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PSC 1-2-09 - FSP

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Foto: Elena Martinez<br />

Leitgedanken: «Ich bin nicht beleidigt; die ganze Einheit<br />

wird angegriffen, wir können es aushalten.» Der Übergang<br />

von einer Ich-Sprache zu einer Wir-Sprache ermöglichte<br />

den Soldaten, ihre Selbstkontrolle beizubehalten.<br />

– Wer das Training von Eltern z.B. für ein «Sit-in»<br />

erlebt hat, wird sofort erkennen, dass die Anweisungen<br />

an die Soldaten die gleichen waren wie die Anweisungen<br />

an die Eltern. Es geht um die Haltung: Wir stehen hier<br />

für eine Pflicht ein, die wir als Soldaten – oder eben<br />

auch als Eltern – haben. Wir haben keine andere Wahl.<br />

Welche Rückmeldungen bekommen Sie, wenn Ihr Erziehungskonzept<br />

der «elterlichen Präsenz» praktisch angewendet<br />

wird?<br />

Ich bin sehr interessiert an den Erlebnissen von Eltern,<br />

Lehrern und anderen Erziehungspersonen, die mit diesem<br />

Konzept arbeiten. Wenn eine Mutter sagt: «Ich<br />

kann es nicht glauben: Ich sass 20 Minuten in seinem<br />

Zimmer und liess mich nicht vertreiben», oder eine andere<br />

Mutter: «Ich war allein mit meiner Tochter, aber<br />

ich fühlte mich, als ob meine Mutter und meine Schwester<br />

mir zur Seite stehen» – dann bekomme ich das Gefühl,<br />

dass diese Mütter etwas Neues erlebt und verinnerlicht<br />

haben. Lehrer berichten davon, dass sie sich<br />

weniger allein fühlen, besser zusammenstehen, Verantwortung<br />

mit den Eltern gemeinsam tragen. Unterstützung<br />

wird selbstverständlich und ist nicht mehr die<br />

demütigende Ausnahme. Und vielleicht das Überraschendste:<br />

Kinder berichten, dass sie mehr Sicherheit<br />

erleben, dass LehrerInnen und Eltern präsenter sind<br />

und viel weniger in Zorn ausbrechen.<br />

Wie genau grenzen Sie Ihr Konzept von den klassischen<br />

autoritären Erziehungsstilen ab?<br />

Die in unserem Coaching vermittelten Aktionen haben<br />

nicht zum Ziel, dass die Eltern einen Kampf gewinnen,<br />

sondern es geht darum, ihre Präsenz deutlich zu machen.<br />

Elterliche Präsenz unterscheidet sich von autoritären<br />

Konzepten: Es geht nicht darum, dass Eltern lernen,<br />

die Kämpfe mit den Kindern zu gewinnen, sondern<br />

aus der Eskalationsdynamik auszubrechen, ohne sich<br />

selbst aufzugeben. Strafen führen oft zu einer schlimmen<br />

Eskalationsspirale.<br />

Die Eltern lernen bei uns bessere Methoden<br />

gegen die Destruktivität des Kindes.<br />

Elterliche Präsenz und gewaltloser Widerstand<br />

ist eine Selbstpositionierung der Eltern,<br />

die besagt: «Ich bin dein(e) Vater/<br />

Mutter und ich bleibe dein(e) Vater/Mutter.<br />

Ich kann nicht weggeschoben und<br />

nicht eingeschüchtert werden. Ich bin da<br />

und bleibe da!»<br />

Wie kann man als Psychologe Erziehungspersonen<br />

überhaupt zu «gewaltloser Präsenz»<br />

befähigen resp. was verstehen Sie darunter,<br />

Eltern zu stärken?<br />

Wir nehmen nicht an, dass Eltern und<br />

LehrerInnen oder andere Erziehungspersonen<br />

sich diese Prämissen und Handlungsweisen leicht<br />

aneignen können. Sie haben die Freiheit, mit diesen<br />

Ideen zu experimentieren. Sehr oft machen sie dabei Erfahrungen,<br />

die sie auf ihrem Weg bestärken. Das gibt<br />

die Energie für weitere Schritte. Ermutigung zu kleinen<br />

Schritten, zur Wiederherstellung der Selbstachtung<br />

in der elterlichen Rollenverantwortung, für die Erweiterung<br />

dieser Verantwortung zu einem breiteren, unterstützenden<br />

und entschiedenen «Wir»: Das sind erfolgversprechende<br />

Ansatzpunkte.<br />

Sie trainieren Erziehungspersonen in deeskalierendem<br />

Verhalten: Wie genau machen Sie das, insbesondere im<br />

Hinblick auf das schwierige Thema der Impulskontrolle?<br />

Ein erster Schritt zur Deeskalation ist der Verzicht auf<br />

Belehrungen, Beschimpfungen und Beleidigungen. Die<br />

Art von Reden, wie sie in Eskalationen stattfindet, ist<br />

Ausdruck von Hilflosigkeit. Eltern erliegen nach verletzenden<br />

oder provozierenden Handlungen ihrer Kinder<br />

häufig dem «Vergeltungsdrang», dem «Drang zur Antwort»<br />

und verbleiben damit in der Eskalation.<br />

Die Mehrheit meiner Klienten hat Schwierigkeiten,<br />

ihre Impulse zu kontrollieren. Meines Erachtens ist die<br />

Ursache dafür sehr oft Hilflosigkeit und Einsamkeit:<br />

Wenn man sich einsam und hilflos fühlt, dann teilt man<br />

Fusstritte aus. Bei weniger Hilflosigkeit und Einsamkeit<br />

gibt es plötzlich mehr Möglichkeiten zur Selbstkontrolle.<br />

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