Aktion Sternsingen 2023 Dossier zum Klima-Umwelt-Kinderrechte

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Frieden mit der Natur schließen Im Gespräch mit Dr. Gregor Hagedorn, Initiator der Bewegung „Scientists for Future“, über Klimawandel, Klimaschutz und das, was für ein gutes Leben für alle getan werden sollte. Interview: Verena Hanf Dr. Gregor Hagedorn studierte in Tübingen, in Durham (USA) und in Bayreuth und promovierte in Biologie und Informatik. Seit 2013 arbeitet er am Museum für Naturkunde in Berlin. Während er früher Dateninfrastrukturen zum Schutz der Biodiversität erforschte, entwickelt er aktuell Lösungen zur Nachhaltigkeitskrise – einschließlich der Klima-, Biodiversitäts- oder Bodenkrise. Im Februar 2019 gründete er mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die „Scientists for Future“, eine Graswurzelbewegung mit dem Ziel, die öffentliche Diskussion wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Klima-, Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitskrise zu fördern. Die Wissenschaft ist sich einig: Der menschengemachte Klimawandel gefährdet unsere Zukunft und die unserer Kinder. Welche weltweiten Auswirkungen hat der Klimawandel schon jetzt, und wer ist besonders davon betroffen? Von der Erderhitzung sind insbesondere Menschen in ärmeren Ländern betroffen, durch häufigere oder regenreichere Tropenstürme, Überschwemmungen, Hitzeperioden oder Dürren. Und dagegen können sie sich meist weniger schützen als wir Menschen in wohlhabenderen Ländern. Die Erderhitzung ist jetzt schon da. Aber die Folgen von derzeit rund 1,1 Grad Erderhitzung sind ein laues Lüftchen verglichen mit einer Erwärmung von vielleicht 3,2 Grad, die laut dem zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) mit den bis 2020 umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen zu erwarten sind. 1 Insbesondere Kinder sind heute von der Erderwärmung betroffen. Und sie werden es in Zukunft sein, auch in Europa. Viele der heute Verantwortlichen genießen ihr Leben, obwohl dies in einigen Jahrzehnten zu großen Risiken, Kosten und Leid führen wird. Das gilt übrigens nicht nur für das Klima, sondern auch für andere Folgen unseres Überkonsums auf Kosten anderer, wie die Zerstörung von Wäldern, Meeren und landwirtschaftlichen Böden. Und es gilt letztlich auch für die Zerstörung sozialen Vertrauens durch die Gier einiger sehr reicher Menschen, die noch reicher werden wollen. 18 * DOSSIER
„Es gibt Wege aus der Gefahr, aber keinen Königsweg.“ Welche Strategien sind Ihrer Meinung nach erfolgversprechend, um die Risiken von den jungen Generationen abzuwenden? Aufrichtig und neugierig sein, alte Vorstellungen hinterfragen, den kommenden Gefahren mutig ins Auge sehen und vorhandene Lösungen nicht verwerfen, weil sie unbequem sind. Es gibt Wege aus der Gefahr, aber keinen Königsweg. Wir befinden uns im „Krieg mit der Natur“, so UN-Generalsekretär António Guterres, und müssen dringend mit ihr Frieden schließen. 2 Das ist nicht einfach, denn wir haben es mit Entwicklungen zu tun, deren Folgen wir nur langsam spüren. Die meisten Menschen – ich schließe mich da ein – sind recht anfällig dafür, anstrengende oder belastende Dinge lieber zu verschieben oder auch nicht darüber nachzudenken. Das ist normal. Deshalb müssen wir alle etwas dagegen tun. Denn auch wenn die Phase der Leugnung von Erderhitzung oder Biodiversitätszerstörung meines Erachtens vorbei ist: Wir sind sowohl individuell als auch gesellschaftlich derzeit in einer Phase des Verzögerns und des Nicht-Wahrhaben-Wollens. Jede und jeder Einzelne kann nur einen kleinen Teil bewirken: Indem wir uns zum Beispiel fleischarm ernähren, Autos und Flugzeuge nur nutzen, wenn wirklich nötig und wenig Wohnraum beanspruchen. Den großen Erfolg erreichen wir nur dann, wenn wir uns gemeinsam neue gesellschaftliche Regeln geben. Und dazu müssen wir miteinander sprechen: im Kleinen, zum Beispiel in der Schule, bei der Arbeit, mit der Nachbarschaft und Verwandtschaft und in Vereinen, ebenso wie im Großen, zum Beispiel, indem wir uns an Politikerinnen und Politiker wenden oder bei Demonstrationen mehr Klimaschutz fordern. Welche Verantwortung haben dabei Christinnen und Christen in wohlhabenden Ländern wie Deutschland? Der Wohlstand auf der Welt ist ungerecht verteilt, sowohl innerhalb als auch zwischen den Ländern. Das war auch zu den Zeiten der Heiligen Drei Könige nicht anders. Die Frage, wie man mit Wohlstand, Armut und Ungerechtigkeit umgeht, ist deshalb ein wichtiges Thema in der Bibel. Christinnen und Christen haben hier einen klaren Auftrag. Die zwei zentralen Gebote sind, unsere Beziehung zu Gott in den Mittelpunkt unseres Lebens zu stellen und unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben. Das biblische goldene Kalb (heutzutage häufig Auto, Einfamilienhaus oder Luxusreise) passt nicht auch noch in den Mittelpunkt. Wo unser Schatz ist, da ist auch unser Herz. Die meisten von uns – auch ich – hängen an unseren Annehmlichkeiten und Reichtümern. Aber Reichtum und Erderhitzung sind eng miteinander verbunden. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung sind für fast die Hälfte der weltweiten Emissionen verantwortlich. Wenn wir davon abgeben, wenn wir es schaffen, von Eitelkeit, Habgier, Genuss- und Selbstsucht, Neid und Trägheit des Herzens loszukommen, können wir den Wohlstand der Welt gerechter teilen. Genau hierzu tragen auch die Sternsinger jedes Jahr bei. Um die Probleme dieser Welt zu lösen, müssen wir aber nicht nur unser persönliches Verhalten ändern, sondern uns als Christinnen und Christen für neue, gerechte Regeln in Politik und insbesondere im Wirtschaftssystem einsetzen. Sehr lesenswert sind dazu zum Beispiel die Schreiben Laudato si’, und Fratelli tutti von Papst Franziskus. Oft liest oder hört man hierzulande als Argument gegen striktere Maßnahmen zur Begrenzung der Emissionen: „Deutschland allein kann den Klimawandel doch ohnehin nicht stoppen.“ Was antworten Sie darauf? Das ist oberflächlich betrachtet richtig, führt aber eher zur Verwirrung. Weltweit betrachtet hat Deutschland einen Anteil von ungefähr zwei Prozent an der Klimazerstörung. Unsere Maßnahmen allein stoppen die Erderhitzung natürlich nicht. Aber sie tragen dazu bei und müssen es tun. Noch wichtiger finde ich aber, dass Deutschland Vorbild sein kann. Wenn wir Lösungen schaffen, schauen andere Länder sich diese mit Interesse an. In Deutschland gibt es hochqualifizierte Fachleute in der Technik oder beispielsweise in den Natur-, 19
Seite 1 und 2: Dossier Klima, Umwelt und Kinderrec
Seite 3 und 4: Inhalt 34 Jungen Menschen eine Stim
Seite 5 und 6: Liebe Leserinnen und Leser, in sein
Seite 7 und 8: zurückzusenden. Dieser sogenannte
Seite 9 und 10: Kinder im kolumbianischen Santa Sof
Seite 11 und 12: Klimawandel belastet Millionen Kind
Seite 13 und 14: Recht auf Leben und Gesundheit Kind
Seite 15 und 16: Die Tigermücke und andere Aedes-M
Seite 17: Gemeinsam mit der Natur Der Begriff
Seite 21 und 22: Was gibt Ihnen persönlich Zuversic
Seite 23 und 24: Wenn wir uns Gedanken über die Nat
Seite 25 und 26: Wie der General Comment zum Kinderr
Seite 27 und 28: Es ist möglich, eine gerechtere un
Seite 29 und 30: Generationenübergreifende Verantwo
Seite 31 und 32: Online-Gesprächsrunden können Erw
Seite 33 und 34: „Die gemeinsame Selbstwirksamkeit
Seite 35 und 36: Die Delegation des KLJB bei der Kli
Seite 37 und 38: „Wieso soll ich für eine Zukunft
Seite 39 und 40: Gebrauchte Teeblätter und Kaffeesa
Seite 41 und 42: Klimaschutz im Alltag Die Art, wie
Seite 43 und 44: Rund 33 Millionen Menschen leben in
Seite 45 und 46: Beim Waldspaziergang lernen die Kin
Seite 47 und 48: Was sind die Schwerpunkte Ihrer Ök
Seite 49 und 50: „ Wir haben nicht mehr die Ausred
Seite 51 und 52: Wissenstransfer erwünscht Wie Proj
Seite 53 und 54: „Wir müssen zusammenarbeiten, um
Seite 55 und 56: Wie reagieren die Menschen in Ihrem

Aktion Sternsingen 2023 Dossier zum Klima-Umwelt-Kinderrechte

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?