Kulturfenster Nr. 04|2023 - August 2023
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Blasmusik<br />
wirkte, schrieb man zum großen Beifall für<br />
die Musikantinnen Folgendes (Dolomiten,<br />
15.05.1972, S. 5): „Im Zug der Gastkapellen<br />
wechselten bunte Musiktrachten<br />
mit schmucken Uniformen ab, und in einigen<br />
Gruppen war das weibliche Element<br />
– außer mit Marketenderinnen – auch mit<br />
jungen Bläserinnen gut vertreten. […] Modernen<br />
Fortschritt bewies die Musikkapelle<br />
Wolkenstein, Gröden, in deren ersten Reihe<br />
sechs junge Bläserinnen schritten.“<br />
Tracht, Montur und eine<br />
spezielle Urkunde<br />
Auffallend bei den ersten Auftritten war ihre<br />
Tracht: Diese stammte vom Trachtenverein,<br />
wobei jedes Mädchen eine andere Schürze<br />
trug. Der Rock war kurz, d. h. er verlief bis<br />
zum Knie. Erst später wurde er verlängert.<br />
Daneben hatten sie bei bestimmten Anlässen<br />
zusätzlich die Montur an, deren Rock,<br />
der damaligen Mode entsprechend, ziemlich<br />
knapp war. Außerdem trugen sie dabei<br />
eine Krawatte und weiße Stiefel.<br />
Für Perathoner und Soppelsa war die Zeit<br />
in der Kapelle eine wunderbare Erfahrung.<br />
Erstere war 15 Jahre Mitglied und fand unter<br />
anderem im damaligen Kapellmeister Andrea<br />
Mussner ihren zukünftigen Ehemann.<br />
Sie blieb auch noch nach dem ersten Kind<br />
bei der Kapelle und stieg erst nach der Geburt<br />
des zweiten aus. Für ihre Leistungen<br />
in der Kapelle bekam sie am 6. Juni 1985<br />
das Ehrenabzeichen in Bronze verliehen.<br />
Auffallend ist dabei, dass sie als „Herr Lidia<br />
Perathoner“ bezeichnet wurde. Hierbei<br />
wird es sich um eine der ersten Urkunden<br />
handeln, die einer Musikantin überreicht<br />
wurden. Soppelsa war bis 1975 in der Kapelle<br />
und meinte dazu: „Das waren wirklich<br />
sehr schöne vier Jahre.“<br />
Luise Trenkwalder,<br />
die „Musigtante“<br />
Musikalische Spuren in<br />
Barbian, Rabland, Partschins<br />
und Algund<br />
1925 zog sie nach Barbian, da ihr Onkel<br />
dort Pfarrer wurde, und übernahm den<br />
Chor und Orgeldienst (bis 1939). In Barbian<br />
brachte sie Kindern das Singen bei,<br />
und neben dem Orgelunterricht erlernten<br />
ein paar Männer dank ihres Unterrichts<br />
das Geigespielen. Langsam entstand ein<br />
Orchester aus Geigen und Klarinetten, das<br />
den Chor bei Festtagen begleitete. Vermutlich<br />
war sie auch für eine Weile Kapellmeisterin<br />
der damaligen Musikkapelle, so liest<br />
man im Barbianer Dorfbuch.<br />
Während des zweiten Weltkriegs kam der<br />
Onkel nach Rabland und Partschins, wo<br />
Trenkwalder auch teilweise den Dienst der<br />
Organistin übernahm. Nach dem Krieg<br />
(1946) ging sie nach Algund, wo sie die<br />
meisten Spuren hinterließ. Auch nach<br />
der Pensionierung lebte sie für die Musik<br />
und bildete viele Jugendliche im Gesang<br />
oder auch im Instrumentalunterricht wei-<br />
Der Barbianer<br />
Kirchenchor<br />
beim Besuch in<br />
Algund 1940:<br />
Luise Trenkwalder<br />
1. von rechts,<br />
stehend<br />
ter. Sie bot unter anderem Flöten-, Geigen-,<br />
Gitarren-, Harmonium-, Klavier-,<br />
und Orgelunterricht an. In einer Zeit, wo<br />
es noch keine Musikschulen gab, bezog<br />
die Musikkapelle von Algund den Nachwuchs<br />
aus ihrer „Schule“. Außerdem entstand<br />
durch ihre Initiative ein Streichorchester<br />
im Dorf. Tatsache ist, dass durch<br />
ihre mühsame Alleinarbeit und die daraus<br />
resultierenden Erfolge ganze Musikschulen<br />
hätten stolz sein können. Dazu<br />
konkret in der Chronik der Algunder Musikkapelle:<br />
„So hat die ‚Musigtante‘ auch<br />
einen wesentlichen Anteil daran, dass es<br />
in Algund immer wieder talentierte Musikanten<br />
gab, die zur Musikkapelle kamen<br />
und dort ihren Beitrag zum Erfolg der ‚Algunder‘<br />
leisteten.“<br />
Luise Trenkwalder wurde über 100 Jahre<br />
alt und ist eines von vielen Beispielen von<br />
Frauen, die zwar nicht Mitglied, jedoch<br />
für die Entwicklung mancher Musikkapellen<br />
von Wichtigkeit und deren Geschichte<br />
durch ihre Bemühungen geprägt waren .<br />
Martina Rabensteiner<br />
Ein weiteres Beispiel für die Wichtigkeit der<br />
Frauen in den Kapellen ist Luise Trenkwalder.<br />
Bekannt als „Musigtante“, hat sie<br />
ihr Wissen nicht nur an die Chorwelt, sondern<br />
unter anderem auch an so manche<br />
Südtiroler Musikkapelle weitergegeben.<br />
Sie wurde am 14.11.1906 in Untermais<br />
geboren. Mit sechs Jahren kam sie zu ihrem<br />
Onkel Alois Pfitscher, der Kurat von<br />
St. Oswald bei Kastelruth war. Von ihm erlernte<br />
sie alles über die Musik. Über das<br />
Harmonium kam sie zum Orgelspiel und<br />
mit zehn Jahren hatte sie bereits ihren ersten<br />
Orgelauftritt in Kastelruth.<br />
Aufruf an die Musikkapellen:<br />
Die Geschichte zur Rolle der Frauen in Südtirol hat noch einige Lücken:<br />
Hat auch eure Kapelle diesbezüglich eine spannende Vergangenheit<br />
oder Gegenwart aufzuzeigen? Wie sahen die Anfänge eurer Musikantinnen<br />
aus? Habt oder hattet ihr starke Frauen in euren Reihen (als Obfrau,<br />
Kapellmeisterin, in verschiedenen Funktionen in oder außerhalb<br />
der Kapelle etc.), deren Geschichte erzählt werden soll?<br />
Dann schickt eine E-Mail an: martina.rabensteiner90@gmail.com<br />
KulturFenster<br />
11 04/<strong>August</strong> <strong>2023</strong>