amz_2012_01-02
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nachrichten<br />
„Flexibilität als eine neue<br />
zentrale Managementaufgabe“<br />
_ Die Mitglieder des GVA gehen trotz der vielfach prognostizierten<br />
Eintrübung der gesamtwirtschaftlichen Lage mit Zuversicht in das<br />
Jahr <strong>2<strong>01</strong>2</strong>. Die GVA-Nachrichten sprachen mit Herrn Michael Horn,<br />
BBE Automotive GmbH, über die Aussichten der Branche für dieses<br />
Jahr sowie aktuelle Trends im Kfz-Teilemarkt.<br />
GVA-Nachrichten: Herr Horn, der Kfz-Teilehandel<br />
und die -Teileindustrie zeigen sich<br />
zufrieden mit dem Geschäftsverlauf 2<strong>01</strong>1.<br />
Wie beurteilen Sie das abgelaufene Jahr?<br />
Horn: Die Teilebranche insgesamt hat wohl<br />
ein gutes Jahr hinter sich. Die Zulieferer<br />
haben den wirtschaftlichen Erholungskurs<br />
aus 2<strong>01</strong>0 nachhaltig fortsetzen können.<br />
Die weltweite hohe Nachfrage nach neuen<br />
Automobilen ist dafür der zentrale Grund.<br />
Im Teilehandel in Deutschland haben sich<br />
die Anstrengungen der großen Marktteilnehmer<br />
der vergangenen Jahre in der<br />
Distribution (Gebietsausdehnung) und in<br />
der Marktbearbeitung (sehr professionelle<br />
Werkstattkonzepte) ausgezahlt. Dennoch:<br />
die Wettbewerbssituation im Teilegroßhandel<br />
ist in einzelnen Vertriebsregionen und<br />
Teilmärkten heftig. Die „Preise runter und<br />
Leistung rauf“ Strategie kann auch bei guter<br />
Nachfrage nicht dauerhaft gefahren werden.<br />
Übrigens ist dieser Wettbewerb nicht<br />
mehr nur auf die klassische Variante freier<br />
und gebundener Markt beschränkt, sondern<br />
die Verdrängung hat die sehr interessante<br />
Variante „freier Markt versus freier Markt“<br />
deutlich entwickelt.<br />
GVA-Nachrichten: Begriffe wie „Euro-Krise“,<br />
„Staatsverschuldung“ und „Rezession“<br />
geistern aktuell durch die Presse. Wie beurteilen<br />
Sie vor diesem Hintergrund die Aussichten<br />
des Kfz-Aftermarket in <strong>2<strong>01</strong>2</strong>?<br />
Horn: Die Intensität in der konjunkturellen<br />
Entwicklung kann niemand mehr sauber<br />
prognostizieren. Aber die Vermutung liegt<br />
nahe, dass <strong>2<strong>01</strong>2</strong> die Wirtschaftsdaten insgesamt<br />
tatsächlich weniger Anlass zum<br />
Optimismus geben werden als dies noch<br />
vor einem Jahr der Fall war. Welche Auswirkungen<br />
auf die Branche können sich<br />
aus dem erwartbar schwächeren Verlauf<br />
der Gesamtkonjunktur ergeben? Eventuell<br />
wird der „smart shopper“ noch smarter und<br />
verhält sich im Ausgabeverhalten zögerlich.<br />
Er kauft günstig ein, erwartet aber Markenqualität<br />
bei den Produkten und Leistungsqualität<br />
bei den Serviceangeboten. Oder die<br />
Autofahrerinnen und Autofahrer verschieben<br />
fällige Wartungen und Reparaturen so-<br />
50 <strong>amz</strong> - auto | motor | zubehör Nr. 1-2-<strong>2<strong>01</strong>2</strong><br />
lange wie möglich, gegebenenfalls bis zum<br />
nächsten HU-Termin. Damit wäre eine Abnahme<br />
der Reparaturaufträge auf weniger<br />
als 80 Mio./jährlich in Deutschland möglich.<br />
Der Konjunktur- und Europessimismus ist<br />
also sicher zu einem guten Teil berechtigt.<br />
Ein „Aber“ sei gestattet: Gut 42 Millionen<br />
PKW im weiter wachsenden Bestand in<br />
Deutschland bilden eine für die Grundauslastung<br />
hinreichende Sockelnachfrage nach<br />
Aftersales-Leistungen.<br />
GVA-Nachrichten: Was konnten die Unternehmen<br />
der Branche aus der Krise<br />
2009 lernen? Einige Marktsegmente, wie<br />
der Nfz-Teilemarkt oder die OE-Erstausrüstung,<br />
waren damals bekanntlich von Umsatzeinbußen<br />
betroffen?<br />
Horn: Flexibilität im betriebswirtschaftlichen<br />
Handeln gilt als eine neue zentrale<br />
Managementaufgabe in der Branche. Nachfrage-<br />
und Auslastungsschwankungen mit<br />
erheblichen Richtungsänderungen wollen<br />
aufgefangen und in den Auswirkungen gemildert<br />
werden. Hier haben die Krisenerfahrungen<br />
zu verstärkten Anstrengungen der<br />
Erstausrüster geführt, die sicher die zukünftige<br />
Krisenresistenz verbessert haben. Auch<br />
die NFZ-Teile Branche ist quasi zwangsweise<br />
noch konjunkturelastischer geworden.<br />
Besonders in diesem Branchensegment ist<br />
die Nachfrage wegen der hohen Korrelation<br />
zwischen Wirtschaftsleistung und Transportaufkommen<br />
nicht konstant. Mit Programmen<br />
zur Kostensenkung und erhöhter<br />
Flexibilisierung im Prozessmanagement in<br />
den Feldern Produktion und Personalsteuerung<br />
konnten die Unternehmen aus unserer<br />
Sicht die Performance optimieren. Für den<br />
gesamten Markt darf von einem erheblichen<br />
Zuwachs an Krisenerfahrung ausgegangen<br />
werden!<br />
GVA-Nachrichten: Welche generellen<br />
Trends sehen Sie aktuell im Kfz-Teile- und<br />
Servicemarkt?<br />
Horn: Spannend wird in Deutschland die<br />
Frage, ob die Ausbreitung der großen Händler<br />
auf das gesamte Land, also bundesweite<br />
Netze, ein Trend bleibt. Werden sich die Ver-<br />
Im Interview: Michael Horn<br />
(BBE Automotive GmbH)<br />
triebsstrukturen halten können und wird<br />
der regionale sowie lokale Teilegroßhandel<br />
die Marktposition behaupten können? Die<br />
Pro- und Kontraargumente scheinen sich<br />
beinahe die Waage zu halten. Der Wettbewerb<br />
um gutes Personal wird sich in der<br />
gesamten Branche verschärfen und die<br />
Qualifizierungsanforderungen steigen weiter.<br />
Aktives Abwerben von bekannten oder<br />
erfolgreichen Mitarbeitern ist keine Ausnahme<br />
mehr. Erreicht wird dadurch, dass z.B.<br />
Know-how vom freien in den gebundenen<br />
Markt und umgekehrt transportiert wird.<br />
Produktseitig erwarten wir Entwicklungen<br />
bei Handels- und Herstellermarken. Neue<br />
Marktteilnehmer im stationären Geschäft<br />
sehen wir aktuell nicht. Die eingestellten<br />
Versuche mit „stop & go“ als Servicelinie<br />
im VW-Segment oder die wieder auf Eis<br />
gelegten Überlegungen des ADAC, sich im<br />
Servicegeschäft weiter zu engagieren, sind<br />
für die bestehenden Unternehmen eher<br />
günstig. Herausfordernd für die Branche<br />
sind und bleiben die Aufgaben rund um die<br />
Themen Internetvertrieb und Social Media.<br />
Die Kommunikation zwischen Teilegroßhandel<br />
und den Servicebetrieben funktioniert<br />
gut. Offen ist, wie und durch wen die<br />
Kundenkommunikation der Servicebetriebe<br />
ausgerichtet wird. Vermutlich ist der Handel<br />
hier in der Pflicht, für die Werkstätten und<br />
deren Kunden entsprechende Plattformen<br />
einzurichten oder weiter zu entwickeln. Fazit:<br />
Die Branche hat wieder ein spannendes<br />
Geschäftsjahr mit einigen interessanten<br />
Aufgaben und Themen vor sich, die aber alle<br />
lösbar erscheinen und letztlich zu einer Stärkung<br />
der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen<br />
beitragen. Wenn die Auswirkungen<br />
der negativen externen Faktoren klein bleiben,<br />
sollte für <strong>2<strong>01</strong>2</strong> in der Branche wieder<br />
ein Umsatz auf dem Niveau von 2<strong>01</strong>1 erreichbar<br />
sein.