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GA ➛ Nummer 1/2011 ➛ Politischer Wandel<br />
Initiierung von Zwang auskommen. Hier ist von „Initiierung<br />
die Rede, weil auch kein aktueller Vertreter der Österreichischen<br />
Schule so unrealistisch ist, anzunehmen, dass es unter<br />
Menschen jemals ausschließlich Freundschaft und Frieden<br />
geben wird. Reale Menschen neigen zu allerlei Lastern und<br />
Schwächen und eben auch zur Gewalt. Der komplizierten<br />
Frage des politischen Zusammenlebens können wir uns hier<br />
leider nur am Rande widmen. Dieses Buch ist der ökonomischen<br />
Tradition der Österreichischen Schule gewidmet und<br />
kann die zahlreichen politischen, ethischen, psychologischen,<br />
erkenntnistheoretischen und historischen Exkurse, die aus<br />
dieser Tradition hervorgegangen sind, nur streifen.<br />
Kleinere politische Einheiten<br />
Unabhängig davon, wie die politischen Einheiten verfasst<br />
sind, betonen die „Österreicher“ auch in diesem Bereich die<br />
Vorzüge des Wettbewerbs. Dabei geht es ihnen nicht um<br />
einen rastlosen Wettlauf, wie er etwa im Wettrüsten zutage<br />
tritt. Das Prinzip des Wettbewerbs versteht die Österreichische<br />
Schule als die Möglichkeit, Angebote abzulehnen. Die<br />
Weil das Handeln der Menschen das Entscheidende<br />
ist, reicht es nicht aus, bloß mehr Markt<br />
und weniger Staat zu fordern, wie dies manche<br />
Kleinere politische Einheiten „Austrians“ in ideologischem<br />
Überschwang tun.<br />
Staaten unserer Tage würden freilich wenig erfreut reagieren,<br />
wenn wir ihnen schrieben, wir wären nach gewissenhafter<br />
Prüfung zum Entschluss gelangt, dass wir ihr freundliches<br />
Angebot ablehnen müssen und das Abonnement ihrer<br />
Leistungen gerne zum nächstmöglichen Termin kündigen<br />
möchten. Die jüngeren „Austrians“ betonen, dass die Staaten<br />
ebenso reagieren würden wie jede andere kriminelle Organisation:<br />
mit Waffengewalt.<br />
Je größer die politischen Einheiten, desto schwieriger wird<br />
es, ihren „Angeboten“ auszuweichen. Selbst wenn man das<br />
gar nicht möchte, sondern sich trotz aller Ärgernisse zu<br />
Hause ganz wohlfühlt, hat der Mangel an Wettbewerb die<br />
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üblichen Folgen, die wir aus der Wirtschaft kennen: Die Qualität<br />
der Leistungen nimmt ab, während die Kosten dafür steigen.<br />
Auch der Steuerwettbewerb folgt diesem Prinzip. Den<br />
Hochsteuerländern ist es ein Gräuel, dass es „Steueroasen“<br />
gibt, die attraktivere Steuersätze aufweisen und dadurch Besserverdienende<br />
anziehen. Doch wie Fürst Hans-Adam II. von<br />
Liechtenstein, der übrigens wie auch sein Sohn und Nachfolger<br />
die Österreichische Schule gut kennt und schätzt, es so<br />
schön auf den Punkt bringt: Von Steueroasen kann nur dann<br />
die Rede sein, wenn sie im Vergleich zu Steuerwüsten stehen.<br />
Im Grunde drängen die europäischen Steuerwüsten zu<br />
einem Steuerkartell, das sie vor unangenehmem Wettbewerb<br />
bewahren soll, indem den Bürgern noch weniger Alternativen<br />
verbleiben. Die Folge eines solchen Steuerkartells wäre<br />
freilich verheerend: Die Verwüstung des Kontinents durch<br />
kurzfristige Politik würde noch rasanter vor sich gehen.<br />
Weil das Handeln der Menschen das Entscheidende ist, reicht<br />
es nicht aus, bloß mehr Markt und weniger Staat zu fordern,<br />
wie dies manche Kleinere politische Einheiten „Austrians“ in<br />
ideologischem Überschwang tun. Der<br />
Markt ist keine Lösung, sondern bloß<br />
die Bezeichnung für die Koordination<br />
zwischen freiwillig tauschenden Menschen,<br />
die Angebote ablehnen dürfen.<br />
In der aktuellen wirtschaftlichen und<br />
politischen Unordnung zeigen sich die<br />
Verzerrungen als so groß, dass auch<br />
den Märkten gegenüber eine gewisse<br />
Skepsis angebracht ist. Und doch besitzen<br />
wir noch die entscheidende Freiheit<br />
und damit Verantwortung, die Angebote auf den Märkten<br />
eben auch zurückzuweisen.<br />
Ludwig von Mises betonte diese Verantwortung des Konsumenten<br />
lange, bevor sie ins allgemeine Bewusstsein drang.<br />
Er verglich den Markt mit einer Demokratie, „bei der jeder<br />
Pfennig einen Stimmzettel darstelle. Die demokratische<br />
Wahlordnung mag eher als ein unzulänglicher Versuch angesehen<br />
werden, im politischen Leben die Marktverfassung<br />
nachzubilden. Auf dem Markt geht keine Stimme verloren.<br />
Jeder verausgabte Betrag, er mag noch so klein sein, übt seine<br />
Wirkung auf die Produktion. Die Entscheidung des Verbrauchers<br />
setzt sich mit dem ganzen Gewicht, das er ihr durch die