WARA23-12
Der Wädenswiler / Richterswiler Anzeiger im Dezember 2023
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Richterswiler Anzeiger / Dezember 2023 RICHTERSWIL 9
Gold und Silber lieb ich sehr …
So genannte «fliegende Händler» versprechen gratis Expertisen
und Höchstpreise für Wertsachen aller Art. Den wahren
Profit erzielen in der Regel nur die Käufer und nicht diejenigen,
die ihre Ware veräussern.
Text & Bilder: Reni Bircher
Regelmässig flattern Handzettel in
die Briefschlitze, auf denen man
mehr oder weniger ansprechend
dazu angeregt wird, seine Wertsachen
zu veräussern: Schmuck,
Münzen, Uhren, Antiquitäten. Die
Gründe, warum sich jemand entschliesst,
etwas aus dem eigenen
Besitz zu Geld zu machen, sind
vielfältig. Gerade wenn das Erbstück
einfach nicht so recht gefallen
will, oder in schwierigen Zeiten, in
denen es finanziell eng ist – und
Weihnachten vor der Türe steht
–, kann das durchaus eine Möglichkeit
sein, sich etwas «Luft» zu
verschaffen. Dabei sollte man aber
vorsichtig sein, wem man sein Vertrauen
schenkt. Denn nur weil auf
einem Handzettel «Höchstpreise»
steht – zum Teil noch mehr als
der Tageskurs angeblich hergeben
würde –, entspricht das noch lange
nicht der Tatsache.
Ein Testverkauf hat das gezeigt.
Der Lockvogel
Eine junge Dame machte sich früh
im Jahr auf den Weg zum Treffpunkt,
der auf dem Flyer gross und
fett prangt: das katholische Pfarrheim
– möglicherweise soll dies
Seriosität suggerieren, so die Vermutung.
Im Gepäck zwei Modeschmuck-Ketten,
eine Münze aus
Edelmetall, vier Schmuckstücke
aus Gold und Silber, und ein falscher
Name. Der von einem Goldschmied
zum aktuellem Tagessatz
eruierte Wert der Waren: CHF
565.
Ohne Voranmeldung wird die
Dame empfangen, allein, also mit
Privatsphäre – oder ohne Zeugen.
Dem Händler steht auch niemand
zur Seite, um den Kauf zu bezeugen.
In der Folge des Verkaufsgespräches
wurden die unechten
Schmuckstücke als solche erkannt;
die Münze (im Wert von über 160
Franken) wollte/konnte der Händler
als solche nicht erkennen. Der
Feingehalt jeden Schmuckstückes
wurde nicht überprüft. Immerhin
benutzte der Händler eine geeichte
Waage. Diese wird alle zwei Jahre
unangemeldet vom «Eichmeister»
überprüft und erhält ein entsprechendes
Siegel.
Durch Feilschen, eine erfundenen
Geschichte und der Aussicht auf
Rückzug aus dem Geschäft, konnte
der Lockvogel den Preis in die
Höhe treiben: von den zuerst gebotenen
250 auf 300 Franken.
Also nicht annähernd der Betrag,
welcher vom Fachmann vorgängig
errechnet worden ist.
Die Richtlinien für den Ankauf
von Edelmetallen und Edelsteinen
sind klar und allgemeingültig (siehe
Absatz «Neue Gesetzgebung»). Nahezu
alle Vorschriften wurden bei
diesem Testverkauf vom Händler
grosszügig vernachlässigt. Auf der
ausgehändigten Quittung, welche
der Redaktion vorliegt, wird (der
falsche) Name und Adresse der
Verkäuferin aufgeführt, der ausbezahlte
Betrag, Unterschrift des
Händlers, sowie Ort und Datum
des Verkaufsabschlusses. Kein Firmenlogo,
Name oder Adresse des
Händlers und keinerlei Angaben
zu den soeben gekauften Gegenständen.
Der versiert Fachhandel rät, neben
den erforderlichen Angaben auch
ein Ausweisdokument des Verkäufers
sowie ein Foto der angekauften
Ware zu machen, damit
der Tatbestand einer ordentlichen
Kundenprüfung erfüllt ist. Es dient
auch dem Schutz des Käufers sowie
der Branche im Allgemeinen. Der
fliegende Händler, der unserem
Lockvogel die Waren abgekauft
hat, legte keinen Wert auf eine Personenüberprüfung
in irgend einer
Art.
Die Händler
Der Richterswiler Anzeiger hat sieben
dieser «fliegenden Händler»
nach Möglichkeit überprüft:
• 6 von ihnen waren in keinem
Telefonbuch oder Verzeichnis gelistet,
weder mit Namen noch Telefonnummer.
• 2 davon geben sich als Arbeiter
von Auktionshäusern aus, die es
jedoch nicht gibt, und einer dieser
beiden wirbt in anderen Landesteilen
mit gleicher Mailadresse, jedoch
unter anderem Namen und
anderer Nummer.
• einer variiert seinen Namen (mal
ist der Vorname der Nachname,
dann mit Abkürzung, dann nur
«Herr» und Nachname…) mit gleichem
Geschäfts-/Wohnort (nicht
auffindbar dort) und gleicher Mailadresse,
über die man aber nur
Das Siegel einer geeichten Waage
sieht immer wieder anders aus, um
Fälschungen zu vermeiden.
die Aufforderung bekommt, sich
telefonisch zu melden; zudem zwei
verschiedenen Telefonnummern.
Immerhin stimmt der Nachname
überein von Mail und Flyer.
• einer benutzt seinen richtigen
Namen, schreibt sehr schlecht
Deutsch und im Netz finden sich
relativ unseriöse Bilder und Posts.
• nur einer steht mit Name und
Adresse für sein Interesse an Antiquitäten,
es handelt sich jedoch um
einen privaten «Sammler».
Neues Gesetz seit dem
1. Januar 2023
Mit der Umsetzung der Änderungen
des Geldwäschereigesetzes und
des Edelmetallkontrollgesetzes
wird unter anderem der gewerbsmässige
Ankauf von Altedelmetallen
einer Bewilligungs- bzw.
Registrierungspflicht unterstellt.
Die Gesetzesänderungen traten
am 1. Januar 2023 mit einer einjährigen
Übergangsfrist in Kraft.
Wer gewerbsmässig Altedelmetalle
ankauft, muss sich beim Zentralamt
für Edelmetallkontrolle registrieren
oder eine Bewilligung beantragen.
Es besteht jedoch eine
Freigrenze für den Edelmetallankauf
bis 50000 Franken pro Kalenderjahr,
was etwa einer Menge von
1500 Gramm Altgold entspricht.
Registrierte Ankäufer und Inhaber
einer Ankaufsbewilligung müssen
auf Firmenschildern, Briefköpfen,
in Zeitungsinseraten sowie Internet
auf die Tatsache der erhaltenen Registrierung/Bewilligung
hinweisen.
Neu gilt auch, dass eine Dossier-Führung
für alle Edelmetallankäufe
und für jeden Akteur
verpflichtend ist. Mit diesem Kon-