Kulturfenster Nr. 04|2023 - August 2023
Kulturfenster Nr. 04|2023 - August 2023
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Chorwesen<br />
„Ich bin ein Liedermacher“<br />
Drei Fragen an den Projektleiter Ernst Thoma<br />
KulturFenster: 25 Jahre lang sind Sie nun<br />
Leiter der Alpenländischen Sing- und Wanderwoche.<br />
Was ist Ihnen in besonderer Erinnerung<br />
geblieben?<br />
Ernst Thoma: Auffallend für mich ist vor<br />
allem die menschliche Komponente, die<br />
sich entwickelt und die zwischen den<br />
Teilnehmern wahrgenommen wird. Zudem<br />
wird auf Gebrechen von Mitsängern<br />
und Mitsängerinnen große Rücksicht genommen.<br />
Sobald aber alle miteinander<br />
singen, fühlen sie sich wie auf einer höheren<br />
Stufe, sie vergessen vieles aus ihrem<br />
Alltagsleben und strahlen was Besonderes<br />
aus. Beeindruckend ist auch wie<br />
so viele Menschen miteinander harmonieren,<br />
manch einer kann dabei bereits<br />
auf über 80 Lebensjahre zurückblicken.<br />
Eine Leistung, die, ohne etwas anzusprechen,<br />
funktioniert.<br />
KF: Mehrere Ihrer Kompositionen und Texte<br />
wurden von den Sängerinnen und Sängern<br />
mit Begeisterung beim Konzert vorgetragen.<br />
Wie würden Sie sich als Komponist<br />
einordnen?<br />
Thoma: Ich sehe mich mehr als Liedermacher.<br />
Schon als Jugendlicher nahm<br />
ich die Gitarre zur Hand und versuchte<br />
damit Lieder zu untermalen und dabei zu<br />
singen. Beispielsweise erhielt ich 1978<br />
von meinem Vater die „Korrnrliadrtexte“<br />
von Luis-Stefan Stecher geschenkt. Begeistert<br />
von den spannenden, von Rhythmus<br />
überfließenden Texten über das Leben<br />
der Karrner habe ich zunächst diese<br />
„Korrnrliadr“ auswendig, ohne Noten, nach<br />
Gehör mit Gitarre und Gesang bei einem<br />
Pop-Konzert im Vorprogramm vorgetragen.<br />
Über 20 Jahre lang hatte ich diese<br />
gesungen und nie zu Papier gebracht, bis<br />
mir eine junge Studentin ihre Transkription<br />
meiner Tonbandkassetten vorgelegt<br />
hat. Da wurde mir bewusst, dass ich dies<br />
nachholen musste, weshalb ich sie mit<br />
weiteren selbst komponierten kirchlichen<br />
und weltlichen Liedern in einem Buch zusammengefasst<br />
habe. Dass die „Karrner<br />
Liadr“ einmal einen so großen Erfolg erzielen<br />
sollten, war einfach nicht vorhersehbar,<br />
davon konnte ich nicht mal träumen.<br />
Im Grunde brauche ich immer einen Anlass<br />
für neue Musik. Wenn ich ein Ereignis<br />
und eine Person habe, die ich mir im<br />
Kopf vorstellen kann, beflügelt mich das,<br />
Noten zu kreieren und Gefühle in Wörter<br />
zu kleiden, nach dem Motto: aufeinander<br />
hören, miteinander singen; dafür sind<br />
Volkslieder geschaffen.<br />
KF: Sie wollen das Volkslied unter die Menschen<br />
bringen.<br />
Thoma: Der Südtiroler Chorverband hat die<br />
Aufgabe, die Chormusik zu pflegen, und<br />
sucht Referenten. Ich sehe mich daher<br />
mehr darum bemüht, dass das Volkslied<br />
unter die Menschen gebracht wird, dass es<br />
auch wieder im Gasthaus gesungen wird.<br />
Es ist gut, dass das Volkslied gut einstudiert<br />
bei Konzerten vorgetragen wird, doch<br />
sollte das Volksliedgut auch bei Geselligkeit<br />
wieder den Stellenwert einnehmen,<br />
der ihm gebührt. Es ist wichtig, die Menschen<br />
zu sensibilisieren, dass im Prinzip<br />
jeder von uns singen kann und soll. Das<br />
konnte auch bei unserem Konzert bewiesen<br />
werden, als alle Zuhörer*innen im Saal<br />
sich am Quodlibet beteiligt haben.<br />
Seit mehr als 40 Jahren ist es das Erfolgsrezept der Alpenländischen Sing- und Wanderwoche, dass der Chorgesang mit heimatkundlichen<br />
Wanderungen ergänzt wird.<br />
KulturFenster 31<br />
04/<strong>August</strong> <strong>2023</strong>