medizin&technik 01.2024
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
(Grafik: IMT)<br />
Fehler in der Stromversorgung: Die schematische Darstellung zeigt die Fehlerausbreitung mit und ohne Überstrombegrenzung<br />
nicht mehr funktioniert. Der von Consumerprodukten<br />
bekannte und gerne verwendete<br />
Trick, den Einschaltknopf 10 Sekunden<br />
gedrückt zu halten, ist praktisch<br />
und bei einigen Power Management ICs<br />
bereits integriert. In lebenserhaltenden<br />
Medizingeräten kann dies jedoch tödlich<br />
sein. Denn es reicht ein defekter Taster,<br />
Buffer oder IO-Pin, um das ganze System<br />
zurückzusetzen – je nach Implementation<br />
sogar ohne Alarm. Auch Anwendungsfehler<br />
sind zu beachten. Wird das Gerät gegen<br />
eine Wand geschoben, kann der Taster<br />
unbemerkt dauerhaft betätigt werden.<br />
Fällt eine Energiequelle unerwartet<br />
aus, muss das Power Management sehr<br />
schnell umschalten, damit die Systemspannung<br />
nicht zu weit absinkt. Bei suboptimaler<br />
Umsetzung sind große Kondensatoren<br />
erforderlich, um die Pause zu<br />
überbrücken. Kondensatoren im Milli -<br />
farad-Bereich sind jedoch nicht nur teuer,<br />
sondern benötigen auch Platz, der im mechanischen<br />
Design oft nicht eingeplant<br />
ist. Grund dafür: Das Verhalten kann erst<br />
mit dem lauffähigen Prototyp festgestellt<br />
werden. Bis dahin ist das mechanische<br />
Design meist weit fortgeschritten.<br />
Zudem müssen die Kondensatoren<br />
auch wieder geladen werden. Geschieht<br />
dies zu schnell, wird kurzzeitig mehr<br />
Energie verbraucht als im normalen Betrieb.<br />
Die muss ebenfalls berücksichtigt<br />
werden , um nicht eine Überstrombegrenzung<br />
zu triggern. Ein Hot Swap von Akkus,<br />
also ein Akku-Tausch im laufenden<br />
Betrieb, erzeugt große Stromspitzen, die<br />
durch lange Leitungen oder Filterinduktivitäten<br />
ihrerseits große Spannungsspitzen<br />
erzeugen. Ohne Varistor oder gleichwertige<br />
Schutzelemente kann die maximal zulässige<br />
Versorgungsspannung überschritten<br />
werden – mit katastrophalen Folgen.<br />
Zuverlässigkeit und Resilienz -<br />
durchdachtes Design hilft<br />
Doch auch das auf dem Papier ideale Design<br />
ist im Alltag unbrauchbar, wenn die<br />
Schaltung nach nur wenigen Jahren den<br />
Dienst versagt. Bauteile wie Akkus, Superund<br />
Elektrolytkondensatoren haben eine<br />
begrenzte Lebensdauer, die stark von der<br />
Temperatur beeinflusst wird. Zum Beispiel<br />
halbiert sich die Lebensdauer eines<br />
Superkondensators pro 10 °C höherer<br />
Temperatur. Hier hilft ein durchdachtes<br />
thermisches Design, um die kritischen<br />
Bauteile direkt mit der kühlen Umgebungsluft<br />
zu umströmen und nicht die<br />
warme Abluft von einem Prozessor oder<br />
anderen Leistungsbauteilen zu verwenden.<br />
Gerade bei Elektrolytkondensatoren<br />
kommt hinzu, dass diese für die beste<br />
Wirksamkeit möglichst nahe an einer Last<br />
wie einem DC/DC-Wandler platziert werden<br />
sollten. Erwärmt sich der DC/DC-<br />
Wandler im Betrieb, ist dieser über das<br />
PCB thermisch mit dem Kondensator verbunden,<br />
wodurch die Arbeitstemperatur<br />
des Kondensators weit über die Umgebungstemperatur<br />
ansteigen kann.<br />
Auch sollte das Design möglichst resilient<br />
gegenüber Anwenderfehlern sein. So<br />
kann es durchaus vorkommen, dass zum<br />
Beispiel verschmutzte Filtermatten nicht<br />
gereinigt oder einfach entfernt werden.<br />
Dadurch kann sich Staub und Schmutz<br />
auf der Leiterplatte ansammeln, welcher<br />
je nach Umgebung leitfähige Partikel enthält<br />
oder durch zu hohe Luftfeuchtigkeit<br />
leitfähig wird. Eine Beschichtung mit<br />
Lack für die kritischen Stellen kann hier<br />
Abhilfe schaffen.<br />
Die hier aufgezeigten Grundsätze sind<br />
nur ein selektiver Auszug aus den Anforderungen<br />
der IEC 60601-1 und den produktspezifischen<br />
Normen. Je nach Geräteklasse<br />
und Land können weitere Anforderungen<br />
hinzukommen oder wegfallen.<br />
Auf jeden Fall lohnt sich eine ausführliche<br />
Normenrecherche, bevor das Power-Management-Konzept<br />
erstellt wird. ■<br />
Stefan Zoller<br />
IMT Information Management Technology,<br />
Buchs/Schweiz<br />
Weitere Informationen<br />
Zum Schweizer Partner für die<br />
Beratung , Konzepterstellung,<br />
Produktentwicklung und<br />
Regulatory Services von<br />
innovativen Medizingeräten :<br />
www.imt.ch<br />
01/2024 medizin&<strong>technik</strong> 31