1 Der Themenschwerpunkt dieser Ausgabe ist die ... - Adveniat
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<strong>Der</strong> Bau der Umleitung des Rio São Franscisco,<br />
der Transposição, eines der umstrittensten<br />
Großprojekte der Regierung Lula, <strong>ist</strong><br />
ungeachtet der Proteste in vollem Gange.<br />
In <strong>die</strong>sem Mega-Projekt, das überwiegend<br />
der exportorientierten Bewässerungslandwirtschaft<br />
zu Gute kommt, wird in zwei<br />
insgesamt 700 km langen Kanälen Wasser<br />
des Rio São Francisco abgeleitet und in<br />
<strong>die</strong> nördlichen Trockengebiete des Nordostens<br />
geleitet. (Die Brasilien Nachrichten<br />
berichteten bereits in den letzten <strong>Ausgabe</strong>n<br />
über das Mammutprojekt.)<br />
Seit Jahren versuchen Organisationen der<br />
Zivilgesellschaft vergeblich, einen demokratischen,<br />
transparenten und partizipativen<br />
Dialog über das Projekt zu erreichen. Die<br />
Landlosenbewegung MST, <strong>die</strong> Bewegung<br />
der Staudammbetroffenen, <strong>die</strong> Bewegung<br />
der Kleinbauern, <strong>die</strong> Landpastoral<br />
CPT und <strong>die</strong> Pastoral für Kleinfischerinnen<br />
und Kleinfischer sowie viele andere<br />
soziale Bewegungen haben sich in einem<br />
einzigartigen Bündnis mit den Fischergemeinden<br />
und der indigenen Bevölkerung<br />
der Region zusammengeschlossen, um<br />
den Bau des Mega-Projektes zu stoppen.<br />
Allein im letzten Jahr fanden zwei große<br />
Protest-Camps (eines in Brasília und<br />
eine Besetzung des Baustellengeländes<br />
in Cabrobó in Pernambuco) sowie zahllose<br />
lokale Protest-Aktionen im gesamten<br />
Flussgebiet statt.<br />
Doch <strong>die</strong> Regierung stellt sich taub gegenüber den Anliegen<br />
und Argumenten der Protestbewegung. Seit Juni 2007 hat<br />
das Ingenieur-Bataillon des brasilianischen Militärs mit den<br />
Bauarbeiten für <strong>die</strong> Kanalbauten begonnen, trotz der noch<br />
laufenden rechtlichen Einspruchsverfahren gegen das Projekt.<br />
Durch den Einsatz des Heeres können rechtliche Einwände<br />
gegen das Genehmigungsverfahren umgangen werden, mit<br />
der Begründung, es handle sich um ein Projekt zum „Wohle<br />
der Nation“. Vom Militär durchgeführte Bauarbeiten wecken<br />
Reminiszenzen an <strong>die</strong> Militärdiktatur und <strong>die</strong> gigantomanischen<br />
Vorhaben der 1970er Jahre, wie den Sobradinho-Stausee oder<br />
das berüchtigte, nie vollendete Straßenbau- und Besiedlungsvorhaben<br />
Transamazônica im Amazonas-Gebiet. Die Bevölkerung<br />
der Projektregion <strong>ist</strong> durch <strong>die</strong> massive Militärpräsenz stark<br />
eingeschüchtert. Fischer berichten von Hausdurchsuchungen<br />
in ihren Dörfern, bei denen <strong>die</strong> Soldaten nach Waffen suchen,<br />
um vermeintlichen Aufständen der betroffenen Bevölkerung<br />
gegen das Projekt zuvorzukommen.<br />
Geste der Verzweiflung<br />
Angesichts der autoritären Vorgehensweise der Regierung Lula<br />
bei der Realisierung des Projektes entschloss sich Bischof Cappio<br />
von der Diözese Barra am Mittellauf des Rio São Francisco Ende<br />
letzten Jahres erneut zum radikalen Schritt des Hungerstreiks<br />
als Zeichen des friedlichen Widerstands gegen <strong>die</strong> Zerstörung<br />
des Rio São Francisco. Am 27. November 2007 begann er in<br />
der São Francisco-Kapelle in der Gemeinde Sobradinho im<br />
Bundesland Bahia am Ufer des Sobradinho-Stausees sein<br />
Fasten als eine „Geste der Verzweiflung“, wie er selbst sagte.<br />
<strong>Der</strong> Franziskaner Dom Luiz Cappio <strong>ist</strong><br />
schon seit langem eine Symbolfigur und<br />
Vorreiter der sozialen Bewegung für den<br />
Schutz des Rio São Francisco. Seit seiner<br />
einjährigen Pilgerreise entlang des 2.800<br />
km langen Flusses 1992/1993 we<strong>ist</strong> er auf<br />
<strong>die</strong> dramatische Situation des Flusses hin.<br />
Luiz Flavio Cappio <strong>ist</strong> am 04. Oktober 1946<br />
in Guaratinguetá (São Paulo), am Tag des<br />
Heiligen Franziskus, geboren. Von seinen<br />
61 Jahren hat er mindestens 40 am Ufer<br />
des Rio São Francisco verbracht.<br />
Noch in jungen Jahren nach Abschluss seines<br />
Theologie- und Wirtschafts-Studiums<br />
verließ er seine wohlhabende Familie und<br />
wurde Franziskaner-Pater. Bis 1974 wirkte<br />
er in der Arbeiter-Pastorale in São Paulo,<br />
bis er in <strong>die</strong> arme semiaride Region des<br />
Bundeslandes Bahia aufbrach. Damals<br />
re<strong>ist</strong>e er lediglich mit der Kleidung, <strong>die</strong><br />
er am Leib trug, in <strong>die</strong> Armenregion des<br />
Nordostens ab. Im Jahr 1997 wurde er in<br />
Barra (Bahia) zum Bischof ernannt.<br />
Umwelt<br />
Dieses Mal wählte er Sobradinho als symbolischen Ort des<br />
Widerstandes gegen <strong>die</strong> Großprojekte am Rio São Francisco<br />
als Ort seines Protestes.<br />
Bereits vor gut zwei Jahren, im Oktober 2005, hatte Dom Luiz<br />
Cappio mit einem Hungerstreik gegen das Umleitungsprojekt<br />
großes Aufsehen erregt und einen Aufschub der Bauarbeiten<br />
erreicht. Damals beendete er nach elf Tagen sein Fasten aufgrund<br />
des Versprechens des Präsidenten Lula, einen umfassenden<br />
Dialogprozess mit der Bevölkerung über das Projekt<br />
der Transposição durchzuführen. Doch <strong>die</strong>ses Abkommen<br />
wurde vom Präsidenten nicht eingehalten. Nachdem <strong><strong>die</strong>ser</strong> im<br />
Oktober 2006 wiedergewählt worden war, wurden das Projekt<br />
ohne jegliche öffentliche Diskussion vorangetrieben.<br />
Diese Missachtung des getroffenen Übereinkommens bewegte<br />
Dom Luiz erneut dazu, in einen Hungerstreik zu treten. Auch<br />
<strong>die</strong>smal löste der mutige und selbstlose Protest des Bischofs<br />
eine breite Mobilisierung der Bevölkerung aus und brachte<br />
<strong>die</strong> Regierung in eine missliche Lage. Tausende Menschen<br />
kamen nach Sobradinho, um sich mit Dom Cappio solidarisch<br />
zu zeigen. Aus der ganzen Welt schickten Menschen<br />
Protestbriefe und Solidaritätserklärungen und unterstützten<br />
den Widerstand.<br />
Durch den massiven Druck der Bevölkerung sah sich <strong>die</strong> Justiz<br />
zu einer Reaktion gezwungen. Am 14. Dezember, nach mehr<br />
als zwei Wochen Hungerstreik, verhängte ein Regionalgericht<br />
einen Baustopp und gab den Einsprüchen von Umweltorganisationen<br />
gegen das Genehmigungsverfahren statt. Doch<br />
bereits wenige Tage später ging <strong>die</strong> Regierung in Revision.<br />
<strong>Der</strong> Oberste Gerichtshof musste nun über <strong>die</strong> Rechtmäßig-<br />
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