mebulive 2.2023 (Vorschau)
Produktionsreports: Tour de France, Special Olympics World Games, CL-Finale // Technik-Geschichten: Sony Factory Tour, KST Moschkau // Distribution: Deutsche TV-Plattform, Cloud-Test
Produktionsreports: Tour de France, Special Olympics World Games, CL-Finale // Technik-Geschichten: Sony Factory Tour, KST Moschkau // Distribution: Deutsche TV-Plattform, Cloud-Test
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Distribution / Deutsche TV-Plattform<br />
Deutsche Telekom, hat beobachtet, dass<br />
bei Medienkonsumenten alle Nutzungsarten<br />
parallel vorkommen, ob „Lean<br />
Back, oder „Zappen“ oder VOD. Seinem<br />
Eindruck nach würden Zuschauer mittlerweile<br />
aber auch durch die Unübersichtlichkeit<br />
des Content-Angebots teils<br />
„überfordert“, was berücksichtigt werden<br />
müsse, um Kundenbedürfnisse optimal<br />
zu erfüllen. Prof. Dr. Mike Friedrichsen<br />
(University of Digital Science, Potsdam)<br />
warnte in seiner Keynote zur Veranstaltung:<br />
„Überschätzen Sie nicht die digitale<br />
Kompetenz der jungen Generation!“.<br />
Die Notwendigkeit, sich beim IP-TV im<br />
Gegensatz zum einfachen linearen Broadcast-TV,<br />
erst einmal überlegen zu<br />
müssen, welches Programm man denn<br />
überhaupt sehen möchte, sei mit einem<br />
langwierigen unkomfortablem Suchaufwand<br />
verbunden, den auch Jüngere<br />
nicht unbedingt besser beherrschen. In<br />
Zukunft gehe es um eine kollaborative<br />
Nutzung, in der Broadcast und Broadband<br />
sich gegenseitig ergänzen.<br />
Mediennutzung und die dafür verfügbare<br />
Technologie sind eng miteinander verzahnt.<br />
Dabei werfe die laufende Entwicklung<br />
zur IP-Transformation von linearem<br />
Fernsehen eine Vielzahl von Fragen für<br />
Broadcaster auf, referierte Andre Prahl,<br />
Chief Distribution Officer RTL Deutschland<br />
und Geschäftsführer RTL Technology<br />
GmbH in seiner Funktion als Vorsitzender<br />
der Deutschen TV-Plattform zu<br />
Beginn der Veranstaltung. Wobei unklar<br />
sei, wie hoch die Geschwindigkeit bei<br />
der Transformation sei: Eher „ein explosionsartiger<br />
Vorgang, der Broadcast und<br />
damit lineares TV zu schnell in den Abgrund<br />
reißt – oder evolutionär?“. Sicher<br />
sei: Das traditionelle Fernsehen habe zu<br />
Gunsten von Video-Streaming und OTT-<br />
TV deutlich an Reichweite verloren. Unter<br />
den TV-Konsumenten wachse der Anteil<br />
derjenigen, deren Empfangsgeräte gar<br />
nicht mehr an Broadcast angeschlossen<br />
seien. Mit der Vielfalt an Inhalten und<br />
Plattformen türmen sich riesige Datenmengen<br />
auf, die „ins Netz geschossen“<br />
werden und über IP verbreitet werden<br />
sollen. Was aber wird das Ganze kosten,<br />
wer wird das bezahlen? Eine laut Prahl<br />
existentielle Frage für die Broadcaster<br />
als bisherige Platzhirsche im TV-Business.<br />
Sie müssten die Transformation<br />
„rechtzeitig schaffen“, bevor ihre Reichweite<br />
und Technologie „mit Tatsachen<br />
konfrontiert werde, die zu Schwierigkeiten<br />
in den nächsten Jahren führen“. Auch für<br />
Endgerätehersteller sei es problematisch,<br />
wie die Vielzahl an Video-Inhalten im Netz<br />
verfügbar und auffindbar wird und funktionierende<br />
Empfehlungssysteme eingebunden<br />
werden können, damit sich die<br />
Konsumenten „im ganzen Dschungel der<br />
Inhalte zurecht finden werden können“.<br />
Mit welchen Systemen ist das möglich?<br />
Es seien eine Reihe von Parametern zu<br />
berücksichtigen. Wird womöglich der<br />
Carbon Footprint, der CO2-Fußabdruck,<br />
der aktuell bei Broadband viel ungünstiger<br />
als bei Broadcast ist, als ein „Gamechanger“<br />
wirken, um den Prozess wieder<br />
herum zu drehen, weil Massenmedien<br />
über Broadcast auch langfristig energieeffizienter<br />
sind?, stellte Prahl als Frage in<br />
den Raum.<br />
Gamechanger CO2-Ausstoß?<br />
Was Vincent Grivet, Chairman of HbbTV<br />
Association, in seinem Referat, eine Ode<br />
an die Faszinationskraft des klassischen<br />
Fernsehens, für möglich hält. Wie andere<br />
Speaker nach ihm hatte Grivet sich in<br />
seiner Argumentation auf ein Chart von<br />
Vaunet zur Mediennutzung 2022 gestützt.<br />
Danach ist insbesondere Fernsehen<br />
neben Radio, also Broadcast, immer<br />
noch die meistgenutzte Mediengattung<br />
in Deutschland. Wobei der Anteil der Audio-<br />
und audiovisuellen Mediennutzung<br />
am gesamten Medienzeitbudget im Jahr<br />
2022 auf knapp 90 Prozent angestiegen<br />
ist. Auch wenn das Fernsehen im digitalen<br />
Rausch immer wieder tot gesagt wurde,<br />
lebe es und fasziniert, meinte er: „Streaming<br />
ist nicht alles“. Zwar sei Streaming<br />
ein „Big Disrupter“, werde aber gleichzeitig<br />
mit neuen Disruptern wie TikTok oder<br />
YouTube konfrontiert. Grivet zitierte verschiedene<br />
Studien, nach deren Ergebnissen<br />
der Stromverbrauch wie auch der<br />
CO2-Ausstoß bei IP-TV im Gegensatz zu<br />
Broadcast horrende ist. Und wenn DVB<br />
abgeschaltet werde (was aufgrund eines<br />
Beschlusses der UN-Weltfunkkonferenz<br />
ab 2030 passieren könnte), werde es<br />
einen neuen gigantischen CO2-Ausstoß<br />
geben. Überhaupt seien die Kosten für<br />
die vollständige IP-Transformation viel<br />
Andre Prahl, CEO der Deutschen TV-Plattform<br />
höher als gedacht. Broadcast sei preiswerter<br />
und besser in der Qualität. Und<br />
OTT-Traffic dürfe in Zukunft nicht mehr<br />
kostenlos sein, forderte Grivet, der zum<br />
Entsetzen einiger Anwesenden, Smart<br />
TV als ein Medium bezeichnete, das dem<br />
Ziel diene, Mediennutzer „von Broadcast<br />
weg zu kriegen“. Doch realistischer Weise<br />
plädierte Grivet zum Schluss für eine<br />
CoLeadership von Broadcast und IP-TV.<br />
Und die könne, so meint der HbbTV-Interessensvertreter<br />
natürlich, am besten mit<br />
HbbTV als Navigator organisiert werden.<br />
Eine eher umgekehrte Position vertrat<br />
Dr. Stefan Arbanowski, Director Future<br />
Applications and Media (FAME) , Fraunhofer<br />
FOKUS unter seinem Vortragstitel<br />
„Schüsseltechnologien, Tech-Trends,<br />
Standards – immer komplexer, damit<br />
es schön einfach bleibt“. Hintergrund:<br />
Fraunhofer FOKUS, gegründet 1988,<br />
erforscht die Digitale Vernetzung und<br />
ihre Auswirkungen auf Gesellschaft,<br />
Wirtschaft und Technologie. Der Geschäftsbereich<br />
FAME von Arbanowski<br />
kapriziert sich auf die Übertragung von<br />
Video-Streaming-Inhalten. Ziel ist, die<br />
immensen Datenmengen hinsichtlich<br />
ihrer hohen Übertragungskosten zu reduzieren<br />
und gleichzeitig ein optimales<br />
Seherlebnis gewährleisten zu können.<br />
So hat ein Forschungsteam bei Fraunhofer<br />
FOKUS die FAMIUM Deep Encode-Lösung<br />
entwickelt. Dabei wird sowohl<br />
die Übertragung von Video-on-Demand<br />
durch Mediatheken wie auch die Übertragung<br />
linearer Live-Inhalte, zum Beispiel<br />
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<strong>2.2023</strong><br />
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