04 Chili con Charme – Aggression und (Ver-)Führung ... - BerufSZiel
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AUSZUG<br />
«<br />
„MIT MIR SELBST<br />
KÖNNTE ICH<br />
NICHT ARBEITEN“<br />
Sie sind jetzt länger unterwegs? Ich bin<br />
gerade mit Studenten einer Filmhochschule im<br />
tiefsten Allgäu. Die drehen dort ihre Abschlussarbeit,<br />
<strong>und</strong> ich mache mit. Mit meinen 68 Jahren<br />
ist das mein bescheidener Beitrag für eine<br />
Generation, die ja schließlich für unsere Renten<br />
sorgt.<br />
Was war Ihr erstes Berufsziel? In der Oberschulzeit<br />
war ich relativ sicher, Musiker zu werden.<br />
Danach hat sich das Schreiben durchgesetzt,<br />
wodurch der Welt ein weiterer schlechter<br />
Musiker erspart geblieben ist.<br />
Was betrachten Sie als Ihren größten beruflichen<br />
Erfolg? Das kann ich schwer sagen, da<br />
ich Erfolg eigentlich nicht wahrnehme. Das<br />
„Machen“ finde ich viel interessanter. Die Zeitschrift<br />
„MAD“ 20 Jahre lang rauszubringen, war<br />
sicherlich meine nachhaltigste Leistung. Unser<br />
Motto war: „Zweifelt erst mal alles an <strong>–</strong> vor<br />
allem euch selbst.“<br />
Gehört das Zweifeln dazu, um die eigenen<br />
Talente zu entdecken <strong>und</strong> zu fördern? Für einen<br />
Chef der Deutschen Bank ist Selbstzweifel nicht<br />
Er ist ständig auf Achse <strong>und</strong> jagt<br />
der Zeit hinterher. Ein Heim im<br />
klassischen Sinne besitzt er nicht <strong>–</strong><br />
ein Herbert Feuerstein ist eben<br />
dort zu Hause, wo gerade sein<br />
Schreibtisch steht. Rainer Bachmann<br />
erwischte den viel beschäftigten<br />
Globetrotter in einer Drehpause.<br />
so günstig. Im künstlerisch-kreativen Bereich<br />
hingegen ist er die Gr<strong>und</strong>voraussetzung, denn<br />
schließlich kann man immer alles besser<br />
machen.<br />
Wie haben Sie Ihr komisches Talent entdeckt?<br />
Habe ich eins? Vielleicht war das die Reaktion<br />
eines unglücklichen oder unterforderten Kindes,<br />
um Leben <strong>und</strong> Alltag zu bewältigen. Meine<br />
Eltern hätten mich gern zur Normalität erzogen<br />
<strong>–</strong> jedenfalls zu dem, was sie selber darunter<br />
verstanden.<br />
Könnten Sie sich auch vorstellen, in die Politik<br />
zu gehen? Nicht wirklich, weil ich immer über<br />
die dort nötige Lügerei lachen müsste <strong>und</strong><br />
mein eigenes Wahlprogramm nicht ernst nehmen<br />
könnte. Allerdings kann ich mir vorstellen,<br />
eine Sekte zu gründen. Ich habe es gerne,<br />
angebetet zu werden.<br />
Hüten Sie ein bislang verborgenes Talent?<br />
Wer mich kennt, weiß: Bei mir bleibt nichts<br />
lange verborgen. <strong>Ver</strong>mutlich habe ich ein ausgeprägtes<br />
assoziatives Talent, das mir hilft, aus<br />
jeder Sache etwas Komisches zu machen. Es<br />
gibt krumme Windungen in meinem Hirn, die<br />
mich regelrecht dazu zwingen. Der Rest sind<br />
Neugier <strong>und</strong> ein messerscharfer <strong>Ver</strong>stand.<br />
Sind Sie über die Neugier auch dazu gekommen,<br />
Reisebücher zu schreiben? Ja, sie ist<br />
mein Hauptmotiv für das Reisen. Es gibt keine<br />
Ziele, die uninteressant wären, was ja eher<br />
betrüblich ist, denn die Welt ist so riesig, <strong>und</strong><br />
das Leben viel zu kurz, sie auch nur einigermaßen<br />
zu entdecken.<br />
Was raten Sie gestressten Managern, um mal<br />
abzuschalten? Könnte ich unmöglich beantworten,<br />
da ich niemals reise, um abzuschalten <strong>–</strong><br />
sondern, im Gegenteil, um aufzudrehen.<br />
Stimmt es, dass Sie Wert auf ein Mittagsschläfchen<br />
legen? Ja, absolut! Es macht aus<br />
einem Tag zwei. Es muss allerdings ein richtiges<br />
Schläfchen sein, mit Bett <strong>und</strong> Ausziehen, kein<br />
Sek<strong>und</strong>enschlaf. Sonst muss ich, um auch<br />
noch die zweite Tageshälfte zu überleben, so<br />
hässliche Sachen machen wie Kaffee trinken,<br />
obwohl ich den hasse.<br />
Wie sind Sie selbst als Chef? Eine Katastrophe.<br />
Leuten, die ich mag, lasse ich alles durchgehen.<br />
Und die, die ich nicht mag, die haben trotz<br />
aller Begabung keine Chance. Dazu kommt,<br />
dass ich nicht fähig bin zu delegieren. Darum<br />
habe ich auch noch nie einen Assistenten oder<br />
eine Sekretärin gebrauchen können. Ich würde<br />
immer danebenstehen <strong>und</strong> beobachten, ob<br />
alles richtig gemacht wird. Und sogar mit dem<br />
Fernglas verfolgen, ob die Briefe auch richtig<br />
eingeworfen werden.<br />
Hatten Sie schon mal einen Chef, den Sie<br />
nicht mochten? Eher umgekehrt, weil ich Chefs<br />
eigentlich nie so richtig anerkannt habe. Aber<br />
durch meinen österreichischen Schmäh gelang<br />
es mir meistens, Vorgesetzte zu manipulieren<br />
<strong>und</strong> um den Finger zu wickeln. Manche leiden<br />
heute noch darunter.<br />
Sind Sie als Kollege Abschreckung oder Vorbild?<br />
Abschreckung. Ich könnte mit mir selbst<br />
nicht arbeiten.<br />
Wir schreiben ja gerade das Einstein-Jahr.<br />
Wie fänden Sie denn ein Feuerstein-Jahr?<br />
Der Einstein musste ja auch eine gewisse Zeit<br />
warten, bis er so weit war. Lassen Sie mich<br />
doch bitte erst mal in Ruhe sterben.<br />
COACHING ZONE I SIND SIE ANDERS als andere? Humorvoller, schneller, klüger, philosophischer, kritischer,<br />
kreativer...? Dann pflegen Sie das Leben als „bunter H<strong>und</strong>“. Wahrscheinlich werden Sie niemals im herkömmlichen Sinne Karriere<br />
machen. Denn die Angepassten, Mittelmäßigen verunsichern Vorgesetzte wesentlich weniger. Aber Sie werden wahrscheinlich ein<br />
interessanteres, lustigeres, spannenderes Leben führen als manche andere. Anders sein heißt, „Ich“ sein dürfen.<br />
Anders sein heißt, der Welt einen Schubs geben. Anders sein ist die größte Chance, die Sie haben. Wenn Sie es aushalten<br />
können, immer ein Stück aus der Masse herauszuragen. Denn besondere Menschen werden besonders angeguckt:<br />
Warum kann diese Person nicht sein wie wir? Die Welt wäre arm ohne die, die anders sind. Wenn keiner mehr<br />
dazwischenfunkt, herrscht Stille auf diesem Planeten. Deshalb: Bevor Sie per Anhalter in die Galaxis verschwinden,<br />
mischen Sie den Laden hier einmal tüchtig auf. Trauen Sie sich! SABINE ASGODOM<br />
Kabel 1<br />
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