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04 Chili con Charme – Aggression und (Ver-)Führung ... - BerufSZiel

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CHARME<br />

«<br />

tutskonferenzen immer wieder halblaut, wie weit sie sei. Bis es an<br />

ihrem Ruf kratzt. Wie wird der qualifizierte, aber schüchterne Kollege<br />

bestens instrumentalisiert? „Mephisto“ bittet ihn, ihm Arbeit abzunehmen,<br />

lobt ihn, er sei der Einzige, der dafür sorgen könne, dass ihm<br />

die Arbeit nicht über den Kopf wächst. Natürlich fragt er am frühen<br />

Freitagnachmittag, auf dem Weg zum Golfplatz <strong>–</strong> mit der kleinen Lüge,<br />

er sei zu einem auswärtigen Geschäftstermin unterwegs. Derart dunklen<br />

Witz gibt Weidner seiner Gemeinde überreich auf den Weg, bis er<br />

sie ins Fegefeuer geschäftlicher Gemeinheiten entlässt.<br />

Martin Rath nutzte die Gelegenheit zum Interview.<br />

Herr Weidner, wie sind Sie dazu gekommen, Manager dazu zu trainieren,<br />

ihre <strong>Aggression</strong>en sinnvoll einzusetzen? Wie die Jungfrau zum<br />

Kinde. Mitte der 1980er-Jahre hatte ich die Möglichkeit, in den USA<br />

sehr erfolgreiche Methoden kennen zu lernen, mit denen jugendliche<br />

Straftäter, so genannte Gangschläger, trainiert werden, ihre <strong>Aggression</strong>en<br />

abzubauen. 1993 meldete sich dann bei mir der Direktor eines<br />

angesehenen Schweizer Managementinstituts <strong>und</strong> fragte mich, ob ich<br />

nicht Seminare zum <strong>Aggression</strong>saufbau einrichten könnte. Ich dachte<br />

mir damals, der ist ja nicht ganz seriös.<br />

Warum haben Sie dann trotzdem „angebissen“? Weil es ihn durchaus<br />

gibt: den gemobbten Manager. Es gibt viele hoch qualifizierte, gute<br />

Leute, die sich nicht durchsetzen können, die übervorteilt werden von<br />

Ellenbogenkarrieristen <strong>und</strong> Blendern, die tolle Präsentationen, aber<br />

keine Qualität haben. Diese Hochqualifizierten sind häufig so mit Inhalten<br />

beschäftigt <strong>und</strong> vom Qualitätsgedanken geprägt, dass sie die ganzen<br />

üblichen Machtspielchen für überflüssigen Nonsens halten, deshalb<br />

nicht mitmachen <strong>und</strong> darum überrollt werden. Ich habe schon viele <strong>–</strong><br />

aus meiner subjektiven Sicht <strong>–</strong> gute Leute gesehen, die es einfach zu<br />

Wie scharf sind Sie? Jens Weidner bietet in seinem Buch „Die Pepperoni-Strategie“<br />

einen Persönlichkeitstest auf Pfefferbasis. Anhand von 50 Fragen<br />

kann man eine Selbsteinschätzung, was die eigene Durchsetzungsstärke angeht,<br />

absolvieren. Die Punktzahl verrät, für welche Schärfe man gewachsen ist: von<br />

Paprika-Edelsüß („Sie sind zu gut fürs Leben!“) bis zur teuflischsten <strong>Chili</strong>schote<br />

(„Sie kommen vielleicht nicht in den Himmel, aber in jede Spitzenposition.“).<br />

nichts gebracht haben, weil sie zu nett waren für diese Welt. Ich kann<br />

es zwar gut verstehen, wenn man Machtspiele als unter seinem Niveau<br />

ansieht, aber dann überlässt man die Welt den Vampiren.<br />

Welche Folgen kann es haben, wenn man nicht mit genügend „Pfeffer“<br />

auftritt? Inzwischen, <strong>und</strong> das empfinde ich als Höchststrafe, wird Bewerbern<br />

während oder nach einem Assessment Center zur Besetzung einer<br />

spannenden Stelle mitgeteilt: „Eigentlich möchten wir Sie <strong>–</strong> fachlich <strong>–</strong><br />

haben, aber wir glauben nicht, dass Sie für das Unternehmen auch die<br />

hässlichen Entscheidungen treffen können.“<br />

Wie darf man sich ein Training von Managern vorstellen, das sie zum<br />

Einsatz ihrer <strong>Aggression</strong> führen soll? Ich muss gestehen, meine erste<br />

Assoziation ging in Richtung „Boot Camp“. (Lacht.) Sie meinen diese<br />

militärischen Trainingslager, in denen einem das Resthirn ausgepresst<br />

wird, indem man Steine von rechts nach links schaufelt <strong>und</strong> wieder<br />

zurück? Nein, in den Managertrainings werden in kleinen Gruppen persönliche<br />

Stärken <strong>und</strong> Schwächen analysiert, man diskutiert bissige<br />

Taten, die man schon einmal begangen hat <strong>–</strong> <strong>und</strong> die möglicherweise<br />

einen Anknüpfungspunkt bilden können für Mut in künftigen Kampfsituationen.<br />

Wenn ein netter Zeitgenosse mit einem Karrieristen in Konkurrenz<br />

gerät <strong>–</strong> <strong>und</strong> das zunächst in der Regel noch nicht einmal bemerkt <strong>–</strong><br />

meine Erfahrungen, meine Gefühle, meine Überzeugung <strong>und</strong> meine Werte. Und Professionalität? Sie speist<br />

sich aus Wissen, Können, Klugheit, Strategien, Techniken, Methoden, Erfahrungen, Psychologie, Pädagogik,<br />

Abgrenzung <strong>und</strong> Gelassenheit. Authentizität allein ist gefährlich im Job. Stellen Sie sich vor, Sie „mögen“<br />

einen K<strong>und</strong>en oder einen Vorgesetzten nicht. Wenn Sie nur authentisch vorgehen, werden Sie ihn dementsprechend<br />

behandeln. Und wahrscheinlich eine Menge Ärger in Ihrer Firma bekommen. Im Job geht es nicht<br />

darum, ob ich jemanden mag oder nicht (vor allem wenn ich angestellt bin). Es geht ums Geschäft. Jeder<br />

K<strong>und</strong>e erwartet gr<strong>und</strong>sätzlich einmal, mit der gleichen Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Zuwendung behandelt zu werden<br />

wie alle anderen. Wir als K<strong>und</strong>en schließlich auch. Authentizität allein ist also keine Geschäftsgr<strong>und</strong>lage.<br />

Aber in <strong>Ver</strong>bindung mit Professionalität sorgt sie für eine überzeugende Ausstrahlung. �<br />

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