Aktion Sternsingen 2023 Dossier zum Klima-Umwelt-Kinderrechte
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„Es gibt<br />
Wege<br />
aus der Gefahr,<br />
aber keinen<br />
Königsweg.“<br />
Welche Strategien sind Ihrer Meinung nach<br />
erfolgversprechend, um die Risiken von den<br />
jungen Generationen abzuwenden?<br />
Aufrichtig und neugierig sein, alte Vorstellungen<br />
hinterfragen, den kommenden Gefahren mutig ins<br />
Auge sehen und vorhandene Lösungen nicht<br />
verwerfen, weil sie unbequem sind. Es gibt Wege<br />
aus der Gefahr, aber keinen Königsweg. Wir<br />
befinden uns im „Krieg mit der Natur“, so UN-Generalsekretär<br />
António Guterres, und müssen dringend<br />
mit ihr Frieden schließen. 2<br />
Das ist nicht einfach, denn wir haben es mit<br />
Entwicklungen zu tun, deren Folgen wir nur<br />
langsam spüren. Die meisten Menschen – ich<br />
schließe mich da ein – sind recht anfällig dafür,<br />
anstrengende oder belastende Dinge lieber zu<br />
verschieben oder auch nicht darüber nachzudenken.<br />
Das ist normal. Deshalb müssen wir alle etwas<br />
dagegen tun. Denn auch wenn die Phase der<br />
Leugnung von Erderhitzung oder Biodiversitätszerstörung<br />
meines Erachtens vorbei ist: Wir sind<br />
sowohl individuell als auch gesellschaftlich derzeit<br />
in einer Phase des Verzögerns und des Nicht-Wahrhaben-Wollens.<br />
Jede und jeder Einzelne kann nur einen kleinen Teil<br />
bewirken: Indem wir uns <strong>zum</strong> Beispiel fleischarm<br />
ernähren, Autos und Flugzeuge nur nutzen, wenn<br />
wirklich nötig und wenig Wohnraum beanspruchen.<br />
Den großen Erfolg erreichen wir nur dann, wenn<br />
wir uns gemeinsam neue gesellschaftliche Regeln<br />
geben.<br />
Und dazu müssen wir miteinander sprechen: im<br />
Kleinen, <strong>zum</strong> Beispiel in der Schule, bei der Arbeit,<br />
mit der Nachbarschaft und Verwandtschaft und in<br />
Vereinen, ebenso wie im Großen, <strong>zum</strong> Beispiel,<br />
indem wir uns an Politikerinnen und Politiker<br />
wenden oder bei Demonstrationen mehr <strong>Klima</strong>schutz<br />
fordern.<br />
Welche Verantwortung haben dabei Christinnen<br />
und Christen in wohlhabenden Ländern wie<br />
Deutschland?<br />
Der Wohlstand auf der Welt ist ungerecht verteilt,<br />
sowohl innerhalb als auch zwischen den Ländern.<br />
Das war auch zu den Zeiten der Heiligen Drei<br />
Könige nicht anders. Die Frage, wie man mit<br />
Wohlstand, Armut und Ungerechtigkeit umgeht, ist<br />
deshalb ein wichtiges Thema in der Bibel. Christinnen<br />
und Christen haben hier einen klaren Auftrag.<br />
Die zwei zentralen Gebote sind, unsere Beziehung<br />
zu Gott in den Mittelpunkt unseres Lebens zu<br />
stellen und unseren Nächsten wie uns selbst zu<br />
lieben. Das biblische goldene Kalb (heutzutage<br />
häufig Auto, Einfamilienhaus oder Luxusreise)<br />
passt nicht auch noch in den Mittelpunkt. Wo unser<br />
Schatz ist, da ist auch unser Herz.<br />
Die meisten von uns – auch ich – hängen an unseren<br />
Annehmlichkeiten und Reichtümern. Aber Reichtum<br />
und Erderhitzung sind eng miteinander<br />
verbunden. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung<br />
sind für fast die Hälfte der weltweiten<br />
Emissionen verantwortlich. Wenn wir davon<br />
abgeben, wenn wir es schaffen, von Eitelkeit,<br />
Habgier, Genuss- und Selbstsucht, Neid und<br />
Trägheit des Herzens loszukommen, können wir<br />
den Wohlstand der Welt gerechter teilen. Genau<br />
hierzu tragen auch die Sternsinger jedes Jahr bei.<br />
Um die Probleme dieser Welt zu lösen, müssen wir<br />
aber nicht nur unser persönliches Verhalten<br />
ändern, sondern uns als Christinnen und Christen<br />
für neue, gerechte Regeln in Politik und insbesondere<br />
im Wirtschaftssystem einsetzen. Sehr lesenswert<br />
sind dazu <strong>zum</strong> Beispiel die Schreiben Laudato si’,<br />
und Fratelli tutti von Papst Franziskus.<br />
Oft liest oder hört man hierzulande als Argument<br />
gegen striktere Maßnahmen zur Begrenzung<br />
der Emissionen: „Deutschland allein kann<br />
den <strong>Klima</strong>wandel doch ohnehin nicht stoppen.“<br />
Was antworten Sie darauf?<br />
Das ist oberflächlich betrachtet richtig, führt aber<br />
eher zur Verwirrung. Weltweit betrachtet hat<br />
Deutschland einen Anteil von ungefähr zwei<br />
Prozent an der <strong>Klima</strong>zerstörung. Unsere Maßnahmen<br />
allein stoppen die Erderhitzung natürlich<br />
nicht. Aber sie tragen dazu bei und müssen es tun.<br />
Noch wichtiger finde ich aber, dass Deutschland<br />
Vorbild sein kann. Wenn wir Lösungen schaffen,<br />
schauen andere Länder sich diese mit Interesse an.<br />
In Deutschland gibt es hochqualifizierte Fachleute<br />
in der Technik oder beispielsweise in den Natur-,<br />
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