THE PARLIAMENT OF THRESHOLDS - THOMAS KASSEROLER
In einer Zeit, in der unterschiedliche Meinungen und Standpunkte immer weniger verhandelbar und argumentierbar scheinen, spielen Orte, die Menschen dabei helfen können ihr Gegenüber zu verstehen, eine immer wichtigere Bedeutung. Journalismus ist eines jener Werkzeuge, der - ähnlich wie Architektur - neue Perspektiven näherbringen und vermitteln kann - er kann Schwellen zwischen Menschen schaffen. In dieser Arbeit werden am Donaukanal und am Schwedenplatz in Wien, einem der heterogensten Bereiche der Stadt, Orte zum Kennenlernen neuer Perspektiven geschaffen. In times in which different opinions are less negotiable than ever, places that can help us understanding other people's viewpoints reach more and more significance in our society. Journalism is one of those tools that has the ability to - just like architecture - give an understanding of different perspectives - it can create thresholds between people. This thesis creates places where one can meet and understand different perspectives at the Donaukanal and the Schwedenplatz in Vienna, one of the most hetergeneous areas in the whole city.
In einer Zeit, in der unterschiedliche Meinungen und Standpunkte immer weniger verhandelbar und argumentierbar scheinen, spielen Orte, die Menschen dabei helfen können ihr Gegenüber zu verstehen, eine immer wichtigere Bedeutung. Journalismus ist eines jener Werkzeuge, der - ähnlich wie Architektur - neue Perspektiven näherbringen und vermitteln kann - er kann Schwellen zwischen Menschen schaffen. In dieser Arbeit werden am Donaukanal und am Schwedenplatz in Wien, einem der heterogensten Bereiche der Stadt, Orte zum Kennenlernen neuer Perspektiven geschaffen.
In times in which different opinions are less negotiable than ever, places that can help us understanding other people's viewpoints reach more and more significance in our society. Journalism is one of those tools that has the ability to - just like architecture - give an understanding of different perspectives - it can create thresholds between people. This thesis creates places where one can meet and understand different perspectives at the Donaukanal and the Schwedenplatz in Vienna, one of the most hetergeneous areas in the whole city.
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SCHWELLEN
Betrachtet man eine Grenze nicht als Linie, die
durch die Schwelle punktuell unterbrochen wird,
sondern verleiht man der Schwelle ein zeitlichräumliche
Tiefe, kann der Akt des Überganges
und des Durchschreitens genauer betrachtet
werden. Anhand dem Beispiel kultureller Rituale
beschrieb der Ethnologe Arnold van Gennep
Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals diese
Übergänge und die Phasen, die dabei durchlebt
werden: er unterscheidet dabei die Trennungs-, die
Schwellen- und die Angliederungsphase (vgl. Turner
1998: 251). Während diesem Übergang erlebt die
passierende Person die Loslösung von einer Gruppe,
eine Phase uneindeutiger Zugehörigkeit, sowie die
Wiedereingliederung in dieselbe oder eine neue
Gruppe. In der Zeit dieses Prozesses zwischen zwei
Zuständen, weder im Vorher, noch im Nachher, los
gelöst, aber noch nicht angegliedert, kann also
von einem Schwellenzustand gesprochen werden,
Victor Turner nennt diesen „Liminalität“ (ebd.), vom
lateinischen Wort für Schwelle „limen“.
LIMINALITÄT
Beispiele für diese Übergangsphasen gibt es vor
allem, wie von van Gennep beschrieben, im rituellen
und religiösen Bereich fast aller Gesellschaften.
Sie sind in allen Lebensphasen zu finden, von
der Geburt, über das Erwachsenwerden und die
Hochzeit bis hin zum Tod mit den vielfältigsten
Bestattungsritualen. Begleitet werden diese von
ritualisierten Handlungen: die Trennungsphase
beispielsweise vom Abschneiden der Haare oder
dem Zerbrechen von Geschirr; die Schwellenphase
vom Tragen von Masken und dem tendenziell
passiven Beiwohnen der Zeremonie; sowie die
Angliederungsphase vom gemeinsamen Essen oder
Tanzen (vgl. Stohrer 2008). Als religiöse Beispiele
können hier die Verleihung der Sakramente (Taufe,
Erstkommunion und Firmung) im Christentum
oder die Bar Mitzwa im Judentum genannt werden.
Eines in diesem Zusammenhang oft erwähnte
und spektakuläre Turmspringen der Sa auf der zu
Vanuatu gehörenden Insel Pentecost im Pazifik
wurde zwar lange Zeit auch als ein Initiationsritual
interpretiert, dabei scheint es sich jedoch eher um
ein gesellschaftliches „Spiel“ zu handeln wie der
Ethnologe Thorolf Lipp erkannte (vgl. 2009: 305-
306). In der Literatur und im Film werden liminale
Lebensphasen häufig im sogenannten Coming-Of-
Age-Genre thematisiert. Für die architektonische
Betrachtung von Schwellen ist die Erkennung der
Liminalität auf verschiedenen Ebenen wichtig:
auf räumlicher Ebene als Schwellenraum, auf
psychischer Ebene als Schwellenzustand und
auf semantischer Ebene als Uneindeutigkeit und
Ambivalenz (vgl. Ruthner 2019: 33). Sie verleiht der
Schwelle ihre Tiefe und stellt das räumliche Potenzial
für menschliche Handlungen dar.
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