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Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard

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MEINUNG | ORIENTIERUNG | EINORDNUNG<br />

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films aus den USA sehen. Ähnliches lässt auch an der unver-<br />

sehens über die deutschsprachigen Länder hereingebrochene<br />

Beschneidungs debatte, die das diesjährige me diale Sommerloch<br />

einigermaßen gefüllt hat, festmachen.<br />

2. Unabhängiger Religionsjournalismus<br />

könnte ein kritisches Korrektiv zum politischen und<br />

gesellschaftlichen Agieren von Religionsgemeinschaften<br />

am Ort sein: Auch die katholische Kirche ist beispielsweise<br />

ein gesellschaftlicher wie politischer Player. Aber viele ihrer<br />

Aktivi täten sind erst aufgrund ihrer speziellen Struktur und<br />

ihrer religiösen Hintergründe verständ lich. Auch dafür ist<br />

journalistische Expertise vonnöten. Als vor einigen Wochen<br />

der Wiener Erzbischof einem Pfarrer die Wiederbestellung<br />

als Dechant verwehrte, weil dieser Mitglied der »Pfar rer-<br />

Initiative« ist, gab es Schlagzeilen à la »Schönborn greift hart<br />

durch«. Dass die Funktion eines Dechanten im katholischen<br />

Hierarchiegefüge unter ferner liefen firmiert, dass also die<br />

Nichtbestellung eines Dechants als minder relevante Aktivität<br />

zu gelten hat, fiel nur wenigen auf. Wenn die bislang<br />

einzige sichtbare Sanktion gegen die aufmüpfigen Pfarrer die<br />

beschrie bene Maßnahme darstellte, so stehen die Schlagzeilen<br />

dazu in krassem Widerspruch zur Deu tung der Diszipli-<br />

narmaßnahme. Einem kundigen Religions journalisten müss-<br />

te so et was auf fallen. Es könnte sein, dass der Erzbischof, in<br />

Sachen Krisen­PR gut beraten, mit die ser Maßnahme Ent-<br />

schlossenheit etwa gegenüber Rom demonstrieren wollte.<br />

Wer demnach mit »hartem Durchgreifen« titelte, spielte dieser<br />

PR­Strategie in die Hände.<br />

3. Schließlich wäre noch einmal zu bekräftigen,<br />

dass nicht nur die Kultur­ und Geistes geschichte,<br />

sondern jede auch aktuelle Gesellschaftsanalyse ohne das<br />

Wissen um die Religion und ihren Einfuss auf die Gesellschaft<br />

nicht möglich ist. <strong>Der</strong> deutsche Verfassungsrechtler<br />

und Rechtsphilosoph Ernst­Wolfgang Böckenförde wird seit<br />

Jahr und Tag mit seinem Diktum bemüht: »<strong>Der</strong> freiheitliche,<br />

säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst<br />

nicht garantieren kann.« Oft genug wird Böckenförde da<br />

instrumentalisiert. Aber im Zusammenhang mit den Medien<br />

kann das Diktum nützlich sein: Es weist nämlich darauf<br />

hin, dass die <strong>Bericht</strong> erstattung und mediale Begleitung eben<br />

auch die Voraussetzungen zu beleuchten haben, auf de nen<br />

der moderne Rechtsstaat fußt. Kein Zweifel, dass die Religi-<br />

on bzw. religiöse Überzeu gungen dazu gehören. Und was das<br />

– im Guten wie im Schlechten – bedeutet, haben die Me dien<br />

aufzuzeigen. Dazu bedarf es erst recht <strong>des</strong> kompetenten unabhängigen<br />

Religionsjourna lismus.<br />

Objektiv 2012<br />

<strong>Der</strong> österreichische Preis<br />

für Pressefotografie<br />

Nominiert in der Kategorie<br />

Innen- und Außenpolitik:<br />

JÜRG CHRISTANDL<br />

»HAITI«<br />

Port-au-Prince, Haiti – zwei Jahre<br />

nach dem Erdbeben.<br />

Erstveröffentlichung:<br />

»Kurier«, am 10. 01. 2012

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