08.01.2013 Aufrufe

Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard

Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard

Public Value Bericht des Verbandes Österreichischer ... - Der Standard

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ROTE LINIE EINER DEMOKRATIE<br />

Es bedarf nicht nur dieser <strong>Bericht</strong>e, son-<br />

dern auch Kommentare, die das Bewusstsein schärfen: dafür,<br />

wo in einer Demokratie rote Linien sind, die nicht überschritten<br />

werden dürfen. Es gehört daher mehr denn je zur Aufgabe<br />

der Medien, die Moralkeule zu schwingen. Denn andere<br />

gesellschaftlich relevante Gruppen wie etwa die Kirchen mischen<br />

sich zu wenig ein. Und Macht braucht Kontrolle. Das<br />

kann man aber nur tun, wenn man das einhält, was man von<br />

anderen einfordert. Medien tragen ein hohes Maß an Verantwortung.<br />

Sie dürfen nicht alles schreiben. Es gibt Grenzen,<br />

die zu respektieren sind: etwa die Privatsphäre. Das darf aber<br />

nicht dazu führen, dass aus zu viel Rücksichtnahme Fehlleistungen<br />

nicht berichtet werden. Hier eine Grenze zu ziehen,<br />

ist eine journalistische und ethische Aufgabe. Und Quote ist<br />

nicht alles. Das unterscheidet Medienunternehmen von einer<br />

Informationsfabrik. Qualitätszeitungen genießen Glaubwürdigkeit.<br />

Zu Recht. Sie müssen den hohen Ansprüchen aber<br />

tagtäglich gerecht werden. Das setzt Unbeugsamkeit und Unabhängigkeit<br />

voraus und die Fähigkeit, Druck standzuhalten.<br />

Woher sonst sollen die Staatsbürger Informationen<br />

beziehen, denen sie trauen können, wenn nicht<br />

aus unabhängigen Medien, die sich keiner Partei und keinen<br />

Unternehmen verpfichtet fühlen? Das ist umso schwieriger<br />

in einem kleinen Land, das eine Landschaft der Freunderln<br />

und Haberer geformt hat und in dem es keine Streitkultur<br />

gibt. <strong>Der</strong> ehemalige österreichische Vizekanzler Erhard<br />

Busek hat einmal gesagt: In Österreich wird schon der Konsens<br />

gesucht, bevor es einen Streit gibt. <strong>Der</strong> Wiener Kulturund<br />

Sozialanthropologe Andre Gringrich spricht von einer<br />

»Kultur der offiziellen Lieblichkeit«. <strong>Der</strong> bekannte, inzwischen<br />

verstorbene Soziologe Ralf Dahrendorf nannte Demokratie<br />

sogar »institutionalisierten Streit«. Und davon könnte<br />

man in Österreich ruhig mehr haben.<br />

KRISE DER DEMOKRATIE<br />

Diese Auseinandersetzung ist wichtig,<br />

um auf die Krise der Demokratie zu reagieren. Bürger wollen<br />

sich zum politischen Geschehen verstärkt äußern, aber auch<br />

mehr mitbestimmen können. Über die Reformvorschläge zu<br />

berichten, die Argumente für und wider darzulegen und auf<br />

Gefahren hinzuweisen, ist auch eine Aufgabe der Medien.<br />

ALEXANDRA FÖDERL-SCHMID<br />

Dazu braucht es aber auch Impulse von<br />

außen, ein Wissen, was jenseits der österreichischen Grenzen<br />

geschieht. Gerade in einem kleinen Land wie Österreich, in<br />

dem Politiker häufiger den Eindruck erwecken, wir alle leben<br />

auf einer Insel der Seligen und nicht inmitten von Europa.<br />

Häufig ist von »denen in Brüssel« die Rede und nicht davon,<br />

dass »Wir in der EU« damit gemeint ist.<br />

Aber es gibt auch eine Welt außerhalb<br />

der EU. Korrespondenten berichten aus diesen Ländern und<br />

können die Entwicklungen dort einschätzen und Rückschlüsse<br />

ziehen. Österreich kann sich als Teil der EU und Mitglied<br />

<strong>des</strong> Schengenraums und der Eurozone nicht einfach abkoppeln.<br />

Was in Afrika passiert, hat Auswirkungen auf Europa –<br />

wie man an den Flüchtlingsströmen merkt. Wenn in Asien die<br />

Börsen nach unten gehen, gibt es auch Reaktionen im Handel<br />

in Wien.<br />

Die Welt dreht sich immer schneller, die<br />

Abhängigkeiten werden immer größer. Damit wachsen aber<br />

auch die Unsicherheiten. Zeitungen bilden die Wirklichkeit<br />

ab, liefern Einschätzungen und kommentieren das Zeitgeschehen.<br />

Das Geheimnis der Zeitungen ist das Festhalten<br />

UNABHÄNGIGEN JOURNALISMUS<br />

der Zeit in gedruckter Form. Online­Medien können noch<br />

schneller reagieren und agieren. Im Vergleich zu den anderen<br />

deutschsprachigen Staaten ist der österreichische Zeitungsmarkt<br />

ohnehin beschränkt: Das – nach Einwohnerzahl<br />

– zehn Mal größere Deutschland hat 353 Zeitungstitel. Die<br />

Schweiz mit rund sieben Millionen Einwohnern (davon 4,6<br />

Millionen deutschsprachig) hat 216 Zeitungstitel, allerdings<br />

erscheinen lediglich 24 sechsmal die Woche. Aber trotzdem<br />

deutlich mehr als in Österreich.<br />

WICHTIG, DASS MEDIEN DIE<br />

POLITIK AUFMISCHEN<br />

Umso wichtiger ist in diesem vergleichweise<br />

kleinen und am Medienmarkt hoch konzentrierten<br />

Land, dass sich die Medien einmischen und auch die Politik<br />

immer wieder aufmischen. Sie müssen kritisch aufklären<br />

– ganz im Sinne von Immanuel Kant: »Aufklärung ist der<br />

Ausgang <strong>des</strong> Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.«<br />

<strong>Der</strong> Wahlspruch der Aufklärung »Sapere aude«<br />

(Wage zu denken!) ist für Journalisten ein Auftrag und gilt<br />

für Bürger gleichermaßen.<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!