Heft 2 - Sauerländer Heimatbund e.V.
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SAUERLAND NR. 2/2010 69<br />
Traditionsabbruch und Neubeginn<br />
Wie die Kirche im Dorf bleiben kann von Prof. Dr. Hubertus Halbfas<br />
icht nur in allen deutschen, sondern<br />
auch in den meisten europäischen<br />
Diö zesen stehen einschneidende<br />
Änderungen in den Pfarr -<br />
gemeinden und Seel sorgsstruk turen bevor.<br />
Der inzwischen deutlich sichtbar gewordene<br />
Traditions abbruch, die Ent -<br />
leerung der theologischen Begrifflichkeit<br />
und der Verfall der religiösen Sprache,<br />
Rückgang der Kir chenmitglieder,<br />
Prie s termangel, Geld mangel und die<br />
Preis gabe intakter Kirchen signalisieren<br />
einen Absturz, der nicht länger schön zu<br />
reden ist. Nachdem „SAUERLAND“<br />
in <strong>Heft</strong> 3/2006 eine erste Proble manzeige<br />
über das „Ende einer Kir -<br />
chengestalt“ vorlegte, wird hier gefragt,<br />
wie es weiter gehen kann.<br />
Zahlen und Vorgänge<br />
Nie zuvor wurden in Deutschland so<br />
wenige Priester geweiht wie derzeit.<br />
2008 sank die Zahl in der Summe aller<br />
Diözesen erstmals unter hundert. Das<br />
Erzbistum Paderborn zählt im Kurs<br />
2008/10 drei Kandidaten; im Kurs<br />
2009/11 fünf Kandidaten. Noch bis in<br />
die sechziger Jahre konnte man mit vierzig<br />
oder gar fünfzig Priesterweihen pro<br />
Jahr rechnen und damit den Bestand<br />
der vorhandenen Pfarreien als gesichert<br />
ansehen. Die vom „Weltjugendtag“ erhoffte<br />
Umkehr der Entwicklung hat sich<br />
nicht erfüllt. Erzbischof Becker erwartet<br />
auch keine Entspannung, eher eine Verschärfung<br />
der Situ ation. Die Zeiten, als<br />
sich mit dem geistlichen Beruf noch sozialer<br />
Aufstieg und gesellschaftliches Ansehen<br />
verband, dürften nie wiederkommen.<br />
Friedrich Wilhelm Grimme (1827–<br />
1887) zählte es einst zur „höchsten Glorie<br />
eines sauerländischen Hauses, wenn<br />
aus ihm ein ‚Heer-Sohn’, ein ‚Heer-<br />
Ohm’, ein ‚Heer-Vedder’, d. i. ein geistlicher<br />
Sohn, Oheim, Vetter“ hervorging.<br />
Die Mütter weinten Freuden trä nen,<br />
wenn sie für den Jungen packen durften,<br />
der auszog, um „auf Herr“ zu studieren.<br />
Darum können viele Sauerlän-<br />
der Gemeinden an die zweihundert, sogar<br />
dreihundert Namen auflisten, die in<br />
den zurückliegenden Gene rationen zum<br />
geistlichen Beruf (jeglicher Art) drängten.<br />
Davon kann keine Rede mehr sein.<br />
Wer jetzt Priester werden oder in ein<br />
Kloster eintreten will, hat alle Mühe, dies<br />
den eigenen Altersgenossen verständlich<br />
zu machen, und nicht selten sind die<br />
Eltern am meisten erschrocken und fragen<br />
sich, wie sie den Sohn davon abhalten<br />
und die Tochter vor dem Eintritt in<br />
ein Kloster bewahren können.<br />
Die Statistik des abfallenden Priester -<br />
nachwuchses steht natürlich nicht isoliert<br />
im Raum, sondern vernetzt sich mit<br />
einer gesamtkirchlichen Entwicklung.<br />
Zunächst einmal geht – infolge der demographischen<br />
Entwicklung – die Zahl<br />
der Katholiken konstant zurück. Im Oktober<br />
2004 sagte Erzbischof Hans-Josef<br />
Becker, die vergangenen 20 Jahre hätten<br />
zu einem Schwund von fast