GA ➛ Nummer 1/2011 ➛ Wenn Währungen scheitern „Geldanlage in der Hyperinfl ation“ Andreas Otto Wenn Währungen scheitern „Geldanlage in der Hyperinfl ation“ 26
WER AN HYPERINFLATION DENKT, HAT DICKE GELDBÜNDEL UND EINE GELDSCHWEMME VOR AUGEN. TATSÄCHLICH BLEIBT DAS GELD IN EINER HYPERINFLATION KNAPP. DIESER SCHEINBARE WIDERSPRUCH LÖST SICH AUF, SOBALD MAN VERSTEHT, DASS MIT EXZESSIV GEDRUCKTEM GELD DIE SCHULDEN EINES ÜBERSCHULDETEN STAATES BEGLI- CHEN WERDEN. ERST DER GELDMANGEL AUF STAATSEBENE FÜHRT ZUM ANWERFEN DER NOTENPRESSE. ANDERN- FALLS KÄME ES ZUM STAATSBANKROTT. Die Aufblähung der Geldmenge führt zur allgemeinen Teuerung. Löhne und Gehälter passen sich den steigenden Preisen an, doch immer mit Verzögerung. Die Kaufkraft der Bevölkerung geht zurück. Irgendwann beginnen die Menschen einen immer schnelleren Verfall der Währung zu antizipieren und geben ihr Geld so schnell wie möglich wieder aus. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes steigt. Letztlich steigen die Preise sogar schneller als die Geldmenge, was Ökonomen oft in Erstaunen versetzt. Der Teufelskreis wird erst nach dem Zusammenbruch der Währung mit einer Währungsreform beendet. Hyperinfl ationen führen zu einer Verschiebung der Preisverhältnisse. Nominal verteuern sich alle Waren, doch einige Preise steigen viel schneller als andere. Nahrungsmittel und Energie, die zum Leben unbedingt notwendig sind, werden immer nachgefragt und bleiben nicht nur nominal sondern auch real teuer. Auf Luxusgüter können die Menschen in schlechten Zeiten dagegen verzichten. Deren Preise steigen nominal zwar ebenfalls, doch real, d.h. infl ationsbereinigt, fallen sie. Da kaum jemand bereit ist, noch Kredite zu vergeben, die in wertlosem Geld zurückgezahlt werden, sinkt die Nachfrage nach Gütern, die normalerweise kreditfi nanziert werden. Die Preise für diese Güter fallen real ebenfalls. Staatliche Preis- und Kapitalkontrollen verzerren das Preisgefüge noch zusätzlich. Eine Anlagestrategie, die sich an einem Hyperinfl ationsszenario ausrichtet, sollte berücksichtigen, dass Einkommen aus Vergütung für Arbeit ebenso wie Einkommen aus investiertem Kapital (Dividenden, Zinsen, Mieterträge) real schrumpfen werden. Eine Ergänzung des Einkommens durch Verkäufe während der Infl ationszeit kann dann hilfreich sein oder sogar notwendig werden. Die andere Herausforderung besteht darin, Vermögen (Kaufkraft) in die Zeit nach der GA ➛ Nummer 1/2011 ➛ Wenn Währungen scheitern „Geldanlage in der Hyperinfl ation“ 27 Währungsreform hinüberzuretten, um für den Neuanfang möglichst gute Karten zu haben. Um beide Anlageziele zu erfüllen, müssen Geldanlagen nicht nur wertbeständig sondern auch fungibel (handelbar) sein. Aktien Aktien verkörpern Miteigentum an Unternehmen, also auch Miteigentum an Industrieanlagen, Bodenschätzen usw. In diesem Sinne besitzen sie Sachwertcharakter und sind entsprechend wertbeständig. Solange die Börsen nicht geschlossen sind, sind Aktien fungibler als viele andere Anlagen. Die Kursfeststellung erfolgt vergleichsweise transparent. In der Hochinfl ation zählt fast ausschließlich der materielle Substanzwert eines Unternehmens. Klassische Bewertungskriterien wie KGV oder FCF, die sich an Gewinnen und Dividenden orientieren, werden vorübergehend außer Kraft gesetzt. Minengesellschaften und Industrieunternehmen sollten im Infl ationsportfolio höher gewichtet sein, Finanzwerte und Handelsunternehmen entsprechend niedriger. Die Gefahr einer Konfi szierung ist bei inländischen Aktien gering, bei ausländischen allerdings höher. Bei einigen Branchen (Versorger) besteht die Gefahr der Verstaatlichung mit unzureichender Entschädigung der Aktionäre. Da die Realwirtschaft unter der infl ationären Depression leidet, können die Kurse infl ationsbereinigt auch nachgeben. Zwar schlugen deutsche Aktien 1923, im letzten Infl ationsjahr, sogar Gold, doch nur weil Aktien mangels Alternativen als kurzfristiges Wertaufbewahrungsmittel dienten. Edelmetalle waren so gut wie nicht im Umlauf, ihr Besitz zuletzt unter Strafe gestellt. Aktien konnte man problemlos kaufen und wenn man Geld brauchte, auch schnell wieder verkaufen. Die aus diesem Grunde höhere Nachfrage war für deutsche Aktien 1923 der Kurstreiber. In den Infl ationen der neueren Zeit, z.B. denen in Argentinien oder Osteuropa, übernahmen Dollars oder D-Mark diese Funktion. Aktien schlugen sich nicht so gut. Aufgrund ihrer hohen Fungibilität und des geringen Konfi s-