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HOTELmagazin offline 03-2023

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MR. WHO<br />

22<br />

Sprechen Sie niemanden an, nur weil sie glauben, dass er es ist. Sie werden ihn doch nicht erkennen.<br />

Unser geheimnisvoller Mr. Who treibt sich in der Hotellerie und Gastronomie herum, schnüffelt diskret<br />

zwischen Lobby- und Sky-Bar herum, ermittelt verdeckt aus der Besenkammer heraus, spürt jedes noch<br />

so unbekannte Detail auf und bringt es pointiert und nicht immer ernst gemeint zu Papier.<br />

„Verkehrsbolitig“ in Österreich<br />

Schon mit dem Titel möchte ich auf den Inhalt dieses Artikels<br />

hinweisen - es geht um mangelnde Professionalität.<br />

Und zwar dort, wo es in unser Fach spielt – im Tourismus.<br />

In Nußdorf in Wien liegt seit einiger Zeit die alte „Stadt<br />

Wien“ am Ponton. Ein dieselelektrisches Radschiff, allerdings<br />

kein „Dampfer“ aus den 30er Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts, trotzdem eine schifffahrtstechnische Rarität. Sie dient<br />

mittlerweile als Restaurant – bzw. auf Neudeutsch als „Eventschiff“.<br />

Wo eine solche Karriere über kurz oder lang endet, steht anhand etlicher<br />

Beispiele aus der Vergangenheit fest – am Schiffsfriedhof. Antriebsanlagen<br />

auf Schiffen müssen gefahren und gewartet werden,<br />

sonst geben sie den Geist auf. Herr Stift, ein rührige Kaufmann aus<br />

Tulln und vorhergehende Schiffseigner<br />

hat das berücksichtigt und das<br />

Schiff wöchentlich auf Fahrten eingesetzt.<br />

Nun wetteifern derzeit die in Wien<br />

und der Wachau eingesetzten Ausflugsschiffe<br />

um den Titel des Hässlichsten.<br />

Womit sie sich übrigens in<br />

Gesellschaft nahezu aller Donaukreuzfahrtschiffe<br />

befinden, deren einzige<br />

Qualifikation aus maximaler Passagierkapazität<br />

besteht - verbunden<br />

mit einer nicht schiffsgerechten, pseudomodernen<br />

Glasfront. Die daraus<br />

resultierenden Schiffslängen bedingen,<br />

dass diese Fahrzeuge nur an einigen<br />

wenigen Stellen des Stromes wenden<br />

können – auch in Notfällen.<br />

Es haben nun mal die alten Wasser- und auch Schienenfahrzeuge eine<br />

besondere Ästhetik und Attraktivität für das touristische Publikum.<br />

Man hat – und damit meine ich den ursprünglichen Betreiber, das hiesige<br />

staatliche Gemeinwesen – weitestgehend dabei versagt, diese Ressourcen<br />

zu erhalten. Gilt für Schifffahrt wie Eisenbahn. Auch dort<br />

werden neuerdings selbst die Aktivitäten der mit viel Engagement<br />

agierenden Vereine wie ÖGEG (Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte)<br />

oder dem Heizhaus Strasshof durch überbordende<br />

Bürokratie – des hier plötzlich höchst rührig tätigen öffentlichen<br />

Sektors - beim Veranstalten von beispielsweise Dampfzugfahrten immer<br />

mehr eingeschränkt.<br />

Der staatlichen Donauschifffahrt hat man unter fadenscheinigem<br />

Hinweis auf mangelnde wirtschaftliche Effizienz schon vor Jahrzehnten<br />

den Garaus gemacht. Anstatt der sonst keineswegs knausrigen<br />

Subventionen in ausnahmsweise sinnvoller, fremdenverkehrsstützender<br />

Art auch da zum Einsatz zu bringen, um die damals noch zahlreichen<br />

Raritäten zu erhalten.<br />

Tourismus braucht Attraktionen, alte Schiffe oder Bahnen sind das.<br />

Tourismus schaufelt Milliarden in die Staatskasse. Da sollte auch was<br />

für Erhalt und Betrieb solcher Tourismusmagnete übrig sein.<br />

Gewiss kommen Gäste wegen der wunderbaren Landschaft und fahren<br />

– notgedrungen - mit der unsäglich scheußlichen Wachaubahn.<br />

Stinkende, innen und außen laute Dieselgarnituren, mit Fenstern, die<br />

man nicht aufmachen kann und wo die Klimaanlage nicht funktioniert<br />

oder vom Personal nicht bedient werden kann – bei meiner Fahrt<br />

zumindest. Da täten es die alten, grünen Personenzugwagons mit offener<br />

Plattform besser.<br />

Wie das geht, zeigen andere. Beispielweise der Stainzer Flascherlzug,<br />

der mit großem Erfolg seit Jahren mit einer alten Garnitur und<br />

Dampflok durch eine vergleichsweise<br />

dürftige Landschaft dampft – unterstützt<br />

von einem findigen Wirten. Als<br />

Caterer begleitet er per Auto den Zug<br />

und verkauft an den Stationen originelle<br />

regionale Schmankerl, musikalisch<br />

untermalt von zünftiger steirischer<br />

Harmonika-Musik.<br />

Oder der Reblaus-Express, der mit<br />

ungebrochenem Elan und den erwähnten<br />

grünen Waggons durchs<br />

Weinviertel rattert – leider mit einer<br />

Diesellok.<br />

Beispiele aus dem Ausland zeigen,<br />

dass es auch bei der Schifffahrt anders<br />

geht. Auf der Elbe zwischen Bad<br />

Schandau und Dresden fahren ein<br />

halbes Dutzend Raddampfer. Allerdings soweit renoviert und vor allem<br />

in der Maschine umgebaut, dass jetzt kaum ein Drittel der früheren<br />

Mannschaft für den Betrieb nötig ist. In der Schweiz findet man<br />

auf jedem der größeren Seen sorgfältig renovierte und instandgehaltene<br />

Raddampfer.<br />

Bei uns kämpft der löbliche Verein Ögeg mit ehrenamtlich tätigen<br />

Technikern und Schiffspersonal um den Erhalt und Betrieb meiner<br />

alten Liebe, des letzten Raddampfers auf der Donau - der „Schönbrunn“,<br />

Baujahr 1912. Sie ist mit stilvollen Salons und originaler<br />

Dampfmaschine auch heute noch jedem der neuen „Wasserhotelkasteln“<br />

- sprich Kreuzfahrtschiffen - an Geschwindigkeit im Totwasser<br />

überlegen. Mehr als ein paar Tage Fahrbetrieb im Jahr können so aber<br />

kaum auf die Beine gestellt werden.<br />

Aber auch bei uns stellen drei private oder halbprivate alte Dampfschiiffe<br />

auf den Seen eine Ausnahme und einen touristischen Anziehungspunkt<br />

dar. Den es am Bahnsektor auch gibt. So spricht etwa die hervorragende<br />

Auslastung der Mariazeller Bahn oder der Schneebergbahn<br />

eine deutliche Sprache, wo das Interesse des Publikums liegt.<br />

Nr. 3-23 SEPTEMBER I HOTELMAGAZIN OFFLINE

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