1 Der Themenschwerpunkt dieser Ausgabe ist die ... - Adveniat
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<strong>Der</strong> Wirtschaft geht es gut,<br />
Das Jahr 2007 endete mit guten Nachrichten für <strong>die</strong> brasilianische<br />
Wirtschaft. Es war deshalb auch ein gut gelaunter<br />
Präsident, der sich am Ende des Jahres im nationalen Fernseh<br />
- und Radionetz präsentierte und versicherte, dass „Brasilien<br />
seinen Weg gefunden hat“. Lässt man <strong>die</strong> übliche Rhetorik<br />
und den irgendwie unrefl ektierten Optimismus beiseite, der<br />
traditionell das Land zwischen den Weihnachtsfestlichkeiten<br />
und dem Karneval in Besitz nimmt, muss <strong>die</strong>ses Mal doch zugestanden<br />
werden, dass der Präsident ein bisschen Recht hat. Das<br />
Wachstum des PIB von 5,4% im Jahr 2007, das Zurückgehen<br />
der Arbeitslosigkeit auf 8,2 % in den sechs größten Regionen<br />
des Landes und der Anstieg der Löhne um durchschnittlich<br />
7% sind <strong>die</strong> Hauptindikatoren für eine wirksamen Änderung<br />
des Szenariums in der brasilianischen Wirtschaft. Vielleicht<br />
lässt sich sogar bereits von einem Ende der wirtschaftlichen<br />
Stagnation reden, welche <strong>die</strong> 80er und 90er des vergangenen<br />
Jahrhunderts als „verlorene Jahre“ kennzeichnet. Neben <strong>die</strong>sen<br />
Daten lässt sich zudem eine, wenn auch noch bescheidene<br />
Verbesserung der sozialen Daten konstatieren. <strong>Der</strong> im Januar<br />
2008 veröffentlichte Pnad* zeigt eine Verringerung des „Gini-<br />
Index“ auf, des Gradmessers für soziale Ungleichheit. Er führt<br />
vor Augen, dass das größte relative Einkommenswachstum<br />
bei den einkommenschwächsten Schichten erfolgte, <strong>die</strong>s mit<br />
einer realen Erhöhung um 13% des Mindestlohns.<br />
All <strong>die</strong>s lässt Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in einem für<br />
ihn politisch positiven Licht erscheinen, etwas fast Einmaliges<br />
für einen brasilianischen Präsidenten. Er genießt wie in den<br />
ersten Tagen seiner Regierungszeit ungebrochene Popularität<br />
und bietet deshalb der Opposition wenig Angriffsfl ächen.<br />
Die Mehrheit der Wirtschaftsjournal<strong>ist</strong>en, eifrige Verfechter<br />
der neoliberalen Politik des Vorgängers Fernando Henrique<br />
Cardoso („FHC“), versuchte in den letzten Jahren <strong>die</strong> positiven<br />
Ergebnisse der Regierung Lula herunterzuspielen. Sie schrieb<br />
<strong>die</strong> erfreuliche ökonomische Entwicklung nur der Fortführung<br />
des von FHC eingeschlagenen Weges zu, ergänzt durch „eine<br />
international günstige Konjunktur“. Diese Sichtweise lässt<br />
sich nicht länger halten, stieg doch das brasilianische<br />
Wachstum trotz der Krise im US-Immobiliensektor,<br />
<strong>die</strong> das Wachstum der wichtigsten kapital<strong>ist</strong>ischen<br />
Wirtschaften negativ beeinfl usste, weiter an.<br />
Noch wichtiger jedoch <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Tatsache, dass<br />
<strong>die</strong> positiven Effekte gerade dann einsetzten,<br />
nachdem <strong>die</strong> Regierung begonnen<br />
hatte, sich von der<br />
neoliberalen<br />
Wirt-<br />
Wirtschaft<br />
dem Volk weniger<br />
von Leandro Moraes Vidal :: Übersetzung: Günther Schulz<br />
schaftspolitik Cardosos zu verabschieden. Dies geschah vor<br />
allem durch <strong>die</strong> Ankündigung des „Plans zur wirtschaftlichen<br />
Beschleunigung“ (PAC: Plano de Aceleração do Crescimento),<br />
bei dem der Staat als Protagon<strong>ist</strong> der nationalen Wirtschaft<br />
auftritt und innerhalb von vier Jahren mehr als 200 Milliarden<br />
Euro in <strong>die</strong> brasilianische Infrastruktur investieren wird.<br />
<strong>Der</strong> am 17.1.2007, zwanzig Tage nach Antritt der zweiten<br />
Amtszeit des brasilianischen Präsidenten Lula verkündete<br />
Plan, deutete bereits auf einen anderen Weg gegenüber den<br />
ersten vier Regierungsjahren hin. Sie waren zum Erstaunen<br />
vieler durch nur geringfügige Änderungen gegenüber der<br />
bisherigen Wirtschaftspolitik gekennzeichnet gewesen. Eine<br />
Veränderung fand allerdings schon 2006 mit dem Fall des<br />
bis dahin amtierenden Finanzmin<strong>ist</strong>ers Antonio Palocci statt:<br />
Ein weiteres Kapitel der Neugestaltung der Wirtschaftspolitik<br />
der Regierung Lula. Mit der Ernennung von Guido Mantega<br />
zum neuen Finanzmin<strong>ist</strong>er setzte sich <strong>die</strong> Sichtweise durch,<br />
dass der Staat eine richtungsweisende Rolle in der Wirtschaft<br />
einzunehmen hat.<br />
Für <strong>die</strong> der Regierung nahestehenden Ökonomen <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />
Rückkehr zu einem wirtschaftlichen Aufschwung ein direktes<br />
Ergebnis der öffentlichen Investitionen entsprechend dem PAC-<br />
Plan. In groben Zügen besteht der Plan in der Idee, private<br />
Investitionen durch öffentliche Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen<br />
zu stimulieren. Diese Infrastrukturmaßnahmen<br />
beziehen sich vor allem auf den Energie- und Transportbereich,<br />
dessen prekäre Situation als großes Hinderniss für ein<br />
produktives Wachstum Brasiliens betrachtet wird. Daneben<br />
sollen weitere 50 Milliarden Euro in den Wiederaufbau der<br />
städtischen Infrastruktur der größten Metropolen fl ießen. Das<br />
umfasst sowohl eine grundlegende Kanalisierung als auch eine<br />
Urbanisierung der Favelas. Für <strong>die</strong> Regierung stellt das Programm<br />
zugleich eine „Wiederaufnahme einer<br />
langfris- tig angelegten Planung“<br />
dar. Noch <strong>ist</strong> es zu<br />
früh zu sa-<br />
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