Pirouette No. 08/2023 Oktober

Minerva Fabienne Hase
& Nikita Volodin
»Wir wollen immer Perfektion«
Das neue Duo Minerva Fabienne Hase
(24) und Nikita Volodin (24) hat mit
seinen Erfolgen bei der Nebelhorn
Trophy und Lombardia Trophy auf sich
aufmerksam gemacht.
5
Minerva Fabienne Hase & Nikita Volodin
Foto: Flade
Pirouette: Sie hatten einen tollen Einstand
mit Gold und Silber bei Ihren ersten zwei
Wettbewerben. Wie überraschend ist das
und was bedeutet das für Sie?
Minerva: Ich bin ehrlich, damit habe ich gar
nicht gerechnet. Ich wusste, dass wir Potenzial
haben, uns irgendwo vorne einordnen zu können.
Aber das Ziel bei den ersten beiden Wettkämpfen
war erst einmal, überhaupt zusammen
zu laufen und zu gucken, wie wir aufeinander
reagieren. Deswegen war es für mich
umso überraschender, dass es direkt so ein
guter Einstieg war. Wir haben natürlich entsprechend
hart trainiert, aber unter Adrenalin
und Druck ist es dann nochmal was anderes.
Ich muss noch ein bisschen entspannter werden.
Das merkt man vor allem bei meinen
Sprüngen. Aber im Großen und Ganzen bin ich
megazufrieden mit dem, was wir zurzeit abliefern
und auch mit den Punkten.
Nikita: Wir haben versucht, unser Maximum
zu zeigen, was wir in kurzer Zeit erarbeitet haben.
Wir fingen erst Mitte Oktober vor einem
Jahr an, daher denke ich, dass wir uns bei unserem
ersten Wettbewerb sehr gut präsentiert
haben. Beim zweiten kann ich sagen, dass ich
mich sicherer fühlte. Jetzt werden wir an den
Feinheiten der Elemente arbeiten und womöglich
daran, die Sprungkombination schwieriger
zu machen.
Wie haben Sie sich als neues Paar aufeinander
eingestellt? Was war am Anfang besonders
schwierig und was besonders leicht?
M: Ich würde sagen, mein Wurfrittberger hat
am meisten Arbeit gekostet. Die Hebungen
waren relativ schnell gut. Der Twist ging zwar
relativ schnell, aber mein Split ist noch nicht
drin, den müssen wir üben. Das Zusammenlaufen,
finde ich, ging verhältnismäßig schnell.
Wir haben ähnliche Linien, was sehr viel erleichtert
hat. Er macht echt krasse Hebungen.
N: Ich hatte vier Partnerinnen vor Minnie, von
daher bin ich erfahrener und ich kann sagen,
dass unsere Technik ähnlich war. Vielleicht waren
die Eingänge anders, ein paar andere
Übergänge, aber die Technik selbst ist dieselbe.
Wir sind beide dynamisch, explosiv und
daher kamen wir bei den Elementen sehr
schnell zusammen.
Jetzt wollen wir noch mal ein bisschen zum
Anfang zurückkommen – wie haben Sie
sich gefunden?
M: Ich habe immer schon mal mit Dima (Savin,
Trainer) darüber geredet, wie es weitergehen
könnte. Mit Nolan hieß es von Anfang an immer,
wir laufen bis zu den Olympischen Spielen,
dann hören wir auf. Nachdem ich dann
fest entschieden habe, mit Nolan aufzuhören,
hat Dima mir gesagt, dass er einen Jungen für
mich hätte und dass es Nikita ist. Ich hatte von
ihm gehört und habe mir natürlich alle Videos
einmal angeschaut. Ich habe gesehen, das Potenzial
ist riesengroß. Für mich war es wichtig,
dass ich einen Partner habe, der Erfahrung hat
und der die Perspektive hat, ganz vorne mitlaufen
zu wollen.
N: Nachdem es mit der letzten Partnerin nicht
funktioniert hat, lud mich Yuko Kawaguchi ein,
mit ihr in einer Show zu laufen. Parallel habe
ich nach einer Partnerin gesucht. Dmitri Nikolaevitch
(Savin) rief mich an und sagte, er habe
eine für mich. Nach dem Probetraining wollten
wir zusammenlaufen, aber ich hatte von Juli
bis September einen Vertrag in der Show.
Doch ich habe parallel mit Dmitri Nikolaevitch
trainiert, er ist ja in Sotchi, und habe mich fit
gehalten. Erst Mitte Oktober konnte ich zu
Minnie fahren, es gab Probleme mit der Reise,
erst im dritten Anlauf hat es geklappt. Deswegen
wissen wir das jetzt sehr zu schätzen und
ich schätze sie als Partnerin sehr.
Wie war der Umzug in ein fremdes Land
mit einer fremden Sprache für Sie?
N: Vor einem Jahr konnte ich noch nicht einmal
Englisch. Wir haben uns über Dmitri Nikolaevitch
unterhalten, er hat übersetzt. In der
Show habe ich damit angefangen, Englisch zu
lernen. Jetzt lerne ich Deutsch. Natürlich vermisse
ich meine Familie und Freunde, aber
wenn du das Ergebnis siehst, rückt das in den
Hintergrund. Wir sind Sportler und wollen etwas
auf dem Eis zeigen.
Wie geht es weiter und wie wollen Sie Ihre
Ziele erreichen?
M: Wir werden weiter hart trainieren. Wir haben
uns hohe Ziele gesetzt, und dementsprechend
müssen wir nach jedem Wettkampf unser
Training anpassen, damit wir die Fehler,
die bei den Wettkämpfen passieren, ausmerzen.
Aber wir müssen schauen, dass wir uns
nicht zu sehr unter Druck setzen und zu viel
direkt wollen. Ich glaube, da hat Dima uns
ganz gut im Griff und auch Herr Schubert in
Berlin, der sagt, ‚jetzt macht mal entspannt,
atmet‘, weil wir uns manchmal ein bisschen zu
sehr pushen, auch im Training. Wir geben uns
manchmal nicht genug Ruhephasen, sondern
wollen immer Perfektion.
Wie managen Sie Ihr Training, da Dmitri
Savin nicht vor Ort in Berlin ist?
M: Wir haben ein gutes Team in Berlin aufgebaut.
Dima schreibt unsere Programmpläne.
Herr Schubert ist unser Trainer Nummer eins
in Berlin, der mit uns die Pläne abarbeitet,
aber auch technisch viel arbeitet. Wir haben
unseren Athletiktrainer, Tanztrainerin und
Choreographen in Berlin. Manchmal arbeiten
wir mit Dima per Video und wir haben es jetzt
oft gemacht, dass wir ein paar Tage früher anreisen
und mit ihm vor Ort trainieren.
Die politische Lage ist sehr schwierig, wie
laufen die bürokratischen Dinge wie das
Visum für Nikita?
M: Es ist in Deutschland sehr schwer, wir
müssen an höchste Stellen gehen, damit wir
für Nikita alles bekommen. Wenn wir nicht
wichtig wären für die DEU, wäre es auch gar
nicht möglich.
Interview