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[Rio]+15 [Johannesburg]+5 - Landschaftsverband Rheinland

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Wir haben in meinem früheren Unternehmen einmal eine Untersuchung über die Zusammenhänge<br />

zwischen Artenvielfalt und kultureller Vielfalt gemacht. Als Indikator für die kulturelle<br />

Vielfalt wählten wir die Sprachen. Ich weiß nicht, ob Sie sich darüber klar sind, dass<br />

es in dieser Welt über 6800 Sprachen gibt. 2800 sind auf der Roten Liste der gefährdeten<br />

Sprachen. Und wenn Sie diese mit der Roten Liste der gefährdeten Natur korrelieren, sind<br />

diese fast deckungsgleich. Das heißt, Vielfalt hat auch etwas mit der Identität in der Heimat<br />

zu tun – ich wähle diesen alten Begriff bewusst – in der Natur. Wir haben ja in den meisten<br />

Fällen keine Naturlandschaften mehr, sondern wir haben Kulturlandschaften. Diese verstehen<br />

sich nur aus dem kulturellen Selbstverständnis heraus. Wenn dieses Verständnis<br />

verloren geht, werden sie auch in der Kulturlandschaft nicht mehr diesen Gegenpart haben.<br />

Insofern sind die ganz eng miteinander verbunden und gehen in vielen Bereichen deswegen<br />

auch weiter, weil damit die regionale Komponente nicht als eine ideologische Komponente<br />

betrachtet wird. Was sehr schnell der Fall ist, wenn man sagt, wir sind erst einmal gegen<br />

die großen, multinationalen Konzerne und deswegen bleiben wir bewusst regional. Diese<br />

Meinung/Position ist stark vertreten. Wenn Radermacher nachher kommt, wird er Ihnen<br />

viel dazu sagen. Ich hatte gestern Abend die Freude, mit ihm bei Siemens darüber zu diskutieren.<br />

Das heißt, das ist auch ein Zugang zu der Notwendigkeit der regionalen Identitäten. Aber es<br />

ist viel direkter für meine Begriffe, wenn wir uns darin verstehen, dass Globalisierung überhaupt<br />

nur stabil sein kann, wenn sie getragen wird aus der Stabilität kultureller Identitäten.<br />

Und damit auch ökologischer Identitäten.<br />

Wenn Sie den allgemeinen Verfahren unserer Zeit nachgehen, könnten Sie sagen, das kann<br />

man sogar ökonomisieren. Das kann man sogar berechnen. Diese Ergänzung hätten wir sicherlich<br />

bei dem Brundtland-Bericht bekommen, andere auch. Ich will mich nicht zu lange<br />

damit aufhalten. Aber denken Sie auch einmal darüber nach, weil Sie alle den Brundtland-<br />

Bericht mehrmals gelesen haben und er Ihnen deswegen völlig geläufig ist. Denken Sie<br />

mal darüber nach, wenn sie ihn sich durchlesen. Er ist noch an vielen, vielen Stellen sehr<br />

aktuell, sehr treffend und richtig. Ich rate natürlich dringend davon ab zu sagen: „Da müssen<br />

wir mal die Nachhaltigkeit neu erfinden“. Denn damit komme ich schon zum nächsten<br />

Punkt.<br />

Wer glaubt, heute könnten wir eine Agenda 21 noch mal so verhandeln wie wir sie 1992<br />

verhandelt und vorgelegt haben, der irrt gewaltig. Wir würden diese Ergebnisse nicht mehr<br />

erzielen können. Und deswegen müssen wir sie fast bis zu der Ecke verteidigen, in der wir<br />

sagen, das wir sie selbst ändern würden. Das ist immer das alte Lied, wenn man irgendwo<br />

einen Deckel aus guten Gründen aufmacht, weiß man nie wie man ihn am Ende wieder<br />

schließt. Und deswegen war bei uns in der UN sehr bedeutsam, dass wir die Charta der<br />

Vereinten Nationen immer zurückhaltend behandelnd haben. Weil wir gesagt haben: „Machen<br />

wir die auf, kommt da ein Flaschengeist heraus und wir wissen gar nicht, wie wir ihn<br />

dort wieder hineinbekommen“. Man hätte z. B. bei der Charta der Vereinten Nationen gut<br />

und gern die Ausführungen von Morris Strong, einem der Mitendscheidenden in <strong>Rio</strong>, aufnehmen<br />

können. Wir haben ja die verschiedene councils in den Vereinten Nationen, z.B.<br />

Eco Section, das ist der Ökonomische und Soziale Council. Und da haben wir einen Sicherheitsrat.<br />

Ferner gab es noch den trusty-ship council, das war die Einrichtung, die man, als<br />

die UN gegründet wurde, etablierte, zur Treuhänderschaft für die Gebiete, die noch unter<br />

kolonialer Herrschaft waren.<br />

Dieses trusty-ship council ist arbeitslos geworden mit der Selbstständigkeit einer Insel im<br />

Pazifik, seither gibt es diese koloniale Situation nicht mehr. Die Überlegung war, können wir<br />

nicht dieses council in unseren Zeiten so uminterpretieren oder mit solchen Aufgaben versehen,<br />

dass es eine Treuhänderschaft für die global gemeinsamen Güter, für Atmosphäre,<br />

für Ozeane, für Artenvielfalt übernimmt. Können wir nicht so eine Treuhänderschaft auch<br />

übernehmen? Es gibt sehr viele Gründe, auch wirklich gute Gründe dafür, ich habe eigentlich<br />

niemanden gefunden der gesagt hat, das sei eine dumme Idee. Aber niemand wagt sich<br />

an das Ding ran, weil man befürchtet, dass eine Aufhebung weitere Rückentwicklungen mit<br />

sich bringt.<br />

Deswegen argumentiere ich nicht damit, dass wir einen neuen Begriff finden müssen. Aber<br />

wir müssen alles daran setzen, dass er aus der Beliebigkeit wieder herauskommt. Dass wir<br />

uns fragen: „Was muss denn unseren Kenntnissen der letzten 20 Jahren entsprechend mit<br />

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