Ausgabe 01/2024

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14 · Interview 01/2024 «TRUE CRIME IST NICHTS FÜR SCHWACHE NERVEN» «True Crime»-Podcasts sind im Trend. Auch Sheryn Locher hegt eine Leidenschaft für skurrile und schockierende Kriminaldelikte. Seit über einem Jahr produziert die Herisauerin den Podcast «Lebenslänglich», in dem sie über wahre Verbrechen der Schweiz erzählt. Sheryn Locher, seit wann machen Sie Ihren eigenen Podcast? Noch nicht so lange. 2021 schloss ich meine Matura an der Kantonsschule Trogen ab. Erst in der Kanti wurde mir meine kreative Seite bewusst – vor allem durch das Schwerpunktfach «Musik & Zeichnen». Danach startete ich ein Praktikum beim Radio Toxic.fm und später begann ich das Psychologiestudium an der Universität Bern. Dieses habe ich nach einem Jahr aufgegeben. Weshalb? Ich sehe mich in einer kreativeren Welt. Mittlerweile ist für mich klar, dass ich etwas im Social-Media-Bereich in der Medienwelt machen möchte. Bevor ich mich aber für den Studiengang Cast/Audiovisonal Media an der Zürcher Hochschule der Künste bewerben werde, starte ich im nächsten Jahr ein Praktikum bei einem Podcast-Unternehmen. Dass ich zusammen mit meiner Kollegin Anja Leibacher seit über einem Jahr einen eigenen Podcast habe, hat sicherlich geholfen, diese Stelle zu bekommen. Wie kam die Idee auf, einen eigenen Podcast zu starten? Ich habe meine Podcast-Kollegin Anja Leibacher während meines Praktikums beim Radio Toxic.fm kennengelernt. Wir haben gemerkt, dass wir ein gemeinsames Interesse für Podcasts und insbesondere für das «True Crime»-Genre haben. Uns ist aber aufgefallen, dass wir lediglich «True Crime»- Podcasts aus den USA oder Deutschland kennen. Einen Schweizer Podcast, der wahre Kriminalfälle aufrollt und den Zuhörenden erzählt, gab es damals noch nicht. Deshalb haben wir uns entschieden, dieses Projekt in Angriff zu nehmen. Wie ging es weiter, bis Sie die ersten Episode veröffentlicht hatten? In einem ersten Schritt mussten wir ein Konzept festlegen. Schliesslich haben wir uns darauf geeinigt, alle zwei Wochen eine Folge herauszubringen. Pro Folge behandeln wir einen Schweizer Kriminalfall und bringen den Zuhörenden die Hintergründe des Verbrechens näher. Am meisten Zeit haben wir für die Namenssuche gebraucht. Schliesslich einigten wir uns auf den Namen «Lebenslänglich», weil viele der Verbrecher lebenslänglich hinter Gitter sitzen. Einen knappen Monat nach dem Aufkommen der Idee, sassen wir bereits zum ersten Mal vor dem Mikrophon. Seither haben Sie 29 Folgen aufgenommen. Wie zeitintensiv ist die Produktion einer Episode? Das kommt ganz auf den Fall an. Die Recherche ist einfacher, wenn das Verbrechen in den Medien behandelt wurde. Wir hatten aber auch schon Fälle, die völlig unbekannt waren. Dafür verbrachten wir schon mal einen ganzen Tag im Staatsarchiv. Je nach Kriminalfall suchen wir auch Interviewpartner für unsere Folgen. Und dann kommt das Schreiben des Skrips, welches viel Zeit in Anspruch nimmt. Pro Ausgabe rechnen wir mit einem Aufwand von zwei Arbeitstagen. «Pro Folge behandeln wir einen Kriminalfall.» Haben Sie eine Lieblingsfolge? Spontan kommen mir zwei Episoden in den Sinn. Für eine Folge, in welcher wir einen Raubüberfall auf eine Bank behandelt haben, durfte ich ein eindrückliches Interview mit einem Bankräuber führen. Dieser ist heute Sozialarbeiter und ist in der Prävention tätig. Er hat mir aufgezeigt, wie schnell man in die Kriminalität reinrutscht und wie schwierig es ist, wieder herauszukommen. Und die andere? Meine zweite Lieblingsfolge heisst: «Mord in Kehrsatz». Dabei ging es um einen Mordfall in Bern, der sich zu einem der grössten Schweizer Justizskandale entwickelte. Die Vorbereitung auf die Folge war herausfordernd, gleichzeitig aber enorm spannend. Woher kommt diese Faszination für «True Crime»? Das Böse, Verbrechen und Kriminaldelikte in der Unterhaltung sind so alt, wie die Unterhaltung selbst. «Krimis» gehören noch immer zu den beliebtesten Bücher- oder Filmgenres. Mit «True Crime» wird das Ganze auf die nächste Ebene gebracht. Ein wahrer Kriminalfall hat einen zusätzlichen Reiz. Ist das nicht ein wenig makaber? Natürlich hat es eine makabre Note. Doch wir sind keine Comedy-Show und machen uns über niemanden und nichts lustig. Wir hatten auch schon oft mit Angehörigen und anderen Direktbetroffenen zu tun. An dieser Stelle sind Empathie und die nötige Distanz gefragt. Mit unserem Podcast möchten wir nicht nur unterhalten, sondern auch Wissen vermitteln. Es ist uns ein Anliegen, die juristischen Hintergründe zu kennen und diese korrekt widerzugeben. Viele denken, dass Morde oder Raubüberfälle in der Schweiz keine Realität sind. Mit unserem Podcast beweisen wir das Gegenteil. In jeder Folge sprechen wir eine Trigger-Warnung aus und geben den Zuhörenden zu verstehen, dass «True Crime» nichts für schwache Nerven ist. Wo nehmen Sie die Podcasts auf? Zu Beginn durften wir die Studios unserer damaligen Arbeitgeber nutzen. Später haben wir uns aber dafür entschieden eigene Mikrophone anzuschaffen, um auch von Zuhause aus aufnehmen zu können. Dadurch haben wir an Flexibilität gewonnen. So ist es auch schon vorgekommen, dass eine von uns in den Ferien war und der Podcast dennoch produziert werden konnte. Was gibt Ihnen der Podcast «Lebenslänglich» auf einer persönlichen Ebene? Es macht unglaublich viel Spass, sich in die Abgründe der Schweizer Kriminalfälle zu stürzen. Mit jeder Folge lernen wir mehr über das schweizerische Justizsystem und treffen durch unsere Interviews auf spannende Menschen. Das Aufnehmen des Podcasts ist stets das grösste Highlight. Auch die zahlreichen Feedbacks unserer Zuhörerschaft ermutigen uns, das Projekt weiterzuziehen. Insgesamt zählen wir schon über 90 000 Aufrufe von «Lebenslänglich», auch dies motiviert uns zusätzlich. Auch Philipp Langenegger wurde auf den Podcast aufmerksam und hat Sie in seine «Late Night Show» eingeladen. In seiner Show waren Anja und ich zum ersten Mal auf einer Bühne. Sein humorvolles Interview mit uns hat uns grosse Freude be-
01/2024 Interview · 15 Sheryn Locher plant für 2024 einen Live-Podcast in Herisau. (Bild: zVg.) reitet. Dieser Abend bleibt sicher als grosses Highlight unserer gemeinsamen Podcast-Zeit in Erinnerung. Wann sind Sie das nächste Mal auf der Bühne zu sehen? Am 22. März werden wir in der Pestalozzi Bibliothek unseren ersten Live-Podcast vortragen. Einerseits ermöglicht dies den Zuhörenden noch näher an der Geschichte zu sein. Zudem ist es auch für Anja und mich eine neue Erfahrung zu sehen, wie das Publikum auf den Fall reagiert. Ausserdem planen wir einen Live-Podcast in Herisau. Hierfür würde sich sicherlich der bekannte Doppelmord vom Säntis eignen. Wie geht es mittelfrsitig mit dem Podcast «Lebenslänglich» weiter? Die angesprochenen Live-Auftritte stehen in der Planung für das nächste Jahr sicherlich im Fokus. Unser Ziel ist es, solche Events öfter durchführen zu können. Langfristig teilen wir ausserdem das Ziel, aus dem Hobby einen Nebenjob zu machen. Die Recherche und Vorbereitung erfordern jetzt schon eine Menge Zeit. Gerne würden wir unsere Arbeit intensivieren. Doch irgendwann fehlt uns dafür die Kapazität. Wenn wir «Lebenslänglich» teilprofessionalisieren könnten, wäre ein zusätzliches Engagement möglich. Eine aufwändigere Recherche hätte einen positiven Einfluss auf die Qualität unseres Podcasts und würde uns noch mehr Freude bereiten. Manuel Alder Hören Sie den Podcast auf Spotify http://bit.ly/kjIlk 2 Millionen Menschen leben in der Schweiz mit Rheuma. Wir stärken sie in ihrem Alltag. www.rheumaliga.ch Der erste Gichtanfall kam über Nacht. Es tat höllisch weh! Ruedi, 69 Jahre
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