Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard
Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard
Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
UNABHÄNGIGKEIT<br />
40<br />
QUALITÄTSZEITUNG:<br />
DU MUSST ES ELFMAL SAGEN<br />
Armin Thurnher ist Mitbegründer und Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung<br />
»Falter«, die 1977 gegründet wurde und heuer ihr 35-jähriges Jubiläum feiert.<br />
Unter anderem erhielt Thurnher 2001 den Kurt-Vorhofer-Preis, 2002 den<br />
Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis und 2010 den Ehrenpreis <strong>des</strong> österreichischen<br />
Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln.<br />
ELF KRITERIEN JOURNALISTISCHER<br />
QUALITÄT, UND WAS DER<br />
»FALTER« DAMIT ZU TUN HAT<br />
Gern bin ich bereit, mich lächerlich zu<br />
machen, indem ich versuche zu definieren, was journalistische<br />
Qualität in Hinblick auf den »Falter« bedeutet. Erschwerend<br />
wirkt dabei, dass die Ansage seit 35 Jahren stattfindet.<br />
Sie können es an den Editorials der Ausgabe 1/1977 feststellen:<br />
Schon damals stellten wir den Anspruch, auf der anderen<br />
Waagschale zu liegen. Das war auf die Werbung bezogen; verallgemeinert<br />
man es auf kommerzgetriebenen Journalismus<br />
und andere Formen der Kommerzialisierung, sehen wir das<br />
noch heute so. Fest steht: Wir behaupteten von Anfang an,<br />
Qualitätsjournalismus zu machen.<br />
Ein vielstrapaziertes Schlagwort, dieser<br />
Qualitätsjournalismus. Man kann es bald selber nicht mehr<br />
hören. Unsere Art von Qualitätsjournalismus muss zudem<br />
von Redaktionsgröße, Korrespondentennetzen, Herausgeber <br />
stäben und dergleichen abstrahieren können. Müsste ich abgesehen<br />
von alledem eine Definition von Qualitätsjournalismus<br />
versuchen, würde ich sagen, das sei vor allem Journalismus,<br />
der bereit ist, sich immer wieder infrage zu stellen.<br />
Armin Thurnher<br />
MÜSSTE ICH EINE DEFINITION<br />
VON QUALITÄTSJOURNALISMUS VER-<br />
SUCHEN, WÜRDE ICH SAGEN, DAS<br />
SEI VOR ALLEM JOURNA LISMUS,<br />
DER BEREIT IST, SICH IMMER<br />
WIEDER INFRAGE ZU STELLEN.<br />
Die erste Ausgabe <strong>des</strong> »Falter« und die<br />
darauffolgenden Jahre, in gewisser Weise Jahrzehnte sind üb-<br />
rigens schöne Beispiele für das Auseinanderklaffen von Ansage,<br />
Anspruch und Realität. <strong>Der</strong> Wille zur Selbstrefexion war<br />
zwar stark und wurde öffentlich kundgetan. Er äußerte sich<br />
in langen Aufsätzen über die Bedeutung von Druckfehlern<br />
oder setzte sich mit Unterstellungen auseinander, die »Falter«<br />
verkaufenden Redakteuren zugerufen wurden, das Blatt<br />
sei von diesem und jenem finanziert.<br />
Dass ein lange Zeit derart dilettantisches<br />
Produkt wie der »Falter« 35 Jahre überleben konnte, grenzt<br />
aber an ein Wunder. Wie kann man es erklären? Vielleicht<br />
damit, dass der Wille, unabhängig und anders zu sein als die<br />
real existierende österreichische Presse, vom Publikum fürs<br />
Werk genommen wurde. Mit dem Willen zur Unabhängigkeit<br />
hätten wir schon ein zweites Qualitätsmerkmal bestimmt.<br />
© Heribert Corn