ist das erlaubt? pressefreiheit in deutschland. - Politikorange.de
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17 frei* / W<strong>in</strong>ter 2008 schülerzeitung<br />
GUTER RAT FÜR<br />
SCHÜLERZEITUNGSREDAKTEURE<br />
Sieben Fragen an Johannes Weberl<strong>in</strong>g. Der Berl<strong>in</strong>er Rechtsanwalt<br />
<strong>ist</strong> Spezial<strong>ist</strong> für Presserecht. Von Holger Kulick<br />
E<strong>in</strong> Schülerzeitungsredakteur nimmt Fotos<br />
mit Schülern auf <strong>de</strong>m Schulhof o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>er<br />
Klassenfete auf und will sie veröffentlichen.<br />
Wer muss wann um Erlaubnis gefragt<br />
wer<strong>de</strong>n und müssen die, die ke<strong>in</strong>e Erlaubnis<br />
gegeben haben, e<strong>in</strong>en schwarzen Gesichtsbalken<br />
o<strong>de</strong>r Pixel erhalten?<br />
Gem. § 22 Kunsturhebergesetz<br />
(KUG) dürfen Bildnisse nur mit E<strong>in</strong>willigung<br />
<strong>de</strong>s Abgebil<strong>de</strong>ten verbreitet<br />
o<strong>de</strong>r öffentlich zur Schau gestellt<br />
wer<strong>de</strong>n. Das be<strong>de</strong>utet, daß je<strong>de</strong>r<br />
Abgebil<strong>de</strong>te vor <strong>de</strong>r Veröffentlichung<br />
gefragt wer<strong>de</strong>n muß, ob er damit<br />
e<strong>in</strong>verstan<strong>de</strong>n <strong>ist</strong>, <strong>das</strong>s se<strong>in</strong> Bild <strong>in</strong><br />
dieser Art und Weise veröffentlicht<br />
wird. Die E<strong>in</strong>willigung <strong>in</strong> die Veröffentlichung<br />
kann sich aber auch aus<br />
schlüssigem Verhalten ergeben, so<br />
beispielsweise wenn die fotografierte<br />
Person für die Kamera posiert, Kußhän<strong>de</strong><br />
verteilt o<strong>de</strong>r ähnliches.<br />
Wer se<strong>in</strong>e vorherige E<strong>in</strong>willigung<br />
zur Veröffentlichung nicht ausdrücklich<br />
erteilt, muss unkenntlich<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Ke<strong>in</strong>er <strong>in</strong> De<strong>in</strong>er Schülerzeitungs-Redaktion<br />
<strong>ist</strong> schon volljährig. Muss dann e<strong>in</strong> Lehrer<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Direktor für e<strong>in</strong>e Schülerzeitung<br />
presserechtlich verantwortlich zeichnen?<br />
Schülerzeitungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Regel<br />
Druckerzeugnisse und erfüllen so<br />
<strong>de</strong>n Rechtsbegriff <strong>de</strong>r Presse. Daher<br />
gilt <strong>das</strong> Grundrecht <strong>de</strong>r Pressefreiheit<br />
nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG<br />
auch für Schülerzeitungen, die nur<br />
von Schülern ohne Beteiligung <strong>de</strong>r<br />
Schule erarbeitet wer<strong>de</strong>n. Da die<br />
Pressefreiheit e<strong>in</strong> Grundrecht <strong>ist</strong>, <strong>das</strong><br />
für je<strong>de</strong>rmann gilt, schützt sie auch<br />
Schüler, die noch m<strong>in</strong><strong>de</strong>rjährig s<strong>in</strong>d.<br />
Die Lan<strong>de</strong>spressegesetze erkennen<br />
diesen Grundsatz an und sehen <strong>de</strong>shalb<br />
vor, <strong>das</strong>s bei <strong>de</strong>r Herausgabe von<br />
periodisch ersche<strong>in</strong>en<strong>de</strong>n Schülerzeitungen<br />
durch m<strong>in</strong><strong>de</strong>rjährige Schüler<br />
<strong>de</strong>r verantwortliche Redakteur nicht<br />
volljährig se<strong>in</strong> muß. Schüler dürfen<br />
also <strong>in</strong> Eigenverantwortung e<strong>in</strong>e<br />
Schülerzeitung herausgeben und es<br />
bedarf ke<strong>in</strong>es presserechtlich verantwortlichen<br />
Lehrers.<br />
De<strong>in</strong>e Schülerzeitung erzählt Uns<strong>in</strong>n über<br />
Dich. Gibt es auch für von Berichterstattung<br />
betroffene Schüler o<strong>de</strong>r Lehrer e<strong>in</strong> Gegendarstellungsrecht<br />
o<strong>de</strong>r könntest Du sogar<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatz beanspruchen?<br />
Grundsätzlich steht <strong>das</strong> Gegendarstellungsrecht<br />
je<strong>de</strong>m zu, <strong>de</strong>r durch<br />
e<strong>in</strong>e Darstellung <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Presse betroffen<br />
<strong>ist</strong>. Da auch e<strong>in</strong>e Schülerzeitung<br />
e<strong>in</strong> Druckerzeugnis und damit<br />
e<strong>in</strong> Teil <strong>de</strong>r Presse <strong>ist</strong>, gelten die<br />
Grundsätze für die Gegendarstellung<br />
auch hier. Betroffen <strong>ist</strong> je<strong>de</strong>r, <strong>in</strong><br />
<strong>de</strong>ssen Interessensphäre durch e<strong>in</strong>e<br />
Tatsachenbehauptung (nicht durch<br />
Me<strong>in</strong>ungsäußerungen!) unmittelbar<br />
o<strong>de</strong>r mittelbar e<strong>in</strong>gegriffen wird und<br />
<strong>de</strong>r dadurch <strong>in</strong>dividuell berührt<br />
wird. Dabei <strong>ist</strong> e<strong>in</strong>e ausdrücklich<br />
namentliche Kennzeichnung nicht<br />
erfor<strong>de</strong>rlich. Es reicht vielmehr aus,<br />
wenn e<strong>in</strong>e nicht unbeträchtliche<br />
Anzahl unbefangener Leser die<br />
Meldung mit e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Person <strong>in</strong> Beziehung setzen kann.<br />
Die genauen Voraussetzungen für<br />
e<strong>in</strong>e Gegendarstellung s<strong>in</strong>d von<br />
Bun<strong>de</strong>sland zu Bun<strong>de</strong>sland verschie<strong>de</strong>n<br />
und f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich im jeweiligen<br />
Lan<strong>de</strong>spressegesetz (alle zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n<br />
unter www.presserecht.<strong>de</strong>).<br />
Bei e<strong>in</strong>er sehr schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung<br />
kann ausnahmsweise<br />
auch e<strong>in</strong> Anspruch auf<br />
Gel<strong>de</strong>ntschädigung bestehen, wenn<br />
e<strong>in</strong>e Genugtuung <strong>de</strong>s Opfers auf<br />
an<strong>de</strong>re Weise nicht zu erlangen <strong>ist</strong>.<br />
Unabhängig davon besteht e<strong>in</strong><br />
Anspruch auf Scha<strong>de</strong>nersatz, wenn<br />
<strong>de</strong>m Betroffenen durch die Berichterstattung<br />
e<strong>in</strong> wirtschaftlicher<br />
Scha<strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n <strong>ist</strong>. Er setzt e<strong>in</strong><br />
Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verletzers voraus.<br />
Dies <strong>ist</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re gegeben, wenn<br />
er gegen die journal<strong>ist</strong>ischen Sorgfaltspflichten<br />
(dazu mehr bei Frage 5)<br />
verstoßen hat. Dabei genügt bereits<br />
leichte Fahrlässigkeit.<br />
Eure Schülerzeitung soll (auch) onl<strong>in</strong>e<br />
ersche<strong>in</strong>en. Wie sicherst du Dich gegen <strong>de</strong>n<br />
copy & paste-Text-Klau? O<strong>de</strong>r lässt sich im<br />
Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> dagegen vorgehen?<br />
E<strong>in</strong>en sicheren Schutz gegen <strong>das</strong><br />
wi<strong>de</strong>rrechtliche Kopieren von Textteilen<br />
gibt es nicht. Ratsam <strong>ist</strong> es aber,<br />
bereits auf <strong>de</strong>r Homepage darauf<br />
h<strong>in</strong>zuweisen, daß die Texte urheberrechtlich<br />
geschützt s<strong>in</strong>d und <strong>das</strong>s<br />
e<strong>in</strong>e Verwendung <strong>de</strong>r Texte ohne die<br />
E<strong>in</strong>willigung <strong>de</strong>s Urhebers zum Zwecke<br />
<strong>de</strong>r Vervielfältigung, Verbreitung<br />
o<strong>de</strong>r öffentlichen Wie<strong>de</strong>rgabe sogar<br />
strafbar <strong>ist</strong> und mit Freiheitsstrafe bis<br />
zu drei Jahren o<strong>de</strong>r mit Geldstrafe<br />
geahn<strong>de</strong>t wird (§ 106 UrhG).<br />
Wenn bereits Textstellen unzulässigerweise<br />
übernommen wor<strong>de</strong>n<br />
s<strong>in</strong>d, bietet <strong>das</strong> Urheberrechtsgesetz<br />
Schutz, <strong>das</strong> e<strong>in</strong>en Anspruch auf<br />
Unterlassung und Scha<strong>de</strong>nersatz für<br />
solche Fälle vorsieht (§ 97 UrhG).<br />
In strafrechtlicher H<strong>in</strong>sicht kann<br />
<strong>de</strong>r Text-Dieb wegen un<strong>erlaubt</strong>er<br />
Verwertung urheberrechtlich geschützter<br />
Werke angezeigt wer<strong>de</strong>n.<br />
De<strong>in</strong>e Schülerzeitung will mit e<strong>in</strong>er Recherchestory<br />
e<strong>in</strong> ortsansässiges Unternehmen<br />
o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelperson ‚anpissen‘, weil Du etwas<br />
Negatives über sie herausgefun<strong>de</strong>n hast.<br />
Was musst Du dabei unbed<strong>in</strong>gt beachten?<br />
Wichtig <strong>ist</strong>, <strong>das</strong>s die journal<strong>ist</strong>ischen<br />
Sorgfaltspflichten e<strong>in</strong>gehalten wer<strong>de</strong>n.<br />
Diese s<strong>in</strong>d vor allem die Pflicht zur<br />
Wahrheit, die Pflicht zur Sachlichkeit<br />
und die Pflicht zur Güterabwägung.<br />
Der Wahrheitspflicht <strong>ist</strong> genügt,<br />
wenn <strong>de</strong>r Autor alle Nachrichten vor<br />
ihrer Verbreitung auf ihre Wahrheit<br />
h<strong>in</strong> überprüft. Bei zweifelhaften Sachverhalten<br />
o<strong>de</strong>r Quellen s<strong>in</strong>d Rückfragen<br />
beim Betroffenen unabd<strong>in</strong>glich.<br />
Dem Betroffenen <strong>ist</strong> grundsätzlich<br />
vor <strong>de</strong>r Veröffentlichung die Möglichkeit<br />
zur Stellungnahme zu geben.<br />
Der Pflicht zur Sachlichkeit <strong>ist</strong><br />
genügt, wenn die Veröffentlichung<br />
nicht von unsachlichen Momenten<br />
wie Sensationsgier, Konkurrenzneid<br />
o<strong>de</strong>r persönliche Gegnerschaft getragen,<br />
son<strong>de</strong>rn ausschließlich von<br />
sachlichen Erwägungen geleitet <strong>ist</strong>.<br />
Außer<strong>de</strong>m besteht die Pflicht zur<br />
Güterabwägung, da <strong>de</strong>m Recht<br />
auf Pressefreiheit <strong>das</strong> Recht auf<br />
Schutz <strong>de</strong>r Persönlichkeit und <strong>de</strong>r<br />
Ehre gleichwertig gegenüber steht.<br />
Vor je<strong>de</strong>r Veröffentlichung muss<br />
<strong>de</strong>shalb überprüft wer<strong>de</strong>n, ob e<strong>in</strong><br />
„Öffentlichkeitswert“ <strong>de</strong>r Mitteilung<br />
gegeben <strong>ist</strong>. Dies <strong>ist</strong> immer dann zu<br />
bejahen, wenn die Berichterstattung<br />
über Bezüge zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelperson<br />
h<strong>in</strong>ausgeht und e<strong>in</strong>e Thematik von<br />
großer Tragweite für <strong>das</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsleben<br />
anspricht. Aber selbst<br />
wenn <strong>de</strong>r Öffentlichkeitswert gegeben<br />
<strong>ist</strong>, muß <strong>de</strong>r Journal<strong>ist</strong> abwägen,<br />
ob im E<strong>in</strong>zelfall <strong>das</strong> Informations<strong>in</strong>teresse<br />
<strong>de</strong>r Öffentlichkeit o<strong>de</strong>r die<br />
<strong>de</strong>m Betroffenen durch die Veröffentlichung<br />
drohen<strong>de</strong> Persönlichkeitsrechtsbee<strong>in</strong>trächtigung<br />
vorgeht. Ist<br />
die Persönlichkeitsrechtsverletzung<br />
schwerwiegend, weil die Privat- o<strong>de</strong>r<br />
Intimsphäre verletzt wird, so hat die<br />
Veröffentlichung zu unterbleiben.<br />
Bei Sachverhalten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Sozialsphäre,<br />
also <strong>de</strong>r Öffentlichkeit <strong>ist</strong> die Veröffentlichung<br />
grundsätzlich zulässig.<br />
Eurer Schulleitung passt die Ausgabe e<strong>in</strong>er<br />
Schülerzeitung nicht. Kann sie verbieten,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Heft an <strong>de</strong>r Schule verteilt<br />
wird? O<strong>de</strong>r könnte sie darauf bestehen,<br />
<strong>das</strong>s e<strong>in</strong>zelne Seiten geschwärzt wer<strong>de</strong>n<br />
müssen, um zur Verteilung zugelassen<br />
zu wer<strong>de</strong>n?<br />
Aus <strong>de</strong>m absoluten Zensurverbot<br />
<strong>de</strong>s Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG<br />
folgt grundsätzlich e<strong>in</strong> Verbot für<br />
die Schulverwaltung zur Zensur<br />
von Schülerzeitungen. Die <strong>de</strong>r<br />
Schülerzeitung zustehen<strong>de</strong> Pressefreiheit<br />
unterliegt jedoch auch<br />
Schranken. Diese ergeben sich<br />
beispielsweise aus <strong>de</strong>n schulgesetzlichen<br />
Vorschriften. E<strong>in</strong> Blick<br />
<strong>in</strong> die Schulordnung gibt <strong>de</strong>shalb<br />
Aufschluß darüber, ob die Schule<br />
gegebenenfalls e<strong>in</strong>e Verteilung<br />
unterb<strong>in</strong><strong>de</strong>n könnte.<br />
Da die Schulordnung jedoch nur<br />
für <strong>das</strong> Schulgelän<strong>de</strong> gilt, ließe sich<br />
je<strong>de</strong>nfalls auch darüber nach<strong>de</strong>nken,<br />
die Schülerzeitung außerhalb <strong>de</strong>s<br />
Schulgelän<strong>de</strong>s zu verbreiten.<br />
Brauchen Schülerzeitungen o<strong>de</strong>r ihre Redakteure<br />
für solche Fälle e<strong>in</strong>e (beson<strong>de</strong>re)<br />
Haftpflichtversicherung o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>en Rechtsschutz?<br />
Und gibt es für Schülerzeitungsredakteure<br />
preiswerte Anwalts-Son<strong>de</strong>rtarife,<br />
wenn sie im Ernstfall e<strong>in</strong>mal jur<strong>ist</strong>ischen<br />
Rat brauchen?<br />
E<strong>in</strong>e spezielle Haftpflicht- o<strong>de</strong>r<br />
Rechtsschutzversicherung gibt es<br />
nach me<strong>in</strong>er Kenntnis für Schülerzeitungen<br />
nicht. Selbst wenn die<br />
e<strong>in</strong>zelnen Redaktionsmitglie<strong>de</strong>r<br />
e<strong>in</strong>e private Versicherung haben<br />
sollten, <strong>ist</strong> die Haftung für presserechtliche<br />
Scha<strong>de</strong>nsfälle üblicherweise<br />
ausgeschlossen.<br />
E<strong>in</strong> anwaltlicher Son<strong>de</strong>rtarif für<br />
Schülerzeitungsredakteure <strong>ist</strong> gesetzlich<br />
nicht vorgesehen. Da sich<br />
Rechtsanwälte an die gesetzlichen<br />
Gebührenregelungen halten müssen,<br />
können sie grundsätzlich auch<br />
nicht selbst e<strong>in</strong>en Son<strong>de</strong>rtarif für<br />
Schülerzeitungsredakteure festsetzen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs kann <strong>das</strong> Honorar für<br />
die außergerichtliche Beratung frei<br />
verhan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Anwalt Johannes<br />
Weberl<strong>in</strong>g zu Besuch <strong>in</strong><br />
<strong>de</strong>r po-Redaktion