prima! Magazin – Ausgabe März 2024
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BERICHT<br />
Zwischen Scham und Verantwortung:<br />
Frau werden<br />
in einem tabuisierten Körper<br />
Mit der Pubertät sind viele Veränderungen und erste Erlebnisse verbunden. Für junge Frauen beginnt<br />
in dieser Zeit das Frauwerden <strong>–</strong> das äußerliche Erscheinungsbild ändert sich und auch die Periode<br />
wird Teil des neuen Lebens. Das sind alles Entwicklungen, mit denen sich viele Mädchen erstmals<br />
nicht ganz wohl fühlen, weil ihnen für diese Veränderung des Körpers Scham vermittelt wird. In der<br />
Schule wird gekichert und getuschelt, sobald über Sex, Verhütung und den menschlichen Körper<br />
gesprochen wird. Scham, die auch junge Männer empfinden <strong>–</strong> allerdings ist das Gespräch über all<br />
diese Themen in Verbindung mit Frauen weitaus tabuisierter. Esther Brossmann-Handler von der<br />
Frauenberatung in Hartberg-Fürstenfeld betont, wie wichtig die Enttabuisierung für das Thema<br />
Frauengesundheit ist und wie man Gespräche diesbezüglich führen kann.<br />
Saskia Kanczer<br />
Während des Unterrichts ist es auf einmal<br />
so weit: Ein junges Mädchen bekommt die<br />
Regel. Die Schülerin versucht unbemerkt<br />
eine Binde aus ihrer Tasche zu holen,<br />
zerknüllt sie ganz vorsichtig in ihrer<br />
Faust, damit auch keiner mitbekommt,<br />
was sie in der Hand hält und versteckt sie<br />
so lange, bis sie sich auf der Toilette befindet.<br />
So erleben Mädchen meist ihre ersten<br />
Momente des Frauwerdens.<br />
Foto: oneinchpunch / Shutterstock.com<br />
Das ist eine Szene aus der Realität der<br />
meisten Frauen. Obwohl laut einer<br />
Umfrage von „Statista“ mit 14 Jahren viele<br />
bereits ihre erste Regelblutung erlebt<br />
haben, wird auch später nicht offen mit<br />
dem Thema umgegangen. Erst 2021 kam<br />
die erste Werbung für Periodenprodukte<br />
vom Hersteller Always heraus, wo rote<br />
statt blaue Flüssigkeit verwendet wurde,<br />
um die Funktion einer Binde zu demonstrieren.<br />
Die Darstellung für eine natürliche<br />
Körperfunktion der Frau, die nicht<br />
realgetreu war und somit vermittelte,<br />
dass sie irgendwas verstecken müsste.<br />
„Sexualität und Gesundheit sind weiterhin<br />
Tabuthemen in unserer Gesellschaft,<br />
wovon insbesondere Frauen betroffen<br />
sind. Unabhängig vom kulturellen oder<br />
familiären Umfeld können viele Frauen<br />
oft die einfachsten Dinge, die sie belasten,<br />
nicht benennen. Da fehlt oft schon das<br />
Vokabular, zusätzlich dazu, dass sie sich<br />
Jugendliche werden, wenn es um Sexualität und Gesundheit geht, oft sich selbst überlassen. Im Wesentlichen<br />
sind Frauen von der Tabuisierung ihres Körpers und ihrer Bedürfnisse stark betroffen.<br />
nicht trauen, gewisse Anliegen offen<br />
auszusprechen“, erläutert Esther Brossmann-Handler<br />
von der Frauen- und<br />
Mädchenberatung Hartberg-Fürstenfeld.<br />
Sie erinnert sich an eine junge Frau, die<br />
nicht offen sagen konnte, dass sie ihre<br />
Periode hat und insbesondere wie sie<br />
sich fühlt, wenn sie diese hat. „Sie hat<br />
immer nur gesagt, dass „die rote Tante zu<br />
Besuch kommt“. Es hat ein paar Sitzungen<br />
gebraucht, bis sie offen sagen konnte,<br />
dass sie ihre Regel hat und diese auch mit<br />
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