Aktion Sternsingen 2023 Dossier zum Klima-Umwelt-Kinderrechte
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Angemessene Reaktion auf existenzielle<br />
Bedrohung<br />
Biodiversitätskrise, menschgemachte Erderhitzung,<br />
das Überschreiten planetarer Grenzen – die Liste an<br />
Krisen rund um die Natur und deren Zerstörung ist<br />
lang. Diese Probleme beschäftigen insbesondere<br />
Kinder und Jugendliche, die um ihre Zukunft<br />
besorgt sind und das Gefühl haben, von ihren<br />
Regierungen im Stich gelassen zu werden, wenn es<br />
um den Schutz ihrer Zukunft geht. 2 Die Befragung<br />
von 10.000 jungen Menschen aus zehn Ländern<br />
zeigt: 75 Prozent der Befragten sind besorgt, sie<br />
erleben aber auch Gefühle von Angst, Hilflosigkeit,<br />
Wut und Frustration. Diese Gefühle sind eine<br />
angemessene Reaktion auf eine existenzielle<br />
Bedrohung und haben Potenzial, Empathie und<br />
Engagement für <strong>Umwelt</strong>- und <strong>Klima</strong>schutz hervorzurufen.<br />
3 Gefühle können dabei helfen, eigene<br />
Bedürfnisse ein- und zuzuordnen, was gerade<br />
wichtig und wertvoll ist. Außerdem können sie dazu<br />
beitragen, Bedürfnisse besser zu kommunizieren:<br />
Ist eine Person <strong>zum</strong> Beispiel ängstlich und zeigt das<br />
auch, wird das Gegenüber eher Schutz bieten.<br />
Zudem können Gefühle Handlungen motivieren<br />
und zu Veränderung von Verhalten und auch<br />
Umgebungsbedingungen führen. In der <strong>Klima</strong>krise<br />
können <strong>Klima</strong>gefühle somit möglicherweise dazu<br />
beitragen, dass Kinder und Jugendliche – sowie<br />
hoffentlich auch Erwachsene – eher aktiv werden.<br />
In der Forschung und den Gesundheitsberufen geht<br />
man davon aus, dass <strong>Umwelt</strong>zerstörung und<br />
Erderhitzung sowohl direkte als auch indirekte<br />
Auswirkungen auf die körperliche und psychische<br />
Gesundheit von jungen Menschen haben. Direkte<br />
Auswirkungen können <strong>zum</strong> Beispiel auftreten,<br />
wenn Kinder und Jugendliche häufiger von Naturkatastrophen<br />
betroffen sind. Insbesondere im<br />
Globalen Süden leiden Kinder und Jugendliche<br />
schon jetzt unter den Folgen von Erderwärmung<br />
und <strong>Umwelt</strong>krisen, die sich verstärken werden,<br />
wenn die Ursachen der Krisen selbst nicht stärker<br />
in den Blick genommen werden. 4 Indirekte Effekte<br />
wie Aggressionen durch Hitzestress 5 oder soziale<br />
Konflikte aufgrund von Ressourcenknappheit<br />
können die psychische Belastung ebenfalls erhöhen.<br />
6 Auch Medienberichte oder die Erwartung<br />
zukünftiger Entwicklungen, wie sie der jüngste<br />
Bericht des IPCC aufzeigt 7 , setzen Kinder und<br />
Jugendliche unter Stress. Wenn dieser lang anhält<br />
und in seiner Intensität den Alltag erschwert, kann<br />
er schließlich auch zu einem Anstieg psychischer<br />
Störungen führen.<br />
Sich vernetzen<br />
Angesichts der zahlreichen existenziellen Krisen ist<br />
es für Kinder und Jugendliche eine Herausforderung,<br />
mit ihren Ängsten und Sorgen umzugehen<br />
und dennoch aktiv zu werden. Besonders vielversprechend<br />
ist es, sich mit anderen zu vernetzen, die<br />
ähnliche Gefühle teilen, und mit ihnen gemeinsam<br />
ins Handeln zu kommen. Aus solch einer Bewältigungsstrategie<br />
entwickelte sich nicht zuletzt die<br />
Bewegung Fridays for Future. Es kann hilfreich<br />
sein, sowohl problemorientiert als auch sinnorientiert<br />
vorzugehen, indem man handelt, um Veränderungen<br />
bestenfalls auf struktureller Ebene<br />
herbeizuführen. Die (eigene) Schule kann beispielsweise<br />
motiviert werden, Solaranlagen auf dem Dach<br />
zu installieren und vegetarisches Essen in der<br />
Schulmensa <strong>zum</strong> Standard zu machen. Dabei geht es<br />
darum, den Wert der eigenen Handlung festzustellen<br />
und ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass man<br />
sich selbst als sinnhaft in der Welt erlebt. 8 Diese<br />
Bewältigungsstrategien sind seit langem bekannt<br />
als Bestandteil der Resilienz, die für unsere<br />
Widerstandsfähigkeit in Krisen steht. Zentral ist,<br />
sich nicht ohnmächtig erleben zu müssen.<br />
„Es ist möglich,<br />
eine gerechtere<br />
und gesündere<br />
Welt aufzubauen.“<br />
Positive Folgen von Engagement<br />
Forschungsergebnisse aus verschiedenen Ländern<br />
zeigen, dass Kinder und Jugendliche, die sich aktiv<br />
für <strong>Umwelt</strong>- und <strong>Klima</strong>schutz engagieren, oft ein<br />
starkes Gefühl von Selbstwirksamkeit und Verantwortungsbewusstsein<br />
für ihre Handlungen<br />
entwickeln. Sie sind motiviert, Veränderungen<br />
sowohl in ihrem persönlichen Verhalten als auch in<br />
der Gesellschaft voranzutreiben. 9 Zudem zeigen<br />
Untersuchungen, dass Kinder und Jugendliche, die<br />
gut informiert über die Folgen der <strong>Klima</strong>krise sind,<br />
sich eher für den <strong>Umwelt</strong>schutz einsetzen. 10 Eine<br />
weitere Studie fand heraus, dass junge Menschen,<br />
die sich für den <strong>Umwelt</strong>schutz engagieren, auch<br />
ihre Eltern und ihre Gemeinschaft stärker für die<br />
<strong>Umwelt</strong> sensibilisieren. 11 Generell zeigen Forschungsergebnisse,<br />
dass das Erleben von Natur und <strong>Umwelt</strong><br />
einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit<br />
von Kindern und Jugendlichen haben kann. 12<br />
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