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DAS STADTGESPRÄCH<br />
BEQUEM AUF DEM<br />
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Buchtis<br />
Neue Bücher sind ungefähr so wie<br />
Weihnachtsgeschenke, nur <strong>das</strong>s<br />
sie nicht an einem bestimmten<br />
Tag kommen. Aber die Vorfreude<br />
ist da, auch und besonders wenn<br />
man die neuen Bücher ein paar<br />
Tage liegen lässt. Natürlich ist die<br />
freudige Erwartung besonders groß,<br />
wenn man die Autoren kennt oder<br />
zumindest schon einmal eines der<br />
Bücher gelesen hat. Ebenso natürlich<br />
ist, <strong>das</strong>s man auch enttäuscht<br />
werden kann. Aber um <strong>das</strong> zu verhindern<br />
gibt es ja unsere Buchtipps!<br />
Sabine Thiesler »Romeos Tod«<br />
Sabine Thieslers Roman »Verschwunden«<br />
war schon ein ganz<br />
besonderer Krimi, wir berichteten.<br />
Doch »Romeos Tod« übertrifft die<br />
ohnehin schon hohen Erwartungen<br />
noch einmal. Dabei fängt alles zwar<br />
interessant, aber zunächst recht<br />
harmlos an. Doro, eine pensionierte<br />
Lehrerin, setzt sich in Berlin in den<br />
Zug, um ihren Sohn zu besuchen,<br />
den sie seit drei Jahren nicht mehr<br />
gesehen hat. Der Sohn Jan ist ein<br />
begnadeter, wenn auch erfolgloser<br />
Schauspieler, der den Hamlet in<br />
Gernersburg, also auf einer fiktiven<br />
Bühne in der bayerischen Provinz,<br />
spielen wird. Im Zug abteil begegnet<br />
Dora der knapp vierzigjährigen<br />
Mona, die gerade aus zehnjähriger<br />
Haft entlassen wurde und nun einfach<br />
nur weg aus Berlin und in den<br />
Süden will. Schnell freunden sich<br />
die beiden Frauen an und entschließen<br />
sich kurzfristig, gemeinsam<br />
nach Gernersburg zu fahren. Auf<br />
der Hamlet-Premierenfeier lernen<br />
sich Jan und Doro kennen und sind<br />
unmittelbar schockverliebt.<br />
Sie stürzen sich in eine rauschhafte<br />
Liebesbeziehung, die umso<br />
intensiver wird, je mehr sie sich<br />
gegenseitig eingestehen, <strong>das</strong>s sie<br />
beide verlorene Seelen sind. Mona<br />
erzählt Jan schließlich ihre Lebensgeschichte<br />
und ihre Wandlung von<br />
dem angepassten Hausmütterchen<br />
zum wehrlosen Spielball ihres italienischen<br />
Ehemannes Vincenzo, der<br />
sie betrügt, erniedrigt und prügelt,<br />
bis sie es schließlich nicht mehr<br />
aushält. Im Gefängnis hat er sie<br />
kein einziges Mal besucht und ist<br />
mit ihren beiden Kindern offenbar<br />
nach Italien gezogen, ohne eine<br />
Spur in Deutschland zu hinterlassen.<br />
Da Jan anschließend an seinen<br />
Hamlet den Lenz von Büchner angeboten<br />
bekommt, der für ihn die<br />
Rolle seines Lebens ist, reist Mona<br />
ohne ihn und begleitet von Doro<br />
nach Italien. Nach wochenlangem<br />
Suchen finden sie Vincenzo tatsächlich.<br />
Und ab dann beginnen die<br />
Überraschungen, die nicht von<br />
schlechten Eltern sind. Sabine<br />
Thiesler sorgt aber nicht allein<br />
durch eine verblüffende Handlung<br />
für großes Lesevergnügen.<br />
Auch ihre Charakterdarstellungen<br />
haben es in sich, denn wenn Jan<br />
seine Schwankungen zwischen<br />
Genie und Wahnsinn auslebt, hat<br />
<strong>das</strong> durchaus Klaus-Kinski-mäßige<br />
Züge an sich. Und auch im Theater<br />
kennt sich die Autorin, die selbst<br />
reichlich Erfahrung auf und hinter<br />
der Bühne hat, so gut aus, <strong>das</strong>s sie<br />
einige Aha-Erlebnisse für die Leserschaft<br />
bereithält. Am schillerndsten<br />
ist jedoch die Figur der Mona,<br />
über die hier nichts weiter verraten<br />
werden soll. Erschienen ist der 383<br />
Seiten starke Roman als Hardcover<br />
bei Heyne, Kostenpunkt 22 Euro<br />
und jeden Cent wert!<br />
J P Delaney »Die Fremde<br />
in meinem Haus«<br />
Für Überraschungen sind auch die<br />
Bücher von J P Delaney immer gut.<br />
Sein Bestseller »The Girl Before«<br />
erschien in 45 Ländern. Und man<br />
muss kein Prophet sein, um seinem<br />
neuesten Roman einen ähnlichen<br />
Erfolg vorherzusagen. Das Zeug<br />
dazu hat »Die Fremde in meinem<br />
Haus« auf jeden Fall. Susie und<br />
ihr Mann Gabe leben einen späten<br />
Hippie-Traum. Der ehemalige<br />
Frontmann einer sehr erfolgreichen<br />
Boygroup, später einer Rockband,<br />
und die Sängerin einer Band leben<br />
in der Nähe von London in einem<br />
Bauernhof mit vielen Zimmern<br />
und allen möglichen Tieren. Doch<br />
die Idylle bekommt einen Knacks,<br />
als Susie eine E-mail erhält, in der<br />
ein fünfzehnjähriges Mädchen verkündet,<br />
<strong>das</strong>s sie vermutlich Susies<br />
Tochter ist. Ferner heißt es, <strong>das</strong>s sie<br />
bei ihren Adoptiveltern schrecklich<br />
unglücklich ist.<br />
Selbst fast noch ein Teenager,<br />
hatte Susie ihr Kind zur Adoption<br />
freigegeben, da sie ansonsten all<br />
ihre Träume einer Karriere im Musikgeschäft<br />
hätte aufgeben müssen.<br />
Natürlich plagt Susie jetzt ein<br />
permanent schlechtes Gewissen,<br />
zumal sie aufgrund gesundheitlicher<br />
Probleme enorme Schwierigkeiten<br />
hat, erneut schwanger zu<br />
werden. Als die Tochter Anna, die<br />
eigentlich den Taufnamen Sky hatte,<br />
sich zu Susie und Gabe flüchtet,<br />
wird sie mit offenen Armen aufgenommen.<br />
Susie überschüttet ihre<br />
Tochter mit Liebe, doch dem Glück<br />
steht einiges entgegen. Die Adoptiveltern<br />
wollen keinerlei Kontakt<br />
zulassen, denn vor dem Gesetz ist<br />
Anna/Sky noch minderjährig und<br />
damit ihre Tochter. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht<br />
mit allen<br />
Konsequenzen obliegt ihnen. Und<br />
sie schalten sogar die Polizei ein,<br />
die Annas Aufenthalt streng nach<br />
dem Gesetz als Kindesentführung<br />
interpretiert.<br />
Nach wochenlangem Hin und<br />
Her werfen die Adoptiveltern Anna<br />
schließlich regelrecht aus dem<br />
Haus, und sie zieht bei Susie und<br />
Gabe ein. Jetzt könnte alles gut<br />
werden, doch <strong>das</strong> Gegenteil ist der<br />
Fall. Susies Vergangenheit weist einige<br />
Geschehen auf, die sie lieber<br />
verschwiegen hätte. Und auch Gabe<br />
war früher zwar ein Boygroup Sänger,<br />
aber keineswegs ein Chorknabe.<br />
In seiner Rockband-Zeit hat er<br />
40 Das Stadtgespräch