16« LEBENSZIEL er seinen Assistenten an, ihm einen Testwagen zu beschaffen <strong>–</strong> statt selbst ans Band zu gehen, auf einen Wagen zu zeigen <strong>und</strong> zu sagen: „Den möchte ich als Probefahrzeug.“ Ich habe selbst erlebt, wie die Autos für Vorstandsmitglieder <strong>und</strong> Journalisten auf eine deutlich bessere Qualität gebracht wurden als die Durchschnittswagen. Es ergibt wenig Sinn, wenn in Unternehmen solche Potemkinschen Dörfer errichtet werden. Und heute hat sich das natürlich geändert. « Der Altersdurchschnitt bei McKinsey liegt bei 32 Jahren, viele Ihrer Alumni wechseln in <strong>Führung</strong>spositionen. Liegt das daran, dass sie das „kritische Potenzial“ unserer Wirtschaft sind? Vor allem liegt es daran, dass unsere Aufnahmekriterien hart sind. Ihr Motto heißt „Wir nehmen nur die Besten“. Darf man sich als Mitarbeiter von McKinsey als Teil einer Elite fühlen? (Lacht.) Natürlich! Jede Gesellschaft braucht ihre Eliten, um <strong>–</strong> ausnahmsweise <strong>–</strong> Lenin zu zitieren: „Eliten sind dazu da, in einer Gesellschaft die Richtung <strong>und</strong> das Tempo vorzugeben.“ Wie kann ich denn feststellen, ob ich zu den Besten gehöre? Dies an sich festzustellen, ist schwierig <strong>und</strong> davon würde ich dringend abraten. Sie tun immer gut daran, andere feststellen zu lassen, ob Sie zur Elite gehören. Eine selbst ernannte Elite ist keine. Aber Eliten sind doch auch der Teil einer Gesellschaft, deren Soziologie niemand zu schreiben wagt… Wir haben in Deutschland ein gebrochenes <strong>Ver</strong>hältnis zu Eliten, verständlicherweise, wenn man bedenkt, wer sich hier zu Lande schon alles zur „Elite“ gezählt hat, aufgr<strong>und</strong> von Herkunft, „Rasse“ oder Adel. Ich spreche von einer Leistungselite. Bei den Beratern gibt es ja das Prinzip „up or out“. Wie kann ich denn feststellen, ob ich mein Leistungspotenzial ausgeschöpft habe? Die meisten sind realistisch <strong>und</strong> merken selbst, wenn sie sich schwer tun. Sie arbeiten dann am Rand der Belastungsgrenze <strong>und</strong> haben keinen richtigen Spaß mehr. Was immer hilft, ist Feedback, sowohl von unten wie von oben. Je nach Beurteilung heißt es dann, aufsteigen oder gehen. Und wer gibt Ihnen solche Feedbacks? Wir Direktoren werden alle zwei Jahre evaluiert. Das heißt: Kollegen bewerten Kollegen. Ein internationales Komitee setzt sich dann r<strong>und</strong> eine Woche zusammen <strong>und</strong> kalibriert die Ergebnisse. Dementsprechend fällt auch die Bezahlung aus. Sie bemühen sich zurzeit verstärkt um weibliche Mitarbeiter, warum? Zurzeit sind r<strong>und</strong> 15 Prozent unserer Berater Frauen, unter den neu eingestellten liegt der Anteil bei 20 Prozent. Damit bin ich überhaupt nicht zufrieden. Ich werde nicht eher Ruhe geben, bis wir bei 35 Prozent sind. Dass wir nicht auf „Fünfzigfünfzig“ kommen, liegt daran, dass es zu wenige Frauen in den Studiengängen gibt, die für uns interessant sind, <strong>und</strong> daran, dass viele Frauen leider zu früh aus ihrer akademischen Laufbahn ausscheiden. Es müssten sich mehr Frauen entscheiden, Ingenieur zu werden oder Naturwissenschaften zu studieren. Gibt es Unterschiede im <strong>Führung</strong>sverhalten? Die liegen im Wesentlichen im Stil, nicht im Inhalt. Bei manchen Fragestellungen gehen Frauen anders <strong>und</strong> teilweise eleganter vor als Männer. Bei unseren Bewerbungen zeigte sich übrigens, dass Frauen weniger für sich trommeln. (Lacht.) Wenn ein Mann in jungen Jahren einmal Kassenwart im Sportverein war, taucht das in seinem Lebenslauf gern als „erste Managementerfahrung“ auf. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass die Lebensläufe von Frauen nicht langweiliger sind als die von Männern. Wie haben Sie das denn festgestellt? Wir haben das sehr genau untersucht: Wir haben mehr Frauen mit vermeintlich langweiligeren Lebensläufen eingeladen oder vorab mit ihnen telefoniert. Viele hatten ebenfalls interessante Erfahrungen gemacht, diese aber aus Bescheidenheit nicht angegeben. In unseren Interview-Teams saßen in der Regel vier Fünftel Männer. Es stellte sich heraus, dass die analytischen Fähigkeiten der Kandidatinnen im Schnitt leicht besser waren als die der Männer. Kein W<strong>und</strong>er, bei ihnen war ja die Schwelle mit dem Lebenslauf höher. Aber sie waren nicht so aggressiv, nicht so „durchsetzungsstark“. Mittlerweile mischen wir unsere Recruiting-Teams stärker <strong>und</strong> die männlichen Recruiter werden besser trainiert. Auch gemischte Berater-Teams sind immer besser: Wenn drei Mitglieder einen MBA aus Harvard mitbringen, ist das Ergebnis wahrscheinlich schlechter, als wenn Sie einen MBAler, eine vom MIT <strong>und</strong> einen Geisteswissenschaftler zusammenbringen. In Ihrer Doktorarbeit findet sich der Satz: „Es gibt viel Unerklärtes auf der Welt, die Wissenschaft ist dazu da, dass es so bleibt.“ Ja, das ist von Otto Waalkes. Ich brachte ihn zum Schluss, nach bedeutenden Worten von Goethe <strong>und</strong> Wagner. Ich habe mir gedacht, ich zitiere ihn, um ein wenig wider den Stachel zu löcken. Aber das ist kein Ausdruck Ihrer Erwartungen, was die Ressource „Bildung“ angeht? (Lacht.) Nein. Schlagwort „Life long learning“: Provoziert das nicht eine Gesellschaft, in der niemand mehr richtig erwachsen wird? (Lacht.) Mir persönlich ist ja der Gedanke ganz sympathisch, bis ins hohe Alter nicht ganz erwachsen zu werden, das Spielerische, das Sich-Entwickelnde zu behalten. Aber ein bisschen ernster: Wenn Sie vor h<strong>und</strong>ert Jahren Ingenieur wurden, reichte Ihr Wissen ein ganzes Leben. Wer heute Naturwissenschaften studiert <strong>und</strong> sich ein paar Jahre nicht weiterbildet, verpasst den Anschluss. Abgesehen davon ist Bildung ein potenziell riesiger Markt. Es darf nicht immer nur darum gehen, im Bildungswesen Kosten zu „deckeln“. COACHING ZONE I Balthasar Graciáns „Handorakel <strong>und</strong> Kunst der Weltklugheit“. Klingt das sehr esoterisch? Vielleicht, weil es das Buch eines spanischen Jesuiten aus dem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert ist. Doch Gracián notiert <strong>Ver</strong>haltensregeln für <strong>Führung</strong>skräfte seiner Zeit. Das ist eigentlich nichts anderes als das, was Jack Welch tut. Nur, sonst wäre Gracián heute völlig uninteressant, sind sie so konzentriert, dass sie nach über 300 Jahren noch zählen: Wann ist Widerspruch fruchtbar? Mit welchen Mitarbeitern sollte man sich umgeben? Redet man von sich selbst? Wann präsentiert man seine Leistungen? Gracián fand Fragen, wichtiger noch als Antworten, mit denen Sie Ihre persönliche Ist-Soll-Analyse aufstellen können, anders als die anderen. <strong>–</strong> Balthasar Gracián: „Handorakel <strong>und</strong> Kunst der Weltweisheit“, Reclam <strong>Ver</strong>lag, ISBN 3-15-002771-3, € 4,40. Martin Rath <strong>–</strong> Gastcoach, Querdenker, Schöngeist, Philosoph, liest sich durch moderne <strong>und</strong> historische Managementliteratur. «
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