RE KW 16
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AUS ALTEN TAGEN<br />
Wie es begann<br />
Hildebert Knittel, Gründer des Außferner Boten – ein Portrait. Ein Blick in die Vergangenheit der RUNDSCHAU Reutte<br />
Nicht nur die Mitarbeiterinnen der RUNDSCHAU sind am neuen<br />
Standort im Innovationszentrum in Pflach eingezogen, auch der<br />
„Gründervater“ der Regionalzeitung, Hildebert Knittel, hat dort eine<br />
würdige Bleibe gefunden. Das großformatige Portrait von ihm, das<br />
sich im Besitz des Museums im Grünen Haus befindet und nun als<br />
Leihgabe in den neuen Räumlichkeiten der RUNDSCHAU zu bewundern<br />
ist, erzählt eine faszinierende Geschichte. Durch die Hand<br />
des Malers Hans Olschowski im Jahre 1926 entstanden, präsentiert<br />
das Bild einen markanten Ausschnitt aus der Lebensgeschichte einer<br />
bedeutenden Persönlichkeit der Region.<br />
Von Mag. Birgit Maier-Ihrenberger<br />
und Sonja Kofelenz<br />
Das runde Gemälde ist kunstvoll in<br />
einen achteckigen Rahmen eingefasst<br />
und zieht die Aufmerksamkeit des Betrachters<br />
sofort auf sich. Im Zentrum<br />
des Bildes sitzt Hildebert Knittel, eine<br />
charismatische Figur, die den Betrachter<br />
mit intensivem Blick ansieht. Seine<br />
Haltung ist entspannt, die Füße lässig<br />
übereinandergeschlagen, während er<br />
eine Zeitung in den Händen hält. Sein<br />
schwarzer Anzug und die Krawatte<br />
verleihen ihm eine elegante Erscheinung,<br />
die von seinem selbstbewussten<br />
Auftreten unterstrichen wird. Der Titel<br />
der Zeitung ist eindeutig zu lesen. Es<br />
ist der „Außferner Bote“. Im Hintergrund<br />
erstreckt sich eine imposante<br />
Balustrade, die dem Bild eine gewisse<br />
Majestät verleiht. Ein schwerer grüner<br />
Vorhang dominiert die rechte Bildhälfte<br />
und vermittelt etwas Intimität für den<br />
Raum. Durch das Fenster bietet sich<br />
dem Betrachter ein Ausblick auf Reutte<br />
von Norden aus. Die Rochuskapelle<br />
im Vordergrund und die Silhouette des<br />
Thanellers im Hintergrund vervollständigen<br />
die Szenerie und verleihen dem<br />
Gemälde eine eindrucksvolle Atmosphäre.<br />
DIE ZENTRALE FIGUR HILDE-<br />
BERT KNITTEL. Hildebert Knittel,<br />
geboren am 31. Oktober 1893 in Holzgau<br />
und verstorben am 10. Juni 1974 in<br />
Wien, war eine herausragende Persönlichkeit<br />
seiner Zeit, sein Leben geprägt<br />
von Vielseitigkeit, Unternehmergeist<br />
und politischem Engagement. Knittel<br />
entschied sich für den Beruf des Uhrmachers<br />
und eröffnete eine eigene<br />
Uhrenwerkstätte und einen Laden. Sein<br />
Geschäftssinn und seine Entschlossenheit<br />
führten dazu, dass er im Jahr 1918<br />
sein Geschäft in das Grüne Haus im<br />
Untermarkt verlegte und sich so einen<br />
festen Platz im Geschäftsleben Reuttes<br />
sicherte. Doch Knittels unternehmerische<br />
Ambitionen beschränkten sich<br />
1925 gründete Knittel die Außferner<br />
Autogesellschaft und etablierte mit<br />
dieser eine erste direkte kursähnliche<br />
Autoverbindung zwischen Reutte<br />
und Innsbruck.<br />
nicht nur auf den Uhrenhandel. Im Jahr<br />
1921 erwarb er die Außferner Druckerei<br />
mit dem Ziel, eine eigene Zeitung<br />
für das Außerfern herauszugeben. Die<br />
erste Ausgabe des „Außferner Boten“<br />
erschien am 15. Mai 1922 und markierte<br />
den Beginn einer neuen Ära in<br />
der regionalen Medienlandschaft. Der<br />
„Außferner Bote“ war der Vorläufer der<br />
„Außerferner Nachrichten“, die von der<br />
Oberländer RUNDSCHAU übernommen<br />
wurden. Zusätzlich zu seinen geschäftlichen<br />
Unternehmungen betrieb<br />
Knittel kurzzeitig auch einen Geldwechsel<br />
und gründete 1925 gemeinsam<br />
mit seinem Schwager, Rechtsanwalt Dr.<br />
Hermann Stern, und seinem Bruder<br />
Othmar die Außferner Auto GesmbH.<br />
Diese Unternehmung war wegweisend<br />
für die Region, da sie die erste direkte<br />
kursmäßige Autoverbindung zwischen<br />
Reutte und Innsbruck etablierte. Hildebert<br />
Knittel betätigte sich auch politisch.<br />
Bei der Gemeinderatswahl für die<br />
Periode 1922–1927 trat er für die Parteilose<br />
Bürgerpartei an und wurde erfolgreich<br />
in den Gemeinderat gewählt.<br />
DER MALER. Das Gemälde ist das<br />
Werk des Malers Hans Olschowski,<br />
Hildebert Knittel gründete 1922 den Außferner Boten, den Vorläufer der Außerferner<br />
Nachrichten. RS-Foto: Kofelenz<br />
Ab 1918 betrieb Hildebert Knittel im Grünen Haus in Reutte eine Uhrmacherwerkstatt<br />
mit Geschäft.<br />
Fotos: Birgit Maier-Ihrenberger<br />
der das Porträt im Jahr 1926 geschaffen<br />
hat. Die Signatur des Künstlers, „Hans<br />
Olschowski/1926“, ist deutlich auf dem<br />
Bild zu erkennen. Leider sind über den<br />
Maler selbst und die Umstände der Entstehung<br />
des Porträts nur spärliche Informationen<br />
vorhanden. Eine Ausgabe des<br />
„Außferner Boten“ erwähnt lediglich<br />
einen Maler namens Hans Orschorski,<br />
der einige Bilder in Reuttener Gaststuben<br />
schuf.<br />
DIE GESCHICHTE HINTER DEM<br />
BILD. Das Gemälde befand sich bis vor<br />
Kurzem in der „Knittelvilla“ und wur-<br />
de von den Besitzern dem Museum im<br />
Grünen Haus als Geschenk überlassen.<br />
Nun wird es als Leihgabe in den Räumlichkeiten<br />
der RUNDSCHAU Reutte<br />
präsentiert, als Erinnerung an eine bedeutende<br />
Ära der regionalen Zeitung.<br />
Die RUNDSCHAU bedankt sich beim<br />
Leihgeber, dem Museumsverein des Bezirkes<br />
Reutte.<br />
(Quelle: Dr. Richard Lipp: Reutte von<br />
1918 bis 1938 – Schicksalsjahre zwischen<br />
den Weltkriegen, Reutte, 2013. Sammlung<br />
Dr. Norbert Syrow, Studienbibliothek<br />
Reutte.)<br />
RUNDSCHAU Seite 36 17./18. April 2024