Die Malteser Zeitung 2/2023
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
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KULTURGUT<br />
EIN KURFÜRST UND MALTESER-RITTER<br />
Ein Portrait des Karl Joseph von Lothringen.<br />
Von der <strong>Malteser</strong>kirche in der Kärntner Straße ist<br />
es nicht weit zum sich glamourös gebenden Neuen<br />
Markt. Der dort ansässige Orden der Kapuziner betreut,<br />
seit er unter Kaiserin Anna nach Wien geholt<br />
wurde, die bekannteste Begräbnisstätte der Habsburger.<br />
Ein prachtvoller Sarkophag, dessen heraldischer<br />
Schmuck mit einem <strong>Malteser</strong>kreuz unser<br />
Interesse auslöst, deutet auf eine Verbindung zu<br />
unserem Ausgangsort hin.<br />
In diesem mit einem <strong>Malteser</strong>kreuz geschmückten<br />
Sarkophag in der Kaisergruft fand Karl Joseph von<br />
Lothringen seine letzte Ruhestätte. Geboren wurde er am<br />
24. November 1680 im Exil in Wien. Pest, Hungersnot<br />
und der Dreißigjährige Krieg hatten schreckliches Elend<br />
über Lothringen gebracht. Dazu kam die zweimalige Besetzung<br />
des Landes durch französische Truppen von 1633<br />
bis 1661 und nochmals von 1670 bis 1697. Sein Großvater<br />
war Karl V. Herzog von Lothringen. <strong>Die</strong>ser<br />
war Oberbefehlshaber der kaiserlichen<br />
Truppen im Türkenkrieg von 1683–1697<br />
und einer der erfolgreichsten Feldherren<br />
der Habsburger im 17. Jahrhundert. Ein<br />
gelehriger Schüler Montecuccolis, dem<br />
Sieger von St. Gotthard, auf den das<br />
Bonmot zurückgeht: „Zum Kriegführen<br />
braucht man Geld, Geld und nochmals<br />
Geld“. <strong>Die</strong>se Erfahrung und sein militärisches<br />
und strategisches Wissen gab Herzog<br />
Karl V. an Prinz Eugen weiter. Sein<br />
älterer Bruder Leopold konnte später als<br />
Herzog von Lothringen 1698 wieder in<br />
Nancy einziehen und dann noch 30 glückliche Jahre lang<br />
regieren. Für Karl Joseph als Jüngsten war eine geistliche<br />
Karriere vorgesehen. In dieser spiegelt sich das damalige<br />
Verständnis der alten Reichskirche wider. So war er zunächst<br />
1691 Domherr in Köln, ein Jahr später in Olmütz,<br />
1702 in Trier und 1715 in Lüttich.<br />
Von Wolfgang J. Bandion<br />
Im Jahre 1693 wurde er zum Großprior des <strong>Malteser</strong>ordens<br />
von Kastilien und Leon ernannt. Verständlicherweise<br />
stolz über seine Aufnahme in den Orden hinterlegte<br />
er in Folge in allen seinen späteren geistlichen und<br />
weltlichen Funktionen sein Wappen mit dem achtspitzigen<br />
Kreuz.<br />
Ein gewissenhafter Kirchenfürst<br />
Karl Joseph war auch Kommendatarabt mehrerer Benediktinerabteien<br />
und wurde später Erzbischof von Olmütz<br />
und Osnabrück. Als er dann Kurfürst von Trier wurde,<br />
musste er aufgrund päpstlichen Druckes auf Olmütz verzichten.<br />
Auch Trier war, als er zum Koadjutor des Erzbischofs<br />
gewählt wurde, von französischen Truppen besetzt.<br />
Das Domkapitel residierte deswegen in Koblenz.<br />
Das Kurfürstentum Trier war im Spanischen Erbfolgekrieg<br />
nicht zum ersten Mal durch extreme Kriegshandlungen<br />
in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Versuch,<br />
zwischen Frankreich und dem Kaiser einen Ausgleich<br />
zu schaffen, war von Schwierigkeiten<br />
geprägt. Politisch war Karl Josephs Unterstützung<br />
eindeutig: Für die Wahl zum<br />
Römischen Kaiser waren die geistlichen<br />
Kurfürsten meist wahlentscheidend,<br />
und nach dem Tod von Kaiser Joseph I.<br />
konnte sein Bruder Karl sich auf die Unterstützung<br />
aus Trier verlassen.<br />
Karl Joseph kam seinen geistlichen und<br />
weltlichen Aufgaben gewissenhaft nach,<br />
Taler mit Wappen von Karl Joseph<br />
als Erzbischof von Olmütz für einen barocken Kirchenfürsten sehr<br />
differenziert in der Repräsentation. Bei<br />
der Wahl zum Römischen Kaiser in Frankfurt setzte er<br />
die ganze barocke Pracht eines geistlichen Kurfürsten<br />
ein, während er in seinen Bistümern als Kurfürst und<br />
Bischof eine bescheidene Hofhaltung pflegte und auf aufwändige<br />
Repräsentation verzichtete.<br />
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DIE MALTESER 2/<strong>2023</strong>