Neue Szene Epaper 2023-09
DAS Stadtmagazin in und um Augsburg seit über 30 Jahren am Puls der Stadt ...
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SPORT 41<br />
zwar verstanden, was er gelesen hat, konnte es aber<br />
nur auf Kyrillisch niederschreiben. Ich musste die<br />
lateinische Schrift und Deutsch als Fremdsprache<br />
Schritt für Schritt lernen, mich integrieren und anpassen,<br />
dabei hat mir dann aber der Fußball sehr<br />
geholfen.<br />
Hast du auch dafür eine kleine Anekdote<br />
parat?<br />
Es war in einer der ersten Pausen in meiner<br />
neuen Schule, als mich ein kleiner schweizerischer<br />
Bub verprügeln wollte. Mein älterer Bruder, der in<br />
der sechsten Klasse gewesen ist, ging dazwischen,<br />
um mich zu verteidigen. Später am Tag haben wir<br />
dann auf dem Pausenhof mit Tennisbällen Fußball<br />
gespielt und als die Kinder gesehen haben, wie ich<br />
spiele, wollte mich alle in ihre Mannschaft holen<br />
und es gab danach nie wieder ein Problem (lacht).<br />
Das mit der Schule und der Ausbildung schien<br />
sich auch ganz gut zu entwickeln, denn du verfügst<br />
über eine äußerst interessante Vita.<br />
Steckte da immer ein klarer Plan dahinter?<br />
Nein, denn tatsächlich plane ich „karrieretechnisch“<br />
wenig. Ich versuche dafür bei allem stets<br />
mein Bestes zu geben, so sind immer neue Türen<br />
aufgegangen. So war das häufig in meinem Leben,<br />
zunächst als Junior im Fußball, als ich viele Tore<br />
geschossen habe und dann Profi wurde und auch<br />
für einige Jahre geblieben bin. Am Ende der Karriere<br />
ging ich dann in die dritte Schweizer Liga,<br />
wo man nur dreimal pro Woche kickte und habe<br />
ein zweites und drittes Studium begonnen.<br />
Soweit ich weiß, hattest du schon vor der Profikarriere<br />
Grundschulpädagogik zu Ende studiert.<br />
Das ist richtig, nach der Profikarriere habe ich<br />
dann einige Semester Jura und Wirtschaft studiert<br />
und in dieser Zeit den Unternehmer und Politiker<br />
Otto Ineichen kennengelernt. Ich arbeitete einige<br />
Jahre für ihn als persönlicher Mitarbeiter in der<br />
Bildungs- und Sozialpolitik, wir haben beispielsweise<br />
eine Stiftungsschule für circa 200 Schüler<br />
aufgebaut mit einer besonderen Bildungsphilosophie<br />
für junge Menschen, die es nach der obligatorischen<br />
Schulzeit nicht schaffen, eine<br />
Berufsausbildung zu bekommen. Dabei stand für<br />
mich immer die menschliche Komponente im<br />
Vordergrund, denn es ist wichtig, den Kern eines<br />
Menschen im Grundsatz zu erkennen und ihn als<br />
Person ernst zu nehmen, um gemeinsam einen<br />
Weg gehen zu können.<br />
Diese Philosophie pflegst du auch heute als<br />
Sportdirektor im Leistungsfußball, wie bist du<br />
zurück zum Fußball gekommen?<br />
Ich wurde 20<strong>09</strong> von Peter Knäbel kontaktiert,<br />
der damals Direktor des Schweizerischen Fußballverbands<br />
gewesen ist. Er fragte mich, ob ich ein<br />
Mandat als Stürmertrainer übernehmen wolle<br />
und so habe ich bis 2017 die Spezialisierung der<br />
Stürmerposition im Schweizer Fußball vorangetrieben.<br />
Als ich 2012 bei Otto Ineichen ausgetreten<br />
bin, habe ich dann für fünf Jahre in einer<br />
halben Anstellung als Assistent von Peter Knäbel<br />
für den SFV gearbeitet und später mit dem SC<br />
Kriens parallel einen Club in der 3. Liga trainiert.<br />
In dieser Zeit absolvierte ich meine Trainerausbildungen<br />
bis hin zur UEFA Pro Lizenz und verließ<br />
danach den Verband, um hauptamtlich den FC<br />
Aarau in der 2. Liga zu coachen. Nach dieser Zeit<br />
bin ich zuerst U21-Trainer und zwei Jahre später<br />
Sportdirektor beim FC Zürich geworden.<br />
Alle FCA-Fans hören sehr gerne, dass der<br />
Kader des FC Zürich zu 50 Prozent aus Spielern<br />
aus dem eigenen Stall besteht. War das traditionell<br />
so oder eine Entwicklung der letzten<br />
Jahre?<br />
Der FC Zürich steht schon traditionell dafür,<br />
immer wieder junge Nationalspieler hervorgebracht<br />
zu haben, die dann den Weg über die erste<br />
Mannschaft beispielsweise auch in die deutsche<br />
Bundesliga schafften. Ich hatte aber mit meinem<br />
Amtsantritt den klaren Auftrag des FCZ-Präsidiums,<br />
den Schwerpunkt noch mehr auf die eigene<br />
Jugend zu setzen. Wir haben also die Integration<br />
der eigenen Spieler und damit auch die Identifikation<br />
mit Spielern aus der Region vorangetrieben<br />
und von anfangs 35 Prozent konnten wir den<br />
Kaderanteil von Spielern aus der eigenen FCZ-<br />
Akademie auf 50 Prozent erhöhen. Das schafft<br />
Nähe und Vertrauen und begeistert zudem die<br />
ganze Region.<br />
Heinz Moser war der Leiter Entwicklung<br />
beim FCZ und ist dir jetzt nach Augsburg gefolgt.<br />
War diese Personalie eine Bedingung<br />
für deinen Wechsel?<br />
Es war vielmehr eine Überzeugung nach den<br />
ersten Gesprächen hier in Augsburg. Wenn wir<br />
zukünftig gemeinsam den Weg eines Ausbildungsvereins<br />
gehen wollen, dann ist Heinz Moser<br />
ein ausgewiesener Topmann hierfür. Er hat 15<br />
Jahre beim Verband gearbeitet, war dort Trainerausbilder,<br />
selbst Trainer von der U15 bis zur U21<br />
Nationalmannschaft und letztendlich auch verantwortlich<br />
dafür, dass das Talentmanagement beim<br />
Verband ins Leben gerufen und in die Vereine implementiert<br />
worden ist. Heinz Moser ist ein Vollprofi<br />
für die Entwicklung junger Spieler, für ihr<br />
Heranführen an die erste Mannschaft, aber auch<br />
dafür, die Spieler der ersten Mannschaft immer<br />
einen Schritt weiterzubringen.<br />
Du bist verheiratet, hast einen Sohn und einen<br />
Hund. Wird die Familie auch nach Augsburg<br />
kommen?<br />
Mein Sohn ist im August in der Schweiz in<br />
die 5. Klasse eingeschult worden und die nächsten<br />
Semester entscheiden dann – anders als hier in<br />
Deutschland, wo das schon früher passiert – auf<br />
welchem Bildungsweg es dann für ihn weitergeht.<br />
Das Ziel ist aber, dass auch meine Familie nach<br />
Augsburg kommt, allerdings ohne etwas zu überstürzen.<br />
Wir nehmen uns die Zeit, in den kommenden<br />
Monaten eine gute Bleibe in einer<br />
Gegend zu finden, in der es uns gefällt. (max)<br />
“<br />
Ich versuche,<br />
stets mein<br />
Bestes zu<br />
geben, so<br />
sind auch<br />
immer Türen<br />
aufgegangen!