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ist das erlaubt? pressefreiheit in deutschland. - Politikorange.de

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ausland<br />

W<br />

ährend die e<strong>in</strong>en Karikatur-Kartoffeln<br />

aus ihnen<br />

machen, wollen diese die<br />

an<strong>de</strong>ren kle<strong>in</strong> halten und aus ihnen<br />

Püree machen. Die e<strong>in</strong>en, <strong>das</strong> s<strong>in</strong>d<br />

die Journal<strong>ist</strong>en <strong>de</strong>r Berl<strong>in</strong>er „Tageszeitung“<br />

(taz). Die an<strong>de</strong>ren, <strong>das</strong><br />

s<strong>in</strong>d <strong>de</strong>r polnische Präsi<strong>de</strong>nt Lech<br />

Kacz<strong>in</strong>sky und se<strong>in</strong> im Oktober<br />

2007 abgewählter Bru<strong>de</strong>r, M<strong>in</strong><strong>ist</strong>erpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Jaroslaw Kaczy<strong>in</strong>ski.<br />

Wir er<strong>in</strong>nern uns: Die taz-Satire<br />

„Polens neue Kartoffel – Schurken,<br />

die die Welt beherrschen wollen“<br />

vom Sommer 2006 hatte <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

Betroffenen <strong>de</strong>rart auf <strong>de</strong>n Magen geschlagen,<br />

<strong>das</strong>s sie jur<strong>ist</strong>ische Maßnahmen<br />

e<strong>in</strong>leiteten. Und <strong>das</strong>, obwohl <strong>de</strong>r<br />

Artikel klar als Satire gekennzeichnet<br />

war. Dass <strong>das</strong> polnische Presserecht<br />

jedoch Karikaturen und Satiren<br />

schützt (Artikel 41), h<strong>in</strong><strong>de</strong>rte die<br />

Zwill<strong>in</strong>ge nicht: Sie sahen ihre Ehre<br />

bedroht und zogen statt<strong>de</strong>ssen gleich<br />

<strong>das</strong> Strafgesetzbuch heran – Artikel<br />

135 bestraft Beleidigung <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>nten<br />

mit bis zu drei Jahren Haft.<br />

Die Kaczy<strong>in</strong>ski-Brü<strong>de</strong>r g<strong>in</strong>gen<br />

aber nicht nur auf kritische ausländische,<br />

son<strong>de</strong>rn auch auf Medien<br />

aus <strong>de</strong>m eigenen Land vor. Als<br />

etwa e<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>ke Wochenzeitung<br />

<strong>de</strong>n verstorbenen Papst Johannes<br />

Paul II als „Breschnew <strong>de</strong>s Vatikans“<br />

bezeichnete, veranlassten die bei<strong>de</strong>n<br />

rechtliche Konsequenzen. Und auch<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Wahlnacht vom 21. Oktober<br />

2007, als M<strong>in</strong><strong>ist</strong>erpräsi<strong>de</strong>nt Jaroslaw<br />

Kaczy<strong>in</strong>ski erkennen musste, mit<br />

se<strong>in</strong>er rechtskonservativen Partei<br />

PiS die Parlaments-Wahlen verloren<br />

zu haben, kannte er ke<strong>in</strong>e Selbstkritik<br />

– und bediente sich lieber e<strong>in</strong>er<br />

munteren Medienschelte.<br />

Das geme<strong>in</strong>schaftliche Kaczy<strong>in</strong>ski-Rezept<br />

funktionierte so: Viele<br />

Köche ver<strong>de</strong>rben <strong>de</strong>n Brei. Doch<br />

für die tägliche Berichterstattung<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Menge Journal<strong>ist</strong>en<br />

nötig. Da <strong>ist</strong> es besser, wenn diese<br />

zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st <strong>de</strong>r gleichen Cuis<strong>in</strong>e<br />

angehören und die Politik <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n Kaczy<strong>in</strong>ski-Brü<strong>de</strong>r entsprechend<br />

garnieren, <strong>das</strong> heißt, <strong>de</strong>n<br />

polnischen Bürgern als Schmankerl<br />

auftischen. So hat <strong>de</strong>r Radiosen<strong>de</strong>r<br />

„Radio Maria“ <strong>de</strong>n Wahlkampf <strong>de</strong>s<br />

Präsi<strong>de</strong>nten maßgeblich positiv<br />

bee<strong>in</strong>flusst, wofür er auch kritisiert<br />

wur<strong>de</strong>. Ihm wird unter an<strong>de</strong>rem<br />

vorgeworfen, <strong>de</strong>n antieuropäischen<br />

Kurs <strong>de</strong>s Duos zu för<strong>de</strong>rn.<br />

Wer da nicht mitzieht lei<strong>de</strong>t.<br />

So auch Pawel Dabrowski. Der<br />

Informationschef <strong>de</strong>s polnischen<br />

frei?* / W<strong>in</strong>ter 2008<br />

AUF DEM SCHNEIDEBRETT<br />

Auch im <strong>de</strong>utschen Nachbarland Polen r<strong>in</strong>gen die Leute<br />

noch um die Freiheit <strong>de</strong>r Presse. Von Magdalena Fröhlich<br />

Außenm<strong>in</strong><strong>ist</strong>eriums hatte die besagte<br />

taz-Satire <strong>in</strong> die Presseschau<br />

aufgenommen. Die Folge: Er wur<strong>de</strong><br />

auf <strong>de</strong>r Stelle entlassen.<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>n öffentlich-rechtlichen<br />

Fernseh- und Radiosen<strong>de</strong>rn wur<strong>de</strong><br />

bereits zuvor e<strong>in</strong> radikaler Personalwechsel<br />

veranlasst. Prompt gab es fast<br />

nur noch Programmchefs mit e<strong>in</strong>em<br />

Parteibuch ihrer rechtsnationalen<br />

Partei PiS, Recht und Gerechtigkeit.<br />

Dies <strong>ist</strong> klarer Rechtsbruch und e<strong>in</strong>e<br />

Beschneidung <strong>de</strong>r Pressefreiheit.<br />

zwangsversetzte<br />

hörfunkjournalIsten<br />

Statt kritischer Programmchefs und<br />

objektiver Berichterstattung <strong>in</strong>formierten<br />

nun PiS-treue Journal<strong>ist</strong>en<br />

die Bevölkerung – mit entsprechen<strong>de</strong>r<br />

<strong>in</strong>haltlicher Ten<strong>de</strong>nz. Und<br />

mehr: Zirka 300 Rundfunk-Journal<strong>ist</strong>en<br />

blickten nach Me<strong>in</strong>ung <strong>de</strong>r<br />

Regierung zu tief <strong>in</strong> die politischen<br />

Töpfe und wur<strong>de</strong>n durch parteikonforme<br />

Reporter ersetzt. Wer<br />

Informationen verbreitete, die <strong>de</strong>n<br />

Zwill<strong>in</strong>gen nicht passten, wur<strong>de</strong><br />

mundtot gemacht.<br />

Auch vor <strong>de</strong>m Fotojournalismus<br />

machten die Zwill<strong>in</strong>ge nicht Halt:<br />

Das Presseamt von M<strong>in</strong><strong>ist</strong>erpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Jaroslaw Kaczy<strong>in</strong>ski gab etwa<br />

e<strong>in</strong>e Richtl<strong>in</strong>ie heraus, mit <strong>de</strong>r es<br />

Bildreportern untersagt wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n<br />

Politiker von <strong>de</strong>r Seite zu fotografieren<br />

– bis die Richtl<strong>in</strong>ie wie<strong>de</strong>r<br />

gestrichen wur<strong>de</strong>. E<strong>in</strong>e Aktion, die<br />

H<strong>in</strong>ter Fassa<strong>de</strong>n gucken, e<strong>in</strong> ureigentlicher Auftrag <strong>de</strong>r Presse als vierten Gewalt.<br />

Doch nicht überall wird <strong>das</strong> gerne gesehen. Vor allem wenn die Fassa<strong>de</strong>nbauer Regierungen s<strong>in</strong>d.<br />

<strong>de</strong>r Regierungschef auch noch zum<br />

Anlass nahm, zu behaupten, <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Land f<strong>in</strong><strong>de</strong> ja ke<strong>in</strong>e Fotozensur<br />

statt.<br />

Dass die Pressefreiheit <strong>in</strong> Polen<br />

massiv e<strong>in</strong>geschränkt wird, zeigt<br />

<strong>das</strong> aktuelle Rank<strong>in</strong>g <strong>de</strong>r Organisation<br />

„Reporter ohne Grenzen“:<br />

Das osteuropäische Land belegte<br />

<strong>de</strong>n niedrigsten Platz aller europäischen<br />

Län<strong>de</strong>r.<br />

Dabei mangelt es nicht an gesetzliche<br />

Grundlagen, son<strong>de</strong>rn<br />

vielmehr an e<strong>in</strong>er Kluft zwischen<br />

Verfassungsnorm und Verfassungsrealität.<br />

Chr<strong>ist</strong>ian Möller vom Büro<br />

<strong>de</strong>s Beauftragen <strong>de</strong>r OSZE für die<br />

Freiheit <strong>de</strong>r Medien sagt dazu: „Zunächst<br />

<strong>ist</strong> es natürlich wichtig, <strong>das</strong>s<br />

es e<strong>in</strong>en entsprechen<strong>de</strong>n Gesetzestext<br />

zur Pressefreiheit gibt. Dieser<br />

26<br />

<strong>ist</strong> auch <strong>in</strong> Polen gewährle<strong>ist</strong>et. Die<br />

Auslegung e<strong>in</strong>es solchen <strong>ist</strong> jedoch<br />

immer etwas an<strong>de</strong>res. Es <strong>ist</strong> generell<br />

schwierig, genaue Bestimmungen<br />

zur Pressefreiheit festzulegen, da<br />

es sich stets um <strong>in</strong>haltliche D<strong>in</strong>ge<br />

han<strong>de</strong>lt und es problematisch <strong>ist</strong>,<br />

exakte Def<strong>in</strong>itionen zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n.“<br />

Außer<strong>de</strong>m we<strong>ist</strong> Möller darauf<br />

h<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s die Ex<strong>ist</strong>enz e<strong>in</strong>er entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Zivilgesellschaft, die<br />

h<strong>in</strong>ter <strong>de</strong>n Werten <strong>de</strong>r Demokratie<br />

steht, von enormer Be<strong>de</strong>utung sei.<br />

Dass die Demokratie <strong>in</strong> Polen<br />

wach <strong>ist</strong>, hat <strong>das</strong> Wahlergebnis<br />

2007 gezeigt. Die PiS sackte auf<br />

32 Prozent. Der eher unauffällige<br />

Kaczy<strong>in</strong>ski-Herausfor<strong>de</strong>rer Tusk<br />

erreichte h<strong>in</strong>gegen 42 Prozent mit<br />

<strong>de</strong>r Bürgerplattform und wur<strong>de</strong><br />

neuer Premierm<strong>in</strong><strong>ist</strong>er.<br />

Den For<strong>de</strong>rung nach freien Medien<br />

schlossen sich mehrere tausend<br />

Menschen <strong>in</strong> diversen Kundgebungen<br />

an – Polen g<strong>in</strong>g für die<br />

Pressefreiheit auf die Straße – und<br />

zur Wahl. E<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r Folgen auch über<br />

Polens Grenzen h<strong>in</strong>aus: Die Klage<br />

<strong>de</strong>r Kacz<strong>in</strong>ski-Brü<strong>de</strong>r gegen die taz<br />

wur<strong>de</strong> e<strong>in</strong>gestellt.

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