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SaarLorLux Magazin Frühjahr 2024

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ich eher dazu, den Winkel in Richtung<br />

Senkrechte zu erinnern. Denn wäre er<br />

flacher gewesen, hätte ich mich mit<br />

hoher Wahrscheinlichkeit präziser an<br />

ihn erinnert“, so der Trugschluss unseres<br />

Gehirns. Dasselbe gilt für den im Beispiel<br />

erwähnten 70-Grad-Winkel: Das Gehirn<br />

schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass er<br />

flacher war, höher ein, und zwar wegen<br />

der Tatsache, dass es sich an den präzisen<br />

(und näherliegenden) 90-Grad-Winkel<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte<br />

präziser erinnern können.<br />

„Wir haben nun ein mathematisches<br />

Modell entwickelt, das die scheinbar<br />

sich widersprechenden Erwartungshaltungen<br />

erstmals erklären kann“, sagt<br />

Michael Hahn über die aktuelle Arbeit.<br />

Unterm Strich fährt das menschliche Gehirn<br />

mit dieser Strategie paradoxerweise<br />

sehr gut: „Diese Fehler passieren systematisch,<br />

weil der Mensch sich ansonsten<br />

entgegen jeder Intuition schlechter<br />

an Informationen erinnern könnte“, sagt<br />

der Computerlinguist. „Sich fehlerhaft zu<br />

erinnern, ist das Beste, was das Gehirn<br />

leisten kann!“<br />

In der Wissenschaft führt dieser sogenannte<br />

Bias-Variance-Tradeoff dazu,<br />

dass sich das Gehirn durch systematisch<br />

gemachte Fehler selbst korrigieren<br />

kann. In großen Trainingsdatensätzen<br />

für Computermodelle zum Beispiel ist<br />

ein gewisses Maß an Fehlern, mathematisch<br />

als „Rauschen“ bezeichnet, oft hilfreich,<br />

damit das System schneller lernen<br />

kann und seine Aufgaben effizienter bewältigen<br />

kann. Wäre es präziser, käme es<br />

nie auf andere Lösungswege, auf die es<br />

dank der Fehler aufmerksam wird, und<br />

würde in seinem Zustand verharren,<br />

statt sich zu verbessern.<br />

Das ist nun ein schwacher Trost für all<br />

diejenigen, die begeistert Geschichten<br />

aus ihrer Kindheit erzählen, die sich<br />

dann als falsch herausstellen, und erst<br />

recht für all diejenigen, die aufgrund<br />

einer falschen Zeugen-Erinnerung im<br />

Gefängnis sitzen.<br />

Der Menschheit im Allgemeinen hat<br />

diese Strategie aber sehr viele Vorteile<br />

gebracht.<br />

...en français<br />

Paradoxe : des erreurs de mémoire<br />

systématiques aideraient à mieux se<br />

souvenir<br />

Cela semble paradoxal : en se souvenant<br />

d’informations imprécises, le cerveau se<br />

trompe systématiquement et pourtant il<br />

en tire un avantage. Car si le cerveau était<br />

plus précis, les souvenirs seraient en moyenne<br />

moins précis. Pourquoi est-ce ainsi<br />

? Jusqu’à présent ce fait était méconnu.<br />

Aujourd'hui, deux scientifiques, Michael<br />

Hahn, professeur de linguistique informatique<br />

à l'université de la Sarre et Xuexin Wei<br />

de l'université du Texas, ont pu résoudre<br />

cette énigme. Ils peuvent désormais expliquer<br />

pourquoi la mémoire humaine n'est<br />

pas un partenaire fiable. Hahn et Wei ont<br />

abordé l'imprécision de cette sorte « d’appareil<br />

» de pensée humain, en développant<br />

un modèle mathématique qui peut expliquer<br />

ce comportement de notre mémoire.<br />

Lors de la mémorisation, le cerveau joue,<br />

pour simplifier, sur des probabilités. Le travail<br />

a été publié dans la revue spécialisée<br />

Nature Neuroscience.<br />

AFFAIRE&INVESTISSEMENT<br />

69<br />

DER HALO-<br />

EFFEKT<br />

Der Begriff „Halo“ kommt aus dem Englischen<br />

und bedeutet übersetzt „Heiligenschein“.<br />

Der Halo-Effekt beschreibt einen<br />

systematischen Urteilsfehler, bei dem<br />

ein einzelnes herausragendes Merkmal<br />

einer Person so dominant wirkt, dass<br />

andere Aspekte bei der Beurteilung unwichtig<br />

erscheinen oder gänzlich ignoriert<br />

werden.<br />

Als ein gut zu verstehendes Beispiel<br />

die Aussage: „Kleider machen Leute“?<br />

Wenn du das aus eigener Erfahrung bestätigen<br />

kannst, bist du dem Halo-Effekt<br />

begegnet. Gut gekleidete Menschen<br />

wirken kompetenter und gebildeter.<br />

Aus diesem Grund tragen z.B. Bankmitarbeiter<br />

einen Anzug oder ein Kostüm,<br />

um Kompetenz zu signalisieren. Ähnlich<br />

wie bei einem Heiligenschein, bewirkt<br />

dieser Effekt, dass eine positive Eigenschaft<br />

einer Person automatisch positiv<br />

auf andere Bereiche überstrahlt. Oder<br />

zumindest nehmen wir es so wahr.<br />

Doch hier liegt das Problem: Dieser Annahme<br />

fehlt oft eine solide Grundlage.<br />

Unsere Wahrnehmung anderer Menschen<br />

unterliegt vielen unbewussten<br />

Faktoren. Ein weit verbreiteter, systematischer<br />

Fehler in der Personenbeurteilung<br />

ist der „Halo-Effekt“. Er beschreibt<br />

unsere Neigung, von einem einzigen<br />

bekannten/sichtbaren Merkmal auf das<br />

Gesamtbild einer Person zu schließen.<br />

Man fällt also vorschnell sein (oft falsches)<br />

Urteil. Aufgrund des Halo-Effektes<br />

haben es attraktive Menschen leichter,<br />

da sie automatisch für sympathisch,<br />

kompetent und erfolgreich gehalten<br />

werden. Die „Pauschalisierung“ bei der<br />

Beurteilung kann aber auch grundlos<br />

ins Negative ausschlagen. Je schneller<br />

wir ein Urteil fällen, desto stärker kommt<br />

der Halo-Effekt zum Tragen. Nehmen Sie<br />

sich deshalb im Umgang mit anderen<br />

Menschen Zeit, sich ein differenziertes<br />

Bild von ihnen zu machen. Umgekehrt<br />

können Sie bei einem Vorstellungsgespräch<br />

oder beim ersten Date bewusst<br />

gegensteuern, wenn Sie wissen, nach<br />

welchen Kriterien Ihr Gegenüber Sie<br />

vielleicht vorschnell beurteilt. So werden<br />

häufig fachlich kompetente Mitarbeitende<br />

in Führungspositionen befördert,<br />

weil sie in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich<br />

brillieren und somit in eine Position<br />

gelangen, für die sie möglicherweise<br />

nicht geeignet sind.<br />

Somit darf man festhalten, dass der<br />

Begriff Halo-Effekt den Umstand beschreibt,<br />

dass ein positives Merkmal<br />

einer Person zu einer verzerrten Wahrnehmung<br />

bezüglich der anderen Eigenschaften<br />

führt.<br />

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