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<strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS TRENDS & STRATEGIEN<br />
26. November 2012 24/12<br />
TRENDS IN DER MARKTFORSCHUNG<br />
Befragen im Moment der Wahrheit<br />
Feedback in Echtzeit: Smartphones und Tablets entwickeln sich zu Umfrage-Tools am Point of Sale<br />
Ähnlich wie im digitalen Marketing<br />
ruft auch die Marktforschungsbranche<br />
jedes Jahr zum „mobilen Jahr“ aus, beobachten<br />
Experten. Inzwischen gibt es jedoch<br />
deutliche Anzeichen dafür, dass die<br />
mobile Marktforschung keine theoretische<br />
Vorstellung mehr ist, sondern in den<br />
Alltag Einzug hält – wenn auch nur langsam.<br />
Bei der mobilen Marktforschung<br />
werden tragbare Geräte wie Smartphones<br />
oder Tablets als Umfrageinstrumente eingesetzt.<br />
Die Befragung läuft entweder über<br />
Apps oder im mobilen Browser ab. Aufgerufen<br />
wird sie über einen Link oder einen<br />
QR-Code. Die Idee, mobile Geräte als Befragungsinstrument<br />
zu verwenden, gibt es<br />
schon seit einigen Jahren, doch die technischen<br />
Voraussetzungen waren bislang eingeschränkt.<br />
Erst jetzt mit der gestiegenen<br />
Verbreitung von Smartphones und Datenflatrates<br />
kommen mobile Umfragen auch<br />
richtig in die Gänge.<br />
Carol Haney, Vice President Marketing<br />
beim Marktforscher Toluna, nimmt eine<br />
Veränderung wahr, wie Menschen bei Befragungen<br />
mitmachen. Zehn Prozent der<br />
Panel-Teilnehmer von Toluna in Nordamerika<br />
nutzen heute ihr mobiles Gerät, um<br />
einen Fragebogen auszufüllen. In der Altersgruppe<br />
der 18- bis 24-Jährigen beträgt<br />
der Anteil sogar 18 Prozent, berichtet sie.<br />
Ein Vorteil von Mobile sei, dass Menschen<br />
an der Befragung teilnehmen können, wo<br />
und wann es ihnen passt, erklärt Haney.<br />
„Der Übergang zu Mobile ist unvermeidlich,<br />
ob dies die Marktforscher beabsichtigen<br />
oder nicht“, ist sie überzeugt.<br />
Einige Unternehmen beziehungsweise<br />
Technologiedienstleister stellten „Mobile“<br />
in den Fokus ihres Auftritts während der<br />
Marktforschungsmesse „Research & Results“<br />
Ende Oktober in München. „Wir<br />
waren im vergangenen Jahr mit einem<br />
Mobile-Thema auf der Research & Results,<br />
damals war das Interesse noch ge-<br />
Mit Research Now Mobile können 6,5 Millionen Panel-<br />
Mitglieder per Smartphone und Tablet befragt werden<br />
ring. In diesem Jahr hingegen verzeichneten<br />
wir mit einem ähnlichen Thema großes<br />
Interesse. Das zeigt, dass die Firmen<br />
jetzt über Möglichkeiten nachdenken, wie<br />
sie ihre Kunden mobil befragen können“,<br />
berichtet Marc Smaluhn, der Managing<br />
Director Central Europe beim Marktfor-<br />
Reisende oder Pendler können mit mobilen Umfragen gut erreicht werden. Vorteil: Das Smartphone<br />
ist immer dabei und der Teilnehmer bestimmt selbst, wann ein guter Zeitpunkt ist<br />
schungsunternehmen Research Now. Das<br />
Unternehmen hatte zur Messe eine konkrete<br />
Anwendung der mobilen Marktforschung<br />
vorgestellt. „Harvesting the Moment<br />
of Truth“ hieß der Vortrag, der beschrieb,<br />
wie Amerikaner für eine Studie<br />
ihre Essgewohnheiten über den Tag hinweg<br />
mit dem Smartphone aufzeichneten.<br />
Solche Aufzeichnungen nennt die Branche<br />
„Tagebuch-Studien“. Mobile Geräte sind<br />
gut dafür geeignet, weil sie immer mitgenommen<br />
werden.<br />
Befragung dann, wenn es zählt<br />
Der Moment der Wahrheit („Moment of<br />
truth“) ist ein häufig genanntes Stichwort<br />
bei der mobilen Marktforschung. Gemeint<br />
ist die Befragung genau in dem Moment,<br />
in dem jemand eine Entscheidung trifft<br />
oder eine Aktion durchführt. Dies eröffnet<br />
Unternehmen neue Möglichkeiten, Menschen<br />
zu befragen, wenn es<br />
„darauf ankommt“: nämlich<br />
beim Einkauf oder in anderen<br />
Kontaktsituationen mit<br />
Kunden – theoretisch zumindest,<br />
denn ob sich die Kunden<br />
darauf einlassen werden,<br />
ist noch offen.<br />
Haney von Toluna unterscheidet<br />
drei Arten von mobilen<br />
Befragungen: Umfragen,<br />
die zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt, zu einem bestimmten<br />
Ereignis oder an einem<br />
bestimmten Ort durchgeführt<br />
werden und genau<br />
dann an die jeweilige Zielgruppe<br />
herangetragen werden<br />
(„Demographic Push“).<br />
Zweitens: Die oben bereits<br />
erwähnten Tagebuch-Studien, die auch<br />
über mehrere Wellen erfolgen können:<br />
Eine Befragung wird in dem Moment ausgelöst,<br />
in dem der Teilnehmer etwas Bestimmtes<br />
macht wie einkaufen oder essen.<br />
„Dann kann die Person einen kurzen<br />
Code per SMS versenden, um die Befra-<br />
gung rund um diese Aktion zu starten“, erläutert<br />
Haney. Dieses Echtzeit-Feedback<br />
habe den Vorteil, dass die Wahrnehmung<br />
des Ereignisses frisch sei und nicht verzerrt,<br />
wenn beispielsweise erst im Nachhinein<br />
ein E-Mail geöffnet wird, die zu einer<br />
Cluetec hat das Produkt „Mquest Direct Response“ speziell für<br />
Feedback-Umfragen entwickelt<br />
Umfrage führt. Als dritten Typ nennt Haney<br />
„In-store Insights“ (Einsichten direkt<br />
im Geschäft). Käufer könnten mittels eines<br />
QR-Codes am Regal zu einer Befragung<br />
geführt werden, um herauszufinden,<br />
wa rum sie sich für dieses oder jenes Produkt<br />
entscheiden. Auch in diesem Fall ist<br />
der zeitliche Abstand zwischen Erfahrung<br />
und Erhebung gering, die Befragung erfolgt<br />
dank des mobilen Geräts noch in der<br />
Si tuation selbst.<br />
Smaluhn von Research Now beobachtet,<br />
dass mobile Befragungen oft Teil von hybriden<br />
Studien sind. Hybrid bedeutet, dass<br />
mehrere Befragungswege für eine Studie<br />
benutzt werden, zum Beispiel Mobile und<br />
dann eine vertiefende <strong>Internet</strong>-Befragung<br />
der Probanden. Doch: „Mobile Marktforschung<br />
ist noch ein zartes Pflänzchen. Der<br />
Anteil der Nachfragen, die sich auf Mo bile<br />
beziehen, liegt im einstelligen Prozentbereich<br />
gemessen an allen Nachfragen. Die<br />
Kunden, die mehr dazu wissen wollen,<br />
Foto: iStockphoto / Neustockimages<br />
kommen jedoch mit sehr klaren Vorstellungen“,<br />
bemerkt Smaluhn.<br />
Wie zu Beginn der <strong>Internet</strong>-Marktforschung<br />
vor rund zehn Jahren ist die mobile<br />
Marktforschung für alle Beteiligten heutzutage<br />
noch ein Lernprozess: für die<br />
Marktforscher, für die Kunden und für die<br />
Befragungsteilnehmer. Nicht nur die permanente<br />
Verfügbarkeit von mobilen Geräten<br />
ist ein Vorteil, sondern auch die vielen<br />
Funktionen der Geräte. So können mit<br />
der Kamera Bilder aufgenommen sowie<br />
Videos oder Audiodateien in die Befragung<br />
integriert werden.<br />
Mobile Befragungen eignen sich gut für<br />
Feedback-Zwecke, betont Jan Schöttelndreier,<br />
Geschäftsführer bei Cluetec in<br />
Karlsruhe. Cluetec bietet die Software<br />
Mquest an, eine Befragungs- und Erhebungs-Software<br />
für die mobile Markt- und<br />
Meinungsforschung. Ein neues Produkt,<br />
das Cluetec zur „Research & Results“ vorgestellt<br />
hat, ist „Mquest Direct Response“.<br />
Es ermöglicht Unternehmen, Kunden bei<br />
Veranstaltungen oder am Point of Sale<br />
spontan zu befragen. Als Beispiel nennt<br />
Schöttelndreier die Befragung von Hotelgästen,<br />
die gerade angekommen sind. Ist<br />
im Zimmer alles zu ihrer Zufriedenheit?<br />
Benötigen sie noch etwas, zum Beispiel<br />
zusätzliche Kleiderbügel?<br />
Wenn dieses Feedback<br />
gleich an der Rezeption<br />
ausgewertet<br />
wird, kann das Hotel<br />
sofort reagieren. Auch<br />
in der Gastronomie<br />
könnten mit QR-Codes<br />
versehene Tischaufsteller<br />
den Gästen die Gelegenheit<br />
geben, direktes<br />
Feedback zu lie-<br />
fern. Das Management<br />
könnte reagieren, wenn<br />
ein Gast unzufrieden<br />
ist, sozusagen als Vorbeugungsmaßnahme<br />
gegen negative Einträge<br />
auf Bewertungsplattformen.<br />
Für Cluetec ist das neue Produkt<br />
ein strategischer Schritt, weil es die Tech-<br />
nologie Mquest für neue Einsatzzwecke<br />
öffnet, erklärt Schöttelndreier. is<br />
•<br />
Einsatzmöglichkeiten für<br />
mobile Umfragen<br />
Befragungen mithilfe des Smartphones<br />
durchzuführen, kann für bestimmte Erhe-<br />
bungen von Vorteil sein. Hier sind einige<br />
Beispiele dafür:<br />
• Erhebungen zur Nutzung von mobilen<br />
Geräten<br />
• „Tagebuch-Studien“, zum Beispiel bei<br />
Medikamenten-Einnahme<br />
• Ortsbezogene Umfragen, zum Beispiel für<br />
Feedback im Hotel oder in Restaurants<br />
• „Moment of Truth“-Umfragen<br />
• Befragung spezieller Zielgruppen, zum<br />
Beispiel Reisende oder Jugendliche<br />
• Umfrage unter Kunden im Handel