INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2023
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DENKANSTOSS<br />
DIE INDUSTRIE<br />
MUSS DIE<br />
5G-LAWINE INS<br />
ROLLEN BRINGEN<br />
5G gilt als der Schlüssel für die Zukunft. So will die Industrie<br />
Anwendungen vorantreiben, die nur mit dem jüngsten<br />
Mobilfunkstandard realisierbar sind. Das reicht vom komplett<br />
automatisierten Roboter-Einsatz in der Produktion<br />
über selbstfahrende Lieferfahrzeuge in der Fabrikhalle bis hin zu<br />
Virtual-Reality-Anwendungen. Städte wiederum erwarten, dass<br />
vom Auto bis zur Ampel alles aufeinander abgestimmt wird und<br />
sich auch andere Bereiche wie die Stromversorgung intelligent<br />
gestalten lassen. Der Bitkom jedenfalls hält den Mobilfunkstandard<br />
für unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort Deutschland.<br />
Gleichzeitig stellt der Branchenverband in seiner Erhebung<br />
fest, dass die Industrie zwar die Vorteile von 5G erkannt hat, den<br />
neuen Kommunikationsstandard aber noch nicht im eigenen<br />
Unternehmen etabliert hat. So finden 85 Prozent der produzierenden<br />
Firmen die Verfügbarkeit von 5G wichtig, jedoch nutzen<br />
bislang erst 29 Prozent die Technologie zumindest teilweise in<br />
der Produktion und nur fünf Prozent setzen ausschließlich auf 5G<br />
als Funkstandard. Aber auch das zeigen Studien immer wieder:<br />
Besonders bei kleineren Unternehmen, denen nicht dieselben<br />
finanziellen und personellen Möglichkeiten offenstehen wie den<br />
Großen der Industrie, hapert es noch an der Umsetzung.<br />
Dabei profitiert gerade die Industrie von 5G und seinen Leistungsdaten.<br />
Die Spitzenwerte allerdings, von denen immer geredet<br />
wird – Latenzzeiten von unter einer Millisekunde, eine Bandbreite<br />
von bis zu 20 Gbit/s oder eine Million Geräte auf einem Quadratkilometer<br />
–, lassen sich nur unter idealen Bedingungen realisieren.<br />
Aktuell ist 5G in den mittleren Frequenzbändern mit einer<br />
Downloadrate von 1 Gbit/s und einer Latenz von zehn bis<br />
15 Millisekunden verfügbar. Für den Bereich mMTC (Massive<br />
Machine Type Communication) ist jedoch eine Durchdringung<br />
von Gebäuden und ähnlichen Strukturen wichtig. Folglich werden<br />
deutlich niedrigere Frequenzen benötigt, die in den nächsten<br />
Jahren noch von alten Mobilfunktechnologien „blockiert“ sind.<br />
Trotzdem ist die intelligente Vernetzung aller IoT-Geräte (Internet<br />
of Things) nur eine Frage der Zeit. Hinzu kommt: Unternehmen<br />
können sich in Deutschland so einfach wie in kaum einem<br />
anderen Land lokale Funkspektren für firmeneigene Campusnetzwerke<br />
zuteilen lassen.<br />
MARCUS GIEHRL<br />
Practice Director – Innovations and Smart Technologies bei<br />
NTT Ltd. in Deutschland<br />
Was also hält Unternehmen, gerade Mittelständler, davon ab, auf<br />
den 5G-Zug zu springen? Ein Grund liegt sicherlich in den nicht<br />
unerheblichen Investitionen, die mit der Einführung eines eigenen<br />
Netzes einhergehen. So ist Stand jetzt die Auswahl an entsprechenden<br />
Endgeräten in vielen Branchen noch überschaubar – in der<br />
Öl-, Gas- und Chemieindustrie beispielsweise braucht man<br />
explosionsgeschützte und feuerresistente Devices. Diese „Nischenprodukte“<br />
kommen aber erst nach und nach und mit entsprechenden<br />
Preisen auf den Markt. Das ließe sich aber leicht ändern,<br />
wenn die Großen der Branche durch ihren Wunsch, die Produktionsumgebung<br />
komplett 5G-fähig zu machen, Druck aufbauen und<br />
damit die Marktmechanismen ins Rollen bringen. Gleichzeitig<br />
kann es gerade für kleine Unternehmen sinnvoll sein, Partner für<br />
ihren geplanten Anwendungsfall zu finden und das Projekt im<br />
Rahmen eines As-a-Service-Angebots zu realisieren.<br />
Für mich steht fest: 5G ist die Zukunft – aber längst keine<br />
Zukunftsmusik mehr. Und vielerorts sind die Weichen schon entsprechend<br />
gestellt. Um darauf aufzubauen, brauchen wir jetzt eine<br />
Sogwirkung: Steigt die Nachfrage, kurbelt das den Markt an und<br />
mehr Hersteller von 5G-Technologie bringen Module, die spezifische<br />
Anwendungen im industriellen Kontext ermöglichen, zu<br />
vertretbaren Kosten heraus. Unternehmen, die angesichts der<br />
derzeitigen Situation zögern, sollten nicht zu lange warten. Denn<br />
wer nicht frühzeitig umsteigt, wird abgehängt. Oder umgekehrt:<br />
Wer früh startet, kann sich langfristig Vorteile erarbeiten und die<br />
kommenden Entwicklungsschritte von 5G mit den Erfahrungen<br />
aus der ersten Welle noch schneller nutzbringend umsetzen.<br />
Bilder: NTT<br />
www.services.global.ntt<br />
8 <strong>INDUSTRIELLE</strong> <strong>AUTOMATION</strong> <strong>2023</strong>/03 www.industrielle-automation.net