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Die historische Scherer-Bünting - Orgelbauverein

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Materialsammlung<br />

<strong>Die</strong> <strong>historische</strong> <strong>Scherer</strong>-<strong>Bünting</strong> Orgel in Mölln – Wege der Rekonstruktion<br />

Symposium 23. – 25. Januar 2009<br />

3) Funktionssicherheit der Windanlage: Verzicht auf zusätzliche Regulationsbälge und Herstellung<br />

der erkennbaren Proportionen von Balgventilen, Windkanälen und Windladeneingängen, wodurch<br />

auch die ursprüngliche Wirkungsweise von Tremulanten wieder möglich wird.<br />

4) Gute Stimmhaltung des Pfeifenwerks: Durch eine vorsichtige Reparatur der oftmals durch<br />

unsachgemäßes und zu häufiges Stimmen „ausgefransten“ Pfeifenmündungen ist im<br />

Zusammenhang mit gleichbleibenden Windverhältnissen ein regelmäßiges Stimmen des<br />

Labialpfeifenwerks nicht mehr erforderlich. Dadurch werden Verformungen des alten Pfeifenwerks<br />

durch zu häufiges Stimmen, die vor den Restaurierungen der letzten Jahrzehnte fast überall zu<br />

beobachten waren, in Zukunft vermieden.<br />

5) Annäherung an die ursprüngliche Tonhöhe: <strong>Die</strong> Herstellung der ursprünglichen Tonhöhe ist zwar<br />

nicht in allen Fällen möglich (durch spätere irreversible Veränderungen), sollte aber immer<br />

angestrebt werden. <strong>Die</strong> Anpassung an einen modernen Tonhöhenstandard hat im 19. und 20.<br />

Jahrhundert zu erheblichen Eingriffen in das Pfeifenwerk bezüglich der Pfeifen-längen oder einer<br />

veränderten Position auf den Windladen geführt. Durch die Stellung der Pfeifen auf ihrem<br />

ursprünglichen Platz auf der Windlade und ihre ursprüngliche Länge werden auch die vom Erbauer<br />

intendierten Mensurverhältnisse wiederhergestellt – und damit ein bedeutender Parameter für den<br />

Klang.<br />

6) Entfernung von Zusätzen des 20. Jahrhunderts, durch welche die Funktionssicherheit<br />

beeinträchtigt wurde: Das betrifft vor allem Zusatzladen zur Erweiterung der Klaviaturumfänge oder<br />

Erweiterungen der Disposition, die einen Zugang zum alten Pfeifenwerk oder zur Traktur behindern.<br />

7) Herstellung der ursprünglichen Klaviaturverhältnisse: Dadurch wird die Anlage einer<br />

Trakturführung in der ursprünglichen Konstruktionsweise möglich, die oft durch die moderne Norm<br />

der Klaviaturlagen be- oder verhindert wird.<br />

<strong>Die</strong>se objektiven Gründe, die nicht immer zur Herstellung eines annähernd ursprünglichen Zustands<br />

führen können, werden flankiert durch interpretative Aspekte. Dazu gehört die Frage der<br />

Stimmungsweise. Es ist unbestritten, dass die ursprüngliche Stimmungsweise von <strong>historische</strong>n<br />

Orgeln nur in seltenen Fällen aus dem vorhandenen Pfeifenmaterial oder aus den archivalischen<br />

Belegen zweifelsfrei hergeleitet werden kann. <strong>Die</strong> ausschließliche Verwendung der gleichstufigen<br />

Temperatur in der ersten Restaurierungsphase nach den Zweiten Weltkrieg war unbegründet. Wir<br />

wissen nicht zweifelsfrei, wann die gleichstufige Temperatur in der zweiten Hälfte des 18.<br />

Jahrhunderts zur Anwendung kam. Andererseits wissen wir aber auch, dass die erhaltenen<br />

<strong>historische</strong>n Orgeln vor der Mitte des 18. Jahrhunderts ursprünglich nicht gleichstufig gestimmt<br />

waren. <strong>Die</strong> Frage der Stimmung muss in jedem konkreten Fall von den Beteiligten einvernehmlich<br />

gelöst werden. Es ist nur natürlich, dass es dann immer Unbeteiligte gibt, deren Wünsche nicht<br />

erfüllt werden. Auffällig ist, dass das gut dokumentierte Beispiel einer erhaltenen ursprünglichen<br />

Stimmung in der Baumeister-Orgel von 1737 in der Klosterkiche von Maihingen (s. Arbeitsheft 52,<br />

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1991) in der Stimmungsdiskussion bisher kaum<br />

Beachtung gefunden hat. Es handelt sich hier um eine ungleichstufige Stimmung, die den<br />

unterschiedlichen Charakter der Kirchentonarten hervortreten lässt und in der Berücksichtigung von<br />

fast reinen Terzen noch mitteltönige Züge trägt.<br />

Es muss deutlich hervorgehoben werden, dass die Entscheidung für eine bestimmte Stimmung bei<br />

der Restaurierung <strong>historische</strong>r Orgeln fast immer einen interpretativen Charakter hat.<br />

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