Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard
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Kritik und Rezension<br />
sind im deutschen Sprachraum eine Erfin-<br />
dung <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts und damit <strong>des</strong><br />
aufgeklärten Bürgertums. Johann Christoph<br />
Gottscheds »Versuch einer Critischen Dichtkunst«<br />
aus dem Jahr 1730 setzte den Beginn,<br />
auch wenn es ihm weniger um die Rezension<br />
einzelner literarischer Werke ging. Er wollte<br />
vielmehr die Literatur einem Regelwerk<br />
unterwerfen. Sein Zeitgenosse Gotthold<br />
Ephraim Lessing hielt davon eher wenig und<br />
entwickelte im Gegenzug das Konzept einer<br />
diskursiven Literaturkritik. Ausgangspunkt<br />
ist hier die persönliche Auseinandersetzung<br />
<strong>des</strong> Lesers mit dem Text. An diesem Ansatz<br />
hat sich bis heute nichts geändert.<br />
EINE AUFGEKLÄRTE GESELLSCHAFT<br />
BRAUCHT NICHTS DRINGENDER ALS<br />
GEISTES- UND HERZENSBILDUNG.<br />
Die Bedeutung der<br />
Print medien für den Büchermarkt ist kaum<br />
zu unterschätzen. Und da ist die wirtschaft-<br />
liche Situation der Buchverlage nur ein<br />
Aspekt. Min<strong>des</strong>tens ebenso wichtig ist die<br />
Verantwortung für das geistige und künstlerische<br />
Kapital, das von Büchern transportiert<br />
wird und von enormer gesellschaftspolitischer<br />
Bedeutung ist. Eine aufgeklärte<br />
Gesellschaft braucht nichts dringender als<br />
Geistes und Herzensbildung. Und für die<br />
zeichnet das Medium Buch an vorderster<br />
Stelle mitverantwortlich.<br />
Doch nicht nur <strong>des</strong>halb<br />
wird in den Printmedien dem Buchmarkt<br />
immer wieder wichtiger Raum gegeben. Das<br />
liegt natürlich an der geistigen und seelischen<br />
Nähe der Schreibenden, die Komplizen<br />
<strong>des</strong> wirkmächtigen Wortes sind. Ganz banal<br />
zeigen sich auch spannende, tiefschürfende<br />
Rezensionen als wichtiger Lesestoff, der<br />
von den Konsumenten gerne angenommen<br />
wird. Viele Zeitungsleserinnen und -leser<br />
wissen längst zwischen Informationsgehalt<br />
und persönlicher Meinung in diesen Rezensionen<br />
zu unterscheiden und entsprechende<br />
Schlüsse zu ziehen. Danach fallen viele Kaufentscheidungen.<br />
Und in den meisten Fällen<br />
werden sie nicht bereut.<br />
MARTIN BEHR – KULTUR | UNTERHALTUNG | SPORT<br />
Mag. Martin Behr lebt und arbeitet in Graz, studierte Kunstgeschichte<br />
und ist Redakteur der »Salzburger Nachrichten« sowie<br />
Mitglied der Künstlergruppe G.R.A.M.<br />
EIN KLEINES INTERVIEW<br />
MIT GROSSER WIRKUNG<br />
BIENEN UND ERDBEEREN<br />
Nach einem Gespräch der documenta<br />
Leiterin Carolyn ChristovBakargiev mit der »Süddeutschen<br />
Zeitung« war die 54jährige ItaloAmerikanerin medial als<br />
egomanische Esoterikerin abgestempelt. Ihre – im Streitgespräch<br />
– erhobene Forderung nach einem Wahlrecht für<br />
Bienen und Erdbeeren legte sich wie ein Schleier über die<br />
Weltkunstschau und verstellte die Sicht auf eine Ausstellung,<br />
die mit Konventionen und Kunstmarktgesetzen brach und<br />
so schlecht nicht war, wie dies in Teilen der veröffentlichten<br />
Meinung zum Ausdruck kam. Die von einer »Skeptikerin«<br />
und Feministin kuratierte documenta 13 war um den Zweifel<br />
bemüht, sie polarisierte, uferte letztlich zu sehr aus, vereinte<br />
– wie viele Großausstellungen – zu viel Durchschnitt, aber<br />
sie regte das Nachdenken, das Reden über Kunst an. Christov-Bakargiev<br />
weigerte sich, mit Medien zu arrangieren und<br />
musste Tiefschläge einstecken. Dennoch: Publikumsrekord<br />
für die »ganzheitlich« konzipierte Weltkunstschau und nicht<br />
selten Lob in der internationalen Fachpresse.<br />
VON KASSEL NACH VENEDIG,<br />
ZUR 13. ARCHITEKTURBIENNALE<br />
Schwere Zeiten für die großen Stars der<br />
Architekturszene und für aufwendig inszenierte Selbstdarstellungen.<br />
BiennaleDirektor David Chipperfield zeigte sich<br />
um Alternativen zum Starkult, um die kollektive Arbeit von<br />
interdisziplinären Architektur- und Forschungsteams bemüht.<br />
Soziales Engagement statt hehre baukünstlerische<br />
Darstellung. Pragmatismus statt Nabelschau. Und: Nachdenken<br />
über das Wesen der Architektur. Kein schlechter Ansatz<br />
in Zeichen einer weltweiten Wirtschaftskrise.<br />
© Gerhard Roth<br />
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