br />
VERTRETERVERSAMMLUNG<br />
DER LZK BW: SELTEN MEHR<br />
POLITISCHE ERFOLGE<br />
In der Januar-Ausgabe hat das Zahnärzteblatt<br />
unter anderem über die<br />
jüngste Sitzung der Vertreterversammlung<br />
der Landeszahnärztekammer<br />
berichtet. Nach den Tierärzten<br />
hat nunmehr auch auf Antrag der<br />
Vorsitzenden der vier Bezirkszahnärztekammern<br />
die Vertreterversammlung<br />
der Landeszahnärztekammer<br />
einst<strong>im</strong>mig klar und deutlich die öffentlich<br />
erhobenen Unterstellungen<br />
von vier Zahnärzten zurückgewiesen,<br />
dass Präsidentin und zuständige Gremien<br />
sowie führende Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter der Versorgungsanstalt<br />
ihre Pflichten verletzt<br />
haben. Dass diese vier Kollegen wider<br />
besseres Wissen seit 2018 mit falschen<br />
Behauptungen und Halbwahrheiten<br />
eine Medienkampagne gegen<br />
die VA initiiert haben, halte ich für<br />
skandalös. Diese Hetzkampagne gefährdet<br />
mit ihren unwahren und<br />
haltlosen Unterstellungen das Ansehen<br />
der Versorgungsanstalt, ihrer
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
47_LESERFORUM<br />
Führungskräfte und der demokratisch<br />
gewählten Gremien. Sie verunsichert<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
der VA und bindet Kräfte und<br />
Finanzen, um ihr entgegenzusteuern.<br />
Ich halte die Kampagne auch für einen<br />
Angriff auf die Selbstverwaltungsstruktur<br />
der Versorgungswerke<br />
insgesamt.<br />
Die Kernforderung der Kampagnenführer:<br />
Die Versorgungsanstalt solle<br />
den Punktwert so weit erhöhen, dass<br />
die Inflationsrate ausgeglichen wird.<br />
Ganz offensichtlich geht es den vier<br />
Zahnärzten – selbst bereits <strong>im</strong> Rentenalter<br />
– darum, eine höhere Rente zu erhalten.<br />
Dies ist jedoch ausgeschlossen,<br />
da ein solches Vorgehen die Renten<br />
der nächsten Generationen gefährden<br />
würde. Sie wollen nicht verstehen,<br />
dass sie bei einem Rechnungszins<br />
von jetzt 3,69 Prozent ohnehin<br />
schon von einer sehr hohen Ausgangsverrentung<br />
profitieren.<br />
Erkennbar sind die Kampagnenführer<br />
sachlichen Argumenten jedoch<br />
nicht zugänglich – oder verstehen sie<br />
schlicht nicht. Erhellend ist da, dass<br />
sie selbst in ihrem offenen Brief<br />
schreiben „für uns meist unverständliche<br />
Berechnungen von Versicherungsmathematikern“.<br />
Genau diese<br />
Berechnungen sind jedoch die objektiv<br />
richtige Basis für das generationengerechte<br />
Handeln der VA.<br />
Sie behaupten, die VA generiere zu<br />
hohe Verwaltungskosten und greifen<br />
auf ehrenrührige Art die Gehälter<br />
führender Mitarbeiter und die Aufwandsentschädigung<br />
der Präsidentin<br />
an. Eine besonders absurde Behauptung<br />
in diesem Zusammenhang ist<br />
der Vorwurf der Intransparenz. In der<br />
Vertreterversammlung der VA werden<br />
alle einschlägigen Zahlen offengelegt.<br />
Und: Es sind die demokratisch<br />
gewählten Mitglieder der Vertreterversammlung,<br />
die den Haushalt beschließen.<br />
Ihre Erfolglosigkeit scheint die unbelehrbaren<br />
Kampagnenführer <strong>im</strong>mer<br />
noch weiter anzutreiben. Sie beharren<br />
auf ihren Forderungen, Unterstellungen<br />
und unwahren Behauptungen<br />
– ohne Erfolg. Es reicht jetzt.<br />
Statt eine substanzlose Skandalisierungskampagne<br />
weiter zu betreiben,<br />
könnten die Kampagnenführer einmal<br />
über eine konstruktive Mitarbeit<br />
nachdenken. Bisher hat auch nicht<br />
einer von ihnen nur versucht, sich für<br />
die Vertreterversammlung der VA zur<br />
Wahl zu stellen.<br />
Dr. Christian Scheytt, Ulm<br />
ZBW-AUSGABE 1/2022, S. 6 F.<br />
KINDERZAHNÄRZTIN EMPFÄNGT<br />
IHRE KLEINEN PATIENT*INNEN<br />
ALS EISKÖNIGIN<br />
Nach mehr als 40 Jahren Erfahrung<br />
<strong>im</strong> Berufsfeld Zahntechnik und<br />
<strong>Zahnmedizin</strong> bin ich mir der<br />
Schwierigkeit der Kinderbehandlung<br />
sehr bewusst. Wenn eine ernst<br />
gemeinte Perspektive eines medizinischen<br />
Berufes aber in die Richtung<br />
geht, dass man neben der Praxismanagerin<br />
auch noch einen<br />
Eventmanager einstellt und man als<br />
Arzt den Zampano in der Dinnershow<br />
gibt, braucht man sich nicht<br />
zu wundern, dass wir jede Form von<br />
seriöser Wahrnehmung unseres<br />
ärztlichen Berufes verlieren. Zeitgemäß<br />
müsste ich meinen Betrieb umfirmieren<br />
in „Dentalmanufaktur am<br />
Brauereiareal, Ihr Zahnschmerzwegerlebniscenter“,<br />
werde aber so lange<br />
ich Verantwortung trage, eine Zahnarztpraxis<br />
verbunden mit meinem<br />
Namen betreiben. Ab und zu ist Alter<br />
ein Vorteil und man darf entscheiden,<br />
ob man seriöser Mediziner<br />
oder Showveranstalter sein möchte.<br />
Mit freundlichen Grüßen eines völlig<br />
aus der Zeit geratenen Zahnarztes,<br />
der seinen Beruf <strong>im</strong>mer noch mit großer<br />
Freude ausübt.<br />
Michael Steffensmeier, Oberndorf<br />
LESERFORUM<br />
Schreiben Sie uns.<br />
Oder diskutieren Sie mit unter<br />
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Sie wollen das Zahnärzteblatt<br />
Baden-Württemberg<br />
künftig lieber in der<br />
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digital <strong>im</strong> praktischen<br />
ePaper-Format zu beziehen.<br />
Auf diese Weise kommen<br />
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zu jedem Zeitpunkt<br />
und überall zur Lektüre des<br />
ZBW.<br />
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gedruckte Version des ZBW<br />
verzichten, bestellen Sie die<br />
Printausgabe bitte bei Ihrer<br />
zuständigen Bezirkszahnärztekammer<br />
ab:<br />
BZK Freiburg,<br />
Tel. 0761 4506-343<br />
BZK Karlsruhe,<br />
Tel. 0621 38000-227<br />
BZK Stuttgart,<br />
Tel. 0711 7877-236<br />
BZK Tübingen,<br />
Tel. 07071 911-230
54_AMTLICHE MITTEILUNGEN<br />
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
WAHL DER VERTRETERINNEN UND<br />
VERTRETER IN DIE BADEN-WÜRT-<br />
TEMBERGISCHE VERSORGUNGS-<br />
ANSTALT FÜR ÄRZTE, ZAHNÄRZTE<br />
UND TIERÄRZTE<br />
Die Delegierten der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg<br />
wählten in ihrer Vertreterversammlung<br />
am 03.12.2021 die zahnärztlichen<br />
Mitglieder für die Vertreterversammlung<br />
der Baden-Württembergischen<br />
Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte<br />
und Tierärzte (VA) für die Zeit<br />
vom 01.05.2022 – 30.04.2026. Das<br />
Ministerium für Soziales, Gesundheit<br />
und Integration BW hat die Zahl der<br />
Vertreterinnen und Vertreter der Landeszahnärztekammer<br />
auf 23 Mitglieder<br />
festgesetzt. Den Delegierten lag eine<br />
nach Bezirkszahnärztekammern getrennte<br />
Wahlliste mit sämtlichen Wahlvorschlägen<br />
vor.<br />
Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />
Freiburg wurden als<br />
Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />
gewählt:<br />
1. Dr. Norbert Struß, Freiburg<br />
2. Dr. Peter Riedel, Waldkirch<br />
3. Dipl.-Stomat. Mandy Schramm,<br />
Denkingen<br />
4. Dr. Markus Ritschel, Freiburg<br />
5. Dr. Martin Nägele, Teningen<br />
Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />
Karlsruhe wurden als<br />
Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />
gewählt:<br />
1. Dr. Bert Bauder, Mannhe<strong>im</strong><br />
2. Dr. Eva Hemberger, Heidelberg<br />
3. Thorsten Albers, Heidelberg<br />
4. Dr. Christian Engel, Karlsruhe<br />
5. Dr. Manfred Lieken, Rastatt<br />
6. Dr. Patrick Hartenstein,<br />
Karlsruhe<br />
Ersatzperson:<br />
7. Dr. Karin Folttmann, Heidelberg<br />
Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />
Stuttgart wurden als<br />
Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />
gewählt:<br />
1. Dr. Torsten Tomppert, Esslingen<br />
2. Dr. Patrick Putze, Stuttgart<br />
3. Dr. Eberhard Montigel, Heilbronn<br />
4. Dr. Jutta Vischer, Gärtringen<br />
5. Dr. Florentine Carow-Lippenberger,<br />
Flein<br />
6. Dr. Sarah Bühler, Eislingen<br />
7. Dr. Thomas Pittermann, Göppingen<br />
8. Dr. Rainer-Udo Steck, Winnenden<br />
Ersatzpersonen:<br />
9. Dr. Joach<strong>im</strong> Härer, Steinenbronn<br />
10. Dr. Helmut Schönberg, Weinstadt<br />
Aus dem Bereich der Bezirkszahnärztekammer<br />
Tübingen wurden als<br />
Vertreter/Vertreterinnen zur Versorgungsanstalt<br />
gewählt:<br />
1. Dr. Bernd Stoll, Albstadt<br />
2. Dr. Frauke Jooß, Ravensburg<br />
3. Dr. Volker Werner, Hechingen<br />
4. Dr. Christian Scheytt, Ulm<br />
Dr. Winfried Porsch<br />
Landeswahlleiter der<br />
Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg<br />
EINLADUNG ZUR<br />
VERTRETERVERSAMMLUNG<br />
Die Sitzung der Vertreterversammlung<br />
der BZK Tübingen findet am Samstag,<br />
09. April 2022, Beginn 10:00 Uhr,<br />
<strong>im</strong> Bildungsforum Kloster Untermarchtal,<br />
Margarita-Linder-Straße 8, 89617<br />
Untermarchtal statt.<br />
Die Sitzung ist für Kammermitglieder<br />
öffentlich.<br />
Bei einer Teilnahme bitten wir – aus<br />
organisatorischen Gründen – um Ihre<br />
schriftliche Anmeldung per Mail unter<br />
susanne.riedinger@bzk-tuebingen.de<br />
oder per Fax 07071 911-209.<br />
Dr. Wilfried Forschner<br />
Vorsitzender der BZK Tübingen
ZBW_2-3/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
55_ZU GUTER LETZT<br />
Karikatur: Harm Bengen<br />
IMPRESSUM<br />
IMPRESSUM<br />
_Herausgeber:<br />
Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />
Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg (LZK BW),<br />
Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart, und<br />
Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />
Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung Baden-Württemberg (KZV<br />
BW), Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart,<br />
für das Informationszentrum<br />
Zahn- und Mundgesundheit Baden-<br />
Württemberg<br />
Eine Einrichtung der LZK BW und<br />
KZV BW<br />
_Redaktion:<br />
Cornelia Schwarz (Cos) (ChR, verantw.)<br />
E-Mail: cornelia.schwarz@izzbw.de<br />
Telefon: 0711/222 966-10<br />
Gabriele Billischek (Bi),<br />
E-Mail: gabriele.billischek@izzbw.de<br />
Telefon: 0711/222 966-14<br />
Andrea Mader (am),<br />
Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg<br />
Telefon: 0711/228 45-29<br />
E-Mail: mader@lzk-bw.de<br />
Dr. Holger S<strong>im</strong>on-Denoix (hsd),<br />
Kassenzahnärztliche Vereinigung<br />
Baden-Württemberg<br />
Telefon: 0711/78 77-229<br />
E-Mail: holger.s<strong>im</strong>on-denoix@kzvbw.de<br />
_Anschrift der Redaktion:<br />
Informationszentrum Zahn- und<br />
Mundgesundheit Baden-Württemberg<br />
Heßbrühlstr. 7, 70565 Stuttgart<br />
Telefon: 0711/222 966-14<br />
Telefax: 0711/222 966-21<br />
E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de<br />
_Redaktionsassistenz:<br />
Gabriele Billischek<br />
_Layout:<br />
Armin Fischer, Gabriele Billischek<br />
_Autoren dieser Ausgabe:<br />
Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann, Dr. Dr.<br />
Hans Ulrich Brauer, Prof. Dr. Elmar<br />
Hellwig, Dorothea Kallenberg, Dr.<br />
Matthis Krischel, Andrea Mader, Dr.<br />
Diether Reusch, Dr. Annemarie Markl,<br />
Dr. Karina Schick, Cornelia Schwarz, Dr.<br />
Holger S<strong>im</strong>on-Denoix, ZA Jan Strüder<br />
_Titelseite:<br />
Fotos: Foto: ZM Archiv; E.<br />
Schwarz; Privatbesitz/Reproduktion<br />
Gedenkstätte Deutscher Widerstand;<br />
Bundesarchiv, B 285 Bild-04413/<br />
Stanislaw Mucha/CC-BY-SA 3.0;<br />
Foto: Wik<strong>im</strong>edia Commons Kamahele;<br />
Stolperstein Initiative Bad Cannstatt;<br />
Der Führer 10. Juni 1936; Péchy<br />
László.<br />
Bearbeitung: Armin Fischer<br />
_Rubrik Titelthema:<br />
Abbildungen: Der Führer 10. Juni<br />
1936; Rote Kapelle, pixabay; Kai Loges<br />
und Andreas Langen<br />
_Verantwortlich für Amtliche<br />
Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung Baden-<br />
Württemberg (KZV BW):<br />
Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />
Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung Baden-Württemberg (KZV<br />
BW), KdöR<br />
_Verantwortlich für Amtliche<br />
Mitteilungen der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg<br />
(LZK BW):<br />
Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />
Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg (LZK BW), KdöR<br />
_Hinweise:<br />
Die Redaktion behält sich vor,<br />
Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen.<br />
Ein Anspruch auf Veröffentlichung<br />
besteht nicht. Bei Einsendungen an<br />
die Redaktion wird der vollen oder<br />
auszugsweisen Veröffentlichung<br />
zugest<strong>im</strong>mt.Unaufgefordert<br />
eingegangene Fortbildungsmanuskripte<br />
können nicht veröffentlicht<br />
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wissenschaftlichen Autoren vereinbarte<br />
Fort bildungsbeiträge veröffentlicht.<br />
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insbesondere Titel-, Namens- und<br />
Nutzungsrechte etc., stehen<br />
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Mit Annahme des Manuskripts zur<br />
Publikation erwerben die Herausgeber<br />
das aus schließliche Nutzungsrecht,<br />
das die Erstellung von Fort- und<br />
Sonderdrucken, auch für Auftraggeber<br />
aus der Industrie, das Einstellen des<br />
ZBW ins Internet, die Übersetzung in<br />
andere Sprachen, die Erteilung von<br />
Abdruckgenehmigungen für Teile,<br />
Abbildungen oder die gesamte Arbeit<br />
an andere Verlage sowie Nachdrucke<br />
in Medien der Herausgeber, die<br />
fotomechanische sowie elektronische<br />
Vervielfältigung und die Wiederverwendung<br />
von Abbildungen umfasst.<br />
Dabei ist die Quelle anzugeben.<br />
Änderungen und Hinzufügungen<br />
zu Originalpublikationen bedürfen<br />
der Zust<strong>im</strong>mung des Autors und der<br />
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Einzelverkaufspreis inkl. MwSt. € 7,50<br />
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der Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg ist der Bezugspreis mit<br />
dem Mitgliedsbeitrag abgegolten.<br />
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W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG<br />
Augsburger Straße 722, 70329 Stuttgart<br />
Stefan Leicht, Tel. 0711 3272-232<br />
E-Mail: stefan.leicht@kohlhammerdruck.de<br />
www.kohlhammerdruck.de<br />
ISSN: 0340-3017
FONDATION BEYELER | 25 JAHRE<br />
23. 1. – 22. 5. 2022<br />
RIEHEN / BASEL<br />
J<strong>im</strong>son Weed / White Flower No. 1, 1932 (Detail), Öl auf Leinwand, 121,9 × 101,6 cm, Crystal Bridges Museum of American Art,<br />
Bentonville, Arkansas, 2014.35., © Georgia O’Keeffe Museum / 2022, Pro Litteris, Zürich, Foto: Edward C. Robison III.