Deutschland 1:2 (1:1)
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Montag, 18. Juni 2012 Landespolitik Nummer 138 · 5<br />
Keine Starterlaubnis aus München<br />
Bürgerentscheid: Satte Mehrheit gegen Flughafenerweiterung –Ude will Ergebnis akzeptieren<br />
München. (dpa) Sensation in<br />
München: Die dritte Startbahn<br />
am Flughafen Franz Josef Strauß<br />
kann nicht wie geplant gebaut<br />
werden. Bei einem Bürgerentscheid<br />
in der Landeshauptstadt<br />
stimmte am Sonntag eine Mehrheit<br />
von 54,3 der Wähler gegen<br />
das umstrittene Milliardenprojekt.<br />
Oberbürgermeister Christian<br />
Ude (SPD) kündigte an, er<br />
werde das Nein der Münchner<br />
„ohneWenn undAber“ akzeptierenund<br />
in derGesellschafterversammlung<br />
gegen den Bau der<br />
Bahn stimmen.<br />
Nach dem vorläufigen amtlichen<br />
Endergebnis stimmten lediglich 45,7<br />
Prozent für den Bau. DieWahlbeteiligung<br />
lag bei 32,8 Prozent – damit<br />
wurde das nötige Quorum deutlich<br />
überschritten.<br />
Ude betonte, die Stadt werde nicht<br />
versuchen, das Bürgervotum zu umgehen.<br />
Er halte nichts vonTricksereien,<br />
sagte Ude. In der Sache halte er<br />
die Entscheidung allerdings für<br />
falsch. „Das ist ein Rückschlag für die<br />
Entwicklung des Flughafens“, sagte<br />
Ude. Auch Flughafen-Chef Michael<br />
Kerkloh bedauerte den Ausgang des<br />
Entscheids. Es sei nun schwieriger,<br />
die vor 20Jahren begonnene Erfolgsgeschichte<br />
des Airports weiterzuführen,<br />
betonte er. Finanzminister und Flughafen-<br />
Aufsichtsratschef Markus Söder<br />
machte (CSU) Ude für die Niederlage<br />
der Befürworter verantwortlich gemacht.<br />
„Das ist eine klare Niederlage<br />
für Ude, denn er hat keine Mehrheit<br />
in München zusammengebracht“,<br />
erklärte Söder. Ersprach von einem<br />
enttäuschenden Ergebnis. „Wir haben<br />
Respekt vor der Entscheidung<br />
der Bürger.“ Nun müsse man in den<br />
Gremien beraten. „Die Staatsregierung<br />
steht nach wie vor zur dritten<br />
Startbahn.“<br />
Das Ergebnis ist auch<br />
ein bundesweites Signal:<br />
DiePolitik des „schneller,<br />
höher,weiter“ war gestern,<br />
die heute ist besser<br />
nachhaltiger und gerechter.<br />
DieLandeschefin der Grünen<br />
Margarete Bause<br />
Freie Wähler nehmen Kurs auf Berlin<br />
Mitglieder segnen Teilnahme an Bundestagswahl 2013 ab –Auf Konfrontation zur Piratenpartei<br />
Geiselwind. (dpa) Die Freien Wähler<br />
(FW) wollen 2013 mit einem harten<br />
Konfrontationskurs gegenüber allen<br />
anderen Parteien und mit einer glasklaren<br />
Abgrenzung von den Piraten<br />
in den Bundestag einziehen. Eine<br />
Bundesmitgliederversammlung im<br />
unterfränkischen Geiselwind (Landkreis<br />
Kitzingen) stimmte am Samstag<br />
mit überwältigender Mehrheit für<br />
das Antreten bei der Wahl. Es gab lediglich<br />
einzelne Gegenstimmen.<br />
„Damit wird endgültig der Arbeitsanzug<br />
angezogen. Wir arbeiten daran,<br />
2013 an dieser Bundesrepublik<br />
<strong>Deutschland</strong> auch auf Bundesebene<br />
mitzuarbeiten“, rief Freie-Wähler-<br />
Chef Hubert Aiwanger unter großem<br />
Applaus. Die Lawine sei nun endgültig<br />
losgetreten.<br />
Nein zum Rettungsschirm<br />
Aiwanger griff die Koalition und die<br />
Opposition, aber auch die Piraten<br />
scharf an. Die Freien Wähler wollten<br />
gegen die aktuelle Bundespolitik Widerstand<br />
leisten – aber mit Verantwortung.<br />
„Wir nehmen ganz gezielt<br />
die Rolle der Anti-Piraten ein“, betonte<br />
er.„Schwarz-Rot-Grün-Gelb ist<br />
in <strong>Deutschland</strong> eine Versagertrup-<br />
Jubel bei den Gegnern der geplanten dritten Startbahn. Als sich abzeichnet, dass die Münchner Bürger die Flughafen-Erweiterung<br />
mehrheitlich ablehnen, kennt die Freude keine Grenzen mehr. Bild: dpa<br />
Auch Wirtschaftsminister Martin<br />
Zeil (FDP) hält an den Plänen fest<br />
„Ich bedauere das Ergebnis des Bürgerentscheids<br />
außerordentlich“, sagte<br />
Zeil. Es ändere aber nichts daran,<br />
dass der Ausbau nötig sei. „Die<br />
Staatsregierung hält daher am Bau<br />
der dritten Bahn ohne Wenn und<br />
Aber fest.“ Nun müsse die Stadt entscheiden,<br />
wie es weitergehen soll.<br />
FDP-Fraktionschef Thomas Hacker<br />
griff unterdessen Ude scharf an. „Er<br />
hat versagt. Als Spitzenkandidat für<br />
die Landtagswahl hat Christian Ude<br />
sich mit dem heutigen Tage disqualifiziert“,<br />
teilte Hacker mit.<br />
Die Startbahn-Gegner feierten ihren<br />
Erfolg. „Wir haben gekämpft, gekämpft.<br />
Und das ist unser Lohn heu-<br />
pe“, rief Aiwanger in seiner Rede und<br />
fragte: „Wollen wir wegsehen, wenn<br />
wir ein Bundeskabinett haben, dass –<br />
Wollen wir wegsehen,<br />
wenn wir ein Bundeskabinett<br />
haben, das<br />
–zugewissen Teilen<br />
zumindest –aus<br />
Teppichdieben und<br />
Gefälschten-Doktortitel-<br />
Besitzernbesteht?<br />
Freie-Wähler-Vorsitzender<br />
HubertAiwanger<br />
te“, sagte die bayerische Grünen-<br />
Landesvorsitzende Theresa Schopper.<br />
Und die Fraktionschefin der<br />
Landtags-Grünen, Margarete Bause,<br />
jubelte: „Das Ergebnis ist auch ein<br />
bundesweites Signal: Die Politik des<br />
„schneller, höher, weiter“ war gestern,<br />
die heute ist besser nachhaltiger<br />
und gerechter.“<br />
„Wie der Transrapid“<br />
Der Vorsitzende und Fraktionschef<br />
der Freien Wähler, Hubert Aiwanger,<br />
sieht in dem Votum einen Sieg der<br />
Vernunft. „Eine dritte Startbahn für<br />
den Münchner Flughafen wäre derselbe<br />
Schmarrn gewesen wie der<br />
Transrapid“, sagte er. „Jetzt besteht<br />
die Chance, in die wichtigen Zu-<br />
zu gewissen Teilen zumindest –aus<br />
Teppichdieben und Gefälschten-<br />
Doktortitel-Besitzern besteht?“ Aiwanger<br />
kritisierte, derzeit kapituliere<br />
die Bundespolitik „an allen Fronten“,<br />
in der Euro-Politik ebenso wie in der<br />
Energie- oder Gesundheitspolitik.<br />
„<strong>Deutschland</strong> braucht uns und wir<br />
werden nicht kneifen“, betonte er.<br />
„Freie Wähler –auf nach Berlin.“ In<br />
einer Resolution bekräftigten die FW<br />
ihr Nein zu den Euro-Rettungsschirmen.<br />
Pauli bleibt draußen<br />
Aiwanger zeigte sich zuversichtlich,<br />
2013 die Fünf-Prozent-Hürde zu<br />
schaffen. Zugleich bot er sich –bei<br />
aller Kritik – als möglicher Koalitionspartner<br />
für Union und FDP an,<br />
um auch in den kommenden Jahrzehnten<br />
bürgerliche Mehrheiten<br />
„noch denkbar zu machen“.<br />
Aiwanger grenzte die Freien Wähler<br />
insbesonderescharfvon den Piraten<br />
ab.„Wir sind keine Gruppierung,<br />
die durch ein paar Talkshows hochgepusht<br />
worden ist. Was wir zu bieten<br />
haben, das gründet auf Granit“,<br />
betonte er. „Hier tummelt sich keine<br />
Protestpartei, bei der man nicht<br />
kunftsthemen Bayerns zuinvestieren<br />
wie in Bildung, Kinderbetreuung und<br />
schnelles Internet.“ Konkret entschieden<br />
die Münchner Bürger mit<br />
ihrem Votum, dass die Stadt als Mitgesellschafter<br />
des Flughafens in der<br />
Gesellschafterversammlung gegen<br />
den Bau der neuen Startbahn stimmen<br />
soll. München ist zwar mit 23<br />
Prozent kleinster Anteilseigner hinter<br />
Freistaat (51 Prozent) und Bund (26<br />
Prozent) – da aber Einstimmigkeit<br />
der Gesellschafter nötig ist, hat München<br />
ein Veto-Recht. Das Ergebnis<br />
des Bürgerentscheids ist theoretisch<br />
nur ein Jahr bindend für die Stadt.<br />
Bei früheren Bürgerentscheiden hatte<br />
sich die Politik aber auch danach<br />
nicht über den Bürgerwillen hinweg<br />
gesetzt. (Kommentar)<br />
Franz-Josef-Strauß-Flughafen<br />
Der Münchner Flughafen Franz Josef<br />
Strauß ist –nach Frankfurt am<br />
Main – der zweitgrößte deutsche<br />
Airport und in Europa aktuell die<br />
Nummer sechs. Im vergangenen<br />
Jahr nutzten 37,8 Millionen Fluggäste<br />
den Flughafen –soviele wie<br />
nie zuvor.Weltweit steht der Airport<br />
auf Platz 27. Der Flughafen im Er-<br />
dinger Moos nordöstlich von München,<br />
der im Mai1992 eröffnet wurde,ist<br />
mit 30 000 Beschäftigten eine<br />
der großen Arbeitsstätten <strong>Deutschland</strong>s.Ergehörtmit<br />
51 Prozent dem<br />
Freistaat Bayern. Der Bund ist mit<br />
26 und die Stadt München mit 23<br />
Prozent an der Flughafengesellschaft<br />
FMG beteiligt. (dpa)<br />
weiß, worauf man sich einlässt.“ Mit<br />
Blick auf Widerstände gegen das Projekt<br />
Bundestagswahl etwa seitens des<br />
FW-Landesverbands Baden-Württemberg<br />
betonte Aiwanger, die Freien<br />
Wähler wollten ihre „Kinderstube“,<br />
also ihre Verankerung in den<br />
Kommunen, nicht aus den Augen<br />
verlieren. Diese jahrzehntelange<br />
kommunalpolitische Erfahrung wolle<br />
man niemals vergessen. „Aber wir sehen<br />
all die Themen, bei denen uns zu<br />
Hause die Leine zu kurz gebunden<br />
ist, um politisch etwas zu bewegen.“<br />
Deshalb müssten die Freien Wähler<br />
auch auf anderen politischen Ebenen<br />
aktiv werden. „Freie Wähler müssen<br />
wählbar sein, von der Kommune bis<br />
nach Europa – und da gehört der<br />
Bund dazu.“<br />
Die einstige CSU-Rebellin Gabriele<br />
Pauli kam zwar nach Geiselwind, versuchte<br />
aber zunächst nicht, in die<br />
Halle zu kommen. Die Freien Wähler<br />
hatten ihren Antrag auf Wiederaufnahme<br />
abgelehnt und ihr für die Versammlung<br />
Hausverbot erteilt. Pauli<br />
war 2009 ausgeschlossen worden,<br />
weil sie ihre eigene Partei gegründet<br />
hatte. Seither sitzt sie als fraktionslose<br />
Abgeordnete in BayernsLandtag.<br />
Kommentar<br />
Eine veritable<br />
Schlappe<br />
Von Jürgen Umlauft<br />
Völlig überraschend und deutlich<br />
haben sich die Münchnerinnen<br />
und Münchner dagegen<br />
ausgesprochen, dass weit<br />
draußen vor den Toren ihrer<br />
Stadt der Flughafen um eine<br />
dritte Startbahn erweitert<br />
wird. Siehaben der großen Koalition<br />
aus CSU, SPD,FDP und<br />
bayerischer Wirtschaft nicht<br />
geglaubt, dass ohne den Ausbau<br />
der Wohlstand im Freistaat<br />
gefährdet ist.<br />
Ihnen hat sich nicht erschlossen,<br />
warum man eine<br />
dritte Bahn braucht, wenn auf<br />
den bestehenden noch Kapazitäten<br />
frei sind und die Zahl<br />
der Flugbewegungen seit Jahren<br />
stagniert. Und sie haben<br />
sich solidarisch mit den Anwohnern<br />
des Airports gezeigt,<br />
die schon heute enorm unter<br />
Lärm, Verkehr und Landschaftszerstörung<br />
zu leiden<br />
haben. Der Mehrheit der<br />
Münchner war es nicht wert,<br />
dass Dutzende Familien am<br />
Rande der Domstadt Freising<br />
abgesiedelt werden müssten,<br />
damit sie auch zu den wenigen<br />
Stoßzeiten im Jahr ohne ein<br />
paar Minuten Verspätung in<br />
den Urlaub fliegen können.<br />
Für die Befürworter ist der<br />
Ausgang des Bürgerentscheids<br />
eine veritable Schlappe.Eshat<br />
sich gezeigt, dass die Wachstumseuphorie<br />
vieler Politiker<br />
und Wirtschaftsbosse bei den<br />
Bürgern auf Skepsis stößt.<br />
Ude, Seehofer und Zeil hatten<br />
–wie bei Stuttgart 21–auf die<br />
schweigende Mehrheit der Befürworter<br />
gesetzt – doch die<br />
gibt es bei der dritten Startbahn<br />
offenbar nicht. Die Debatte<br />
um den Flughafen-Ausbau<br />
ist damit aber noch nicht<br />
zu Ende. Zwar hat Münchens<br />
Oberbürgermeister Christian<br />
Ude versprochen, sich an das<br />
Votum zu halten. Doch das<br />
bindet ihn nur ein Jahr. Und<br />
für den Bund und den Freistaat<br />
als Miteigentümer des<br />
Flughafens hat der Entscheid<br />
ohnehin nur appellativen<br />
Charakter.<br />
Ministerpräsident Horst<br />
Seehofer (CSU) hat schon angedeutet,<br />
dass er bei einem<br />
Nein der Münchner eben die<br />
Landtagswahl zur Volksabstimmung<br />
über den Ausbau<br />
machen will. Der Münchner<br />
Bürgerentscheid war ein starkes<br />
Signal und eine überraschend<br />
eindeutige Meinungsäußerung<br />
– mehr aber auch<br />
nicht.<br />
Kurz notiert<br />
CSU verabschiedet<br />
„Oberpfalz 2020“<br />
Neukirchen beim Heiligen Blut.<br />
(nt/az) Der CSU-Bezirksvorstand<br />
hat bei einer Klausur auf dem Hohenbogen<br />
(Kreis Cham) sein Programm<br />
„Oberpfalz 2020“ verabschiedet.<br />
In dem 20 Seiten starken<br />
Konzept geht es unter anderem<br />
darum, wie der Bezirk die<br />
Herausforderungen des demografischenWandels<br />
und der Energiewende<br />
meistern soll. Eine der<br />
Hauptforderungen ist der Ausbau<br />
der Bahnlinie vonMünchen über<br />
Schwandorf nach Prag. „Wir haben<br />
alle Chancen, zu den Gewinnernder<br />
Zukunft zu zählen“, sagte<br />
Bezirksvorsitzende Emilia<br />
Müller. Endgültig verabschiedet<br />
werden soll das Programm beim<br />
Bezirksparteitag im September.