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Wladimir Kaminer Ich bin kein Berliner

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Frauenmode in Berlin<br />

In meiner Heimat, der Sowjetunion, legten die Frauen<br />

unglaublich viel Wert auf ihr Aussehen. Selbst wenn sie nur<br />

kurz einkaufen gehen wollten, verbrachten sie eine Stunde vor<br />

dem Spiegel, bevor sie das Haus verließen. Dabei war es in der<br />

Sowjetunion um die Frauenmode nicht gut bestellt. Es mangelte<br />

an Vorbildern und Konsummöglichkeiten. In den Frisörsalons<br />

hingen Musterfotos von irgendwelchen Kolchosbäuerinnen, die<br />

während der Ernte aufgenommen worden waren. Die Frisur, die<br />

vom Staat als modisch empfohlen wurde, sah aus wie ein<br />

Klumpen auf dem Kopf und wurde im Volksmund verächtlich<br />

als Läusehaus bezeichnet. Ein kultureller Austausch mit dem<br />

Ausland fand bei uns nicht statt, von der westlichen<br />

Konsumwelt waren wir abgeschnitten. Deswegen waren die<br />

Menschen allem Westlichen gegenüber sehr aufmerksam und<br />

reagierten auf die kleinsten Anzeichen westlicher Mode.<br />

Einmal trat die französische Sängerin Mireille Mathieu mit<br />

dem Lied »Ciao Bam<strong>bin</strong>o« im Sowjetfernsehen auf, danach<br />

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