Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard
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BILDUNG | WISSEN | KARRIERE<br />
114<br />
EHER DURCHWACHSENER BEFUND<br />
Wie ist nun also die Vermittlung zwi-<br />
schen Wissenschaft und Forschung einerseits und der Ge-<br />
sellschaft andererseits in Österreich aufgestellt? <strong>Der</strong> Befund<br />
sieht eher durchwachsen aus. Zwar wurde sowohl in den Medien<br />
und den Wissenschaftsorganisationen viel getan, um<br />
den Transfer zu erleichtern, zwar ist die Zeit <strong>des</strong> kritiklosen<br />
Staunens über die Wunder der Technik längst passe. Andererseits<br />
ist der Diskurs über Wissenschaft und Forschung angesichts<br />
der Komplexität der Thematik und der bescheidenen<br />
personellen Ressourcen bislang eher eine Einbahnstraße.<br />
Anders als im Kulturjournalismus fehlt weitgehend eine Kritik<br />
am Wissenschafts- und Forschungsbetrieb als solche.<br />
DIE ZEITEN DES KRITIKLOSEN<br />
STAUNENS ÜBER DIE WUNDER DER<br />
TECHNIK SIND LÄNGST PASSE.<br />
Wissenschaftsjournalisten sind nach wie<br />
vor tendenziell Einzelkämpfer in den Redaktionen, die oftmals<br />
noch ganz andere Gebiete zusätzlich abdecken (Bildung,<br />
Chronik etc.). Sehr selten ist Wissenschaftsberichterstattung<br />
mit Wissenschaftspolitik gekoppelt; das findet sowohl organisatorisch<br />
als auch personell in den Medien getrennt statt.<br />
Die <strong>Bericht</strong>erstattung hängt auch heute<br />
noch stark von den persönlichen Interessen der Journalisten<br />
ab; die Aufwändigkeit der Recherche und das begrenzte<br />
Bildmaterial führen zu Einseitigkeiten und zu Modethemen<br />
(z. B. Klimawandel). Bestimmte Bereiche der Wissenschaft<br />
(etwa Biologie, Genetik) gelten als kaum vermittelbar. Kann<br />
man als Medium gegenüber Universitäten, Fachhochschulen<br />
und staatlich finanzierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
noch das Recht der Öffentlichkeit auf Transparenz<br />
einfordern, bleibt dieser Weg gegenüber der Forschung<br />
in der Industrie praktisch verschlossen.<br />
EXOTISCHER LUXUS<br />
Dazu kommt, dass die ohnehin wenigen<br />
Wissenschaftsjournalisten oft häufig aus der Hüfte heraus<br />
aktuelle Ereignisse abdecken müssen (z. B. Fukushima-<br />
Unglück), wo es kaum heimische wissenschaftliche Kompetenz<br />
gibt. Nach wie vor gilt Wissenschaftspublizistik anders als<br />
der Kulturjournalismus als eher exotisch und gegebenenfalls<br />
auch verzichtbarer Luxus. Dies auch <strong>des</strong>halb, weil Österreich<br />
nur eine Handvoll von Wissenschaftlern und Wissenschaftspolitikern<br />
aufweist, die in der Öffentlichkeit stehen und<br />
stehen wollen.<br />
Alwin Schönberger<br />
Alwin Schönberger, 44, ist Ressort leiter Wissenschaft<br />
im Nachrichten magazin »profil«<br />
sowie projektverantwortlich für das viermal<br />
jährlich erscheinende »profil wissen«.<br />
Über die adäquate Ver -<br />
mittlung von Wissen: Warum Unterhaltsamkeit<br />
und inhaltlicher Tiefgang kein Widerspruch<br />
sind.<br />
WISSENSCHAFTLER<br />
VERSTEHEN<br />
Einst waren Wissenschaftler<br />
stolz darauf, dass kein<br />
Mensch sie verstand. Die Expertenwelt<br />
betrachtete sich als elitären Zirkel, und<br />
für die Lizenz, in diesen vorzudringen,<br />
bedurfte es zumin<strong>des</strong>t eines Doppelstudiums<br />
sowie mehrerer Abonnements<br />
ein schlägiger Fachmagazine, tunlichst<br />
auf Lebenszeit. Journalisten, die sich für<br />
eine bestimmte Materie interessierten,<br />
mussten sich hochnäsig fragen lassen,<br />
aufgrund welcher Qualifikation sie sich<br />
überhaupt anmaßten, den Herrn Professor<br />
zu behelligen.<br />
Inzwischen hat sich<br />
die Situation grundlegend geändert: Eine<br />
jüngere, aufgeweckte Forschergeneration<br />
kommuniziert ganz bewusst, dass<br />
Wissenschaft unterhaltsam und kurzweilig<br />
sein darf, dass kein Widerspruch<br />
zwischen allgemeiner Verständlichkeit<br />
und inhaltlicher Tiefe besteht. Auch in<br />
Österreich gibt es heute Physiker, Mathe -<br />
© Walter Wobrazek