Tierleid - Problemhundtherapie in NRW
Tierleid - Problemhundtherapie in NRW
Tierleid - Problemhundtherapie in NRW
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Vermischtes<br />
fälligem Verhalten und leichter sowie<br />
mittlerer Aggression beschäftigt als die<br />
Mädchen (auffällig: U=19, p=0,004;<br />
leichte Aggression: U=30,5, p=0,032;<br />
mittlere Aggression: U=27,5, p=0,015).<br />
Die grundsätzlichen geschlechtlichen<br />
Unterschiede im Verhalten blieben<br />
während der Experimentierphase (Hund<br />
anwesend) unverändert. Die Jungen<br />
zeigten immer noch erheblich mehr<br />
auffälliges Verhalten (Mann-Whitney<br />
U=24, p=0,011), mehr motorisches<br />
Spielen (U=29, p=0,026), sowie leichte<br />
(U=21, p=0,006) und mittlere Ag gres -<br />
sion (U=30, p=0,008) als die Mädchen,<br />
obwohl der Hund größtenteils das Ver -<br />
halten der Jungen bee<strong>in</strong>flusste (siehe<br />
oben).<br />
Diskussion<br />
Soziale Integration über den<br />
Hund<br />
Die meisten der beobachteten K<strong>in</strong>der<br />
kamen aus Familien, welche erst kürzlich<br />
nach Österreich emigrierten (siehe<br />
Hergovich et al. 2002) und sich immer<br />
noch Sprach-Problemen gegenüber<br />
sahen. Daher ist es ke<strong>in</strong>e Überraschung,<br />
dass das <strong>in</strong>dividuelle Verhalten unterschiedlich<br />
war, von Sich-Zurück-Ziehen<br />
bis zu fast ständiger unverhohlener<br />
Akti vität und Aggressivität reichte, und<br />
dass dadurch e<strong>in</strong>e schwierige Unter -<br />
richtssituation gebildet wurde. Den -<br />
noch wurden die meisten der beobachteten<br />
K<strong>in</strong>der beiderlei Geschlechts,<br />
unabhängig von ihrem kulturellen H<strong>in</strong> -<br />
ter grund und ihrer persönlichen Ge -<br />
schichte, von dem Hund angezogen.<br />
Wir erbr<strong>in</strong>gen betreffend des Ver hal -<br />
tens den Beweis, dass die bloße Anwe -<br />
senheit e<strong>in</strong>es Hundes erheblichen positiven<br />
E<strong>in</strong>fluss auf die Sozialisation dieser<br />
K<strong>in</strong>der hatte. Obwohl die E<strong>in</strong>zelnen sich<br />
74<br />
der absolut-hund report • 2 / 2011<br />
stark <strong>in</strong> ihrem Interesse an dem Hund<br />
und <strong>in</strong> ihrem Verhalten unterschieden,<br />
resultierte soziale Integration <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Gruppe aus der Anwesenheit des<br />
Hundes, hauptsächlich durch e<strong>in</strong> Ab -<br />
neh men von extremem Verhalten. Der<br />
Hund bee<strong>in</strong>flusste außerdem die Kom -<br />
munikation der K<strong>in</strong>der untere<strong>in</strong>ander<br />
und zwischen K<strong>in</strong>dern und Lehrern h<strong>in</strong><br />
zu mehr Intensität. Während der Hund<br />
anwesend war, verr<strong>in</strong>gerten sich offenkundige<br />
Aktivitäten und Rückzug sowie<br />
aggressive Handlungen, während<br />
Grup pen-Aktivitäten zunahmen. Ähn -<br />
liche Ergebnisse hat auch die tiergestützte<br />
Therapie bei autistischen K<strong>in</strong> -<br />
dern hervorgebracht (Redefer und<br />
Goodman 1989; Otterstedt 2001). Auch<br />
wenn die K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> unserer Studie sich<br />
weniger auf ihre <strong>in</strong>dividuellen Auf -<br />
gaben konzentrierten, wenn der Hund<br />
anwesend war, waren sie gleichzeitig<br />
ihren Lehrern gegenüber aufmerksamer.<br />
Die K<strong>in</strong>der schienen die Verant -<br />
wortung für die Hunde anzunehmen,<br />
<strong>in</strong>dem sie sich rücksichtsvoller verhielten<br />
und auf die Bedürfnisse des Hundes<br />
achteten. Im Gegenzug erhielten sie<br />
Zuneigung von dem Hund, <strong>in</strong>dem sie<br />
sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Nähe setzten und ihn streichelten<br />
und versuchten, ihn durch auffälliges<br />
Verhalten anzulocken (Ruckert<br />
1987).<br />
Unsere Ergebnisse passen zu dem,<br />
was über die Unterschiede im Verhalten<br />
der Geschlechter bekannt ist: Mädchen<br />
zeigen generell weniger heftiges und<br />
wildes Spiel als Jungen (Grammer 1988;<br />
Nelson 1995; Eibl-Eibesfeldt 1997). Aus<br />
diesem Grund war das Potential für Ver -<br />
haltensänderungen bei den Jungen<br />
größer als bei den Mädchen, was auch<br />
<strong>in</strong> dieser Studie der Fall war (siehe auch<br />
Guttmann et al. 1983); die Gegenwart<br />
des Hundes bee<strong>in</strong>flusste Jungen und<br />
Mädchen auf ähnliche Weise, aber die<br />
Ergebnisse waren bei den Jungen deutlicher<br />
sichtbar.<br />
Mechanismen der sozialen<br />
Integration<br />
Die für die beobachteten Verhaltens -<br />
änderungen maßgeblichen Mechanis -<br />
men waren unterschiedlich. E<strong>in</strong>e Reihe<br />
von K<strong>in</strong>dern verbrachte viel Zeit im<br />
Kon takt mit dem Hund. Für manche<br />
verkürzte das e<strong>in</strong>fach die Zeit, <strong>in</strong> welcher<br />
sie sich mit langweiligen Klassen -<br />
kameraden beschäftigen mussten. Dies<br />
ist z. B. der Fall bei Individuum 18, ei -<br />
nem Jungen, welcher sich während der<br />
Kontroll-Phase laut und störend verhielt<br />
und so die Klassenkameraden vom<br />
Unterricht ablenkte. In der Gegenwart<br />
des Hundes, welchen er häufig streichelte<br />
oder mit ihm spielte, veränderte<br />
sich se<strong>in</strong> Verhalten dramatisch. Das<br />
reduzierte e<strong>in</strong>fach die Zeit, <strong>in</strong> welcher<br />
er sonst se<strong>in</strong>e Mitschüler störte. Andere<br />
betrachteten den Hund ausgiebig, vermieden<br />
aber den direkten Kontakt zu<br />
ihm und hielten sich <strong>in</strong> respektvoller<br />
Distanz. Wieder andere (hauptsächlich<br />
Mädchen) schienen ke<strong>in</strong> spezielles Inte -<br />
resse an dem Hund zu haben. Generell<br />
verhielten sich die K<strong>in</strong>der rücksichtsvoll<br />
dem Hund gegenüber und gehorchten<br />
der Anweisung der Lehrer nicht übermäßig<br />
laut oder ungestüm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Gegenwart zu se<strong>in</strong>. Außerdem war<br />
offen sichtlich, dass e<strong>in</strong>ige der aktiveren<br />
Schüler begierig waren speziell etwas<br />
über das Verhalten und die Bedürfnisse<br />
des Hundes zu lernen. Schlussendlich<br />
schien die Autorität der Lehrer<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />
Gegenwart ihres gehorsamen Hundes<br />
als Begleiter zu steigen, <strong>in</strong>sbesondere<br />
gegenüber e<strong>in</strong>igen ihrer männlichen<br />
Schüler. Daher hat der Hund die Auf -<br />
merksamkeit der K<strong>in</strong>der nicht vom Leh -