Heft 2 - Sauerländer Heimatbund e.V.

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80 SAUERLAND NR. 2/2010 „Hamorsbruch, Hangmoor am Stimm-Stamm“ nennt Renger-Patzsch das Bild. Aufbau und Gestaltung des Bildes nahm der Fotograf im „Golde - nen Schnitt“ vor. In der Dreiteilung erkennt man deutlich den Schwerpunkt der Schwarzerlen mit gut durchgezeichneter Struktur und Spitzenlichtern im Farn kraut. Auch hier wieder die Ver - dichtung des Bildes durch den Aus - schnitt. Die meisten Land schafts bilder nahm Ren ger-Patzsch im Querformat auf. Eine nach rechts diagonal aus dem Bild verlaufende Buchenreihung, die Schatten der hinteren Buchen, die Strukturen „der Dinge“ (Waldboden, Gras, Bäume, Baumrinde, Blätter) geben dem Bild enorme Tiefe. Diese Fotografie mit dem Titel „Laub misch wald bei Wilhelmsruh“ steht dafür, was Renger-Patzsch meint, wenn er sagt: „Man sollte wohl in der Fotografie vom Wesen des Gegenstandes ausgehen und mit rein fotografischen Mitteln versuchen, diesen darzustellen, ganz gleich, ob es ein Mensch, eine Landschaft, eine Archi tektur oder sonst was ist ......“ 2). Durch die Veränderung des Ausschnitts präzisiert Renger-Patzsch durchgehend Ausdruck und Stimmung der Aufnahme, reduziert den Gegenstand und verdichtet so das Bild. Ohne Zweifel muss festgestellt werden, dass dieses Bild und die anderen in diesem Beitrag zu seinen besten gehören. Die wundervoll stille, beeindruckende Winterlandschaft „Eichenkamp bei Wamel“ aus dem Privatdruck der Siep - mann-Werke, verdichtet und konzentriert mit dem Objektiv oder im Foto - labor als Ausschnitt gestaltet, gibt es nicht mehr. Die abgegrenzten Wiesen und Felder sind im Rahmen der Flur - bereinigung weitgehend „geordnet“. Renger-Patzsch hat die Doku mentation gefordert, hier ist sie. Auf den ersten Blick wirkt die Fotografie eher graphisch mit ihren Busch- und Baumgruppen, den Weidenzäunen ganz aus Holz ohne Stacheldraht, ein Bild durch Weiden - gatter gegliedert. Damit Spannung ins Bild kommt, hat er die ins Auge fallende S-Kurve mit ihrer buschigen Weißdornund Schlehen hecke nach links verlagert ins Bild gesetzt. Sein fotografischer Ordnungssinn kommt hier und in den anderen Bildern voll zum Tragen. Über seine Portrait Albert Renger-Patzsch aufgenommen von seiner Tochter Sabine, 1957, entnommen: Joy before the object, Donald Kuspit, Philadelphia Museum of Art 1993 lange Schaffenszeit hinweg hielt er die Forderung nach einer Tonscala vom hellsten Weiß bis zum tiefen Schwarz aufrecht. Extreme Werte sind in seinen Bildern nur gering vertreten. Das Win - ter bild enthält bei allem Kontrast fein abgestufte Grauwerte, bedingt durch diffuses Licht. Wie fast alle Renger-Patzsch- Landschaften ist auch dieses ein Bild ohne Wolken, die ja ohnehin nur vom „Wesentlichen ablenken“, so Renger- Patzsch. In Vorbereitung auf einen Vortrag 1956 in Hamburg schrieb er an Prof. Dr. Otto Steinert: „Ich wäre Ihnen zu besonderem Dank verpflichtet, wenn Sie so wenig wie möglich rein Per sönliches vorbrächten. Zwar interessieren sich die Leute dafür am meisten, aber das ist ja verkehrt und man soll das nicht nähren.“ 3) Seine Stärke fand in der Bescheidenheit ihren Audruck, in seiner persönlichen Einstellung, in seiner Aus - rüstung. Er arbeitete mit Bal genkameras im Format 9x12 cm und Objektiven mit Brennweiten von 80 bis 300 Millimeter und zog geringe Licht stärken den „Riesenglasglotzen“ vor, so der Foto graf. In der Regel kam er so auf längere Verschlusszeiten, so dass mehr Licht auf das Negativ fiel und schließlich in vielen Bildern vorhanden ist. Sein Lieblings - objektiv war ein vierlinsiges Objektiv, vom Typ Anastigmat der Firma Zeiss mit einer Lichtstärke von 1:6,3. In der Regel kam er so auf längere Ver - schlusszeiten, wodurch mehr Licht auf das Negativ fiel und schließlich in vielen Bildern zu sehen ist. Albert Renger-Patzsch, der Erneuerer der Fotografie, hinterließ uns ein Werk von Ehrlichkeit, Objektivität und Be - scheidenheit, ungekünstelt und klar. In der Geschichte des Mediums Fotografie hat er seinen festen Platz. An ihm orientierten und orientieren sich Gene - rationen von Berufs- und Amateur - fotografen und setzen die Elemente der „Neuen Sachlichkeit“, in seinem Sinne erfolgreich um. Fragt man heute: „Was bedeutet Schwarz/ Weiß-Fotografie?“ werden von engagierten Fotografen diese Antworten gegeben: „In meinen Fotos versuche ich die Welt so einzufangen wie sie ist.” „Schwarz/Weiß heißt zeichnen ohne das Geräusch der Farbe, Schwarz/Weiß vedeutlicht die Struktur des Inhalts.” „Schwarz/Weiß-Fotografie ist für mich ein Ausdrucksmittel mit hoher ästheti scher Qualität, die Reduzierung der farblichen Umgebung auf Tonwerte zwischen Schwarz und Weiß.” „Schwarz und Weiß schärft den Blick auf den wesentlichen Inhalt des Bildes.” „Schwarz/Weiß bringt die Bildaussage auf den Punkt. Viele Bilder sind schön bunt und glatt, folgen Trends und sind einen Wimpernschlag später schnell vergessen.” „Schwarz/Weiß ist Poesie, es macht die ordnende Kraft des Lichtes sichtbar in Formen und Strukturen. Schwarz/Weiß ist leise und zärtlich oder dramatisch und voller Wucht.” „Schwarz/Weiß bedeutet für mich, die Lichter und das samtige Schwarz der Schatten der Natur, im Bild wieder zu finden.” „Schwarz/Weiß-Fotografie ist Reduktion auf die Form, Betonung der Geometrie und der Struktur.“ Das alles hat Renger-Patzsch so gewollt. Seine Bilder sind Bilder von großer Wahrnehmungstiefe, von fotohistorischer Bedeutung. Im Heimatmuseum in Möhnesee- Körbecke befindet sich eine größere Anzahl seiner Fotografien, die, so kann man hoffen, bald wieder der Öffentlichkeit zugänglich sind.
SAUERLAND NR. 2/2010 81 Literaturhinweise, Quellenangaben, Bildnachweise 1 Zitat Albert Renger - Patzsch, Internet http://wapedia.mobi.de Albert Renger-Patzsch, aufgerufen am 17.04.2010 http://wapedia.mobi/de/Albert Renger-Patzsch, Auktionspreise für Vintage -Prints (eigenhändig zeitnah angefertigte Fotografien) und Albert Renger-Patzsch Fotobuchpreis 2 aus: „Meister der Kamera erzählen“, Albert Ren- ger-Patzsch in: Weski/Wilde (Hrsg.), München 1997, S. 166 f 3 Briefwechsel mit Prof. Dr. Otto Steinert (Mediziner und bedeutender deutscher Fotograf), Hamburg und Wamel 1951-1956 Bildnachweis „Sonniger Herbstmorgen“ und „Eichenkamp bei Wamel“ mit Dank und freundlicher Genehmigung entnommen: „Bilder aus der Landschaft zwischen Ruhr und Möhne“, Text Helene Henze, Privatdruck der Siepmann - Werke AG, Belecke (Möhne) 1957 „Hevetal bei Hirschberg“ „Sumpfdotterblumen und Schwertlilien im Erlenbruch“ „Eichenkamp bei Wamel, 1945“ „Hamorsbruch, Hangmoor am Stimm-Stamm“ „Laub mischwald bei Wilhelmsruh“ mit Dank und freundlicher Genehmigung entnommen: „Im Wald“, „Aufnahmen aus dem Naturpark Arnsberger Wald“, Wolfgang Haber, Zweckverband Naturpark Arnsberger Wald, Soest Druck werkstatt Hermann Kätelhön, Wamel 1965 Reihenfolge der Angaben: Titel, Textautor, Verlag, Ort und Jahr Die Welt ist schön Carl Georg Heise, Kurt Wolff-Verlag, München 1928 Die Welt ist schön, 1928, Ulrich Ernst Huse, Harenberg Edition, Nachdruck der Ausgabe aus dem Einhorn-Verlag München, Dortmund 1992 Meisterwerke, hrsg. v. Ann und Jürgen Wilde und Thomas Weski, Text Thomas Janzen, Schirmer/Mosel, München, Paris, London 1997, ISBN 3-88814-862-6 Beständige Welt, Helene Henze, Der Quell-Verlag von K.H. Saint George und Strauf, Münster 1947 Soest, Hubertus Schwartz, Westf. Verlagsbuchhandlung Mocker & Jahn, Soest 1953 Soest in seinen Denkmälern, Hubertus Schwartz, Westf. Verlagsbuchhandlung Mocker & Jahn, Soest 1957 Bauten zwischen Ruhr und Möhne Bildband von Albert Renger-Patzsch, Hugo Kückelhaus, Privatdruck der Siepmann - Werke KG, Belecke (Möhne) 1959 Rund um den Möhnesee, Helene Henze, Westf. Verlagsbuchhandlung Mocker & Jahn, Soest 1951 Soest - alte Stadt in unserer Zeit - Mittelalter und Gegenwart, Hubertus Schwartz, Westf. Verlagsbuchhandlung Mocker & Jahn, Soest 1963 Der Fotograf der Dinge, Otto Steinert, Fritz Kempe, Schrift zur Ausstellung im Ruhrland- und Heimatmuseum Essen, 21.12.1966 - 22.01.1967 Schriftenreihe „werkstattportrait“ der AG „Gestaltendes Handwerk Arnsberg“, das „werkstattportrait 10“ ist dem Werk von Albert Renger-Patzsch gewidmet. Schwarzweiss, Das Magazin für Fotografie, Tecklenborg Verlag Steinfurth Einzelausstellungen in Arnsberg 1967, 1972, 1997 Sauerlandmuseum Einzelausstelungen in Soest 1962 Kunstpavillon, 1984 Wilhelm-Morgner-Haus
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