WARA23-12
Der Wädenswiler / Richterswiler Anzeiger im Dezember 2023
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Richterswiler Anzeiger / Dezember 2023 RICHTERSWIL 11
Alarmierungssystem für Schulen abgelehnt,
Steuerfuss angenommen
Am Donnerstag, 7. Dezember, wurde in der letzten Gemeindeversammlung im Jahr
fünf Traktanden zur Abstimmung vorgelegt. Von den über 8800 Stimmberechtigten
fanden sich 151 in der reformierten Kirche für die Abstimmung ein.
Text & Bild: Reni Bircher
Am emotionalsten diskutiert wurde über den
Objektkredit für die Anschaffung eines einheitlichen
Alarmierungssystems für die Schulanlagen
in Richterswil-Samstagern. Erstmals
trat Schulpräsidentin und Gemeinderätin Mira
Crivelli-Amstutz (Ressort Bildung) vor die Versammlung,
um das Anliegen vorzustellen.
An den Kantonsschulen ist schon seit mehreren
Jahren ein solches Alarmierungssystem
Vorschrift, für Vorkehrungen an Primar- und
Sekundarschulen sind dagegen die Gemeinden
zuständig. Sie sollen im Fall von Feuer oder zielgerichteter
Gewalt die Sicherheit der Schülerinnen
und Schüler sowie schulinternen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern erhöhen.
Die Rückmeldungen aus dem Kirchenschiff waren
gegensätzlich. So möchte Walter Leuthold
(Präsident SVP) mit einer solchen Diskussion
keine Angst schüren und Sicherheit nicht der
Technik überlassen. Auch die FDP sprach sich
gegen das Alarmierungssystem aus, genauso ein
Vater zweier schulpflichtiger Kinder. Dies unter
der Anmerkung, dass wir hier keine «amerikanischen
Verhältnisse» hätten. Diesen Vergleich
nahm Mitte-Präsident Peter Theiler auf und
meinte, dass diese Verhältnisse in der Schweiz
tatsächlich nicht herrschen würden, aber:
«Wenn, dann ist jedes Menschenleben zuviel».
Die Partei lehnte die Vorlage aber trotzdem ab.
Anders die SP, die sich klar für das Alarmierungssystem
aussprach: «Wir hatten auch nie
ein 100-jähriges Hochwasser, und trotzdem sichern
wir uns dagegen ab», so Parteipräsidentin
Renate Büchi. Ebenso sah es Raffael Grütter,
Co-Präsident der GLP, der das Schicksal von
Kindern und Schulmitarbeitern im Nachhinein
mit keinem «Warum haben wir nicht» erklärt
haben will. Nicolas Dudler von der EVP fand
die Ausführungen von Crivelli nachvollziehbar
und widersprach der SVP, dass es ja nicht sein
könne, dass der Schulleiter bei Gefahren jeglicher
Art mit dem Megafon durch die Gänge
laufe. «Die Kosten sind klar offengelegt, und
diese Investition rettet möglicherweise Kinder
und Angestellte.»
Zweck aus den Augen verloren
Die Sicherheitsbedürfnisse der Schweizer Schulen
sind in den letzten Jahren gestiegen. Die
zunehmende Gewaltbereitschaft von Jugendlichen
allerdings auch und stellt Lehrerschaft und
Schulbehörden vor neue Probleme. Gewaltsituationen
sind per se auch in der Schweiz nicht
mehr auszuschliessen. Drohungen jeglicher Art
werden immer wieder vermeldet, erst vor wenigen
Monaten wurden solche gegen die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Schule Stäfa
gerichtet. Die Schulpräsidentin erklärte, dass
sie ihre Hausaufgaben gemacht hätten, und nur
weil Gewalttaten an Schweizer Schulen nicht in
der Presse breitgetreten würden, heisse es noch
lange nicht, dass es solche nicht gebe.
Bei dieser Abstimmung scheint vergessen worden
zu sein, dass das Alarmierungssystem auch
für andere Notsituationen dienen soll, etwa
wenn bei einem Feuer evakuiert werden muss.
Die Vorlage wurde mit 88-Neinstimmen abgelehnt.
Alles beim Alten beim Steuerfuss
Beim Budget zeigte Gemeinderat Willy Nüesch
(Ressort Finanzen) auf, dass sich der Selbstfinanzierungsgrad
von diesjährig 32 Prozent auf
22 senken wird im nächsten Jahr. Somit können
Investitionen nicht vollständig aus eigener Kraft
finanziert werden. Sofern alle vorgesehenen
Projekte umgesetzt werden, müsste zusätzliches
Geld auf dem Geldmarkt aufgenommen werden.
Für das Jahr 2027 mit einer Pro-Kopf-Verschuldung
von CHF 3000 gerechnet, was spätestens
dann zu einer Erhöhung des Steuerfusses führen
wird. Im nächsten Jahr verbleibt der Steuerfuss
bei 99 Prozent. Mehrere Parteien äusserten
ihr Anliegen, die Gemeinde möge den Finanzhaushalt
gut im Auge behalten.
Budget und Steuerfuss wurden von den Anwesenden
abgesegnet.
Verkauf der Liegenschaft am Bürgliweg
Die Gemeinde wurde als Erbin einer Eigentumswohnung
einer anfangs Jahr verstorbenen
Bürgerin eingesetzt, ebenso von deren Barvermögen
von CHF 900 000. Der Marktwert
der Liegenschaft wurde auf CHF 1 940 000 geschätzt.
Laut Testament der Erblasserin müssen
je 21 Prozent an zwei Vermächtnisnehmerinnen
ausgezahlt werden, weshalb die Gemeinde
die Wohnung so rasch wie möglich verkaufen
möchte. Der Verkaufserlös soll für soziale Aufgaben
und die Erwachsenenbildung eingesetzt
werden.
Walter Leuthold (SVP) stellte den Antrag, die
Wohnung auf den Mindestpreis von CHF 1,5
Mio. zu setzen (statt CHF 1,8 Mio.), da sonst der
Antrag wieder vor die Gemeindeversammlung
muss, wenn Käufer weniger als CHF 1,8 Mio.
bieten. Verkauft wird an den Meistbietenden.
Dem Antrag wurde stattgegeben und die Versammlung
stimmte dem so abgeänderten Traktandum
zu.
Die beiden Positionen «Teilrevision der Polizeiordnung»
und «Revision der Gebührenverordnung»
wurden ohne längere Diskussionen von
einem Mehr angenommen. Nach über 100 Minuten
konnte die Gemeindeversammlung durch
Gemeindepräsident Marcel Tanner geschlossen
werden. n
Eine einsame Kirchgängerin
Diese amüsante Momentaufnahme entstand
beim Treppenaufgang zur reformierten Kirche
in Richterswil. Ob das vitale Huhn schliesslich
sämtliche der 76 Trittstufen gemeistert hat, entzieht
sich der Kenntnis des Beobachters. Beruhigend
und zum Schmunzeln anregend war die
überraschende Begegnung in der Hektik des
Alltags jedoch allemal. Das wackere, freiheitsliebende
Federvieh ist in unmittelbarer Nähe zur
Kirche beheimatet, auf dem Areal, wo sich seit
dem Jahr 2021 ebenfalls das «Museum Chilerai»
befindet. In dieser ganz besonderen Trouvaille
sind unter anderem Mostpresse, Obsthäcksler,
Fass- und Flaschenlager sowie sehenswertes altes
Handwerkszeug und Gerätschaften für die
Landwirtschaft und den Obstbau zu bestaunen.
Text & Bild Bernhard Bickel, Wollerau